Übersicht über allgemeine Beschwerden bei Neugeborenen

VonArcangela Lattari Balest, MD, University of Pittsburgh, School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Okt. 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Störungen bei Neugeborenen können entstehen:

  • vor der Geburt, während der Fötus im Mutterleib heranreift

  • während der Wehen und der Entbindung

  • Nach der Geburt

Etwa 9 Prozent der Neugeborenen benötigen nach der Geburt aufgrund ihrer Unreife, Problemen während des Übergangs vom Fötus zum Neugeborenen, niedrigem Blutzuckerspiegel, Atembeschwerden, Infektionen und anderen Auffälligkeiten eine besondere Versorgung. Diese Spezialversorgung wird häufig auf einer Neugeborenen-Intensivstation (Neonatal Intensive Care Unit, NICU) geleistet.

Schwangerschaftsalter

Das Schwangerschaftsalter bezieht sich auf die Dauer, die der Fötus im Mutterleib herangereift ist. Viele Probleme die Neugeborene betreffen, beziehen sich auf das Schwangerschaftsalter, weil dieses Alter anzeigt, wie weit der Säugling zum Zeitpunkt der Geburt bereits entwickelt war. Das Schwangerschaftsalter ist die Anzahl der Wochen, die zwischen dem ersten Tag der letzten Periode der Mutter und dem Tag der Geburt verstrichen sind. Dieser Zeitrahmen wird häufig auf der Basis weiterer Informationen, die der Arzt erhält, angepasst, unter anderem anhand der Ergebnisse von frühen Ultraschallaufnahmen, die weitere Hinweise zum Schwangerschaftsalter liefern. Die Geburt (der Entbindungstermin) der Babys wird auf ein Schwangerschaftsalter von 40 Wochen angesetzt.

Neugeborene werden anhand des Schwangerschaftsalters eingestuft als:

  • Vorzeitig: Wenn sie vor der 37. Schwangerschaftswoche entbunden wurden

  • Vollständig ausgetragen: Wenn sie zwischen der 37. und 41. Schwangerschaftswoche entbunden wurden

  • Spätgeburt: Wenn sie zwischen der 41. und 42. Schwangerschaftswoche entbunden wurden

  • Übertragung: Wenn sie nach der 42. Schwangerschaftswoche entbunden wurden

Ärzte ziehen außerdem die Ergebnisse einer körperlichen Untersuchung und der körperlichen Merkmale des Neugeborenen ( see sidebar Körperliche Merkmale eines Frühgeborenen) heran, um das Schwangerschaftsalter zu bestätigen.

Probleme vor der Geburt

Schon vor der Geburt können bei Neugeborenen Probleme entstanden sein.

Probleme, die vor der Geburt entstehen, können auf gesundheitliche Probleme der Mutter zurückzuführen sein, die bereits vor der Schwangerschaft bestanden oder sich während der Schwangerschaft entwickelten, oder auf gesundheitliche Probleme des Fötus. Eine entsprechende medizinische Versorgung während der Schwangerschaft kann bei der Vorbeugung und Diagnose von Problemen für den Fötus von Nutzen sein.

Gesundheitliche Probleme mütterlicherseits

Wenn die Mutter an gesundheitlichen Problemen während der Schwangerschaft leidet, können sich diese auf den heranreifenden Fötus auswirken und seiner Gesundheit schaden. Natürlich sorgen sich Mütter um die Auswirkungen von Medikamenten auf Ihr Baby im Bauch, aber sie dürfen auch nicht vergessen, dass die Einnahme notwendiger Medikamente ihr Baby vor den möglichen Schäden ihrer gesundheitlichen Beschwerden bewahren kann. Frauen sollten mit ihren Ärzten darüber sprechen, welche Risiken und Nutzen verschiedene Therapien für ihre jeweiligen gesundheitlichen Probleme mit sich bringen.

Anorexie und Bulimie können dazu führen, dass der Fötus nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird, ebenso eine Ernährung der Mutter, die arm an Vitaminen ist.

Asthma wirkt sich in der Regel nicht auf den Fötus aus, solange der Zustand der Mutter ausreichend kontrolliert wird. Einige Frauen haben jedoch mit ihrem Asthma massive Probleme während der Schwangerschaft und müssen entsprechende Medikamente nehmen, um ihr ungeborenes Kind zu schützen.

Eine Krebserkrankung an sich wirkt sich nicht auf den Fötus aus, aber die Medikamente zur Bekämpfung des Tumors können schädlich für den Fötus sein.

Diabetes kann zu einem höheren Risiko für Geburtsfehler, zu einem zu kleinen Baby oder einem zu großen Baby führen. Das häufigste Problem für Neugeborene ist der niedrige Blutzucker (Hypoglykämie).

Epilepsie (eine Anfallkrankheit) erhöht das Risiko für Geburtsfehler. Zum Teil sind die Antikonvulsiva, mit denen die Krampfanfälle kontrolliert werden, für das erhöhte Risiko verantwortlich. Aber auch die Krampfanfälle der Mutter selbst sind für den Fötus gefährlich. Werdende Mütter sollten mit ihren Ärzten über die Risiken und Nutzen der medikamentösen Behandlung sprechen, bevor sie die Antikonvulsiva nehmen.

Bluthochdruck, Herz- und Nierenkrankheiten könnten das Wachstum des Fötus behindern und zu anderen Komplikationen führen.

Lupus (systemischer Lupus erythematodes) erhöht das Risiko für eine Fehlgeburt und eine Frühgeburt und kann zu abnorm langsamer Herzfrequenz beim Fötus führen.

Präeklampsie kann zu schweren Problemen für Mutter und Fötus führen. Die Krankheit kann dazu führen, dass der Blutdruck der Mutter sich massiv erhöht und die Nieren, die Leber, das Gehirn und andere Organe der Mutter schädigt. Auch die Plazenta kann betroffen sein, und die Krankheit kann sich auch auf die Ernährung des Fötus auswirken und dazu führen, dass sich die Plazenta von der Gebärmutterwand ablöst. Um solchen Komplikationen vorzubeugen, können Ärzte die Einleitung einer Frühgeburt empfehlen. Eine schwere Komplikation der Präeklampsie ist eine Eklampsie, bei der die Präklampsie einer werdenden Mutter Krampfanfälle hervorruft.

Frauen mit Sichelzellanämie können während der Schwangerschaft häufiger eine Sichelzellkrise erleiden. Wenn der Vater das Sichelzellgen trägt oder an einer Sichelzellanämie leidet, besteht das Risiko, dass das Kind die Sichelzellkrankheit ebenfalls erbt. Mit einem Test der Eltern vor der Schwangerschaft kann ihr Risiko für ein Kind mit Sichelzellanämie ermittelt werden. Gene, die zur Sichelzellanämie führen, können im Fötus bereits während der Schwangerschaft entdeckt werden. Aber die Krankheit bricht erst Monate nach der Geburt aus.

Eine Schilddrüsenerkrankung, die zu einem niedrigen Schilddrüsenhormonspiegel (Hypothyreose) führt, kann zu Hirnschaden beim Fötus und langfristigen neurologischen Problemen führen, wenn die Hypothyreose nicht bald nach der Entbindung diagnostiziert wird. Eine Schilddrüsenkrankheit mit einem hohen Schilddrüsenhormonspiegel (Hyperthyreose) kann dazu führen, dass der Fötus und das Neugeborene an einer überaktiven Schilddrüse leiden. In den USA verlangen die meisten Bundesstaaten, dass Neugeborene auf Schilddrüsenerkrankungen untersucht werden.

Medikamente und Drogenkonsum der Mutter

Die meisten rezeptpflichtigen Medikamente sind während der Schwangerschaft unbedenklich. Frauen sollten trotzdem all ihre Medikamente mit ihrem Arzt durchgehen, wenn sie schwanger sind oder planen, schwanger zu werden. Allerdings müssen werdende Mütter eventuell auch verschreibungspflichtige Medikamente nehmen, die ein gewisses Risiko darstellen. Gesundheitliche Probleme der Mutter, die nicht kontrolliert werden, können dem Fötus jedoch ebenfalls gefährlich werden.

Einige häufig verwendete, verschreibungspflichtige Medikamente, die zu Problemen für den Fötus führen können, sind:

  • Insulin, wenn es nicht wie verordnet eingenommen wird

  • Antidepressiva, insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs)

  • Opioide

  • Antiepileptika (Medikamente zur Kontrolle von Krampfanfällen)

Rauchen oder Passivrauchen während der Schwangerschaft behindert das Wachstum des Fötus. Schwangere Frauen sollten nicht rauchen und sich so gut wie möglich vor anderen Formen von Tabakrauch schützen.

Alkohol ist besonders gefährlich für den Fötus, weil er ein Teratogen ist (eine Substanz, die zu Geburtsfehlern führt). Alkohol erhöht das Risiko einer Fehlgeburt, Totgeburt, Gedeihstörung des Fötus, Frühgeburt und eines Geburtsfehlers. Eine besonders schädliche Auswirkung von Alkohol ist das fötale Alkoholsyndrom, das beim Kind zu lebenslänglichen geistigen Behinderungen und Entwicklungs- und Verhaltensstörungen führt. Es gibt keine unbedenkliche Menge Alkohol, die man während der Schwangerschaft zu sich nehmen kann.

Opioide Wirkstoffe, etwa Heroin, Morphin, Opium, Oxycodon (Oxycontin®), Codein, Hydrocodon, Fentanyl, Hydromorphon, Meperidin, Buprenorphin und Methadon schaden dem Wachstum des Fötus und können zu Entzugserscheinungen beim Neugeborenen führen, die Stunden nach der Geburt eintreten und bis zu einigen Tagen andauern können. Mütter sollten sich über die Inhaltsstoffe von Schmerzmitteln, die sie einnehmen, informieren. Opioide Wirkstoffe wie Methadon und Buprenorphin, die manchmal zur Behandlung der Abhängigkeit von Opioiden einer werdenden Mutter eingesetzt werden, können beim Neugeborenen ebenfalls zu Entzugserscheinungen führen. Neugeborene mit Entzugserscheinungen durch Methadon können eine längere Behandlung als Neugeborene benötigen, die Entzugserscheinungen von anderen Opioiden haben.

Kokain erhöht das Risiko für Wachstumsstörungen beim Fötus und Frühgeburten. Die vorzeitige Ablösung der Plazenta von der Gebärmutterwand (Plazentaablösung) tritt bei kokainsüchtigen Frauen häufiger auf und kann zu Totgeburten oder zu Sauerstoffentzug und Hirnschaden beim Fötus führen. Aufgrund des Kokains verengen sich die Blutgefäße und können zu einem Schlaganfall und Schädigung anderer Organe im Fötus führen.

Lebensstil der Mutter

Zusätzlich zur Vermeidung schädlicher Substanzen sollten werdende Mütter ihre Chancen auf ein gesundes Baby erhöhen, indem sie Vitamine für Schwangere zu sich nehmen, zur Schwangerschaftsvorsorge gehen und auf ein gesundes Gewicht und Ernährung achten (siehe auch Selbstversorgung während der Schwangerschaft).

Probleme beim Fötus

Geburtsfehler können in nahezu jedem Organ entstehen. Mit dem mittlerweile gängigem pränatalen Ultraschall werden viele dieser Fehler vor der Geburt diagnostiziert.

Probleme nach der Geburt

Einige Neugeborene, besonders zu früh geborene Säuglinge, haben Probleme, die erst nach der Geburt entstehen oder entdeckt werden. Verschiedene Organe im Körper können von Störungen betroffen sein.

Einige Störungen, die die Lungen und die Atmung beeinträchtigen, sind:

Zu einigen Störungen, die das Blut beeinflussen, zählen:

Zu einigen Störungen, die Hormone beeinflussen, zählen:

Zu einigen Störungen, die den Magendarmtrakt und die Leber beeinflussen, zählen:

Es gibt Krankheiten, die sich auch auf andere Systeme im Körper des Neugeborenen auswirken, wie z. B. die Frühgeborenen-Retinopathie, eine Störung der Augen von einigen Frühchen.

Diagnose

  • Vor der Geburt, Ultraschall

  • Nach der Geburt, verschiedene Tests

Einige Störungen bei Neugeborenen können bereits vor der Geburt erkannt werden, wenn die Mutter eine regelmäßige Schwangerschaftsvorsorge erhält. Andere Störungen werden nach der Geburt diagnostiziert.

Die Diagnose von Problemen vor der Geburt ist besonders bei Föten mit bestimmten Geburtsfehlern hilfreich. Die Mutter und ihr Arzt können dann die Entbindung von solchen Säuglingen in einer Klinik planen, die über eine höherwertigere Neugeborenenversorgung und eine Neugeborenen-Intensivstation (NICU) verfügt.

Diagnostische Testverfahren vor der Geburt (pränatale Versorgung)

Die Ultraschalluntersuchung wird vor der Geburt zur Erkennung vieler Probleme und zur Überwachung von Wachstum und Entwicklung des Fötus eingesetzt. Mittels Ultraschallaufnahme können Ärzte das Geschlecht des Fötus bestimmen, Auffälligkeiten im Uterus und bestimmte Geburtsfehler erkennen und das Schwangerschaftsalter des Fötus berechnen. Mit dem Wissen über das Schwangerschaftsalter des Fötus und etwaige Geburtsfehler kann der Arzt Probleme vorhersehen, die sich bei der Geburt einstellen könnten. Aber die Ultraschallaufnahme ist nicht 100 Prozent genau. Einige Babys werden mit Geburtsfehlern geboren, die mit Ultraschall nicht erkannt werden können.

Ein Triple-Test oder Quadruple-Test ist ein Test am Blut der Mutter, um die Spiegel bestimmter Hormone und ein Protein namens Alphafetoprotein zu messen. Die Testergebnisse können auffällig sein, wenn der Fötus eine Genanomalie aufweist, wie Down-Syndrom (Trisomie 21), Trisomie 18, Spina bifida oder bestimmte andere Anomalien. Der Bluttest wird im ersten Trimester durchgeführt, häufig in Kombination mit Ultraschall, um die Dicke der Hautfalten des Fötus zu messen. Einige der Bluttests können im zweiten Trimester wiederholt werden, und diese Kombination von Tests nennt sich dann sequenziell integriertes Screening.

Wenn die Ergebnisse der Screening-Tests auf ein hohes Risiko für Anomalien beim Fötus hindeuten, werden der Mutter weitere Tests, am häufigsten ein Test, der nichtinvasiver pränataler Test (NIPT) genannt wird, angeboten. Bei einem NIPT werden genetische Untersuchungen an den kleinen Mengen von Fötus-DNA durchgeführt, die aus dem Kreislauf des Fötus in das Blut der Mutter übergeht. Bei einem invasiven Test werden Proben mit Zellen vom Fötus untersucht, die mit einer Nadel direkt aus dem Fruchtwasser (Amniozentese), der Plazenta (Chorionzotten-Probenahme) oder der Nabelschnur (Chordozentese) entnommen wurden.

Immer häufiger ersetzt ein NIPT kombiniert mit einem einzelnen Bluttest des Alphafetoproteinspiegels den Triple-, Quadruple-Test und das sequenziell integrierte Screening. Diese Art der Untersuchung ist genauer und insgesamt kostengünstiger.

Eine fetale Echokardiografie ist eine genaue Untersuchung des Herzens mit einem speziellen Ultraschallgerät und kann zur Überprüfung auf bestimmte Herzfehler durchgeführt werden.

Heutzutage wird für die weitere Untersuchung einiger Anomalien im Fötus, die zuerst per Ultraschall entdeckt wurden, eine Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt. Die MRT liefert zusätzliche Informationen über die Anomalie und kann bei der Abklärung von Behandlungsoptionen von Nutzen sein.

Eine Fetoskopie ist ein invasiver Test, bei der ein Arzt ein kleines Betrachtungsgerät (Endoskop) in den Mutterleib einführt. Früh in der Schwangerschaft kann das Endoskop durch den Gebärmutterhals der Mutter eingeführt werden. Später in der Schwangerschaft wird es über einen kleinen Einschnitt im Bauch der Mutter und dann über einen weiteren Einschnitt tiefer in die Gebärmutter eingeführt. Mit dem Endoskop kann der Arzt direkt auf die Plazenta und den Fötus sehen und Probleme beim Fötus entdecken (und manchmal sogar behandeln).

Diagnose nach der Geburt

Nach der Entbindung führen die medizinischen Fachkräfte und Ärzte eine standardmäßige körperliche Untersuchung durch, messen den Sauerstoffgehalt im Blut und führen routinemäßige Vorsorgetests durch. Weitere Tests, wie Blutabnahmen, Röntgenaufnahmen, Ultraschalluntersuchungen und andere können dann durchgeführt werden, wenn das Baby ein ganz bestimmtes Problem oder auffällige Befunde in den Routineuntersuchungen hatte.

Je nach Schwangerschaftsalter werden Neugeborene als frühe, voll ausgetragene Geburt, Spätgeburt oder übertragene Geburt eingestuft.

Neugeborene werden außerdem anhand ihres Gewichts im Vergleich zu anderen Neugeborenen mit gleichem Schwangerschaftsalter in drei Gruppen eingeteilt. Diese drei Gruppen sind

  • Für das Schwangerschaftsalter zu klein (Small for gestational age, SGA): Weniger als das 10. Perzentil an Gewicht, das heißt, das Neugeborene gehört zu den 9 leichtesten Babys von 100, mit einem bestimmten Schwangerschaftsalter geborenen Babys

  • Für das Schwangerschaftsalter zu groß (Large for gestational age, LGA): Mehr als das 90. Perzentil an Gewicht, das heißt, das Neugeborene gehört zu den 9 schwersten Babys von 100, mit einem bestimmten Schwangerschaftsalter geborenen Babys

  • Für das Schwangerschaftsalter normal groß (Appropriate for gestational age, AGA): Vom 10. bis zum 90. Perzentil an Gewicht, das heißt, das Neugeborene gehört zu den 82 Babys in der mittleren Gewichtsklasse

Mit dem Schwangerschaftsalter und der Gewichtsklasse kann der Arzt feststellen, ob ein Risiko für verschiedene Komplikationen für das Neugeborene vorliegt. Bei Frühgeburten besteht beispielsweise ein höheres Risiko für Atemprobleme, weil ihre Lungen noch nicht vollständig ausgebildet sind. Für das Schwangerschaftsalter zu große Babys können eine schwerere Entbindung haben und ein Risiko für einen niedrigen Blutzucker (Glukose).

Behandlung

Die medizinische Behandlung der jeweiligen Störungen wird an anderer Stelle besprochen. Nach Möglichkeit werden die kränksten Neugeborenen (Säuglinge) in einer Neugeborenen-Intensivstation (NICU) versorgt.

Neugeborenen-Intensivstation (NICU)

Die NICU (engl. für Neonatal Intensive Care Unit) ist eine Spezialeinrichtung, die über die notwendigen medizinischen Fachkräfte und Technologien für Neugeborene (Säuglinge) mit verschiedenen Störungen verfügt. Neugeborene können eine spezielle Versorgung benötigen, aufgrund von:

Das NICU-Team wird üblicherweise von einem Neonatologen (Kinderärzte, die sich auf die Behandlung von Problemen bei Neugeborenen spezialisiert haben) geführt. Die Versorgung wird zu einem großen Teil von speziell für Neugeborene ausgebildeten medizinischen Fachkräften übernommen. Weitere Mitglieder des Teams können Kinderärzte, Hebammen (medizinische Fachkräfte mit einer Spezialausbildung im Umgang mit Neugeborenen), Assistenzärzte der Neonatologie, Atemtherapeuten, Sozialarbeiter, Apotheker, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und andere Fachkräfte sein. Viele NICUs haben zudem Ärzte und Studenten in der Ausbildung. Je nach der Versorgung, die das Baby benötigt, werden auch Ärzte mit medizinischer und chirurgischer Spezialausbildung hinzugezogen.

In der NICU werden Neugeborene im Inkubator oder unter einem Heizstrahler versorgt, der sie warm hält, während das Personal sie beobachten und behandeln kann. Die Babys werden in der Regel mit einem Monitor verbunden, der permanent Herzfrequenz, Atmung, Blutdruck und Sauerstoffgehalt im Blut misst. Zur Dauerkontrolle des Blutdrucks, wiederholten Blutentnahme und Verabreichung von Flüssigkeit und Medikamenten kann ihnen über die Nabelarterie oder -vene ein Katheter gelegt werden.

Es gibt viele unterschiedliche NICU-Einrichtungen. Einige NICUs haben Stationen, in der die Babys in einem großen Saal untergebracht sind, andere haben kleine Abteilungen mit Räumen für nur jeweils ein paar Säuglinge und andere wiederum sind mit Privatzimmern für eine Familie mit ihrem Baby ausgestattet. Unabhängig von der räumlichen Aufteilung bemüht sich das Personal der NICU dem Bedürfnis der Eltern nach Zeit und Raum nachzukommen, damit sie ihr Neugeborenes kennenlernen, seine Persönlichkeit, Vorlieben und Abneigungen, und letztlich die besondere Pflege erlernen können, die sie später zu Hause übernehmen müssen. Die Besuchszeiten sind unterschiedlich, aber in der Regel so flexibel, dass die Familie so viel Zeit mit ihrem Neugeborenen verbringen kann, wie sie möchte. Einige Kliniken haben auch Schlafräume für die Eltern vor Ort oder in der Nähe. Viele Neugeborenen-Intensivstationen (NICU) haben Kameras, mit denen Eltern ihr Baby sehen können, selbst wenn sie nicht auf der Neugeborenen-Intensivstation sind.

Manchmal überfällt die Eltern das Gefühl, ihrem Kind auf der NICU nicht viel geben zu können. Tatsächlich aber ist es für das Neugeborene ganz wichtig, dass seine Eltern einfach nur da sind, es streicheln, mit ihm sprechen und etwas vorsingen. Neugeborene kennen die Stimme der Eltern bereits aus dem Mutterleib, und sie lassen sich oft besser durch sie beruhigen als durch das Klinikpersonal. Enger Hautkontakt, die sogenannte Känguru-Pflege, bei der das Neugeborene direkt auf der mütterlichen oder väterlichen Brust liegt, tut dem Kind gut und fördert die Eltern-Kind-Bindung.

Muttermilch reduziert das Risiko für eine nekrotisierende Enterokolitis (eine schwere Darmkrankheit, die bei Frühgeburten auftreten kann) und Infektionen bei zu früh geborenen Säuglingen und bietet einen vielfältigen Nutzen für alle Säuglinge (siehe Vorteile des Stillens). Das Personal auf der Neugeborenen-Intensivstation ermuntert die Mütter immer wieder, direkt zu stillen oder die Muttermilch in einer Flasche bereitzustellen, wenn sie der Säugling verträgt. Je nach ihrem Schwangerschaftsalter und ihren medizinischen Problemen können Säuglinge auf der Neugeborenen-Intensivstation unter Umständen nicht gestillt werden oder aus einer Flasche Muttermilch trinken. In den meisten Fällen können sie jedoch über eine Ernährungssonde, die über die Nase in den Magen eingeführt wird, Muttermilch erhalten. Frühgeburten können noch nicht richtig saugen und sind nicht in der Lage das Ansaugen, Schlucken und Atmen entsprechend zu koordinieren. Voll ausgetragene Säuglinge in der NICU können Atemprobleme oder andere Krankheiten haben, die ein Stillen unmöglich machen. Da Muttermilch jedoch eindeutig die beste Nahrung für Neugeborene ist, werden Mütter ermutigt, ihre Muttermilch abzupumpen, damit sie ihrem Baby über eine Ernährungssonde verabreicht oder für eine spätere Anwendung aufbewahrt werden kann.

Das NICU-Team versteht, dass die Eltern über den Zustand des Babys, den zu erwartenden Verlauf, den Versorgungsplan und den voraussichtlichen Entlassungstermin immer auf dem Laufenden gehalten werden möchten. Daher sind regelmäßige Gespräche mit den medizinischen Fachkräften und den Krankenschwestern von Vorteil. Viele NICUs haben außerdem Sozialarbeiter, die bei der Kommunikation mit den Eltern unterstützen und bei der Organisation von familienbezogenen und gesundheitlichen Dienstleistungen helfen.