Neonatale Hyperbilirubinämie

(Gelbsucht bei Neugeborenen)

VonKevin C. Dysart, MD, Nemours/Alfred I. duPont Hospital for Children
Überprüft/überarbeitet März 2021 | Geändert Sept. 2022
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Gelbsucht ist eine gelbe Verfärbung von Haut und Augen, die durch Hyperbilirubinämie (erhöhte Bilirubinkonzentration im Serum) verursacht wird. Der Serumbilirubinspiegel, der erforderlich ist, um eine Gelbsucht auszulösen, variiert je nach Hautfarbe und Körperregion, doch wird die Gelbsucht in der Regel bei einem Spiegel 2–3 mg/dl (34–51 Mikromol/l) auf der Sklera und bei etwa 4–5 mg/dl (68–86 Mikromol/l) im Gesicht sichtbar. Mit steigendem Bilirubinspiegel scheint sich die Gelbsucht von Kopf bis Fuß zu entwickeln, wobei sie am Nabel bei etwa 15 mg/dl (257 Mikromol/l) und an den Füßen bei etwa 20 mg/dl (342 Mikromol/l) auftritt. Etwas mehr als die Hälfte aller Neugeborenen hat in der ersten Lebenswoche eine sichtbare Gelbsucht. Bei fast allen Hyperbilirubinämien in der unmittelbaren Neugeborenenperiode handelt es sich um unkonjugiertes Bilirubin, das nach älteren Labormessmethoden als indirektes Bilirubin bezeichnet wird; konjugiertes Bilirubin wird als direktes Bilirubin bezeichnet. Für weitere Informationen über Cholestase und Störungen der Bilirubinausscheidung im Neugeborenenalter siehe Cholestase bei Neugeborenen.

Folgen der Hyperbilirubinämie

Eine Hyperbilirubinämie kann je nach Ursache und Ausmaß der Erhöhung harmlos oder schädlich sein. Einige Ursachen der Gelbsucht sind unabhängig vom Bilirubinwert an sich gefährlich. Eine Hyperbilirubinämie jeglicher Ursache ist jedoch besorgniserregend, sobald der Wert hoch genug ist. Die Schwelle zur Besorgnis variiert je nach

  • Alter

  • Grad der Frühgeburtlichkeit

  • Gesundheitszustand

Bei gesunden Neugeborenen wird die Schwelle zur Besorgnis typischerweise als ein Niveau angesehen > 18 mg/dl (> 308 micromol/l); siehe Abbildung Risiko für Hyperbilirubinämie bei Neugeborenen (1). Bei Frühchen, Kindern, die zu klein für das Gestationsalter sind und/oder kranken Kindern (z. B. mit Sepsis, Hypothermie oder Hypoxie) besteht jedoch ein höheres Risiko, sodass die Intervention auf niedrigerem Niveau erfolgen kann. Bei diesen Säuglingen steigt das Risiko zwar mit zunehmender Hyperbilirubinämie, doch gibt es keinen Hyperbilirubinämie-Wert, der als sicher gilt; die Behandlung richtet sich nach Alter und klinischen Faktoren. Inzwischen gibt es Vorschläge für operative Schwellenwerte zur Einleitung einer Phototherapie auf der Grundlage des Gestationsalters.

Die Neurotoxizität ist die wichtigste Folge der neonatalen Hyperbilirubinämie. Auf eine akute Enzephalopathie kann eine Vielzahl neurologischer Beeinträchtigungen folgen, darunter Zerebralparese und sensomotorische Defizite; die Kognition bleibt in der Regel verschont. Kernikterus ist die schwerste Form der Neurotoxizität. Obwohl selten geworden, tritt Kernikterus weiterhin auf, kann aber in den meisten Fällen verhindert werden. Kernikterus ist eine Hirnschädigung, die durch Ablagerungen von nicht konjugiertem Bilirubin in den Basalganglien und Hirnstammkernen verursacht wird, die entweder durch akute oder chronische Hyperbilirubinämie hervorgerufen werden. Normalerweise bleibt das an Serumalbumin gebundene Bilirubin im intravaskulären Raum. Bilirubin kann jedoch die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in bestimmten Situationen einen Kernikterus verursachen:

  • Wenn die Bilirubinkonzentration im Serum deutlich erhöht ist

  • Wenn die Serumalbumin-Konzentration sehr niedrig ist (z. B. bei Frühchen)

  • Wenn Bilirubin durch kompetitive Bindemittel von Albumin verdrängt wird

Zu den kompetitiven Bindemitteln gehören Medikamente (z. B. Sulfisoxazol, Ceftriaxon, Aspirin) sowie freie Fettsäuren und Wasserstoffionen (z. B. bei nüchternen, septischen oder azidotischen Säuglingen).

Risiko einer Hyperbilirubinämie bei Neugeborenen

Das Risiko basiert auf dem Gesamtbilirubinspiegel im Serum. (Adapted from Bhutani VK, Johnson L, Sivieri EM: Predictive ability of a predischarge hour-specific serum bilirubin for subsequent significant hyperbilirubinemia in healthy term and near-term newborns. Pediatrics 103(1):6–14, 1999. doi: 10.1542/peds.103.1.6)

Allgemeine Literatur

  1. 1. Maisels MJ, Bhutani VK, Bogen D, et al: Hyperbilirubinemia in the newborn infant ≥ 35 weeks gestation: An update with clarifications. Pediatrics 124(4):1193–1198, 2009. doi: 10.1542/peds.2009-0329

Pathophysiologie der neonatalen Hyperbilirubinämie

Der größte Teil des Bilirubins wird durch den Abbau von Hämoglobin zu unkonjugiertem Bilirubin (und anderen Substanzen) gebildet. Unkonjugiertes Bilirubin bindet sich im Blut an Albumin und wird zur Leber transportiert, wo es von den Hepatozyten aufgenommen und von dem Enzym Uridindiphosphogluconurat-Glucuronosyltransferase (UGT) mit Glucuronsäure konjugiert wird, um es wasserlöslich zu machen. Das konjugierte Bilirubin wird mit der Galle in den Zwölffingerdarm ausgeschieden. Bei Erwachsenen wird konjugiertes Bilirubin von Darmbakterien zu Urobilin reduziert und ausgeschieden. Neugeborene haben jedoch weniger Bakterien in ihrem Verdauungstrakt, sodass weniger Bilirubin zu Urobilin reduziert und ausgeschieden wird. Sie besitzen auch das Enzym Beta-Glucuronidase, das Bilirubin dekonjugiert. Das nun unkonjugierte Bilirubin kann wieder resorbiert und in den Kreislauf zurückgeführt werden. Dieser Vorgang wird als enterohepatischer Kreislauf von Bilirubin bezeichnet (siehe auch Bilirubinstoffwechsel).

Mechanismen der Hyperbilirubinämie

Hyperbilirubinämie kann durch einen oder mehrere der folgenden Prozesse verursacht werden:

  • Gesteigerte Produktion

  • Verminderte hepatische Aufnahme

  • Verminderte Konjugation

  • Beeinträchtigte Ausscheidung

  • Beeinträchtigter Gallefluss (Cholestase)

  • Erhöhter enterohepatischer Kreislauf

Ätiologie der neonatalen Hyperbilirubinämie

Klassifikation

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Ursachen der Hyperbilirubinämie zu klassifizieren und zu diskutieren. Da eine vorübergehende Gelbsucht bei gesunden Neugeborenen häufig vorkommt (im Gegensatz zu Erwachsenen, bei denen Gelbsucht immer auf eine Erkrankung hinweist), kann eine Hyperbilirubinämie als physiologisch oder pathologisch eingestuft werden. Sie kann danach klassifiziert werden, ob die Hyperbilirubinämie unkonjugiert, konjugiert oder beides ist. Sie kann auch nach dem zugrunde liegenden Mechanismus klassifiziert werden ( siehe Tabelle: Ursachen von Neugeborenen- Hyperbilirubinämie).

Ursachen

In den meisten Fällen liegt eine unkonjugierte Hyperbilirubinämie vor. Zu den häufigsten Ursachen der Neugeborenengelbsucht gehören:

  • Physiologische Hyperbilirubinämie

  • Stillikterus

  • Muttermilchikterus

  • Pathologische Hyperbilirubinämie aufgrund einer hämolytischen Erkrankung

Leberfunktionsstörungen (z. B. verursacht durch parenterale Ernährung mit Cholestase, neonatale Sepsis, neonatale Hepatitis) können eine konjugierte oder gemischte Hyperbilirubinämie verursachen.

Eine physiologische Hyperbilirubinämie tritt bei fast allen Neugeborenen auf. Die kürzere Lebensdauer der roten Blutkörperchen bei Neugeborenen erhöht die Bilirubinproduktion, eine mangelhafte Konjugation aufgrund des Mangels an Uridindiphosphat-Glucuronosyltransferase (UGT) verringert die Clearance, und niedrige Bakterienkonzentrationen im Darm in Verbindung mit einer verstärkten Hydrolyse von konjugiertem Bilirubin erhöhen den enterohepatischen Kreislauf. Der Bilirubinspiegel kann bis zum 3. bis 4. Lebenstag (bei asiatischen Säuglingen 7 Tage) auf bis zu 18 mg/dl (308 Mikromol/l) ansteigen und danach wieder abfallen.

Bei einem Sechstel der gestillten Säuglinge entwickelt sich in der ersten Lebenswoche ein Stillikterus. Stillen erhöht die enterohepatische Zirkulation von Bilirubin bei einigen Säuglingen, die eine verminderte Milchaufnahme haben und außerdem dehydriert sind oder wenig Kalorien zu sich nehmen. Der erhöhte enterohepatische Kreislauf kann auch auf eine Verringerung der Darmbakterien zurückzuführen sein, die Bilirubin in nicht resorbierte Metaboliten umwandeln.

Der Muttermilchikterus unterscheidet sich vom Stillikterus. Er entwickelt sich nach den ersten 5 bis 7 Lebenstagen und erreicht seinen Höhepunkt mit etwa 2 Wochen. Es wird vermutet, dass er durch eine erhöhte Konzentration von Beta-Glucuronidase in der Muttermilch verursacht wird, die zu einer verstärkten Dekonjugation und Resorption von Bilirubin führt.

Eine pathologische Hyperbilirubinämie bei reifen Neugeborenen wird diagnostiziert, wenn

  • eine Gelbsucht in den ersten 24 Stunden oder nach der ersten Lebenswoche auftritt oder > 2 Wochen anhält;

  • das Gesamtbilirubin im Serum um > 5 mg/dl/Tag (> 86 Mikromol/l/Tag) ansteigt;

  • das Gesamtbilirubin im Serum > 18 mg/dl (> 308 Mikromol/l/Tag) beträgt;

  • der Säugling Symptome oder Anzeichen einer schweren Krankheit zeigt.

Einige der häufigsten pathologischen Ursachen sind:

Tabelle
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Abklärung der neonatalen Hyperbilirubinämie

Anamnese

Bei der Anamnese sollten das Alter des Auftretens und die Dauer der Gelbsucht angegeben werden. Wichtige Begleitsymptome sind Lethargie und schlechte Nahrungsaufnahme (was auf einen möglichen Kernikterus hinweist), die zu Stupor, Hypotonie oder epileptischen Anfällen und schließlich zu Hypertonie führen können. Das Ernährungsverhalten kann auf ein mögliches Stillversagen oder eine Unterversorgung mit Nahrung hinweisen. Daher sollte zur Anamnese auch gehören, was dem Kind gefüttert wurde, wie viel und wie häufig, wie oft das Kind uriniert hat oder Stuhlgang hatte (was mögliche Probleme beim Stillen oder Unterernährung aufzeigen kann), wie gut das Kind die Brust oder die Flasche annimmt, ob die Mutter fühlt, dass ihre Milch eingeschossen ist und ob das Kind während der Fütterungen schluckt und nach dem Stillen satt erscheint.

Ber der Untersuchung der Körpersysteme sollte nach Symptomen gesucht werden, die auf Ursachen wie Atemnot, Fieber, Reizbarkeit oder Lethargie (Sepsis), Hypotonie und schlechte Nahrungsaufnahme (Hypothyreose, Stoffwechselstörung) und wiederholtes Erbrechen (Darmverschluss) hinweisen.

Die Anamnese sollte sich auf mütterliche Infektionen (Toxoplasmose, andere Krankheitserreger, Röteln, Zytomegalievirus und Herpes simplex [TORCH]), Erkrankungen, die eine frühe Hyperbilirubinämie verursachen können (mütterlicher Diabetes), mütterlichen Rh-Faktor und Blutgruppe (maternofetale Blutgruppeninkompatibilität) und eine Vorgeschichte mit einer verlängerten oder schwierigen Geburt (Hämatom oder Zangentrauma) konzentrieren.

In der Familienanamnese sollten bekannte Erbkrankheiten angegeben werden, die Gelbsucht verursachen können, einschließlich Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD)-Mangel oder andere Erythrozyten-Enzymmängel, Thalassämien und Sphärozytose sowie Geschwister mit Gelbsucht in der Vergangenheit.

In der Medikamentenanamnese sollten insbesondere Medikamente angegeben werden, die Gelbsucht fördern können (z. B. Ceftriaxon, Sulfonamide [diese Medikamente fördern keine Gelbsucht, sondern führen bei niedrigeren gemessenen Bilirubinwerten zu potenziell größeren Schäden, da sie Bilirubin aus dem Albumin verdrängen und den Anteil des freien Bilirubins erhöhen] und Antimalariamittel).

Körperliche Untersuchung

Das allgemeine klinische Erscheinungsbild und die Vitalparameter werden überprüft.

Die Haut wird auf das Ausmaß der Gelbsucht untersucht. Sanfter Druck auf die Haut kann helfen, das Vorhandensein von Gelbsucht zu erkennen.

Die körperliche Untersuchung sollte sich auf Anzeichen für ursächliche Erkrankungen konzentrieren.

Das allgemeine Erscheinungsbild wird auf Plethora (maternofetale Transfusion), Makrosomie (mütterlicher Diabetes) und Lethargie oder extreme Reizbarkeit (Sepsis oder Infektion) sowie auf dysmorphe Merkmale wie Makroglossie (Hypothyreose) und flacher Nasenrücken oder bilaterale Epikanthusfalten (Down-Syndrom) untersucht.

Bei der Untersuchung von Kopf und Hals werden Blutergüsse und Schwellungen der Kopfhaut festgestellt, die auf ein Kephalhämatom hindeuten. Die Lunge wird auf Knistern (Rasselgeräusche), Rasselgeräusche und verminderte Atemgeräusche (Pneumonie) untersucht. Das Abdomen wird auf Auftreibung, Masse (Hepatosplenomegalie) oder Schmerzen (Darmverschluss) untersucht. Die neurologische Untersuchung sollte auf Anzeichen einer Hypotonie oder Schwäche (Stoffwechselstörung, Hypothyreose, Sepsis) achten.

Warnhinweise

Die folgenden Befunde sind von besonderer Bedeutung:

  • Gelbsucht am ersten Tag des Lebens

  • Gesamtbilirubin im Serum > 18 mg/dl (> 308 Mikromol/l)

  • Anstiegsrate des Gesamtbilirubins im Serum > 0,2 mg/dl/h (> 3,4 Mikromol/l/h) und > 5 mg/dl/Tag (> 86 Mikromol/l/Tag)

  • Konzentration von konjugiertem Bilirubin > 1 mg/dl (> 17 Mikromol/l), wenn das Gesamtbilirubin im Serum < 5 mg/dl (< 86 Mikromol/l) oder > 20% des gesamten Bilirubins im Serum beträgt (deutet auf neonatale Cholestase hin)

  • Gelbsucht, die nach den ersten 2 Lebenswochen auftritt

  • Lethargie, Reizbarkeit, Atemnot

Interpretation der Befunde

Die Untersuchung sollte sich auf die Unterscheidung zwischen physiologischer und pathologischer Gelbsucht konzentrieren. Anamnese, körperliche Untersuchung und zeitliches Auftreten können hilfreich sein, aber in der Regel werden der Gesamtserumbilirubin- und der konjugierte Serumbilirubinspiegel gemessen.

Zeitaspekt

Eine Gelbsucht, die in den ersten 24–48 Stunden auftritt oder die > 2 Wochen andauert, ist höchstwahrscheinlich pathologisch. Gelbsucht, die erst nach 2–3 Tagen auftritt, entspricht eher einer physiologischen Gelbsucht, einer Gelbsucht beim Stillen oder einer Muttermilch-Gelbsucht. Eine Ausnahme ist die Untersekretion von Bilirubin aufgrund von Stoffwechselfaktoren (z. B. Crigler-Najjar-Syndrom, Hypothyreose, Medikamente), die erst nach 2–3 Tagen auftreten kann. In solchen Fällen erreicht das Bilirubin in der Regel in der ersten Woche seinen Höchststand, akkumuliert mit einer Rate von < 5 mg/dl/Tag (< 86 Mikromol/l) und kann über einen längeren Zeitraum nachweisbar bleiben. Da die meisten Neugeborenen heute innerhalb von 48 Stunden aus dem Krankenhaus oder der Säuglingsstation entlassen werden, werden viele Fälle von Hyperbilirubinämie erst nach der Entlassung entdeckt.

Tabelle
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Tests

Die Verdachtsdiagnose Hyperbilirubinämie ergibt sich aus der Hautfarbe des Kindes und wird durch die Messung des Serumbilirubinspiegels bestätigt. Nichtinvasive Verfahren zur Messung von Bilirubin bei Säuglingen, einschließlich transkutaner und auf digitaler Fotografie basierender Verfahren, werden zunehmend eingesetzt und korrelieren gut mit Serumbilirubinmessungen. Das Risiko einer Hyperbilirubinämie basiert auf den altersspezifischen Gesamtserumbilirubinwerten.

Eine Bilirubinkonzentration von > 10 mg/dl (> 171 Mikromol/l) bei Frühgeborenen und > 18 mg/dl (> 308 Mikromol/l) bei reifen Neugeborenen rechtfertigt zusätzliche Untersuchungen, einschließlich Hämatokrit, Blutausstrich, Retikulozytenzahl, direktem Coombs-Test, Gesamtserumbilirubin- und direkter Serumbilirubinkonzentration sowie Blutgruppe und Rhesusgruppe des Säuglings und der Mutter.

Weitere Untersuchungen, wie Blut-, Urin- und Liquorkulturen zum Nachweis einer Sepsis und die Messung der Enzymwerte der roten Blutkörperchen zum Nachweis ungewöhnlicher Hämolyseursachen, können aufgrund der Anamnese und der körperlichen Untersuchung indiziert sein. Solche Tests können auch bei Neugeborenen mit einem anfänglichen Bilirubinwert von > 25 mg/dl (> 428 Mikromol/l) indiziert sein.

Behandlung der neonatalen Hyperbilirubinämie

Die Behandlung der Hyperbilirubinämie zielt auf die zugrunde liegende Erkrankung ab. Darüber hinaus kann auch eine Behandlung der Hyperbilirubinämie selbst erforderlich sein.

Der physiologische Ikterus ist in der Regel klinisch unbedeutend und bildet sich innerhalb einer Woche zurück. Häufiges Füttern mit Säuglingsnahrung kann die Häufigkeit und den Schweregrad der Hyperbilirubinämie verringern, indem es die gastrointestinale Motilität und die Häufigkeit des Stuhlgangs erhöht und so den enterohepatischen Kreislauf von Bilirubin minimiert. Die Art der Nahrung scheint für die Erhöhung der Bilirubinausscheidung nicht wichtig zu sein.

Ein Stillikterus kann verhindert oder reduziert werden, indem die Häufigkeit des Fütterns erhöht wird. Wenn der Bilirubinspiegel bei einem reif geborenen Säugling mit frühzeitigem Stillikterus weiter ansteigt (> 18 mg/dl [> 308 Mikromol/l]), kann eine vorübergehende Umstellung von Muttermilch auf Säuglingsnahrung angebracht sein; bei höheren Werten kann auch eine Phototherapie angezeigt sein. Die Mutter sollte ermutigt werden, weiterhin regelmäßig Muttermilch abzupumpen, damit sie das Stillen wieder aufnehmen kann, sobald der Bilirubinspiegel des Säuglings zu sinken beginnt. Sie sollte auch die Gewissheit haben, dass die Hyperbilirubinämie keinen Schaden verursacht hat und dass sie das Stillen gefahrlos wieder aufnehmen kann. Es ist nicht ratsam, mit Wasser oder Dextrose zu substituieren, da dies die Milchproduktion der Mutter stören kann.

Die gezielte Behandlung der Hyperbilirubinämie umfasst:

  • Lichttherapie (Phototherapie)

  • Austauschtransfusion

Phototherapie

Diese Behandlung ist nach wie vor die Standardtherapie, bei der meist fluoreszierendes Weißlicht verwendet wird. (Blaues Licht mit einer Wellenlänge von 425 bis 475 nm ist für eine intensive Phototherapie am wirksamsten). Unter Phototherapie versteht man den Einsatz von Licht zur Photoisomerisierung von unkonjugiertem Bilirubin in Formen, die besser wasserlöslich sind und von der Leber und den Nieren ohne Glucuronidierung schnell ausgeschieden werden können. Sie dient der definitiven Behandlung der neonatalen Hyperbilirubinämie und der Prävention des Kernikterus. (Siehe auch den technischen Bericht der American Academy of Pediatrics über den Einsatz der Phototherapie zur Vorbeugung einer schweren neonatalen Hyperbilirubinämie bei Neugeborenen, die ≥ 35 Wochen im Mutterleib waren.)

Bei Neugeborenen, die nach ≥ 35 Schwangerschaftswochen geboren wurden, ist die Phototherapie eine Option, wenn das unkonjugierte Bilirubin > 12 mg/dl (> 205,2 Mikromol/l) beträgt, und kann indiziert sein, wenn das unkonjugierte Bilirubin nach 25–48 Stunden > 15 mg/dl (257 Mikromol/l), nach 49–72 Stunden 18 mg/dl (308 Mikromol/l) und nach > 72 Stunden 20 mg/dl (342 Mikromol/l) beträgt ( see figure Gefahr der Hyperbilirubinämie bei Neugeborenen). Eine Phototherapie ist bei konjugierter Hyperbilirubinämie nicht indiziert.

Für Neugeborene, die nach < 35 Schwangerschaftswochen geboren wurden, sind die Bilirubin-Grenzwerte für eine Behandlung niedriger, da bei Frühgeborenen ein höheres Risiko für Neurotoxizität besteht. Je früher das Kind geboren wurde, desto niedriger ist der Schwellenwert ( siehe Tabelle: Empfohlene Grenzwerte* für den Beginn der Phototherapie oder Austausch von Transfusionen bei Babys < 35 SSW).

Tabelle

Da die sichtbare Gelbsucht während der Phototherapie verschwinden kann, obwohl das Bilirubin im Serum erhöht bleibt, kann die Hautfarbe nicht zur Beurteilung des Schweregrads der Gelbsucht herangezogen werden. Das für die Bilirubinbestimmung entnommene Blut sollte vor grellem Licht geschützt werden, da Bilirubin in den Entnahmeröhrchen schnell photooxidieren kann.

Austauschtransfusion

Diese Behandlung kann Bilirubin schnell aus dem Kreislauf entfernen und ist bei schwerer Hyperbilirubinämie indiziert, die am häufigsten bei immunvermittelter Hämolyse auftritt. Über einen Nabelvenenkatheter oder einen anderen Zugang werden kleine Mengen Blut entnommen und wieder zugeführt, um teilweise hämolysierte und mit Antikörpern beschichtete Erythrozyten sowie zirkulierende Immunglobuline zu entfernen. Das Blut wird durch unbeschichtete Erythrozyten eines Spenders ersetzt, die nicht das Antigen der Erythrozytenmembran aufweisen, das die zirkulierenden Antikörper bindet. Das heißt, Blut der Blutgruppe O wird verwendet, wenn das Neugeborene gegen AB-Antigene sensibilisiert ist, und Rh-negatives Blut wird verwendet, wenn das Neugeborene gegen Rh-Antigene sensibilisiert ist. Da die Erythrozyten eines erwachsenen Spenders mehr ABO-Antigenstellen aufweisen als die fetalen Zellen, wird die typspezifische Transfusion die Hämolyse verstärken. Nur eine unkonjugierte Hyperbilirubinämie kann einen Kernikterus verursachen. Wenn also das konjugierte Bilirubin erhöht ist, wird der Wert des unkonjugierten Bilirubins und nicht des Gesamtbilirubins zur Bestimmung der Notwendigkeit einer Austauschtransfusion herangezogen.

Bei Terminkindern sind die spezifischen Indikationen Serumbilirubin 20 mg/dl (≥ 342 Mikromol/l) nach 24–48 Stunden oder 25 mg/dl (≥ 428 Mikromol/l) nach > 48 Stunden und das Ausbleiben einer Senkung des Bilirubinspiegels durch die Phototherapie um 1–2 mg/dl (17–34 Mikromol/l) innerhalb von 4–6 Stunden nach Beginn der Therapie oder bei den ersten klinischen Anzeichen eines Kernikterus, unabhängig vom Bilirubinspiegel. Wenn der Bilirubinwert bei der Erstuntersuchung des Neugeborenen > 25 mg/dl (≥ 428 Mikromol/l) beträgt, sollten Vorbereitungen für eine Austauschtransfusion getroffen werden, falls eine intensive Phototherapie den Bilirubinspiegel nicht senken kann.

Es wurden Schwellenwerte für Neugeborene vorgeschlagen, die nach < 35 Schwangerschaftswochen geboren wurden (siehe Tabelle Empfohlene Schwellenwerte* für den Beginn einer Phototherapie oder Austauschtransfusion bei Neugeborenen mit 35 Schwangerschaftswochen). Früher verwendeten einige Ärzte Kriterien, die ausschließlich auf dem Gewicht des Patienten beruhten, doch diese Kriterien wurden durch die oben beschriebenen spezifischeren Leitlinien ersetzt.

Meistens werden 160 ml/kg (das Doppelte des Gesamtblutvolumens des Säuglings) konzentrierte Erythrozyten über einen Zeitraum von 2–4 Stunden ausgetauscht; alternativ können zwei aufeinander folgende Austausche von jeweils 80 ml/kg über einen Zeitraum von 1–2 Stunden verabreicht werden. Bei einem Blutaustausch wird eine bestimmte Menge Blut entnommen und sofort durch transfundiertes Blut ersetzt. Das Volumen kann je nach Größe des Säuglings variieren, liegt aber in der Regel bei etwa 20 ml für einen durchschnittlichen Säugling. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis das gewünschte Gesamtvolumen ausgetauscht ist. Bei schwerkranken oder frühgeborenen Säuglingen werden Portionen von 5–10 ml verwendet, um plötzliche große Veränderungen des Blutvolumens zu vermeiden. Ziel ist es, das Bilirubin um fast 50% zu senken, wobei bekannt ist, dass die Hyperbilirubinämie innerhalb von 1–2 Stunden wieder auf etwa 60% des Wertes vor der Transfusion ansteigen kann. Es ist auch üblich, den Zielwert um 1–2 mg/dl (17–34 Mikromol/l) zu senken, wenn das Risiko eines Kernikterus erhöht ist (z. B. bei Fasten, Sepsis, Azidose). Bei anhaltend hohen Bilirubinwerten müssen eventuell Austauschtransfusionen wiederholt werden. Schließlich ist das Verfahren mit Risiken und Komplikationen verbunden, und der Erfolg der Phototherapie hat die Häufigkeit von Austauschtransfusionen verringert.

Wichtige Punkte

  • Die Neugeborenengelbsucht wird durch eine erhöhte Bilirubinproduktion, eine verringerte Bilirubinausscheidung oder einen erhöhten enterohepatischen Kreislauf verursacht.

  • Eine gewisse Gelbsucht ist bei Neugeborenen normal.

  • Das Risiko variiert mit dem postnatalen Alter, dem Gesamtserumbilirubinwert, der Frühgeburtlichkeit und dem Gesundheitszustand des Neugeborenen.

  • Die Behandlung hängt von der Ursache und dem Ausmaß des Bilirubinanstiegs ab; je früher das Kind geboren wurde, desto niedriger ist der Schwellenwert für eine Behandlung.

  • Zur gezielten Behandlung gehören Phototherapie und Austauschtransfusion.

Weitere Informationen

Im Folgenden finden Sie eine englischsprachige Quelle, die nützlich sein könnte. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. American Academy of Pediatrics technical report: Using phototherapy to prevent severe neonatal hyperbilirubinemia in neonates who are ≥ 35 weeks gestation