Immunglobulin-A-Nephropathie

IgA-Nephropathie

VonFrank O'Brien, MD, Washington University in St. Louis
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Die Immunoglobulin A-Nephropathie (IgAN) stellt eine Ablagerung von IgA-Immunkomplexen in den Glomeruli dar. Sie manifestiert sich als langsam progrediente Hämaturie, Proteinurie und häufig auch Niereninsuffizienz. Die Diagnose beruht auf dem Urinbefund und der Nierenbiopsie. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARB), Kortikosteroide und manchmal andere Immunsuppressiva. Die Prognose ist im Allgemeinen gut.

(Siehe auch Übersicht des Nephritischen Syndroms.)

Die IgA-Nephropathie (IgAN) ist ein nephritisches Syndrom, eine Form der chronischen Glomerulonephritis, die durch die Ablagerung von IgA-Immunkomplexen in den Glomeruli charakterisiert ist. Sie ist weltweit die häufigste Form der Glomerulonephritis. Sie kommt in allen Altersgruppen vor, wobei der Krankheitsgipfel zwischen Teenageralter und 3. Lebensjahrzehnt liegt. Die IgAN kommt bei Männern zwei- bis sechsmal häufiger vor als Frauen und ist bei Kaukasiern und Asiaten häufiger anzutreffen als bei Dunkelhäutigen. Schätzungsweise beträgt die Prävalenz für "IgA-Nierenablagerungen" in den USA 5%, in Südeuropa und Australien 10–20% und in Asien 30–40%. Allerdings entwickeln manche Menschen mit IgA-Ablagerungen keine klinische Erkrankung.

Ursache ist unbekannt, aber Erkenntnisse legen nahe, dass es mehrere Mechanismen sind, einschließlich

  • Erhöhte IgA1 Produktion

  • Defekte IgA1 Glykosylierung, was zu erhöhter Bindung an die mesangialen Zellen führt

  • Verminderte IgA1-Clearance

  • Ein defektes mukosale Immunsystem

  • Die Überproduktion von Zytokinen-stimulierender Mesangialzellproliferation

Eine familiäre Häufung ist ebenfalls beobachtet worden, was zumindest in manchen Fällen auf genetische Faktoren schließen lässt.

Die Nierenfunktion ist anfangs normal, es kann sich jedoch eine symptomatische Nierenkrankheit entwickeln. Manche Patienten entwickeln eine akute Nierenschädigung oder eine chronische Nierenerkrankung, eine schwere Hypertonie oder ein nephrotisches Syndrom.

Symptome und Anzeichen der IgA-Nephropathie

Die häufigsten Manifestationen sind eine persistierende oder rezidivierende makroskopische Hämaturie oder eine asymptomatische mikroskopische Hämaturie mit geringer Proteinurie. Flankenschmerzen und leichtes Fieber können akute Episoden begleiten. Weitere Symptome stehen gewöhnlich nicht im Vordergrund.

Eine Makrohämaturie beginnt gewöhnlich 1–2 Tage nach einer febrilen Schleimhautkrankheit (oberer Respirationstrakt, Nebenhöhlen, Darm), welche die akute postinfektiöse Glomerulonephritis masluxiert, außer wenn die Hämaturie früher beginnt und zusammen mit oder kurz nach der febrilen Attacke auftritt. Wenn dies bei einer Erkrankung der oberen Atemwege auftritt, wird dies manchmal als synpharyngetische Hämaturie bezeichnet.

Eine rasch progressive Glomerulonephritis ist die die anfängliche Manifestation bei < 10% der Patienten.

Diagnose der IgA-Nephropathie

  • Urinanalyse

  • Nierenbiopsie

Die Diagnose wird aufgrund einer der folgenden Punkte vermutet:

Wenn die Manifestationen mittelschwer oder schwerer sind, wird die Diagnose durch eine Biopsie bestätigt.

Die Urinanalyse zeigt eine Mikrohämaturie, gewöhnlich mit dysmorphen Erythrozyten und gelegentlich Erythrozytenzylindern. Ein nephrotisches Syndrom entwickelt sich in 20% der Fälle. Eine geringe Proteinurie (< 1 g/Tag) ist typisch und kann auch ohne Hämaturie auftreten. Die Serumkreatininspiegel sind in der Regel normal.

Im Nierenbiopsat zeigen sich bei der Immunfluoreszenzfärbung in einem erweiterten Mesangium mit Stellen einer segmentalen Proliferation und Nekrotisierung granuläre IgA- und C3-Ablagerungen. Es ist wichtig zu wissen, dass mesangiale IgA-Ablagerungen nicht spezifisch sind und ebenso bei anderen Störungen vorkommen können, etwa bei einer Immunglobulin-A-Vaskulitis, Leberzirrhose, entzündlichen Darmkrankheiten, Zölliakie, Psoriasis, HIV-Infektion, Bronchialkarzinom, und verschiedenen systemischen rheumatischen Erkrankungen.

Die glomeruläre IgA-Ablagerung ist ein Hauptmerkmal der Immunglobulin-A-Vaskulitis und kann anhand von Biopsieproben nicht von einer IgA-Nephropathie unterschieden werden, was zu der Vermutung führt, dass die Immunglobulin-A-Vaskulitis eine systemische Form der IgA-Nephropathie sein könnte. Die Immunglobulin-A-Vaskulitis unterscheidet sich allerdings klinisch von der IgAN, indem sie sich üblicherweise mit Hämaturie, einem purpuralförmigem Ausschlag, Gelenk- und Bauchschmerzen manifestiert.

Andere serumimmunologische Tests sind in der Regel überflüssig. Die Komplementbindungsreaktionen sind gewöhnlich normal. Allerdings sind diese Befunde von zweifelhaftem Wert. Die Plasma-IgA-Konzentration kann erhöht sein und es können zirkulierende IgA-Fibronektin-Komplexe nachweisbar sein. Jedoch sind diese Befunde diagnostisch nicht hilfreich.

Behandlung der IgA-Nephropathie

  • Oft Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmern oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker zur Behandlung von Hypertonie, Serumkreatinin > 1,2 mg/dl (106,08 mikromol/l) oder Makroalbuminurie (Urinprotein > 300 mg/Tag) und mit einem gewünschten Proteinwert im Urin von < 500 mg/Tag

  • Bei persistierender Proteinurie trotz Angiotensinhemmung kann ein Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Hemmer (SGLT2) eingesetzt werden.

  • Kortikosteroide bei progressiver Krankheit, einschließlich bei erhöhter Proteinurie, vor allem in den nephrotischen Bereich und bei zunehmendem Serumkreatininspiegel

  • Kortikosteroide und Cyclophosphamid für proliferative Verletzungen oder rasch progredienter Glomerulonephritis

  • Transplantation bei fortgeschrittener Krankheit

Normotensive Patienten mit intakter Nierenfunktion (Serumkreatinin < 1,2 mg/dl [106,08 mikromol/l]) und leichter Proteinurie (< 0,5 g/Tag) werden in der Regel nicht über eine Angiotensinhemmung (mit ACE-Inhibitor oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker) und einem SGLT2-Hemmer hinaus behandelt. Patienten mit Niereninsuffizienz oder schwerer Proteinurie und Hämaturie werden in der Regel Kortikosteroide angeboten, die idealerweise eingesetzt werden sollten, bevor sich eine signifikante Niereninsuffizienz entwickelt.

Angiotensinhemmung bei IgA Nephropathie

ACE-Hemmer oder ARB werden unter der Prämisse eingesetzt, dass sie den Blutdruck, die Proteinurie und die glomeruläre Fibrose reduzieren. Patienten mit dem DD-Genotyp für das ACE-Gen haben möglicherweise ein höheres Risiko für ein Fortschreiten der Krankheit, sprechen aber auch eher auf ACE-Hemmer oder ARB an. Für Patienten mit Hypertonie sind ACE-Hemmer oder ARB die Blutdrucksenker der Wahl, selbst bei relativ leichten chronischen Nierenerkrankungen.

Natrium-Glukose-Co-Transporter 2-Hemmer

Ein SGLT2-Inhibitor kann auch bei Patienten mit Proteinurie aufgrund einer IgA-Nephropathie eingesetzt werden, die sich mit ACE-Hemmern oder ARB nicht bebessert hat. In einer vorab spezifizierten Untergruppenanalyse von Patienten mit IgA-Nephropathie verringerten SGLT2-Hemmer (die die Ergebnisse bei Patienten mit Proteinurie aufgrund einer diabetischen Nierenerkrankung verbessern) das Risiko eines Fortschreitens der chronischen Nierenerkrankung (1).

Kortikosteroide und Immunsuppressiva bei IgA Nephropathie

Bei Patienten mit einem hohen Risiko für das Fortschreiten der Krankheit (d. h. Proteinurie ≥ 1 g/Tag, eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate [eGFR] von 20 bis 120 ml/min pro 1,73 m2 nach mindestens 3 Monaten unterstützender Therapie) verlangsamen Kortikosteroide nachweislich das Fortschreiten des Nierenversagens (2). Höhere Kortikosteroiddosen sind mit schwerwiegenderen unerwünschten Ereignissen verbunden (z. B. Infektionen, die einen Krankenhausaufenthalt erfordern).

Unter den Experten besteht kein Konsens über die optimale Kortikosteroidbehandlung. Ein Protokoll sieht zu Beginn der Monate 1,3 und 5 Methylprednisolon, 1 g IV 1-mal täglich für 3 Tage, plus Prednison, 0,5 mg/Tag p.o. jeden 2. Tag für 6 Monate, vor. Eine weitere Therapie verwendet Prednison initial mit 1 mg/kg p.o. 1-mal täglich mit einem schrittweise ausschleichen der Dosis über 6 Monate.

Wegen der Gefahr von Nebenwirkungen sollten Kortikosteroide wahrscheinlich für Patienten mit einem der folgenden Befunde vorbehalten sein:

  • Verschlechterung oder persistierende Proteinurie (> 1 g/Tag), vor allem wenn im nephrotischen Bereich, trotz maximaler Therapie mit ACE-Hemmern oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker

  • Steigender Serumkreatininspiegel

Kombinationen aus IV verabreichten Kortikosteroiden und Cyclophosphamid zzgl. oral verabreichtes Prednison werden bei schweren Erkrankungen wie proliferative oder halbmondförmige (schnell progressiv) Nephropathie eingesetzt. Die Nachweise für Mycophenolatmofetil sind widersprüchliche. Ss sollte nicht als First-Line-Behandlung eingesetzt werden. Keines dieser Medikamente verhindert allerdings das Wiederauftreten bei Transplantatempfängern. Eine immunsuppressive Therapie sollte auch bei Patienten mit fortgeschrittener fibrotischer Nierenerkrankungen, die nicht reversibel ist, vermieden werden.

Weitere therapeutische Maßnahmen

Obwohl auch andere Maßnahmen zur Verringerung der IgA-Überproduktion und zur Hemmung der mesangialen Proliferation erprobt wurden, gibt es nur wenige oder gar keine Daten, die diese Maßnahmen unterstützen, und keine davon kann für eine Routinebehandlung empfohlen werden. Zu diesen Maßnahmen gehört der Verzicht auf Gluten, Milchprodukte, Eier und Fleisch in der Ernährung; Tonsillektomie und die Gabe von Immunglobulinen 1 g/kg IV 2 Tage/Monat über 3 Monate, danach 0,35 ml/kg einer 16,5%igen Immunglobulinlösung i.m. alle 2 Wochen über 6 Monate können die IgA-Produktion theoretisch reduzieren. Heparin, Dipyridamol und Statine sind einige Beispiele für In-vitro-Inhibitoren der mesangialen Zellproliferation.

Für Patienten, die zu einer terminalen Niereninsuffizienz voranschreiten, wird die Nierentransplantation der Dialyse vorgezogen, da sie das langfristige krankheitsfreie Überleben verbessert. Diese Erkrankung rezidiviert bei etwa 30% der Transplantatempfänger (3).

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Wheeler DC, Toto RD,  Stefánsson BV, et al: A pre-specified analysis of the DAPA-CKD trial demonstrates the effects of dapagliflozin on major adverse kidney events in patients with IgA nephropathy. Kidney Int 100(1):215-224, 2021. doi: 10.1016/j.kint.2021.03.033

  2. 2. Lv J, Wong MG, Hladunewich MA, et al: Effect of oral methylprednisolone on decline in kidney function or kidney failure in patients with IgA nephropathy: The TESTING randomized clinical trial. JAMA 327(19):1888-1898, 2022. doi: 10.1001/jama.2022.5368

  3. 3. Jäger C, Stampf S, Molyneux K, et al: Recurrence of IgA nephropathy after kidney transplantation: Experience from the Swiss transplant cohort study. BMC Nephrol 23(1):178, 2022. doi: 10.1186/s12882-022-02802-x

Prognose bei IgA-Nephropathie

Die IgAN schreitet gewöhnlich nur langsam fort. Niereninsuffizienz und Hypertonie entwickeln sich innerhalb von 10 Jahren bei 15–20% der Patienten. Eine Progression bis zur terminalen Niereninsuffizienz entwickelt sich bei 25% der Patienten nach 20 Jahren. Wird die IgAN im Kindesalter diagnostiziert, ist die Prognose im Allgemeinen gut. Eine persistierende Hämaturie führt allerdings ausnahmslos zu Hypertonie, Proteinurie und Niereninsuffizienz. Zu den Risikofaktoren für eine fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion gehören folgende:

  • Proteinurie > 1 g/Tag

  • Erhöhte Serumkreatininspiegel

  • Unkontrollierte Hypertonie

  • Persistierende Mikrohämaturie

  • Umfangreiche fibrotische Veränderungen im Glomerulus oder Interstitium

  • Halbmondbildung in der Biopsie

Wichtige Punkte

  • Eine IgA-Nephropathie ist die häufigste Ursache für Glomerulonephritis weltweit und ist unter jungen Erwachsenen, Weißen und Asiaten verbreitet.

  • Die Diagnose sollte bei Patienten mit ungeklärten Anzeichen einer Glomerulonephritis in Betracht gezogen werden, insbesondere dann, wenn diese innerhalb von 2 Tagen nach einer febrilen Schleinhauterkrankung oder mit Flankenschmerz auftritt.

  • Behandeln Sie Patienten mit einem Kreatininwert von > 1,2 mg/dl (106,08 Mikromol/l) oder einer Proteinurie von > 300 mg/Tag mit ACE-Hemmern oder ARBs und anschließend mit SGLT2-Hemmern, wenn die Proteinurie fortbesteht.

  • Reservieren Sie Kortikosteroide für Patienten mit sich verschlechternder Nierenfunktion oder Proteinurie (> 1 g/Tag) trotz Behandlung mit einem ACE-Hemmer oder ARB plus einem SGLT2-Hemmer.

  • Behandlung von Patienten mit proliferativer Verletzung oder schnell progressiver Glomerulonephritis mit Kortikosteroiden und Cyclophosphamid.