Laboruntersuchungen der Leber und der Gallenblase

VonYedidya Saiman, MD, PhD, Lewis Katz School of Medicine, Temple University
Überprüft/überarbeitet Aug. 2023
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Laboruntersuchungen haben folgende Aussagekraft:

  • Erkennen von Leberfunktionsstörungen

  • Beurteilung der Schwere der Leberschädigung

  • Überwachung des Verlaufs von Erkrankungen der Leber und der Reaktion auf die Behandlung

  • Verfeinerung der Diagnose

(Siehe auch American College of Gastroenterology [ACG] Clinical Guideline: Evaluation of Abnormal Liver Chemistries und die European Association for Study of Liver – Asociación Latinoamericana para el Estudio del Hígado Clinical Practice Guidelines.)

Zahlreiche Tests der Leberbiochemie messen Leberenzyme, die in die Blutbahn (z. B. Freisetzung von Transaminasen aus verletzten Leberzellen oder der alkalischen Phosphatase durch Cholestase) freigesetzt werden oder beurteilen die Leberfunktion durch Auswertung der hepatobiliären Ausscheidung (z. B. Bilirubin). Andere Tests werden verwendet, um die Synthesefähigkeit der Leber zu beurteilen (z. B. Prothrombinzeit [PT], in der Regel als International Normalized Ratio [INR] angegeben; Albumin).

Die nützlichsten Labortests bei der Suche nach Lebererkrankungen, sind Serumtransaminasen (die am häufigsten verwendeten Lebertests), Bilirubin und alkalische Phosphatase. Bestimmte Muster biochemischer Anomalien helfen bei der Unterscheidung zwischen hepatozellulärer Schädigung und gestörter Gallenausscheidung (Cholestase; siehe Tabelle Gängige Muster von Labortestanomalien). Testverfahren, die dazu geeignet sind, eine virale Hepatitis oder eine veränderte Immunregulation zu erfassen, sind die Hepatitisserologie das Messen von Immunglobulinen, Antikörpern und Autoantikörpern.

Die Identifizierung der Ätiologie abnormaler Lebertests erfordert eine Kombination aus Anamnese und Labortests. Es sollte ein systematischer Ansatz verfolgt werden, der Labortests, bildgebende Untersuchungen und eine Leberbiopsie umfasst.

Einige wenige Labortests sind für sich genommen diagnostisch oder sehr aussagekräftig; dazu gehören die folgenden:

Andere Ätiologien von Lebererkrankungen sind Ausschlussdiagnosen und werden anhand charakteristischer Muster in den Laborergebnissen zusammen mit der Krankengeschichte und dem Ausschluss anderer Ursachen gestellt.

Tabelle

Tests bei Leberschädigung

Aminotransferasen

Die Transaminasen Alaninaminotransferase (ALT) und Aspartataminotransferase (AST) treten aus geschädigten Hepatozyten aus; daher sind diese Enzyme empfindliche Indikatoren für Hepatozytenschäden. Die wahren Normalwerte für ALT liegen zwischen 29 und 33 I.E./l bei Männern und 19 und 25 I.E./l bei Frauen und damit niedriger als von vielen kommerziellen Labors angegeben.

Deutlich hohe Werte (> 500 I.E./l), die auf akute hepatozelluläre Nekrose oder Verletzungen hinweisen, resultieren in der Regel aus Folgendem:

Hohe Spiegel persistieren in der Regel über Tage bis Wochen, abhängig von der Ätiologie der Verletzung. Der Grad des Anstiegs ist nicht unbedingt ein Maß für die Leberschädigung. Serielle Messungen spiegeln den Schweregrad und die Prognose besser wider als es eine einzelne Messung. Ein Abfall auf den Normalwert zeigt eine Erholung, es sei denn er wird von einer Erhöhung von Bilirubin und Prothrombinzeit oder INR (International Normalized Ratio) (was auf ein akutes fulminantes Leberversagen, auch fulminantes Leberversagen genannt, hinweisen kann) begleitet. Bei akutem Leberversagen können sich die Enzymwerte normalisieren, weil weniger Hepatozyten übrig bleiben; eine solche Normalisierung ist also kein Hinweis auf eine verbesserte Leberfunktion.

Aminotransferase-Spiegel können auch bei Folgendem deutlich hoch sein:

Leichter Anstieg (300 bis 500 I.E./l) persistiert bei chronischen Lebererkrankungen (z. B. chronischer Hepatitis) und bei Gallengangsobstruktion, mit der Ausnahme der Passage eines Gallensteins, was vorübergehend zu bemerkenswert hohen Spiegeln führen kann.

Leichte Zunahme (< 300 I.E./l) ist unspezifisch und häufig zu beobachten bei Erkrankungen wie

Aminotransferasen können leicht erhöht oder sogar normal bei bestimmten Lebererkrankungen sein, wie z

Erhöhte Alaninaminotransferase ist gering spezifisch für einen Leberschaden. Da Aspartataminotransferase im Herz, in den Skelettmuskeln, in der Niere und Bauchspeicheldrüse vorkommt, können erhöhte Aspartataminotransferase-Werte Rhabdomyolyse oder die Verletzung eines dieser Organe aufzeigen. Bei den meisten Lebererkrankungen ist das Verhältnis von Aspartataminotransferase zu Alaninaminotransferase < 1. Dagegen ist bei alkoholischer Lebererkrankung das Verhältnis > 2, da bei Patienten mit Alkoholkonsumstörungen häufig ein Mangel an pyridoxal-5'-Phosphat herrscht; es ist für die Synthese von Alaninaminotransferase notwendigt, aber weniger wichtig für die Syntehese von Aspartataminotransferas. Dieser Mangel erklärt auch, warum die Erhöhung von Alaninaminotransferase und Aspartataminotransferase bei diesen Patienten in der Regel gering ist (< 300 I.E./l).

Laktatdehydrogenase (LDH)

LDH, in der Routineanalytik enthalten, ist in vielen anderen Geweben zu finden und weder sensitiv noch spezifisch für eine hepatozelluläre Schädigung. LDH ist insbesondere bei ischämischer/hypoxischer Hepatitis erhöht und bei Krebserkrankungen, die extensiv in die Leber infiltrieren.

Tests auf Cholestase

Bilirubin

Bilirubin, das Pigment in der Galle, ist ein Abbauprodukt des Häm, das vor allem durch den natürlichen Abbau alternder Erythrozyten freigesetzt wird. Unkonjugiertes (freies) Bilirubin ist nicht in Wasser löslich und kann daher nicht mit dem Urin ausgeschieden werden; das meiste unkonjugierte Bilirubin ist an Albumin im Plasma gebunden. Bilirubin ist in der Leber mit Glucuronsäure konjugiert, um die stärker wasserlöslichen Bilirubin-Diglukuronide zu bilden. Konjugiertes Bilirubin wird anschließend durch den Gallengangstrakt ins Duodenum ausgeschieden, wo es zu Urobilirubinogen (welches zum Teil reabsorbiert und zurück in die Galle ausgeschieden wird) und dann in orangefarbenes Urobilin umgewandelt wird (dessen überwiegender Teil über den Stuhl aufgeschieden wird). Diese Gallenfarbstoffen geben dem Stuhl seine typische Farbe.

Hyperbilirubinämie ist das Ergebnis eines oder mehrerer der folgenden Prozesse:

  • Erhöhte Bilirubinproduktion

  • Verminderte Leberaufnahme oder Konjugation

  • Verminderte Galleausscheidung (siehe Gelbsucht)

Normalerweise ist das Gesamtbilirubin zum großen Teil unkonjugiert mit Werten von < 1,2 mg/dl (< 20 Mikromol/l). Fraktionierung misst den Anteil von konjugiertem Bilirubin, (d. h. direkt, deshalb so genannt, weil es direkt gemessen wird, ohne Lösemittel). Die Fraktionierung ist sehr hilfreich für die Bewertung der Neugeborenengelbsuchtund des erhöhtem Bilirubin, wenn andere Leberwerte normal sind, was darauf hindeutet, dass keine Leber-Dysfunktion die Ursache ist.

Unkonjugiertes Hyperbilirubinämie (Anteil des indirekten Bilirubins > 85%) spiegelt eine erhöhte Bilirubinproduktion (z. B. bei Hämolyse) oder eine defekte Leberaufnahme oder eine Konjugation (z. B. beim Gilbert-Syndrom) wider. Solche Erhöhungen von konjugiertem Bilirubin sind üblicherweise < 5 mal normal (< 6 mg/dl [< 100 Mikromol/l]), es sei denn es liegt gleichzeitig eine Leberschädigung vor.

Konjugiertes Hyperbilirubinämie (direkter Bilirubinanteil > 50%) resultiert aus verringerter Gallebildung oder Ausscheidung (Cholestase). In Verbindung mit anderen Lebertestabweichungen weist ein hohes Serumbilirubin auf eine hepatozelluläre und/oder biliäre Dysfunktion hin. Serum-Bilirubin ist etwas nicht sensitiv für Leberfunktionsstörungen. Allerdings deutet die Entwicklung von schwerer Hyperbilirubinämie bei primärer biliärer Cholangitis (früher primäre biliäre Zirrhose genannt), primärer sklerosierender Cholangitis, alkoholischer Hepatitis und akutem Leberversagen auf eine schlechte Prognose hin.

Bilirubinurie spiegelt das Vorhandensein von konjugierten Bilirubin im Urin wider; Bilirubin schwappt in den Urin, weil die Spiegel im Blut deutlich erhöht sind, was eine schwere Krankheit anzeigt. Unkonjugiertes Bilirubin kann nicht über den Urin ausgeschieden werden, da es nicht wasserlöslich und an Albumin gebunden ist. Eine Bilirubinurie kann direkt am Krankenbett mit einem handelsüblich verfügbaren Urinteststreifen bei akuter Virushepatitis oder bei anderen hepatobiliären Krankheiten, sogar vor dem Auftreten eines Ikterus festgestellt werden. Die diagnostische Genauigkeit dieser Urinproben ist jedoch begrenzt. Die Ergebnisse können falsch negativ sein, wenn die Urinprobe lange Zeit gelagert wurde, wenn Vitamin C eingenommen wurde oder der Urin Nitrate (z. B. aufgrund einer Infektion des Urogenitaltrakts) enthält. Ebeso ist auch eine Erhöhung von Urobilinogen weder spezifisch noch sensitiv.

Alkalische Phosphatase (ALP)

Eine Erhöhung dieses Hepatozytenenzyms weist auf eine Cholestase hin. Ergebnisse sind möglicherweise nicht spezifisch, da alkalische Phosphatase aus mehreren Isoenzymen besteht und auch extrahepatisch häufig vorkommt (z. B. in der Plazenta, im Dünndarm, Leukozyten, Nieren und vor allem Knochen).

Die alkalische Phosphatase steigt bis das 4-Fache des Normalwerts 1–2 Tage nach Beginn eines Gallengangsverschlusses, unabhängig von seiner Lokalisation. Die Werte können auch nach Beseitigung des Verschlusses für mehrere Tage erhöht bleiben, weil die Halbwertszeit der alkalischen Phosphatase ungefähr sieben Tage beträgt. Erhöhungen bis zum Dreifachen des Normalwerts kommen bei vielen Lebererkrankungen vor, einschließlich

Isolierte Anstiege (d. h. wenn andere Leberwerte normal sind) können auftreten

Isolierte Anstiege können auch in Ermangelung einer offensichtlichen Leber- oder Gallenwegsstörung beobachtet werden; wie bei Folgendem:

  • Einige Krebsarten ohne erkennbare Beteiligung der Leber (z. B. Bronchialkarzinom, Hodgkin-Lymphom, Nierenzellkarzinom)

  • Nach Einnahme von fettigen Mahlzeiten (wegen eines Enzyms, das im Dünndarm produziert wird)

  • Schwangerschaft (wegen eines Enzyms, das in der Plazenta produziert wird)

  • Kinder und Jugendliche, die noch im Wachstum sind (wegen des Knochenwachstums)

  • Chronisches Nierenversagen (wegen eines Enzyms, das im Darm und Knochen hergestellt wird)

Spiegel der Gamma-Glutamyltranspeptidase oder 5-Nukleotidase, die spezifischer für die Leber sind, können hepatische von extrahepatischen Quellen der alkalischen Phosphatase besser unterscheiden als die Fraktionierung der alkalischen Phosphatase, die technisch schwierig ist. Auch bei ansonsten asymptomatischen älteren Menschen, rührt ein Anstieg der alkalischen Phosphatase in der Regel von den Knochen her (z. B. bei der Paget-Krankheit) und erfordert möglicherweise keine weitere Untersuchung auf Leberschäden.

5-Nucleotidase

Erhöhungen dieser Enzymspiegel sind genauso sensitiv wie die der alkalischen Phosphatase bei der Diagnose von Cholestase und Gallengangsverschluss, aber sie ist spezifischer und weist in den allermeisten Fällen auf eine hepatobiliäre Krankheit hin. Weil die Werte für die alkalische Phosphatase und die 5-Nucleotidase nicht immer miteinander korrelieren, kann der eine Wert normal und der andere erhöht sein.

Gamma-Glutamyltranspeptidase (GGT)

Dieses Enzym steigt bei hepatobiliären Krankheiten, v. a. bei Cholestase, an und korreliert nur mäßig mit den Spiegeln der alkalischen Phosphatase und der 5-Nucleotidase. Die Werte steigen im Kindesalter oder während der Schwangerschaft bei Knochenschädigungen nicht an. Allerdings können Alkohol und bestimmte Medikamente (z. B. einige Antiepileptika, Warfarin), Kräuter und Nahrungsmittel hepatische mikrosomale Enzyme (Cytochrom P-450) induzieren, die Gamma-Glutamyltranspeptidase (GGT) deutlich erhöhen und damit ihre Spezifität etwas einschränken.

Testung der Lebersynthesefunktion

Prothrombinzeit und International Normalized Ratio (INR):

Die Prothrombinzeit kann als Zeit in Sekunden oder vorzugsweise als Verhältnis von gemessener Prothrombinzeit zu Kontroll-Prothrombinzeit, als INR (Anm. d. Red.: International Normalized Ratio) bezeichnet (INR- siehe Testung), angegeben werden. Die INR ist genauer als Prothrombinzeit bei der Überwachung der Antikoagulation. PT oder INR sind wertvolle Parameter, um die Fähigkeit der Leber abzuschätzen, Fibrinogen und Vitamin-K-abhängige Gerinnungsfaktoren zu synthetisieren: Faktor II (Prothrombin), VII, IX und X. Veränderungen können rasch auftreten, da einige der Gerinnungsfaktoren eine kurze biologische Halbwertszeit haben (z. B. 6 h für Faktor VII). Pathologische Werte zeigen eine schwere Störung der hepatozellulären Funktion an, ein prognostisch schlechtes Zeichen bei akuten Leberstörungen. Bei chronischen Leberkrankheiten weist eine steigende Prothrombinzeit oder INR (International normalized ratio) auf ein fortschreitendes Leberversagen hin. Die Prothrombinzeit oder INR steigt bei geringen hepatozellulären Schäden nicht an und liegt auch bei Bestehen einer kompensierter Zirrhose oft im Normbereich.

Eine verlängerte Prothrombinzeit und pathologische INR kann auch auf dem Boden von Gerinnungsstörungen wie einer Verbrauchskoagulopathie oder dem Mangel an Vitamin K entstehen. Eine Fettmalabsorption inkl. Cholestase verursacht einen Vitamin-K-Mangel. Bei einer chronischen Cholestase kann eine ausgeprägte hepatozelluläre Funktionsstörung ausgeschlossen werden, wenn die Gabe von Vitamin K (10 mg subkutan oder intravenös) die Prothrombinzeit um 30% innerhalb von 24 h normalisiert.

Serumproteine

Die Hepatozyten synthetisieren die Mehrzahl der Serumproteine, inkl. Alpha- and Beta-Globuline, Albumin und Gerinnungsfaktoren (aber nicht die Gamma-Globuline, die von B-Lymphozyten synthetisiert werden). Hepatozyten produzieren ebenfalls Proteine, die bei der Diagnose bestimmter Erkrankungen hilfreich sind:

Diese Proteine sind als Reaktion auf Schädigungen (z. B. Entzündung) von verschiedenen Geweben erhöht, so dass ein Anstieg nicht spefzifisch für Lebererkrankungen sein muss. Umgekehrt können die Serumspiegel dieser Proteine bei Zirrhose abnehmen.

Serumalbumin nimmt in der Regel bei chronischen Leberkrankheiten ab wegen der Zunahme des Verteilungsvolumens (z. B. Zunahme des Aszites), einer Verminderung der Lebersynthese oder beidem. Werte < 3 g/dl (< 30 g/l) deuten auf eine verminderte Synthese hin, verursacht durch eines von Folgendem:

Hypalbuminämie kann auch von einem erhöhten Albuminverlust über die Niere (z. B. beim nephrotischen Syndrom), über den Darm (z. B. Proteinverlustgastroenteropathie) oder über die Haut (z. B. Verbrennungen oder exfoliative Dermatitis) stammen.

Da Albumin eine Halbwertszeit von etwa 20 Tagen hat, dauert es in der Regel Wochen, bis der Serumspiegel ansteigt oder abfällt, obwohl die Veränderungen bei kritischen Erkrankungen schnell erfolgen können.

Weitere Laboruntersuchungen

Ammoniak

Stickstoffverbindungen, die in den Darm (z. B. durch Aufnahme von Proteinen, ausgeschiedener Harnstoff) gelangen, werden von Bakterien der natürlichen Darmflora abgebaut, wobei Ammoniak freigesetzt wird. Das Ammoniak wird dann aufgenommen und über die Pfortader in die Leber transportiert. Die gesunde Leber baut den Ammoniak, der von der Pfortader kommt, leicht ab und wandelt ihn in Glutamin um, das von den Nieren in Harnstoff metabolisiert und ausgeschieden wird. Bei Patienten mit portosystemischen Shunts und chronische Lebererkrankung kann die kranke Leber den Ammoniak nicht abbauen, der dann in den systemischen Kreislauf gelangt und möglicherweise zur portosystemischen (Leber-) Enzephalopathie beiträgt. Erhöhte Ammoniakwerte sind bei hepatischer Enzephalopathie zu finden, aber die Werte können fälschlicherweise niedrig oder hoch sein. Bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen kann Folgendes die Ammoniakwerte ansteigen lassen:

Da der Grad der Erhöhung des Ammoniakspiegels kaum mit dem Schweregrad der hepatischen Enzephalopathie bei chronischen Lebererkrankungen korreliert, ist dieser Wert für die Überwachung der Therapie nur bedingt geeignet.

Bei akutem Leberversagen treten erhöhte arterielle Ammoniakwerte aufgrund einer schweren akuten Hepatozytendysfunktion und/oder Nekrose auf, im Gegensatz zu einem portosystemischen Shunt, und können ein schlechter prognostischer Indikator sein.

Serumimmunglobuline

Bei chronischen Leberstörungen steigen die Serumimmunglobuline in der Regel an. Erhöhungen sind jedoch nicht spezifisch und in ihrer klinischen Aussagekraft nicht weiterführend. Die Werte sind gering erhöht bei akuter Hepatitis, mäßig bei chronischer Hepatitis und deutlich bei autoimmuner Hepatitis. Das Muster des Immunglobulin-Anstiegs trägt wenig Information bei, obwohl verschiedene Immunglobuline häufig bei verschiedenen Erkrankungen sehr hoch sind:

Antimitochondriale Antikörper

Diese heterogenen Antikörper werden häufig positiv mit einem hohen Titer gemessen, bei > 95% der Patienten mit primär biliärer Cholangitis. Sie sind gelegentlich auch bei folgenden Erkrankungen zu finden:

  • Autoimmunhepatitis

  • Medikamenten-induzierte Hepatitis

  • Andere Autoimmunerkrankungen, wie Erkrankungen des Bindegewebes, Myasthenia gravis, autoimmune Thyreoiditis, Addison-Krankheit und autoimmune hämolytische Anämie

Antimitochondriale Antikörper können bei der Differenzialdiagnose der Cholestase hilfreich sein, weil sie beim extrahepatischen Gallengangsverschluss und bei der primär sklerosierenden Cholangitis nicht vorkommen.

Weitere Antikörper

Andere Antikörper können bei der Diagnose von Folgendem helfen:

  • Autoimmunhepatitis: Antikörper der glattten Muskulatur gegen Aktin, antinukleäre Antikörper gegen Zellkerne, die ein homogenes (diffuses) Fluoreszenzmuster hervorrufen und Antikörper gegen Leber-, Nieren-Mikrosomen Typ 1 (anti-LKM1).

  • Primäre biliäre Cholangitis: Antimitochondriale Antikörper sind der Schlüssel zur Diagnose.

  • Primär sklerosierende Cholangitis: Perinukleäre antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (p-ANCA) können dabei helfen, einen Verdacht zu erhärten.

  • IgG4-Cholangiopathie: Immunglobulin G4 ist häufig erhöht.

Aus einem isolierten pathologischen Befund jedes einzelnen dieser Antikörper darf man keine Diagnose machen und die Antikörper sind nicht erklärend für die Pathogenese.

Alpha-Fetoprotein (AFP)

AFP, ein Glykoprotein, das normalerweise im Dottersack des Embryos und dann von der fetalen Leber synthetisiert wird, ist beim Neugeborenen und dementsprechend bei der schwangeren Mutter erhöht. Der AFP-Spiegel fällt während des ersten Lebensjahres schnell ab und erreicht im Alter von einem Jahr erwachsene Normalwerte (laborabhängig < 10-20 ng/ml oder < 10-20 mg/l). Eine Erhöhung der AFP, egal wie klein, sollte Anlass geben, an ein primäres hepatozelluläres Karzinom (HCC) zu denken. Das Serum-AFP korreliert im Allgemeinen mit der Größe des Tumors, mit der Differenzierung und der Beteiligung von Metastasen. Weil kleine Tumoren geringe Mengen an AFP produzieren, deuten steigende Werte auf HCC hin, vor allem, wenn die Tumoren > 3 cm im Durchmesser haben. AFP hilft auch prognostisch.

Eine geringe Erhöhung von AFT wird auch bei akuter und chronischer Hepatitis gefunden, was wahrscheinlich auf eine Leberregeneration hinweist; AFP kann bei akutem (fulminantem) Leberversagen gelegentlich bis zu 500 ng/ml ansteigen. Hohe AFP-Spiegel können bei einigen anderen Erkrankungen vorkommen (z. B. embryonale Teratokarzinome, Hepatoblastome bei Kindern, einige Lebermetastasen im Gastrointestinaltrakt Krebs, einige Cholangiokarzinome), sind aber nicht häufig und in der Regel können sie klinisch und histopathologisch unterschieden werden.

Sensitivität, Spezifität und Spitzenwerten von AFP bei Patienten mit HCC variieren je nach Bevölkerungsgruppe, was die Unterschiede in der Hepatitis-Prävalenz und ethnischer Zugehörigkeit widerspiegelt. In Gebieten mit einer relativ geringen Hepatitisprävalenz (z. B. Nordamerika, Westeuropa). AFP-Grenzwerte von 20 ng/ml bis 100 ng/ml (20 mcg/l bis 100 mcg/l) haben eine Sensitivität von 61% und eine Spezifität von 86% (1). Allerdings wird nicht bei allen HCC AFP produziert. Somit ist AFP kein idealer Screening-Test, kann aber bei der Erkennung von Leberzellkarzinomen eine Rolle spielen und zur Überwachung des Ansprechens auf die Behandlung verwendet werden. Überschreitungen des Normalwert (> 20 ng/ml [20 mcg/l]), vor allem wenn der Wert ansteigt, lässt eine HCC vermuten. In Patienten mit Leberzirrhose mit einer Masse und einem hohen Wert (z. B. > 200 ng/ml [200 mcg/l]), ist der prädiktive Wert hoch. Der kombinierte Einsatz von AFP und Ultraschall bietet in der Regel ein angemessenes Screening.

Untersuchungen auf Leberfibrose

Der Grad der Leberfibrose kann mit mehreren nichtinvasiven Blutuntersuchungen beurteilt werden. Dazu gehören Tests, die auf gängigen Laborergebnissen wie AST, ALT und Thrombozyten beruhen, wie APRI, FIB4 und der Fibrose-Score für die nichtalkoholische Fettleber (NAFLD) sowie proprietäre Scores wie FibroTestTM (in den Vereinigten Staaten als FibroSure® bekannt), der mehrere Parameter berücksichtigt. Diese Blutuntersuchungen können zwischen Patienten ohne Fibrose und solchen mit fortgeschrittener Fibrose unterscheiden, sind aber weitgehend nicht in der Lage, zwischen den einzelnen Fibrosestadien zu differenzieren. Diese Bluttests werden häufig in Kombination mit der Ultraschall-Elastographie oder der vibrationsgesteuerten transienten Elastographie zur Beurteilung der Leberfibrose verwendet, insbesondere bei Patienten mit chronischer Hepatitis C und nichtalalkoholischer Fettlebererkrankung.

Literatur zu anderen Labortests

  1. 1. Zhang J, Chen G, Zhang P, et al: The threshold of alpha-fetoprotein (AFP) for the diagnosis of hepatocellular carcinoma: A systematic review and meta-analysisPLoS One 15(2):e0228857, 2020. doi: 10.1371/journal.pone.0228857

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American College of Gastroenterology [ACG] Clinical Guideline: Evaluation of Abnormal Liver Chemistries: Evaluation of liver chemistry tests. Dieses Dokument enthält die offiziellen Empfehlungen der American Gastroenterological Association (AGA) zur Bewertung von Tests zur Leberchemie. Es wurde vom Komitee für klinische Praxis am 3. März 2002 und vom AGA-Vorstand am 19. Mai 2002 genehmigt.

  2. Green RM, Flamm S: AGA technical review on the evaluation of liver chemistry tests. Gastroenterology 123(4):1367-1384, 2002. doi: 10.1053/gast.2002.36061

  3. European Association for Study of Liver; Asociación Latinoamericana para el Estudio del Hígado: Non-invasive tests for evaluation of liver disease severity and prognosis. J Hepatol 63(1):237-264, 2015. doi: 10.1016/j.jhep.2015.04.006