Die Rhabdomyolyse ist ein klinisches Syndrom, bei dem Skelettmuskelgewebe abgebaut wird. Zu den Symptomen und Anzeichen zählen Muskelschwäche, Myalgien und rotbrauner Urin, obwohl diese Trias bei weniger als 10% der Patienten auftritt. Die Diagnose einer Rhabdomyolyse wird durch Anamnese und Laborbestätigung einer erhöhten Kreatinkinase (CK) gestellt, die typischerweise mehr als das 5-Fache der oberen Grenze des Normalwerts beträgt. Die Behandlung mit intravenösen Flüssigkeiten sowie die Behandlung der auslösenden Ursache und der daraus resultierenden Komplikationen ist unterstützend.
Die rechtzeitige Erkennung und Behandlung der Rhabdomyolyse ist von entscheidender Bedeutung, da eine schwere Erkrankung mit einer lebensbedrohlichen akuten Nierenverletzung (AKI) und Elektrolytstörungen einhergehen kann.
Pathophysiologie der Rhabdomyolyse
Eine normale Skelettmuskelfunktion ist abhängig von einem angemessenen Elektrolytaustausch, einem adäquaten Metabolismus von Adenosin-Triphosphat (ATP) und einer intakten Plasmamembran der Myozyten. Bei der Rhabdomyolyse sind diese Prozesse gestört, was zum Abbau der Skelettmuskulatur führt. Die Zerstörung von Skelettmuskelgewebe führt zur Freisetzung der intrazellulären Komponenten der Myozyten in das Plasma, darunter Kreatinkinase (CK), Myoglobin und verschiedene Elektrolyte. Myoglobinurie und Elektrolytstörungen verursachen Komplikationen des Endorgans, einschließlich einer akuten Nierenverletzung.
Ätiologie der Rhabdomyolyse
Jede Form von Muskelschäden kann theoretisch zu einer Rhabdomyolyse führen. Zu den häufigsten Ätiologien gehören
Mechanisches Trauma oder Muskelischämie (z. B. Quetschverletzungen, Elektroschocks, Anfälle oder Kompartmentsyndrom)
Medikamente, illegale Drogen, und Toxine (z. B. Statine, Antibiotika, Anxiolytika, Antipsychotika, Kokain, Amphetamine, Alkohol)
Infektion (z. B. Influenza A und B, Coxsackievirus, Staphylococcus aureus)
Zu den weniger verbreiteten Ätiologien gehören:
Elektrolytstörungen (z. B. Hypokaliämie, Hypophosphatämie)
Endokrine Störungen (z. B. diabetische Ketoazidose und nichtketotische Hyperglykämie)
Genetische Erkrankungen (z. B. Duchenne-Muskeldystrophie, Becker-Muskeldystrophie)
Extreme Bewegung oder längere Immobilisierung
Extreme Körpertemperatur (z. B. Unterkühlung, Hyperthermie beim malignen neuroleptischen Syndrom oder maligne Hyperthermie und Hitzschlag)
Symptome und Zeichen der Rhabdomyolyse
Die klassische Trias der Symptome bei der Rhabdomyolyse sind Muskelschmerzen, Schwäche und rötlich-brauner Urin. Diese Trias von Symptomen ist jedoch bei weniger als 10% aller Patienten mit Rhabdomyolyse vorhanden.
Das klinische Erscheinungsbild ist variabel, und viele Patienten haben überhaupt keine Muskelbeschwerden. Wenn vorhanden, betreffen die Muskelschmerzen proximale Muskelgruppen wie Schultern, Oberschenkel, unteren Rücken und Waden. Bei einer hohen Konzentration verfärbt sich das in den Urin ausgeschiedene Myoglobin rot oder braun und kann mit einer Peilstabanalyse positiv auf Blut untersucht werden (verursacht durch Myoglobinurie). Aufgrund der raschen Ausscheidung von Myoglobin kann eine Rhabdomyolyse jedoch nicht ausgeschlossen werden, wenn keine Myoglobinurie oder Urinverfärbung vorliegt.
Andere Anzeichen und Symptome variieren je nach auslösendem Ereignis und Komplikationen (z. B. Fieber bei Patienten mit Infektionen und verändertem Geisteszustand bei Vergiftungsfällen).
Eine akute Nierenverletzung wird bei 15 bis 50% der Rhabdomyolysekomplikationen berichtet (1) und ist bei Patienten mit gleichzeitiger Dehydration, Sepsis und Kreatinkinasespiegel über 15.000 IE/l (250 mckat/l) höher.
Hinweise auf Symptome und Zeichen
1. Chavez LO, Leon M, Einav S, et al: Beyond muscle destruction: A systematic review of rhabdomyolysis for clinical practice. Crit Care 20(1):135, 2016. doi: 10.1186/s13054-016-1314-5
Diagnose der Rhabdomyolyse
Serumspiegel der Kreatinkinase (CK) 5-mal höher als die Obergrenze des Normalwerts
Der Verdacht auf Rhabdomyolyse beruht auf der Anamnese, den klinischen Anzeichen und Symptomen. Die Bestätigung erfolgt durch Laboruntersuchungen von erhöhtem CK. Obwohl eine Cutoff-Schwelle nicht festgelegt wurde, ist für die Diagnose in der Regel ein CK-Wert erforderlich, der über dem 5-Fachen der Obergrenze des Normalwerts liegt.
Weitere aussagekräftige Labortests sind das Vorhandensein von Myoglobin im Urin, insbesondere wenn die mikroskopische Urinuntersuchung keine roten Blutkörperchen zeigt. Eine Myoglobinurie wird festgestellt, wenn das Myoglobin im Urin 250 mcg/ml überschreitet. Weitere Labormerkmale sind rasch ansteigendes Serumkreatinin, Hyperkaliämie, Hyperurikämie, Hypokalzämie, oder Hyperkalzämie, Hyperphosphatämie, Laktatazidose und Thrombozytopenie.
Behandlung der Rhabdomyolyse
Supportive Therapie
Behandlung der zugrunde liegenden Ursache
Behandlung von Komplikationen
Im Allgemeinen ist die Behandlung unterstützend, ebenso wie die Behandlung der Ursache und aller daraus resultierenden Komplikationen.
Die unterstützende Behandlung umfasst die intravaskuläre Ergänzung mit intravenösen Flüssigkeiten zur Verhinderung einer akuten Nierenverletzung sowie andere unterstützende Behandlungen (z. B. mechanische Beatmung in Fällen von akutem Lungenversagen). Es gibt keine eindeutigen Belege für einen Nutzen der Harnalkalisierung mit Natriumbikarbonat, die insbesondere bei Alkalose oder Hypokalzämie kontraindiziert ist.
Wenn das auslösende Ereignis auf ein Kompartmentsyndrom zurückzuführen ist, wird zusätzlich zur unterstützenden Therapie eine frühe Fasziotomie durchgeführt. Infektionen werden mit geeigneten antimikrobiellen Mitteln behandelt. Alle potenziell anregenden Medikamente (z. B. Statine) werden abgesetzt. Elektrolytstörungen werden korrigiert.
Komplikationen wie eine akute Nierenverletzung werden mit intravenösen Flüssigkeiten und manchmal mit einer Hämodialyse behandelt. Disseminierte intravaskuläre Koagulation wird mit frischem gefrorenem Plasma behandelt.
Wichtige Punkte
Die klassische Trias der Symptome (Myalgien, Muskelschwäche und teefarbener Urin) ist in < 10% der Fälle vorhanden.
Für die Diagnose ist normalerweise ein CK-Wert erforderlich, der über dem 5-Fachen des oberen Normalwerts liegt.
Die Behandlung erfolgt unterstützend mit intravenöser Hydratation sowie gleichzeitiger Behandlung der auslösenden Ursache und aller daraus resultierenden Komplikationen.