Rehabilitation bei Lungenerkrankungen

VonAndrea R. Levine, MD, University of Maryland School of Medicine;
Jason Stankiewicz, MD, University of Maryland Medical Center
Überprüft/überarbeitet Apr. 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Bei einer Rehabilitation bei Lungenerkrankungen wird auf angeleitete Bewegung, Aufklärung, Unterstützung und Verhaltensänderungen gesetzt, um das alltägliche Leben und die Lebensqualität solcher Patienten zu verbessern, die an chronischen Lungenerkrankungen leiden.

Für Patienten mit einer chronischen Lungenerkrankung existieren Rehabilitationsmaßnahmen, deren Hauptziel es ist, die bestmögliche Funktionstüchtigkeit des Organs zu erreichen und den Betroffenen ein Höchstmaß an Unabhängigkeit zu gewähren. Obwohl sich die meisten Rehabilitationsmaßnahmen auf Personen mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) konzentrieren, können auch Patienten mit anderen Lungenerkrankungen von diesen Rehabilitationsmaßnahmen profitieren:

Programme für Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen können die Lebensqualität anhand folgender Punkte verbessern:

  • Besserung der Kurzatmigkeit

  • Steigerung der Belastungsfähigkeit

  • Förderung des Wohlbefindens

  • Verringerung der Anzahl von Krankenhausaufenthalten

Es gibt jedoch keine eindeutigen Beweise dafür, dass diese Programme das Überleben erheblich verlängern.

Die Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen vor und nach der Operation können für Patienten mit Krebs, die sich einer Lungenresektion unterziehen, für Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, bei denen eine Operation zur Reduktion des Lungenvolumens vorgenommen wird und für Patienten mit schwerer Lungenerkrankung, die eine Lungentransplantation erhalten, von Vorteil sein.

Die Programme für Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen werden in der Regel ambulant durchgeführt (d. h. der Patient hat regelmäßige Termine in einer Praxis oder Klinik) oder am Wohnort des jeweiligen Patienten durchgeführt. Allerdings werden telemedizinische und webbasierte Programme immer häufiger eingesetzt.

Unter Umständen können die Programme für Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen sinnvoll eingesetzt werden, bevor die Lungenerkrankung eines Patienten schwerwiegend wird. Auch Patienten mit weniger schwerer Erkrankung können von der Therapie profitieren, um die Atemnot zu verringern und die Belastungsfähigkeit zu erhöhen. Manchmal wird eine Rehabilitation bei Lungenerkrankungen mit einer Rehabilitation für Herzerkrankungen kombiniert.

Die erfolgreichsten Rehabilitationsprogramme bieten komplexe medizinische Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen, die in einem Team aus Atem- oder Physiotherapeuten, Krankenpflegern, Ärzten, Psychologen oder Sozialarbeitern und Ernährungsberatern koordiniert werden. Die meisten Programme dauern 8 bis 12 Wochen. Die dabei erlernten Methoden müssen nach Abschluss des Rehabilitationsprogramms zu Hause weitergeführt werden, wenn ihr Nutzen aufrechterhalten werden soll.

Unterstützende Atemtherapien mit Sauerstofftherapie und Physiotherapie des Brustbereichs können zusammen mit anderen pulmonalen Rehabilitationsmaßnahmen eingesetzt werden. Diese unterstützenden Therapien können auch bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen (wie Mukoviszidose oder Bronchiektasen) oder akuten Lungenerkrankungen (wie Lungenentzündung) eingesetzt werden, die nicht an einem Rehabilitationsprogramm teilnehmen.

Aufnahme und Zielsetzung

Der erste Schritt besteht darin, die kurz- und langfristigen Ziele der Betroffenen festzulegen. Zum Beispiel kann ein älterer Mensch versuchen, jeden Tag ein Enkelkind in die Schule zu begleiten. Wenn die betroffene Person aufgrund ihrer Kurzatmigkeit derzeit nur etwa 90 Meter weit gehen kann, die Bushaltestelle aber 300 Meter entfernt ist, kann ein erstes kurzfristiges Ziel darin bestehen, die Gehdistanz langsam zu steigern. Die Mitglieder des Rehabilitationsteams müssen aufmunternd sein und gleichzeitig realistische Ziele setzen. Regelmäßige (wöchentliche) Neueinschätzungen sind wichtig, um zu gewährleisten, dass die gesetzten Ziele auch erreicht werden.

Ebenso wichtig ist, dass die Teammitglieder Faktoren erkennen, welche die Wirksamkeit des Programms für die jeweilige Person einschränken können. Dazu gehören finanzielle Schwierigkeiten, der Transport zum und vom Rehabilitationszentrum, kognitive Fähigkeiten (besonders hinsichtlich der richtigen Anwendung der Geräte, die zum Inhalieren der Medikamente verwendet werden) sowie die Familiendynamik. Ein Problem im Bereich der kognitiven Fähigkeiten würde beispielsweise dann vorliegen, wenn ein Patient mit Lungenproblemen auch an Demenz leidet. Damit ein solcher Patient die ergriffenen Maßnahmen begreift, ist möglicherweise eine spezielle Vorgehensweise erforderlich. Ein Problem bei der Familiendynamik liegt zum Beispiel dann vor, wenn ein Patient, der in das Rehabilitationsprogramm aufgenommen wird, von einer Betreuungsperson abhängig ist, die ihm zu Hause mit den durchzuführenden Maßnahmen nicht helfen kann. Es ist wichtig, dass die Teammitglieder solche Probleme erkennen und Möglichkeiten einplanen, um den Betroffenen zu helfen.

Langfristige Ziele werden ebenfalls aufgestellt, und den Teilnehmern wird beigebracht, Veränderungen des Zustands ihrer Lunge zu erkennen und unverzüglich ihren Arzt zu benachrichtigen. So kann die Behandlung an die veränderten Symptome angepasst werden.

Komponenten der Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen

Programme für Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen bestehen aus mehreren Komponenten, dazu zählen unter anderem:

  • Sportübungen

  • Training der Atemmuskulatur

  • Neuromuskuläre Elektrostimulation

  • Psychosoziale Betreuung

  • Ernährungsberatung

  • Aufklärung, unter anderem über die richtige Anwendung verschriebener Medikamente

Sportübungen

Sportübungen sind der wichtigste Bestandteil der Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen. Sie verringern die Auswirkungen von Untätigkeit und Dekonditionierung und führen zu einer Verbesserung der Kurzatmigkeit und zu einer erhöhten Fähigkeit für sportliche Betätigungen. Dabei sind den Sportübungen, die ausgeführt werden können, durch körperliche Einschränkungen möglicherweise Grenzen gesetzt.

Sowohl aerobes Training als auch Krafttraining sind wichtige Bestandteile des Bewegungstrainings bei Patienten mit Lungenerkrankungen.

Beinübungen sind die Eckpfeiler des Trainingsprogramms. Da es für die meisten alltäglichen Aktivitäten notwendig ist, gehen zu können, ist Gehen (manchmal auch auf einem Laufband) in vielen Rehabilitationsprogrammen die bevorzugte Trainingsmethode. Manche Menschen trainieren lieber auf einem Fahrradergometer (Trimm-dich-Rad). Es fördert die langfristige Teilnahmebereitschaft, wenn eine Übung gewählt werden kann, die für die jeweilige Person angenehm und befriedigend ist.

Die Arme zu trainieren, hilft Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen ebenfalls, die bei alltäglichen Aktivitäten wie Haare waschen oder Rasieren in Atemnot geraten oder andere Symptome aufweisen. Solche Übungen sind notwendig, da einige chronischen Lungenerkrankungen zu Muskelschwund führen können und weil einige Schultermuskeln sowohl für die Atmung als auch für die Bewegung der Arme zuständig sind. Aktivitäten, bei denen die Arme eingesetzt werden, können diese Muskeln schnell überfordern.

Training der Atemmuskulatur

Eine Komponente der Rehabilitationsmaßnahmen bei Lungenerkrankungen ist das Training der Atemmuskulatur. Beim Training der Atemmuskulatur kommen Atemübungen und -geräte zum Einsatz, die die an der Atmung beteiligten Muskeln stärken. Das Atemmuskeltraining wird in der Regel zusammen mit traditionellen aeroben Übungen eingesetzt.

Neuromuskuläre Elektrostimulation

Bei der neuromuskulären Elektrostimulation (NMES) wird ein Gerät verwendet, das elektrische Impulse durch die Haut auf ausgewählte Muskeln überträgt, um die Muskelkontraktion zu stimulieren. NMES kann bei Patienten mit einer schweren Lungen- und/oder Herzerkrankung wirksam sein, da es nicht jene Atemnot verursacht, die diese Patienten oft daran hindert, an einem typischen Bewegungstraining teilzunehmen.

Psychosoziale Betreuung

Depressionen und Ängste sind häufige Reaktionen auf Veränderungen im Leben eines Patienten mit Lungenerkrankung. Darüber hinaus kann Kurzatmigkeit selbst Angstzustände und Depression auslösen, die sexuelle Aktivität beeinträchtigen und Schwierigkeiten im Umgang mit Stress und der Fähigkeit, sich zu entspannen, verursachen. Durch psychologische Beratung, Gruppentherapie und bei Bedarf auch medikamentöse Behandlung können Betroffene solche psychosozialen Probleme besser bewältigen. Gelegentlich nehmen auch Familienmitglieder an der psychologischen Beratung teil, damit auch sie besser mit der Belastung zurechtkommen, für eine Person mit einer Lungenerkrankung sorgen zu müssen.

Ernährungsberatung

Patienten mit einer Lungenerkrankung benötigen oft eine Ernährungsberatung. Menschen mit einer schwerwiegenden chronisch obstruktiven Lungenerkrankung nehmen beispielsweise oft ungewollt ab. Pulmonale Rehabilitationsprogramme helfen den Betroffenen, einen Gewichtsverlust zu verhindern und die Muskelmasse aufrechtzuerhalten. Ihnen muss beigebracht werden, sich so zu ernähren, dass eine angemessene Kalorienzufuhr ohne Völlegefühl gewährleistet ist, das sonst die Atmung beeinträchtigen könnte. Andere Menschen wiederum nehmen zu, weil sie sich weniger bewegen. In diesen Fällen belastet die Atmung das ohnehin schon strapazierte Atemsystem noch stärker. Den Betroffenen wird geraten, ihr Gewicht zu senken.

Einnahme von Medikamenten und Aufklärung

Patienten mit einer schweren Lungenerkrankung müssen in der Regel mehrere Medikamente einnehmen. Diese Mittel müssen oft nach klaren Anweisungen und einem komplexen Zeitplan eingenommen werden. In Rehabilitationsprogrammen lernen die Betroffenen die richtige zeitliche Planung und Dosierung für alle Medikamente, die sie einnehmen müssen. Die Aufklärung umfasst oft auch Informationen über die Art ihrer Lungenerkrankung und die Rolle der medikamentösen Therapie mit dem zu erwartenden Nutzen, den möglichen Nebenwirkungen und der korrekten Anwendung von Medikamenten zum Inhalieren. Dabei wird genau überwacht, ob die Patienten den Anweisungen Folge leisten, es wird ihnen und ihren Angehörigen beigebracht, wie wichtig die korrekte Anwendung ist.

Die Patienten werden auch über die Notwendigkeit der Raucherentwöhnung, Atmungsstrategien (z. B. Lippenatmung, bei der das Ausatmen gegen die geschlossenen Lippen begonnen wird, um die Atemfrequenz und Kurzatmigkeit zu verringern) und die Prinzipien zum Erhalt der körperlichen Kraft unterrichtet.