Die hereditäre Sphärozytose und hereditäre Elliptozytose sind kongenitale Erythrozytenmembrandefekte, die eine leichte hämolytische Anämie verursachen können. Zu ihren Symptomen gehören Anämien mit variablem Schweregrad, Ikterus und Splenomegalie. Die Diagnose erfordert den Nachweis einer verminderten osmotischen Resistenz der Erythrozyten und einen negativen direkten Antiglobulintest. Bei Patienten < 45 Jahren ist eine Splenektomie nur in seltenen Fällen erforderlich.
(Siehe auch Hämolytische Anämien im Überblick.)
Die hereditäre Sphärozytose (chronischer familiärer Ikterus; kongenitale hämolytische Gelbsucht; familiäre Sphärozytose; sphärozytäre Anämie) ist eine autosomal-dominante Erkrankung mit variabler Genpenetranz, die auf Mutationen in Spektrin, Ankyrin, Band 3 oder Protein 4.2 zurückzuführen ist. Etwa 25% der Fälle treten sporadisch auf. Die hereditäre Sphärozytose ist durch die Hämolyse sphäroidaler Erythrozyten und das Vorliegen einer Anämie charakterisiert.
Die hereditäre Elliptozytose (Ovalozytose) ist eine seltene autosomal-dominante Erkrankung, bei der die Erythrozyten aufgrund von Mutationen in Spectrin, Protein 4.1 oder Glycophorin C oval oder elliptisch sind. Die Hämolyse ist in der Regel nicht oder nur in geringem Maße vorhanden, mit geringer oder keiner Anämie, außer bei einigen homozygoten Patienten (hereditäre Pyropoikilozytose).
Pathophysiologie
Bei beiden Krankheiten werden die Formveränderungen durch Veränderungen in den Membranproteinen der Erythrozyten verursacht.
Bei der hereditären Sphärozytose ist die Zellmembranoberfläche aufgrund des Verlusts von Proteinen, die mit der Zellmembran assoziiert sind, überproportional zum intrazellulären Inhalt vermindert. Dadurch wird die Flexibilität der Zelle eingeschränkt, die aber notwendig ist, um die Mikrogefäße in der Milz passieren zu können. Infolgedessen kommt es in der Milz zu einer Hämolyse.
Bei hereditärer Elliptozytose führen genetische Mutationen zu einer Schwäche des Zytoskeletts, was eine Verformung der Zelle zur Folge hat. Die ungewöhnlich geformten Erythrozyten werden in der Milz sequestriert.
Symptome und Beschwerden
Bei hereditäre Sphärozytose, sind Symptome und Anzeichen normalerweise mild. Die Anämie kann so gut kompensiert werden, dass sie erst dann erkannt wird, wenn eine interkurrierende Viruserkrankung, wie eine Parvovirus-Infektion, vorübergehend die Erythrozyten-Produktion verringert und eine aplastische Krise verursacht. Diese Episoden können selbstlimitierend sein und mit der Auflösung der Infektion gelöst werden, während andere eine dringende Behandlung erfordern. Bei schweren Verläufen können ein moderater Ikterus und Symptome der Anämie auftreten. Eine Splenomegalie kommt vor, verursacht jedoch nur in seltenen Fällen abdominelle Beschwerden. Auch eine Hepatomegalie kann vorliegen. Eine Cholelithiasis (Pigmentsteine) ist häufig und kann das erste wahrgenommene Symptom darstellen. Obwohl meist eines oder mehrere Familienmitglieder die gleichen Symptome zeigen, können auch mehrere Generationen übersprungen werden, da der Grad der Genpenetranz variabel ist.
Bei derhereditären Elliptozytose ähneln die klinischen Merkmale denen der hereditären Sphärozytose, sind aber tendenziell milder ausgeprägt; häufig kann eine Splenomegalie vorliegen.
Diagnose
Peripherer Blutausstrich, erythrozytärer osmotischer Fragilitätstest, der Erythrozytenautohämolyse, direkter Antiglobulin-(Coombs-)Test, und Gentests für Membranopathien
Hereditäre Sphärozytose oder hereditäre Elliptozytose wird bei Patienten mit ungeklärter Hämolyse vermutet (wie durch das Vorhandensein von Anämie und Retikulozytose suggeriert), insbesondere wenn Splenomegalie, eine Familiengeschichte mit ähnlichen Manifestationen oder suggestive Erythrozyten-Indizes vorliegen.
Da bei der hereditären Sphärozytose die Erythrozyten kugelförmig sind und das mittlere Korpuskularvolumen (MCV) normal ist, liegt der mittlere Korpuskeldurchmesser unter dem Normalwert, und die Erythrozyten ähneln Sphärozyten. Die mittlere Hämoglobinkonzentration der Erythrozyten (MCHC) ist ehöht. Retikulozytose ist häufig.
Bei der hereditären Elliptozytose sind die Erythrozyten typischerweise elliptisch oder zigarrenförmig; die klinische Darstellung ist jedoch variabel. Die Diagnose erfolgt in der Regel durch das Vorhandensein von mindestens 60% Elliptozyten auf dem peripheren Abstrich und einer Familienanamnese ähnlicher Erkrankungen.
Mit Genehmigung des Herausgebers. From Tefferi A, Li C. In Atlas of Clinical Hematology. Edited by JO Armitage. Philadelphia, Current Medicine, 2004.
Bei Verdacht auf eine dieser Erkrankungen werden die folgenden Untersuchungen durchgeführt:
Erythrozytärer osmotischer Fragilitätstest, bei dem die Erythrozyten unterschiedlichen Konzentrationen von Kochsalzlösung ausgesetzt werden
Andere spezialisierte Tests für Anomalien der Erythrozytenmembran, einschließlich EMA-Bindung und Ektazytometrie, sofern verfügbar
Direkter Antiglobulintest (direkter Coombs-Test), um Sphärozytose aufgrund einer autoimmunen hämolytischen Anämie auszuschließen
Die Fragilität der Erythrozyten ist typischerweise erhöht, kann aber in leichten Fällen von hereditärer Sphärozytose oder hereditärer Elliptozytose normal sein, wenn nicht zuvor steriles, defibriniertes Blut 24 Stunden lang bei 37° C inkubiert wird um die Erythrozyten-ATP-Speicher (Adenosin Triphosphat) abzubauen. Die Erythrozytenautohämolyse ist verstärkt und kann durch Zugabe von Kochsalzlösung normalisiert werden. Der Coombs-Test ist negativ.
Im Anschluss an die Erstuntersuchung können Gentests durchgeführt werden, um die Diagnose zu bestätigen, und sollten insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn eine Splenektomie in Erwägung gezogen wird; spezifische Panels zum Testen auf Erythrozytenmembranopathien sind verfügbar.
Behandlung
Gelegentlich Splenektomie
Die Splenektomie ist nach entsprechender Impfung die einzige spezifische Behandlung der hereditären Sphärozytose oder der hereditären Elliptozytose. Es ist bei Patienten mit symptomatischer Hämolyse oder Komplikationen wie Gallenkolik oder anhaltender aplastischer Krise indiziert. Liegen Gallenblasensteine oder ein anderer Hinweis auf eine Cholestase vor, sollte die Gallenblase entfernt werden.
Obwohl die Sphärozyten auch nach der Splenektomie weiterhin vorhanden sind, überleben diese Zellen länger. In den meisten Fällen verbessern sich sowohl die Symptome als auch die Anämie und die Retikulozytose. Allerdings bleibt die osmotische Resistenz er Erythrozyten vermindert.