Alle Patienten, die sich einer Langzeitnierenersatztherapie (NET) unterziehen, entwickeln begleitende metabolische oder andere Störungen. Diese Störungen erfordern die angemessene Aufmerksamkeit und eine zusätzliche Therapie. Das Vorgehen variiert von Patient zu Patient, schließt üblicherweise aber eine Ernährungsumstellung und Behandlung der multiplen metabolischen Anomalien ein (siehe auch Ernährung Ernährung Als chronische Nierenkrankheit (CKD) bezeichnet man eine lang währende progrediente Verschlechterung der Nierenfunktion. Die Symptome entwickeln sich langsam und in fortgeschrittenen Stadien... Erfahren Sie mehr ).
(Siehe auch Überblick über die Nierenersatztherapie Nierenersatztherapie Die Nierenersatztherapie (NET) ersetzt bei Patienten mit Nierenversagen die nichtendokrinen Nierenfunktionen; darüber hinaus wird sie gelegentlich auch bei einigen Formen von Vergiftung eingesetzt... Erfahren Sie mehr .)
Diät
Die Ernährung sollte engmaschig kontrolliert werden. Hämodialysepatienten neigen gewöhnlich zu Anorexie und sollten angehalten werden, täglich 35 kcal/kg ihres Idealkörpergewichts (bei Kindern 40–70 kcal/kg/Tag in Abhängigkeit von Alter und Aktivität) zu sich zu nehmen. Die tägliche Aufnahme von Natrium sollte auf 2 g (88 mEq [88 mmol]), von Kalium auf 2,3 g (60 mEq [60 mmol]), und von Phosphat (PO4) auf 800–1000 mg beschränkt werden. Die Flüssigkeitsaufnahme, einschließlich der in der Nahrung enthaltenen Flüssigkeit, wird auf 1000 bis 1500 ml/Tag begrenzt und durch Messung der Gewichtszunahme zwischen den Dialysebehandlungen überwacht. Patienten, die sich einer Peritonealdialyse unterziehen, benötigen eine Proteinzufuhr von 1,25–1,5 g/kg/Tag (im Vergleich zu 1,0–1,2 g/kg/Tag bei Hämodialysepatienten), um peritoneale Verluste zu ersetzen (8,4 +/- 2,2 g/Tag). Am besten ist das Überleben bei (Hämodialyse- und Peritonealdialyse-)Patienten, die ein Serumalbumin > 3,5 g/dl (35 g/l) beibehalten. Das Serumalbumin ist der beste Prädiktor für das Überleben dieser Patienten.
Anämie bei Nierenversagen
Eine Anämie, die bei Nierenversagen auftritt, sollte mit rekombinantem Humanerythropoietin und Eisensupplementation behandelt werden (siehe Anämie und Gerinnungsstörungen Anämie und Gerinnungsstörungen Als chronische Nierenkrankheit (CKD) bezeichnet man eine lang währende progrediente Verschlechterung der Nierenfunktion. Die Symptome entwickeln sich langsam und in fortgeschrittenen Stadien... Erfahren Sie mehr ). Da die Resorption von oralem Eisen begrenzt ist, benötigen viele Patienten IV Eisen während der Hämodialyse. (Eisen-Carboxymaltose und Eisensucrose werden Eisendextran vorgezogen, das eine höhere Inzidenz von Anaphylaxie hat.) Eisenspeicher werden anhand von Serumeisen, Gesamteisenbindungskapazität und Serumferritin beurteilt. Typischerweise werden Eisenspeicher vor Beginn der Therapie mit Erythropoietin und danach alle zwei Monate beurteilt. Ein Eisenmangel Eisenmangel Eisen (Fe) ist ein Baustein von Hämoglobin, Myoglobin und vielen Enzymen. Häm-Eisen ist hauptsächlich in tierischen Produkten enthalten. Es wird viel besser resorbiert als Nichthäm-Eisen (z... Erfahren Sie mehr ist der häufigste Grund für eine Erythropoietinresistenz. Manche Dialysepatienten, die viele Bluttransfusionen bekommen haben, weisen jedoch eine Eisenüberladung Eisenüberladung im Überblick Erwachsene scheiden etwa 1 mg Eisen (Fe) pro Tag über die Haut- und gastrointestinalen Zellen aus; Frauen mit Menstruation verlieren im Durchschnitt zusätzlich 0,5–1 mg/Tag durch die Monatsblutung... Erfahren Sie mehr auf und sollten keinen Eisenersatz bekommen.
Koronare Herzkrankheit
Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit Risikofaktoren Bei der koronaren Herzkrankheit (KHK) kommt es zu einer Beeinträchtigung der Durchblutung der Koronararterien. In den meisten Fällen sind Atherome dafür verantwortlich. Klinisch präsentiert... Erfahren Sie mehr müssen aggressiv angegangen werden, weil viele Patienten, die eine NET-Therapie benötigen, an Hypertonie, Dyslipidämie oder Diabetes leiden, rauchen und letztendlich an einer kardiovaskulären Krankheit sterben. Eine kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse Peritonealdialyse Die Peritonealdialyse macht sich das Peritoneum als natürliche permeable Membran zunutze, durch welche Wasser und gelöste Substanzen äquilibriert werden können. Im Vergleich zu der Hämodialyse... Erfahren Sie mehr ist effektiver als die Hämodialyse Hämodialyse Bei der Hämodialyse wird das Blut des Patienten in eine Dialysekammer gepumpt. Diese Kammer besteht aus 2 Flüssigkeitskompartimenten, die entweder als Bündel von Hohlfaserkapillarrohren oder... Erfahren Sie mehr bei der Entfernung von Flüssigkeit. Als Folge hiervon benötigen hypertensive Patienten weniger Antihypertensiva. Bei etwa 80% der Hämodialysepatienten ist die Hypertonie aber auch durch alleinige Filtration beherrschbar. Bei den restlichen 20% sind antihypertensive Medikamente Medikamente gegen Hypertonie Eine Reihe von Medikamentenklassen ist effektiv für die anfängliche und weiterlaufende Behandlung der Hypertonie: Adrenerge Substanzen Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten... Erfahren Sie mehr erforderlich. Die Behandlung von Dyslipidämie Behandlung Eine Dyslipidämie ist eine Erhöhung von Plasmacholesterin und/oder Triglyceriden (TGs) oder ein niedriger (HDL-C) (high-density lipoprotein)-Cholesterinspiegel, die zur Entwicklung einer... Erfahren Sie mehr , Diabeteskontrolle Behandlung Der Diabetes mellitus beruht auf einer Störung der Insulinsekretion und/oder auf einer peripheren Insulinresistenz unterschiedlichen Ausmaßes, die zur Hyperglykämie führen. Die Frühsymptome... Erfahren Sie mehr und Raucherentwöhnung Raucherentwöhnung Die meisten Raucher wollen aufhören und haben es mit begrenztem Erfolg auch schon versucht. Zu den wirksamen Raucherentwöhnungsmaßnahmen gehören eine Beratung und eine medikamentöse Behandlung... Erfahren Sie mehr sind sehr wichtig.
Hyperphosphatämie
Eine Hyperphosphatämie Hyperphosphatämie Als Hyperphosphatämie bezeichnet man eine Serum-Phosphat-Konzentration > 4,5 mg/dl (> 1,46 mmol/l). Die Ursachen können eine Nierenerkrankung, ein Hypoparathyreoidismus und eine respiratorische... Erfahren Sie mehr als eine Folge einer Phosphatretention bei niedriger glomerulärer Filtrationsrate (GFR) erhöht das Risiko einer Weichteilkalzifikation, insbesondere der Koronararterien und Herzklappen, wenn Kalzium (Ca) × Phosphat (PO4) > 50–55 ist. Sie fördert darüber hinaus die Entwicklung eines sekundären Hyperparathyreoidismus. Die initiale Behandlung besteht aus Antazida auf Kalziumbasis (z. B. Kalziumkarbonat 1,25 g p.o. 3-mal täglich, Kalziumacetat 667–2001 mg p.o. 3-mal täglich zu den Mahlzeiten), die als Phosphatbinder wirken und die Phosphatspiegel senken. Obstipation und Bauchblähungen sind Komplikationen einer Langzeitanwendung. Die Patienten sollten auf eine Hyperkalzämie kontrolliert werden.
Sevelamer-Karbonat 800 bis 3200 mg oder Lanthan-Karbonat 500 bis 1000 mg, Sucroferrat-Oxyhydroxid 500 bis 1000 mg oder Eisen(III)-Zitrat 2 bis 3 g zu jeder Mahlzeit ist eine Option für Patienten, die während der Einnahme von kalziumhaltigen Phosphatbindern eine Hyperkalzämie entwickeln. Einige Patienten (z. B. solche, die mit akuter Nierenverletzung Akute Nierenschädigung (AKI) Unter akuter Nierenschädigung versteht man den schnellen Verlust der Nierenfunktion innerhalb von Tagen oder Wochen, was zu einer Akkumulation von stickstoffhaltigen Substanzen im Blut führt... Erfahren Sie mehr und sehr hohen Serumphosphat-Konzentrationen eingewiesen werden) benötigen zusätzliche Aluminiumphosphatbinder, aber diese Medikamente sollten nur kurzfristig verwendet werden (z. B. 1–2 Wochen nach Bedarf), um eine Aluminiumtoxizität zu verhindern.
Hypokalzämie und sekundären Hyperparathyreoidismus
Diese Komplikationen treten häufig gleichzeitig auf, da die renale Produktion von Vitamin D und die Hypophosphatämie beeinträchtigt sind. Die Behandlung der Hypokalzämie Hypokalzämie Hypokalzämie ist eine Serumkonzentration des Gesamtkalziums < 8,8 mg/dl (< 2,20 mmol/l) bei normalen Plasmaproteinkonzentrationen oder eine Serumkonzentration von ionisiertem Kalzium <... Erfahren Sie mehr besteht in der Gabe von Calcitriol entweder oral (0,25–1,0 mcg oral 1-mal täglich) oder IV (pro Dialyse 1–3 mcg bei Erwachsenen und 0,01-0,05 mcg/kg bei Kindern). Die Behandlung kann die Serumphosphatspiegel erhöhen und sollte zur Vermeidung von Weichgewebekalzifikationen unterbrochen werden, bis die Spiegel sich normalisiert haben. Die Dosierung wird titriert, um die Parathormonspiegel (PTH) auf normalerweise 150–300 pg/ml [150 ng/l] zu drücken (PTH spiegelt den Knochenstoffwechsel besser wider als Serumkalzium). Übersuppression vermindert den Knochenstoffwechsel und führt zu einer adynamischen Knochenkrankheit, die die Gefahr von Frakturen mit sich bringt. Die Vitamin-D-Analoga Doxercalciferol und Paricalcitol haben eine geringere Wirkung auf die Kalzium- und Phosphat-Resorption im Zwölffingerdarm, unterdrücken aber PTH gleichwertig gut. Erste Hinweise, dass diese Medikamente im Vergleich zu Calcitriol die Mortalität verringern können, bedürfen noch der Bestätigung.
Cinacalcet, ein Calcimimetikum, erhöht die Empfindlichkeit der kalziumempfindlichen Rezeptoren der Nebenschilddrüse gegenüber Kalzium und kann ebenfalls bei einem Hyperaldosteronismus angezeigt sein, aber die Rolle in der Alltagspraxis ist noch nicht definiert. Sein Vermögen, den PTH-Spiegel um bis zu 75% zu senken, kann die Notwendigkeit einer Parathyreoidektomie bei diesen Patienten verringern.
Aluminiumtoxizität
Die Toxizität ist die Gefahr bei Hämodialysepatienten, die aluminiumkontaminiertem Dialysat (jetzt ungewöhnlich) und Phosphatbindern auf Aluminiumbasis ausgesetzt sind. Manifestationen sind Osteomalazie, mikrozytäre Anämie (eisenresistent) und wahrscheinlich eine Dialysedemenz (eine Konstellation aus Gedächtnisverlust, Dyspraxie, Halluzinationen, Grimassieren, Myoklonie, Anfällen und einem typischen Elektroenzephalogramm [EEG]).
Aluminiumtoxizität sollte bei Patienten, die eine NET erhalten, und die Osteomalazie, eisenresistente mikrozytäre Anämie oder neurologische Manifestationen wie Gedächtnisverlust, Dyspraxie, Halluzinationen, Grimassen, Myoklonie oder Krampfanfälle entwickeln, in Betracht gezogen werden. Die Diagnose wird durch Messung des Plasmaaluminiumspiegels vor und zwei Tage nach IV Infusion von Deferoxamin, 5 mg/kg, gestellt. Deferoxamin "chelates" Aluminium, löst es von Geweben und erhöht den Blutspiegel bei Patienten mit Aluminiumtoxizität. Ein Anstieg des Aluminiumspiegels auf ≥ 50 mcg/l spricht für eine Intoxikation. Eine durch Aluminium verursachte Osteomalazie kann auch durch eine Knochennadelbiopsie diagnostiziert werden, die eine Spezialfärbung auf Aluminium erfordert.
Die Behandlung besteht in der Vermeidung von aluminiumhaltigen Phosphatbindern plus IV oder intraperitonealer Gabe von Deferoxamin.
Knochenerkrankungen
Nierenosteodystrophie ist eine anormale Knochenmineralisierung. Diese hat mehrere Ursachen, darunter Vitamin-D-Mangel Vitamin-D-Mangel und -abhängigkeit Der unzureichende Aufenthalt im Sonnenlicht prädisponiert einen Vitamin-D-Mangel. Damit wird die Knochenmineralisierung behindert, Kinder erkranken an Rachitis, Erwachsene an Osteomalazie und... Erfahren Sie mehr , erhöhtes Serumphosphat Hyperphosphatämie Als Hyperphosphatämie bezeichnet man eine Serum-Phosphat-Konzentration > 4,5 mg/dl (> 1,46 mmol/l). Die Ursachen können eine Nierenerkrankung, ein Hypoparathyreoidismus und eine respiratorische... Erfahren Sie mehr , sekundärer Hyperparathyreoidismus, chronische metabolische Azidose Metabolische Azidose Eine metabolische Azidose ist eine primäre Verminderung von Bicarbonat (HCO3−), die typischerweise mit einem kompensatorischem Abfall des Carbondioxid-Partialdrucks (PCO2) auftritt... Erfahren Sie mehr und Aluminiumtoxizität. Behandelt wird die Ursache.
Vitaminmangel
Vitaminmängel entstehen durch den dialysebedingten Verlust von wasserlöslichen Vitaminen (z. B. B, C, Folat) und können mit täglichen Multivitaminpräparaten für Nierenpatienten (z. B. mit Thiamin, Riboflavin, Niacin/Niacinamid, Vitamin B6, Vitamin B12, Folsäure und Pantothensäure) ausgeglichen werden.
Kalziphylaxie
Kalziphylaxie stellt eine seltene Störung der systemischen arteriellen Kalzifikation dar, die Ischämie und Nekrose in lokalisierten Bereichen des Fettes und der Haut des Rumpfes, des Gesäßes und der unteren Extremitäten verursacht. Die Ursache ist unbekannt. Man denkt aber an einen ernsten Hypoparathyreoidismus, Vitamin-D-Supplementation und erhöhte Kalzium- und Phosphat (PO4)-Spiegel. Sie manifestiert sich mit schmerzhaften, violett-purpurnen, juckenden Plaques und Knötchen, welche ulzerieren, Krusten bilden und sich entzünden. Sie verläuft oft tödlich. Die Behandlung ist im Allgemeinen unterstützend. Es ist von mehreren Fälle berichtet worden, bei denen Natriumthiosulfat IV am Ende der Dialyse 3-mal/Woche gegeben wurde, zusammen mit aggressiven Bemühungen, das Serumkalzium × PO4-Produkt zu reduzieren, was zu einer erheblichen Verbesserung geführt hat.
Obstipation
Obstipation Opstipation Unter Obstipation versteht man erschwerten oder zu seltenen Stuhlgang, harte Stühle oder ein Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung. (Siehe auch Verstopfung bei Kindern.) Keine Körperfunktion... Erfahren Sie mehr ist eine eher geringere, aber lästige Folge der Langzeit-NET, die sich infolge der Darmdistension aber störend auf die Katheterdrainage bei Peritonealdialyse auswirken kann. Viele Patienten benötigen osmotische Laxanzien (z. B. Sorbitol) oder Laxanzien mit Quellwirkung. Abführmittel, die Magnesium (z. B. Magnesiumhydroxid) oder Phosphat (z. B. Fleet-Einlauf) enthalten, sollten vermieden werden.