Ätiologie von IBS
Das Reizdarmsyndrom (IBS; früher als funktionelle gastrointestinale Störungen [GI] bezeichnet) ist eine Störung der Interaktion zwischen Darm und Gehirn. Bei Laboruntersuchungen, bildgebenden Untersuchungen und Biopsien kann keine anatomische Ursache festgestellt werden. Emotionale Faktoren, Diät, Medikamente oder Hormone mögen zum Auftreten oder zur Verschlimmerung der gastrointestinalen Symptome führen. Früher wurde die Erkrankung oft als rein psychosomatisch betrachtet. Obwohl auch psychosoziale Faktoren beteiligt sein können, wird das Reizdarmsyndrom (IBS) besser als eine Kombination aus physiologischen und psychosozialen Faktoren verstanden.
Physiologische Faktoren
Eine Vielzahl von physiologischen Faktoren scheint bei IBS-Symptomen beteiligt zu sein. Zu diesen Faktoren gehören
Erhöhte Darmempfindlichkeit (viszerale Hyperalgesie)
Veränderte Darmmotilität
Die viszerale Hyperalgesie bezieht sich auf eine Überempfindlichkeit gegenüber dem normalen Ausmaß der intraluminalen Dehnung und eine gesteigerte Schmerzwahrnehmung bei normalen intestinalen Gasmengen. Diese kann vom Umbau der Nervenbahnen in der Hirn-Darm-Achse herrühren. Einige Patienten (vielleicht 1 von 7) haben berichtet, dass ihre IBS-Symptome nach einer Episode von akuter Gastroenteritis Übersicht zur Gastroenteritis Unter einer Gastroenteritis verstehen wir eine Entzündung der Schleimhautauskleidung von Magen, Dünn- und Dickdarm. Die meisten Fälle sind infektiös, wenngleich eine Gastroenteritis auch nach... Erfahren Sie mehr aufgetreten seien (sog. postinfektiöse IBS). Allerdings kann man bei vielen Patienten keine physiologischen Störungen nachweisen; und selbst wenn solche Störungen bestehen, korrelieren sie nicht mit den Symptomen.
Eine Obstipation Opstipation Unter Obstipation versteht man erschwerten oder zu seltenen Stuhlgang, harte Stühle oder ein Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung. (Siehe auch Verstopfung bei Kindern.) Keine Körperfunktion... Erfahren Sie mehr kann durch eine langsamere Darmpassage erklärt werden, und eine Diarrhö Diarrhö Stuhl besteht zu 60–90% aus Wasser. In der westlichen Welt beträgt die Stuhlmenge bei gesunden Erwachsenen 100–200 g/Tag und bei Kindern 10 g/kg/Tag, in Abhängigkeit vom Gehalt an nichtresorbierbaren... Erfahren Sie mehr kann durch eine schnellere Darmpassage erklärt werden. Einige Patienten mit Obstipation haben weniger Darmkontraktionen mit hoher Amplitude, die den Darminhalt durch mehrere Segmente befördern. Umgekehrt kann eine überschüssige motorische Aktivität des Sigmoids den Transit bis zur funktionellen Obstipation verzögern.
Postprandiale Bauchschmerzen können einem übertriebenen Magen-Kolon-Reflex (die Darmkontraktion ist eine Reaktion auf eine Mahlzeit), dem Vorhandensein von Darmkontraktionen mit hoher Amplitude, viszerale Hyperalgesie) oder einer Kombination aus diesen Faktoren zugeschrieben werden. Die Aufnahme von Fett kann die intestinale Permeabilität und die Überempfindlichkeit verstärken. Aufgenommene Nahrung, die reich an fermentierbaren Oligosacchariden, Disacchariden, Monosacchariden und Polyolen (zusammenfassend als FODMAPs bezeichnet) ist, wird im Dünndarm ungenügend resorbiert und kann die Kolonmotilität und -sekretion erhöhen.
Hormonelle Schwankungen beeinflussen die Darmfunktion bei Frauen. Die rektale Empfindlichkeit ist während der Menstruation erhöht, nicht aber in den anderen Phasen des Menstruationszyklus. Die Auswirkungen von Sexualhormonen auf den gastrointestinalen Transit sind subtil.
Psychosoziale Faktoren
Psychologische Belastung ist bei Patienten mit Reizdarmsyndrom häufig gegeben, vor allem bei denen, die medizinische Versorgung zu suchen. Manche Patienten zeigen Angstneurosen Überblick über Angststörungen Angststörungen sind gekennzeichnet durch anhaltende und übermäßige Furcht und Angst und die dysfunktionalen Verhaltensänderungen, mit denen ein Patient diese Gefühle abmildern kann. Angststörungen... Erfahren Sie mehr , Depressionen Depressive Störungen Kennzeichen depressiver Störungen sind eine Traurigkeit, die so stark oder anhaltend ist, dass sie die normale Funktionsfähigkeit beeinträchtigt, sowie vermindertes Interesse oder eingeschränkte... Erfahren Sie mehr und Somatisierungen Übersicht zur Somatisierung Bei der Somatisierung drücken sich psychische Phänomene als körperliche (somatische) Symptome aus. Durch Somatisierung gekennzeichnete Erkrankungen erstrecken sich auf einem Kontinuum von Störungen... Erfahren Sie mehr . Auch Schlafstörungen können vorhanden sein. Jedoch besteht nicht immer eine zeitliche Korrelation zwischen Stress und emotionalen Konflikten auf der einen Seite und der Exazerbation und einem Rezidiv der Symptome auf der anderen Seite. Einige Patienten mit IBS scheinen eine gestörte emotionale Problemverarbeitung zu haben (sie drücken emotionale Konflikte als gastrointestinale Beschwerden, v. a. Bauchschmerzen, aus). Ärzte, die Patienten mit IBS behandeln, v. a. solche mit hartnäckigen Symptomen, sollten an ungelöste psychologische Konflikte denken, inkl. der Möglichkeit von sexuellem oder körperlichem Missbrauch. Psychosoziale Faktoren können auch Einfluss auf das Outcome beim Reizdarmsyndrom (IBS) haben.
Symptome und Beschwerden von IBS
Das Reizdarmsyndrom beginnt in der Adoleszenz und bei 20-Jährigen und verursacht in unregelmäßigen Abständen Episoden von Symptomen. Ein Auftreten im späten Erwachsenenalter ist ebenfalls möglich, aber weniger häufig. Die Symptome von IBS entstehen selten beim schlafenden Patienten. Häufig werden die Symptome durch Lebensmittel oder durch Stress ausgelöst.
Die Patienten haben Bauchbeschwerden, die sehr unterschiedlich sind, sich aber oft im Unterbauch befinden, stetiger oder krampfartiger Natur sind und mit dem Stuhlgang zusammenhängen. Darüber hinaus stehen die Bauchschmerzen in einem zeitlichen Zusammenhang mit Veränderungen bei der Stuhlhäufigkeit (erhöht bei dem von Diarrhö geprägten IBS und verringert bei dem von Obstipation geprägten IBS) und der Stuhlkonsistenz (d. h. lose oder klumpig und hart). Schmerzen oder Beschwerden im Zusammenhang mit dem Stuhlgang haben ihren Ursprung wahrscheinlich im Darm; Schmerzen oder Beschwerden, die mit Belastung, Bewegung, Wasserlassen oder Menstruation assoziiert sind, haben in der Regel eine andere Ursache.
Obwohl die Stuhgewohnheiten bei den meisten Patienten relativ konstant sind, ist es für die Patienten nicht ungewöhnlich, dass sich Obstipation und Diarrhö abwechseln. Die Patienten können auch Symptome einer abnormalen Stuhlpassage (Anstrengung, Dringlichkeit oder Gefühl der unvollständigen Entleerung) zeigen, Schleim ausscheiden oder über Blähungen oder ein aufgetriebenes Abdomen klagen. Viele Patienten zeigen auch Symptome einer Dyspepsie. Extra-intestinale Symptome (z. B. Müdigkeit, Fibromyalgie, Schlafstörungen, chronische Kopfschmerzen) sind häufig.
Diagnose des Reizdarmsyndroms
Klinische Bewertung anhand der Rom-Kriterien
Begrenzte Labortests
Andere Tests für Patienten mit ernstzunehmenden Befunden
Die Diagnose des Reizdarmsyndroms basiert auf der Anamnese, insbesondere auf charakteristischen Stuhlgangsmustern, Zeitpunkt und Art der Schmerzen und dem Fehlen von Alarmzeichen, sowie auf einer gezielten körperlichen Untersuchung.
Warnhinweise
Diese diagnostischen Tests sollten intensiviert werden, wenn folgende ernstzunehmende Befunde vorliegen – entweder bei der erstmaligen Vorstellung oder auch jederzeit nach Diagnosestellung:
Höheres Alter
Gewichtsverlust
Rektale Blutungen
Eisenmangelanämie
Dickdarmkrebs, entzündliche Darmerkrankungen oder Zöliakie in der Familienanamnese
Nächtliche Diarrhö
Differenzialdiagnosen
Da Patienten mit Reizdarmsyndrom (IBS) organische Erkrankungen entwickeln können, sollten Untersuchungen auf andere Krankheitsbilder auch bei Patienten erwogen werden, die Alarmsymptome oder deutlich unterschiedliche Symptome im Verlauf ihres Reizdarmsyndroms entwickeln. zu den häufige Erkrankungen, die mit IBS verwechselt werden können, gehören
Missbrauch von Laxativa
Mikroskopische Kolitis
Gallensäurediarrhö
Nichtentzündliche Darmdivertikel verursachen jedoch keine Symptome, und ihr Vorhandensein sollte nicht als beweisend angesehen werden.
Die bimodale Altersverteilung von Patienten mit entzündlichen Darmkrankheiten macht es zwingend notwendig, sowohl jüngere als auch ältere Patienten zu untersuchen. Bei Patienten > 60 Jahren mit akuten Symptomen sollte eine ischämische Kolitis Ischämische Kolitis Unter einer ischämischen Kolitis versteht man eine vorübergehene Verminderung der Dickdarmdurchblutung. Die Symptome sind Schmerzen im linken unteren Quadranten und rektale Blutungen. Die Diagnose... Erfahren Sie mehr in Erwägung gezogen werden. Patienten mit Obstipation ohne anatomische Ursache sollten bzgl. des Vorliegens einer Hypothyreose Hypothyreose Hypothyreose ist ein Mangel an Schilddrüsenhormonen. Zu den Symptomen gehören Kälteintoleranz, Müdigkeit und Gewichtszunahme. Zu den Anzeichen können ein typisches Gesichtsaussehen, heiseres... Erfahren Sie mehr und einer Hyperkalzämie Hyperkalzämie Hyperkalzämie bedeutet eine Serumkonzentration des Gesamtkalziums > 10,4 mg/dl (> 2,60 mmol/l) oder eine Konzentration des ionisierten Kalziums im Serum > 5,2 mg/dl (> 1,30 mmol/l)... Erfahren Sie mehr untersucht werden. Wenn die Symptome des Patienten auf Malabsorption Übersicht Malabsorption Unter Malabsorption versteht man eine inadäquate Assimilation von Nahrungsbestandteilen infolge von Störungen der Verdauung, der Resorption und des Transports. Die Malabsorption kann Makronährstoffe... Erfahren Sie mehr oder Zöliakie Zöliakie Zöliakie ist eine immunologisch vermittelte Krankheit bei genetisch empfänglichen Personen. Sie wird verursacht durch eine Intoleranz gegenüber Gluten, die zu Darmschleimhautentzündung, Zottenatrophie... Erfahren Sie mehr hindeuten, sollten Tests durchgeführt werden. Bei Patienten, die über Symptome einer schwierigen Defäkation berichten, muss an Defäkationsstörungen als Ursache der Obstipation gedacht werden.
Zu den seltenen Ursachen für Diarrhö gehören Hyperthyreose Hyperthyreose Eine Hyperthyreose ist gekennzeichnet durch einen Hypermetabolismus und erhöhte Spiegel der freien Schilddüsenhormone. Die Symptome umfassen Palpitationen, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Hitzeintoleranz... Erfahren Sie mehr , medulläres Schilddrüsenkarzinom Medulläre Schilddrüsenkarzinome Es gibt generell vier Arten von Schilddrüsenkrebs Die meisten Schilddrüsenkarzinome manifestoeren sich als asymptomatische Knoten. Sehr selten verursachen Metastasen in Lymphknoten, der Lunge... Erfahren Sie mehr , Karzinoid-Syndrom Karzinoidsyndrom Ein Karzinoidsyndrom entwickelt sich bei einigen Patienten mit einem Karzinoidtumor und wird durch ein Flushing der Haut, abdominelle Krämpfe und Diarrhö charakterisiert. Nach einigen Jahren... Erfahren Sie mehr , Gastrinom Gastrinom Ein Gastrinom wird durch einen meist in Pankreas oder Duodenalwand lokalisierten gastrinproduzierenden Tumor verursacht. Eine Hypersekretion von Magensäure und aggressive, refraktäre peptische... Erfahren Sie mehr , VIPom VIPom Ein VIPom ist ein pankreatischer Nicht-Beta-Inselzelltumor, der vasoaktives intestinales Peptid (VIP) sezerniert und zu einem Symptomenkomplex mit wässriger Diarrhö, Hypokaliämie und Achlorhydrie... Erfahren Sie mehr , tropische Sprue Tropische Sprue Unter einer tropischen Sprue versteht man eine seltene erworbene Krankheit, die durch eine Malabsorption und eine megaloblastäre Anämie gekennzeichnet ist. Ihre Ätiologie ist wahrscheinlich... Erfahren Sie mehr und Whipple-Krankheit Morbus Whipple Der Morbus Whipple ist eine schwere Krankheit, die durch das Bakterium Tropheryma whipplei whippelii hervorgerufen wird. Führende Symptome sind Arthritis, Gewichtsverlust, Bauchschmerzen... Erfahren Sie mehr .
Anamnese
Besonderes Augenmerk muss auf den Schmerzcharakter, auf die Stuhlgewohnheiten, die interfamiliären Beziehungen sowie die Medikamenten- und Nahrungsanamnese gelegt werden. Genauso bedeutend sind das generelle emotionale Befinden des Patienten, seine Interpretation persönlicher Probleme und seine Lebensqualität. Die Qualität der Arzt-Patienten-Beziehung stellt den Schlüssel für den diagnostischen und therapeutischen Erfolg dar.
Die Rom-Kriterien sind standardisierte symptombasierte Kriterien für die Diagnose IBS. Die Rom-Kriterien verlangen die Anwesenheit von Bauchschmerzen für mindestens 1 Tag/Woche in den letzten 3 Monaten zusammen mit ≥ 2 der folgenden (1 Diagnosehinweis Das Reizdarmsyndrom ist gekennzeichnet durch wiederkehrende Bauchbeschwerden oder Schmerzen mit mindestens zwei der folgenden Merkmale: Beziehung zum Stuhlgang, Assoziation mit einer Änderung... Erfahren Sie mehr ):
Schmerzen hängen mit Defäkation zusammen.
Der Schmerz ist mit einer Veränderung der Häufigkeit des Stuhlgangs verbunden.
Schmerzen sind mit einer Veränderung in der Konsistenz des Stuhls verbunden.
Körperliche Untersuchung
Die Patienten erscheinen im Allgemeinen gesund. Bei Palpation des Abdomens kann man eine Spannung feststellen, besonders im linken unteren Quadranten, zeitweise assoziiert mit einem palpablen angespannten Sigmoid. Die digital rektale Untersuchung mit einem Test auf okkultes Blut sollte bei allen Patienten durchgeführt werden. Bei Frauen kann die Untersuchung des Beckens gleichzeitig das Vorliegen von Tumoren des Ovars, von Zysten oder einer Endometriose, die alle eine IBS vortäuschen können, ausschließen.
Testverfahren
(See also the American College of Gastroenterology's 2021 guidelines on the management of irritable bowel syndrome.)
Die Diagnose von IBS kann vernünftigerweise unter Verwendung der Rom-Kriterien erfolgen, solange die Patienten keine ernstzunehmenden Befunde aufweisen wie rektale Blutungen, Gewichtsverlust oder andere Befunde, die eine andere Ätiologie nahelegen. Zu den Laboruntersuchungen können ein vollständiges Blutbild und ein biochemisches Profil (einschließlich Lebertests) gehören. Bei Patienten, bei denen Diarrhö vorherrscht, werden serologische Marker für Zöliakie (Tissue-Transglutaminase IgA mit einem IgA-Spiegel) und Tests auf entzündliche Darmerkrankungen mit fäkalem Calprotectin oder fäkalem Laktoferrin und C-reaktivem Protein empfohlen (1 Diagnosehinweis Das Reizdarmsyndrom ist gekennzeichnet durch wiederkehrende Bauchbeschwerden oder Schmerzen mit mindestens zwei der folgenden Merkmale: Beziehung zum Stuhlgang, Assoziation mit einer Änderung... Erfahren Sie mehr ). Bei Patienten mit Verstopfung wird die Messung des schilddrüsenstimulierenden Hormons und des Kalziumspiegels empfohlen.
Tests auf enterale Pathogene, einschließlich Giardia, wird für Patienten mit Reizdarmsyndrom nicht mehr empfohlen, es sei denn, es besteht eine hohe Vortestwahrscheinlichkeit für eine Infektion. Wenn eindeutige Risikofaktoren für eine Giardia-Exposition vorliegen (z. B. beeinträchtigte Wasserversorgung, Reisen, Kindertagesstätte, Camping), werden fäkale Immunoassays oder Polymerasekettenreaktionstests auf Giardia empfohlen.
Eine Koloskopie wird für Patienten > 45 Jahre alt empfohlen, um Kolonpolypen und -tumore auszuschließen. Das Schleimhaut- und Gefäßmuster beim Reizdarmsyndrom sieht in der Regel normal aus. Bei Patienten mit chronischer Diarrhöe, insbesondere bei älteren Frauen mit schwererer Diarrhöe, kann eine Schleimhautbiopsie eine mögliche mikroskopische Kolitis ausschließen.
Weitere Untersuchungen (z. B. Ultraschall, CT, Kolonkontrastdarstellung mit Barium, Ösophagogastroduodenoskopie, Röntgenuntersuchung des Dünndarms) sollten nur bei Vorliegen anderer objektiver Krankheitszeichen durchgeführt werden. Die fäkale Fettausscheidung oder die Pankreaselastase sollten gemessen werden, wenn ein Verdacht auf Steatorrhö besteht. Bei Verdacht auf eine Malabsorption wird eine Dünndarmuntersuchung (z. B. Enteroskopie, Kapselendoskopie) empfohlen. Ein Test auf Kohlenhydratintoleranz und auf bakterielle Überwucherung im Dünndarm sollte bei entsprechenden Umständen in Betracht gezogen werden.
Zusätzliche Erkrankungen
Patienten mit IBS können in der Folge weitere gastrointestinale Erkrankungen entwickeln, und der Kliniker darf ihre Beschwerden nicht leichtfertig abbtun. Veränderungen der Symptome (z. B. Lokalisation, Typ, Schmerzintensität, Stuhlgewohnheiten, bei Obstipation oder Diarrhö) und neue Symptome oder Beschwerden (z. B. nächtliche Diarrhö) mögen einen anderen Krankheitsprozess signalisieren.
Andere Symptome, die abgeklärt werden müssen, sind frisches Blut im Stuhl, Gewichtsverlust, schwere abdominelle Schmerzen und ungewöhnliche abdominelle Spannungen, Steatorrhö und deutlich stinkender Stuhl, Fieber oder Schüttelfrost, anhaltendes Erbrechen, Bluterbrechen, Symptome, die den Patienten im Schlaf erwachen lassen (wie Schmerz oder Stuhldrang) und eine ständige Verschlimmerung der Symptome. Patienten > 45 Jahre entwickeln häufiger als junge Patienten zusätzliche körperliche Erkrankungen.
Diagnosehinweis
1. Lacy BE, Pimentel M, Brenner DM, et al: ACG Clinical Guideline: Management of irritable bowel syndrome. Am J Gastroenterol 116(1):17–44, 2021. doi: 10.14309/ajg.0000000000001036
Behandlung des Reizdarmsyndroms
Unterstützung und Verständnis
Normale Ernährung, Vermeidung von Lebensmitteln, die Gas produzieren und Diarrhö verursachen
Erhöhte Zufuhr von Ballaststoffen und Flüssigkeit bei Obstipation
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach den dominierenden Symptomen.
Die Therapie richtet sich nach den spezifischen Symptomen. Die Patienten sollten über die Störung (z. B. normale Darmphysiologie und Überempfindlichkeit des Darms gegenüber Stress und Nahrungsmitteln) aufgeklärt werden und man sollte ihnen versichern, nach entsprechenden Tests, dass keine schwere oder lebensbedrohliche Krankheit vorliegt.
Regelmäßige körperliche Aktivität ist gut für Stressabbau und für die normale Darmfunktion, v. a. bei Patienten mit einer Obstipation.
(See also the American College of Gastroenterology's 2018 monograph on management of irritable bowel syndrome.)
Ernährung
Im Allgemeinen kann eine normale Diät eingenommen werden. Die Mahlzeiten sollten nicht übermäßig groß sein und langsam und regelmäßig eingenommen werden. Für Patienten mit aufgetriebenem Leib und vermehrter Flatulenz kann es von Vorteil sein, wenn sie Bohnen, Kohl und andere Nahrungsmittel, die verdauliche Kohlenhydrate enthalten, vermeiden. Eine reduzierte Zufuhr von Süßstoffen (z. B. Sorbit, Mannit, Fructose), die Bestandteile natürlicher und verarbeiteter Lebensmittel sind (z. B. Apfel- und Traubensaft, Bananen, Nüsse, Rosinen), kann Blähungen, Völlegefühl und Durchfall lindern. Patienten mit Laktoseintoleranz sollten Milchprodukte vermeiden. Die Patienten können versuchen, die Aufnahme der oben genannten Lebensmittelkategorien nach und nach zu reduzieren und die Auswirkungen auf ihre Symptome zu beobachten, oder sie können eine Low-FODMAP (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole)-Diät versuchen, bei der alle oben genannten Lebensmittelkategorien eingeschränkt werden (1 Literatur zur Therapie Das Reizdarmsyndrom ist gekennzeichnet durch wiederkehrende Bauchbeschwerden oder Schmerzen mit mindestens zwei der folgenden Merkmale: Beziehung zum Stuhlgang, Assoziation mit einer Änderung... Erfahren Sie mehr ). Darüber hinaus kann eine fettarme Ernährung postprandiale abdominelle Symptome reduzieren.
Die Patienten sollten ermutigt werden, mehr Flüssigkeit zu trinken. Nahrungsergänzungsmittel mit löslichen Ballaststoffen können den Stuhl aufweichen und die Entleerung erleichtern. Eine übermäßige Aufnahme von Ballaststoffen kann jedoch Blähungen und Diarrhö zur Folge haben, weshalb die Dosierung individuell erfolgen sollte. Gelegentlich lassen sich Blähungen durch den Wechsel zu einem synthetischen Faserpräparat (z. B. Methylcellulose) reduzieren.
Medikamentöse Therapie
(See also the American Gastroenterological Association's 2022 guideline on the pharmacologic management of IBS with diarrhea and the 2022 guideline on the pharmacologic management of IBS with constipation.)
Die medikamentöse Therapie richtet sich nach den dominierenden Symptomen.
Anticholinergika (z. B. Hyoscyamin 0,125 mg oral 30–60 Minuten vor den Mahlzeiten) können wegen ihrer spasmolytischen Wirkung eingesetzt werden, aber die Daten über ihre Wirksamkeit sind begrenzt.
Bei Patienten mit Obstipations-prädominantem Reizdarmsyndrom (IBS-C) können der Chloridkanal-Aktivator Lubiproston 8 mcg p.o. 2-mal täglich und der Guanylatcyclase C-Agonist Linaclotid 290 mcg p.o. einmal täglich hilfreich sein. Tenapanor hemmt den gastrointestinalen Natrium-Wasserstoff-Austausch und ist für die Behandlung des Reizdarmsyndroms in einer Dosierung von 50 mg 2-mal täglich oral erhältlich. Polyethylenglykol-Abführmittel wurden bei IBS nicht gut untersucht. Aber sie haben sich für die Verwendung bei chronischer Verstopfung und zur Darmspülung vor der Koloskopie als wirksam erwiesen und werden daher häufig für IBS-C verwendet. Prucaloprid ist ein hochselektiver Serotonin-Rezeptor-Agonist, der für chronische Verstopfung zur Verfügung steht.
Bei Patienten mit Diarrhö als Hauptsymptom des Reizdarmsyndroms (IBS-D) kann Diphenoxylat 5 mg/Atropinsulfat 0,05 mg oral (2 Tabletten oder 10 ml) oder Loperamid 2–4 mg oral vor den Mahlzeiten gegeben werden. Die Dosis von Loperamid sollte nach oben titriert werden, um Durchfall zu reduzieren, damit eine Obstipation vermieden wird (maximale Dosis 16 mg/Tag). Rifaximin ist ein Antibiotikum, das sich bei der Linderung von Symptomen wie Blähungen und Bauchschmerzen sowie der Verringerung von losen Stühlen bei Patienten mit IBS-D als hilfreich gezeigt hat. Die empfohlene Dosis von Rifaximin für IBS-D beträgt 550 mg oral 3-mal täglich über 14 Tage. Alosetron ist ein 5-Hydroxytryptamin (Serotonin)-3 (5HT3)- Rezeptor-Antagonist, der Frauen mit schwerer IBS-D refraktär gegenüber anderen Medikamenten, helfen kann. Weil Alosetron mit ischämischer Kolitis assoziiert worden ist, steht seine Verwendung in den USA unter einem strikten Verschreibungsprogramm. Eluxadolin weist eine gemischte Opioidrezeptoraktivität auf und ist zur Behandlung des Reizdarmsyndroms (IBS-D) indiziert; wegen des Risikos einer Pankreatitis kann es jedoch nicht bei Patienten eingesetzt werden, die eine Cholezystektomie hatten, an einer Dysfunktion des M. sphincter Oddi oder einer Lebererkrankung leiden oder mehr als 3 alkoholische Getränke pro Tag zu sich nehmen.
Bei vielen Patienten können trizyklische Antidepressiva (TZA) die Symptome von Durchfall, Bauchschmerzen und Blähungen lindern helfen. Man nimmt an, dass diese Medikamente den Schmerz über eine Verringerung der Aktivität von afferenten spinalen und kortikalen Bahnen, die vom Darm ausgehen, reduzieren. TZAs mit sekundären Aminen (z. B. Nortriptylin, Desipramin) werden oft besser vertragen als tertiäre Amine (z. B. Amitriptylin, Imipramin, Doxepin), weil sie weniger anticholinerge, sedierende, antihistaminische und alpha-adrenerge Nebenwirkungen aufweisen. Die Behandlung sollte mit einer sehr geringen Dosis eines TZA (z. B. Desipramin 10–25 mg oral einmal täglich vor dem Schlafengehen) beginnen und kann bei Bedarf und Verträglichkeit auf etwa 200 mg oral einmal täglich gesteigert werden.
Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern werden manchmal bei Patienten mit Angstzuständen oder einer affektiven Störung verwendet, aber Studien haben keinen signifikanten Nutzen für Patienten mit IBS gezeigt und sie können Durchfall verschlimmern.
Die Verwendung von Probiotika zur Behandlung des Reizdarmsyndroms hat in den letzten Jahren zugenommen, da das Mikrobiom des Darms bei dieser Erkrankung eine wichtige Rolle spielt. Die Daten über ihre Wirksamkeit bei der Behandlung des Reizdarmsyndroms sind jedoch begrenzt.
Gewisse aromatische Öle (Carminative) können die glatte Darmmuskulatur relaxieren und die Schmerzen, die bei manchen Patienten durch Krämpfe auftreten, erleichtern. Pfefferminzöl ist die am häufigsten eingesetzte Substanz dieser Klasse.
Psychologische Therapien
Kognitive Verhaltenstherapie, Standard-Psychotherapie und Hypnotherapie Hypnotherapie Hypnotherapie, eine Art Geist-Körper-Medizin, ist aus der psychotherapeutischen Praxis abgeleitet. Die Patienten werden in einen fortgeschrittenen Zustand der Entspannung und Konzentration versetzt... Erfahren Sie mehr können einigen Patienten mit Reizdarmsyndrom (RDS) helfen.
Literatur zur Therapie
1. Lacy BE, Pimentel M, Brenner DM, et al: ACG Clinical Guideline: Management of irritable bowel syndrome. Am J Gastroenterol 116(1):17–44, 2021. doi: 10.14309/ajg.0000000000001036
Wichtige Punkte
Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich um rezidivierende abdominelle Beschwerden oder Schmerzen, die von ≥ 2 der folgenden Punkte begleitet werden: Die Schmerzen stehen im Zusammenhang mit der Stuhlentleerung, die Schmerzen stehen im Zusammenhang mit einer veränderten Stuhlhäufigkeit (Diarrhö oder Obstipation) oder die Schmerzen stehen im Zusammenhang mit einer veränderten Stuhlkonsistenz.
Die Ätiologie ist unklar, scheint aber sowohl physiologische als auch psychosoziale Faktoren zu umfassen.
Bei Patienten mit auffälligen Befunden, wie z. B. höherem Alter, Gewichtsverlust oder rektalen Blutungen, sollten gefährlichere Erkrankungen ausgeschlossen werden.
Zu den Allgemeinerkrankungen, die mit dem IBS verwechselt werden können, zählen Laktoseintoleranz, medikamenteninduzierte Diarrhö, Diarrhö nach Cholezystektomie, Laxanzienabusus, parasitäre Erkrankungen, eosinophile Gastritis oder Enteritis, mikroskopische Kolitis, bakterielle Überwucherung im Dünndarm, Zöliakie, frühe Formen der entzündlichen Darmkrankheiten.
Typische Tests, die in Betracht gezogen werden sollten, sind ein komplettes Blutbild, ein biochemisches Profil (einschließlich Lebertests), serologische Marker für Zöliakie und Tests für Entzündungen (bei Patienten mit überwiegendem Durchfall) sowie die Messung des Schilddrüsen-stimulierenden Hormons und des Kalziumspiegels (bei Patienten mit Verstopfung).
Eine unterstützende, verständnisvolle und therapeutische Arzt-Patienten-Beziehung ist unerlässlich; die medikamentöse Therapie sollte auf die vorherrschenden Symptome ausgerichtet werden.
Weitere Informationen
Im Folgenden finden Sie einige englischsprachige Quellen, die nützlich sein könnten. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.
American College of Gastroenterology: Monograph on management of irritable bowel syndrome (2018)
American Gastroenterological Association: Clinical practice guideline on the pharmacological management of irritable bowel syndrome with diarrhea (2022)
American Gastroenterological Association: Clinical practice guideline on the pharmacological management of irritable bowel syndrome with constipation (2022)
National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases: Useful dietary advice for patients about eating, diet, and nutrition for IBS