Überblick über sexuell übertragbare Infektionen

VonSheldon R. Morris, MD, MPH, University of California San Diego
Überprüft/überarbeitet Feb. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN
Kurzinformationen

Eine sexuell übertragbare Infektion (sexually transmitted infection, STI) bezieht sich auf eine Infektion, die man sich durch den Austausch mit Blut, Samen, Scheiden- oder andere Körperflüssigkeiten beim oralen, analen oder genitalen Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Partner zuzieht. Eine sexuell übertragbare Krankheit (sexually transmitted disease, STD) bezieht sich auf eine Krankheit, die sich aus einer STI entwickelt hat.

  • Sexuell übertragbare Infektionen können von Bakterien, Viren oder Parasiten verursacht werden.

  • Manche Infektionen können sich auf andere Körperteile ausbreiten, was manchmal schwerwiegende Konsequenzen haben kann.

  • Die meisten sexuell übertragbaren Infektionen können wirksam mit Medikamenten behandelt werden.

  • Die Verwendung von Kondomen während des Geschlechtsverkehrs kann dazu beitragen, dass diese Infektionen nicht von einer Person auf eine andere übertragen werden.

Geschlechtsverkehr, einschließlich oraler, analer oder genitaler Sex, bietet Organismen eine Möglichkeit, sich von Person zu Person auszubreiten (übertragen), weil es dabei zum Austausch von Genital- und anderen Körperflüssigkeiten kommt. Manche Infektionen, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden, können auch durch Küssen oder engen Körperkontakt übertragen werden.

STI sind relativ häufig. In den Vereinigten Staaten treten jährlich über 25 Millionen neue Fälle von STI auf; etwa die Hälfte der neuen Fälle tritt bei Personen im Alter von 15 bis 24 Jahren auf (siehe auch Centers for Disease Control and Prevention [CDC]: Sexually Transmitted Disease Surveillance 2020).

Mehrere Faktoren erschweren die Vorbeugung vor einer Übertragung von STI. Hierzu zählen folgende:

  • Ungeschützte sexuelle Aktivität mit einem oder mehreren Partnern

  • Mangelnde Aufklärung über sicherere Sexualpraktiken

  • Weigerung, mit einem Partner über sicherere Sexualpraktiken zu sprechen

  • Weigerung, mit medizinischen Fachkräften über Sexualität zu sprechen

  • Fehlender Zugang zu Gesundheitsversorgung

  • Infektionen, die keine Symptome verursachen, sodass die Betroffenen nicht wissen, dass sie getestet oder behandelt werden müssen

  • Die Notwendigkeit, beide Sexualpartner gleichzeitig zu behandeln, um eine erneute Übertragung der Infektion zwischen den Partnern zu vermeiden

  • Unvollständige Behandlungen, die dazu führen, dass Organismen gegen die Medikamente resistent werden

Ursachen für sexuell übertragbare Infektionen

Tabelle

Viele infektiöse Organismen – von mikroskopisch kleinen Viren, Bakterien und Parasiten bis hin zu sichtbaren Insekten (wie Läuse) – können durch sexuellen Kontakt übertragen werden. Einige Infektionen, die durch sexuelle Aktivität übertragen werden können, werden in der Regel auf anderen Wegen übertragen. Sie gelten daher normalerweise nicht als sexuell übertragbare Infektionen. Diese Infektionen umfassen Hepatitis A, B und C sowie Infektionen des Verdauungsapparats (die Durchfall verursachen), wie zum Beispiel Salmonellen-Infektionen, Campylobacter-Infektionen, Shigellose, Giardiasis, Amoebiasis und Mpox (ehemals „Affenpocken“).

Übertragung

Sexuell übertragbare Infektionen werden normalerweise durch Vaginal-, Oral- oder Analverkehr mit einem infizierten Partner übertragen, auch wenn keine genitale Penetration erfolgt. Manche sexuell übertragbaren Infektionen können auch auf anderem Weg übertragen werden, z. B.:

Symptome von sexuell übertragbaren Infektionen

Die Symptome der sexuell übertragbaren Infektionen sind sehr unterschiedlich, aber die ersten Symptome betreffen normalerweise die Region, wo der Organismus in den Körper eingedrungen ist. Zum Beispiel können sich im Genitalbereich oder im Mund Geschwüre bilden. Es kann zu Ausfluss aus dem Penis oder der Scheide kommen, oder die Entleerung der Blase kann schmerzhaft sein.

Einige Auswirkungen einer STI erhöhen die Anfälligkeit für weitere Infektionen (wie etwa eine HIV-Infektion). Beispielsweise können weitere Infektionserreger durch Hautreizungen (Entzündungen, die bei Gonorrhö oder Chlamydien auftreten) oder durch wunde Stellen (die bei Herpes, Syphilis oder weichem Schanker (Ulcus molle) auftreten) leichter in den Körper eindringen.

Komplikationen

Wenn sexuell übertragbare Infektionen nicht diagnostiziert und sofort behandelt werden, können sich manche Erreger über das Blut ausbreiten und innere Organe infizieren, was manchmal schwere oder sogar lebensgefährliche Probleme verursachen kann. Dazu gehören:

  • Kardiovaskuläre Infektionen (Herz und Blutgefäße betreffende) und Hirninfektionen infolge von Syphilis

  • Schwere Infektionen und seltene durch HIV verursachte Krebserkrankungen

  • Gebärmutterhals-, Vulva-, Vaginal-, Anal- und Rachenkrebs aufgrund von HPV

Bei Frauen können manche Organismen, die in die Vagina gelangen, andere Fortpflanzungsorgane infizieren. Die Erreger können den Gebärmutterhals infizieren (den unteren Teil der Gebärmutter, welcher das Ende der Scheide bildet), in die Gebärmutter und bis in die Eileiter und mitunter auch in die Eierstöcke eindringen. Eine Schädigung der Eileiter kann zu Unfruchtbarkeit oder einer Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (ektope Schwangerschaft) führen. Die Infektion kann sich bis zum Bauchfell (Membran, welche den Bauchraum auskleidet) ausdehnen und dort eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) verursachen. Infektionen der Gebärmutter, der Eileiter, der Eierstöcke und/oder des Peritoneums werden unter dem Begriff Beckenentzündung zusammengefasst.

Bei Männern können Erreger, die über den Penis eindringen, in die Harnröhre (Urethra) gelangen, die die Blase mit dem Penis verbindet. Wenn solche Infektionen rasch behandelt werden, treten nur selten Komplikationen auf. Eine chronische Harnröhreninfektion kann jedoch zu Folgendem führen:

  • einer Verengung der Vorhaut, sodass sie nicht mehr über den Peniskopf gezogen werden kann

  • einer Verengung der Urethra, was den Urinfluss blockiert

  • der Entwicklung eines abnormalen Kanals (Fistel) zwischen der Harnröhre und der Penishaut

Mitunter kommt es bei Männern zur Ausbreitung von Erregern durch die Harnröhre bis in den Kanal, der Sperma von den Hoden in den Penis leitet (Ductus ejaculatorius und Vas deferens), wo sie die Nebenhoden infizieren (die spiralförmigen Kanäle an den Hoden).

Bei Männern und Frauen können manche STI eine dauerhafte Schwellung der Genitalgewebe oder eine Infektion des Rektums (Proktitis) verursachen.

Ausbreitungsweg von der Scheide zu den Eierstöcken

Bei Frauen können manche Organismen in die Vagina gelangen und andere Fortpflanzungsorgane infizieren. Von der Vagina aus gelangen die Erreger in den Gebärmutterhals und in die Gebärmutter und von dort aus in die Eileiter und mitunter auch in die Eierstöcke.

Ausbreitungsweg vom Penis zu den Nebenhoden

Mitunter kommt es bei Männern zur Ausbreitung von Erregern durch die Harnröhre bis in den Kanal, der Sperma von den Hoden in den Penis leitet (Vas deferens), wo sie die auf den Hoden gelegenen Nebenhoden infizieren.

Diagnose von sexuell übertragbaren Infektionen

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Untersuchung einer Blut-, Urin- oder Ausflussprobe

Der Verdacht auf eine STI stützt sich häufig auf Symptome oder sexuellen Kontakt mit einem infizierten Partner.

Um den Infektionserreger nachzuweisen und so die Diagnose zu bestätigen, können Ärzte eine Blut- oder Urinprobe oder eine Probe des Ausflusses aus Vagina, Gebärmutterhals oder Penis entnehmen und untersuchen. Die Probe wird in der Regel an ein Labor geschickt, damit die Erreger erkannt und identifiziert werden können. Einige Tests auf STI können in der Klinik durchgeführt werden.

Bei manchen Tests auf sexuell übertragbare Infektionen wird das genetische Material (DNA oder RNA) des Erregers nachgewiesen. Andere Tests zielen auf das Vorhandensein von Antikörpern, die das Immunsystem zur Bekämpfung des infektionsverursachenden Erregers produziert. Die Art des Tests wird anhand der wahrscheinlichsten Infektion(en) ausgewählt.

Bei Vorliegen einer sexuell übertragbaren Infektion, wie z. B. Tripper (Gonorrhö), werden auch Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionen, wie z. B. Chlamydien, Syphilis und HIV durchgeführt. weil bei Personen, die an einer sexuell übertragbaren Infektion leiden, die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Geschlechtskrankheit relativ hoch ist.

Screening auf sexuell übertragbare Infektionen

Mit Screening werden Untersuchungen auf eine Krankheit bei Personen bezeichnet, die keine Symptome zeigen. Ein Screening ist in den folgenden Fällen am besten:

  • Die untersuchte Krankheit kommt relativ häufig vor.

  • Menschen mit einem überdurchschnittlichen Risiko für eine Erkrankung (z. B. Personen mit mehr als einem Sexualpartner) oder einer besonderen Gefährdung im Krankheitsfall (z. B. schwangere Frauen)

  • Der Screening-Test ist einfach durchzuführen und nicht teuer.

  • Es gibt keine effektive Behandlung für die Krankheit.

Ärzte empfehlen ein Screening auf STI für Personen mit einem erhöhten Risiko für eine Infektion durch Chlamydien, Gonorrhö, Syphilis und/oder HIV. Alle sexuell aktiven Frauen unter 25 Jahren oder diejenigen über 25 Jahren, die ein hohes Infektionsrisiko aufweisen, sollten jährlich auf Chlamydien untersucht werden, und alle schwangeren Frauen sollten auf alle 4 dieser STI untersucht werden.

Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen

  • Antibiotika oder antivirale Medikamente, je nach sexuell übertragbarer Infektion

  • Behandlung von vorhandenen Komplikationen

  • Nach Möglichkeit gleichzeitige Behandlung der Sexualpartner/innen

Die meisten STI können medikamentös wirksam behandelt werden (mit Antibiotika für bakterielle Infektionen und antiviralen Medikamenten für Virusinfektionen). Einige der neuen Bakterien- und Virusstämme haben jedoch gegen manche Medikamente eine Resistenz entwickelt, was die Behandlung erschwert. Arzneimittelresistenzen werden voraussichtlich zunehmen, da Medikamente gelegentlich missbräuchlich angewendet werden.

Personen, die wegen einer sexuell übertragbaren Bakterieninfektionen behandelt werden, sollten keinen Geschlechtsverkehr haben, bis die Infektion bei ihnen selbst und bei ihren Sexpartnern eliminiert worden ist. Daher sollten Sexualpartner gleichzeitig getestet und behandelt werden.

Sexuell übertragbare virale Infektionen, insbesondere Genitalherpes und HIV-Infektionen, bleiben normalerweise auf Lebenszeit bestehen. Antivirale Medikamente können diese Infektionen kontrollieren, aber noch nicht heilen.

Vorbeugung von sexuell übertragbaren Infektionen

Die folgenden Maßnahmen können helfen, sexuell übertragbaren Infektionen vorzubeugen:

  • Sicherere Sexualpraktiken, einschließlich der Verwendung eines Kondoms bei jedem oralen, analen oder genitalen Geschlechtsverkehr

  • Verringerung des Risikos einer STI durch Verringerung der Anzahl der Sexualpartner, Verzicht auf Sexualpartner mit hohem Risiko (Menschen mit vielen Sexualpartnern oder die keine sicheren Sexualpraktiken anwenden) oder durch gegenseitige Monogamie oder Abstinenz

  • Impfung, die für einige STI verfügbar ist

  • Beschneidung (kann angeblich auch die Ansteckung mit HIV bei Männern reduzieren)

  • Sofortige Diagnose und Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen (um eine Ansteckung anderer Menschen zu vermeiden)

  • Identifikation der Sexualpartner/-innen infizierter Personen mit anschließender Beratung oder Behandlung dieser Sexualpartner

Impfstoffe sind die gegen eine HPV-Infektion, gegen Hepatitis A und B verfügbar.

Menschen mit einem hohen Risiko für eine HIV-Infektion können Medikamente einnehmen, bevor sie einer Infektion ausgesetzt werden (siehe HIV: Prophylaktische Behandlung vor der Exposition).

Damit Kondome schützen, müssen sie korrekt angewendet werden. Kondome sollten vor der Penetration angewendet werden. Die korrekte Anwendung beinhaltet Folgendes:

  • Bei jedem Geschlechtsakt ein neues Kondom benutzen.

  • Ein Kondom der richtigen Größe benutzen.

  • Sorgfältig mit dem Kondom umgehen, um zu vermeiden, dass es durch Fingernägel, Zähne oder andere scharfe Objekte beschädigt wird.

  • Kondom überstreifen, nachdem der Penis erigiert ist, und vor dem genitalen Kontakt mit dem Partner.

  • Überprüfen, in welche Richtung das Kondom aufgerollt wird, indem es auf den Zeigefinger gestülpt und vorsichtig nur ein kleines Stück weit aufgerollt wird. Wenn dies nicht möglich ist, das Kondom andersherum aufstülpen und den Versuch wiederholen. Das Kondom anschließend wieder zusammenrollen.

  • Das aufgerollte Kondom über die Spitze des erigierten Penis stülpen.

  • An der Spitze des Kondoms ungefähr 1,5 cm für die Aufnahme der Samenflüssigkeit freilassen.

  • Mit einer Hand die eingeschlossene Luft aus der Kondomspitze drücken.

  • Falls unbeschnitten, die Vorhaut zurückziehen, bevor das Kondom abgerollt wird.

  • Mit der anderen Hand das Kondom bis zur Penisbasis abrollen und Luftblasen herausdrücken.

  • Sicherstellen, dass während des Geschlechtsverkehrs genügend Gleitflüssigkeit vorhanden ist.

  • Bei Latexkondomen nur Gleitmittel auf Wasserbasis benutzen. Gleitmittel auf Fettbasis (wie Vaseline, Backfett, Mineralöle, Massageöle, Körperlotionen und Salat- bzw. Kochöle) können das Latex schwächen und das Kondom zum Reißen bringen.

  • Beim Abstreifen das Kondom an der Penisbasis festhalten und den Penis zurückziehen, während er noch erigiert ist, um ein Abrutschen des Kondoms zu verhindern.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass MSD MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. Centers for Disease Control and Prevention: Sexuell übertragbare Krankheiten