Zahlreiche Schlafstörungen manifestieren sich in Insomnie und üblicherweise exzessiver Tagesschläfrigkeit (ETS).
Insomnie bezeichnet die Schwierigkeit, ein- oder durchzuschlafen, frühes Erwachen oder ein Gefühl von nichterholsamem Schlaf.
ETS bezeichnet die Neigung, während normaler Wachstunden einzuschlafen.
(Siehe auch Vorgehen beim Patienten mit Schlafstörungen oder Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus für allgemeine Informationen über Schlafstörungen und deren Beurteilung und Behandlung.)
Insomnie kann eine Erkrankung sein, auch wenn sie im Rahmen anderer Störungen besteht, oder ein Symptom für andere Erkrankungen. ETS ist keine Erkrankung, sondern ein Symptom verschiedener schlafbezogener Störungen.
Einschlafstörungen (Einschlafinsomnie) sollten von Durchschlafstörungen und frühes Erwachen unterschieden werden (Durchschlafinsomnie), da die Ursachen unterschiedlich sind. Eine Einschlafinsomnie spricht für ein verzögertes Schlafphasensyndrom, chronische psychophysiologische Insomnie, Restless-Leg-Syndrom oder Kindheitsphobien. Eine Durchschlafinsomnie spricht für eine Major Depression, zentrale Schlafapoe, obstruktive Schlafapnoe, Periodic Limb Movement Disorder oder Altern. Frühes Einschlafen und Früherwachen spricht für ein vorverlagertes Schlafphasensyndrom.
Schlafstörungen können durch Faktoren innerhalb des Körpers (intrinsisch) oder außerhalb des Körpers (extrinsisch) bedingt sein.
Unzureichende Schlafhygiene
Der Schlaf wird durch bestimmte Verhaltensweisen beeinträchtigt. Diese umfassen:
Konsum von Koffein oder sympathomimetischen oder anderen stimulierenden Medikamenten (typischerweise kurz vor dem Schlafengehen, aber bei empfindlichen Patienten sogar am Nachmittag)
Körperliche Betätigung oder Aufregung (z. B. eine spannende Fernsehshow oder Sportveranstaltung) am späten Abend
Ein unregelmäßiges Schlaf-Wach-Schema
Patienten, die ihren Schlafmangel durch langes Ausschlafen oder Nickerchen kompensieren, können den Nachtschlaf weiter fragmentieren.
Patienten mit Schlaflosigkeit sollten eine regelmäßige Aufwachzeit beibehalten und, unabhängig von der Menge des Nachtschlafs, Nickerchen vermeiden.
Adäquate Schlafhygiene kann den Schlaf verbessern.
Anpassungsinsomnie
Akuter emotionaler Stress (z. B. Verlust des Arbeitsplatzes, Krankenhausaufenthalt, ein Todesfall in der Familie) kann Schlaflosigkeit verursachen. Die Symptome bilden sich typischerweise kurz nach Verschwinden des Stressors zurück; die Insomnie ist meist vorübergehend und kurz. Trotzdem ist eine Kurzzeitbehandlung mit Hypnotika vor dem Schlafengehen angemessen, sofern sich Tagesschläfrigkeit und Müdigkeit entwickeln, v. a. wenn sie die Funktionsfähigkeit am Tag stören. Eine persistierende Angstsymptomatik kann eine spezifische Behandlung notwendig machen.
Psychophysiologische Insomnie
Unabhängig von der Ursache kann die Insomnie über die Beseitigung der auslösenden Faktoren hinaus fortbestehen, in der Regel, weil die Patienten eine Erwartungsangst hinsichtlich der Aussicht auf eine weitere schlaflose Nacht und einen darauffolgenden Tag mit Müdigkeit verspüren. Normalerweise verbringen die Patienten Stunden im Bett und konzentrieren sich auf bzw. grübeln über ihre Schlaflosigkeit, und sie haben in ihrem eigenen Schlafzimmer größere Einschlafschwierigkeiten als anderswo.
Eine optimale Therapie verbindet
Kognitiv-behavoristische Strategien
Hypnotika
Obwohl kognitiv-verhaltenstherapeutische Strategien schwieriger umzusetzen sind und mehr Zeit in Anspruch nehmen, hält die Wirkung noch lange nach Abschluss der Behandlung an.
Diese Strategien umfassen
Schlafhygiene (insbesondere Beschränkung der Zeit im Bett)
Aufklärung
Entspannungstraining
Stimuluskontrolle
Kognitive Verhaltenstherapie
Hypnotika sind für Patienten geeignet, die eine schnelle Linderung benötigen und deren Insomnie sich bereits auf den Tag auswirkt, wie z. B. wie ETS und Fatigue. Diese Medikamente dürfen in den meisten Fällen nur zeitlich begrenzt eingesetzt werden.
Schlaflosigkeit im Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen
Körperliche Störungen können den Schlaf stören und Insomnie und ETS verursachen. Störungen, die Schmerz oder Unbehagen verursachen (z. B. Arthritis, Krebserkrankungen, Bandscheibenvorfälle), verursachen, v. a. wenn sie bei Bewegung schlechter werden, vorübergehendes Aufwachen und schlechte Schlafqualität. Nächtliche Krampfanfälle können auch den Schlaf stören.
Die Behandlung wird von der zugrunde liegenden Störung bestimmt und zielt auf die Linderung der Symptome ab (z. B. mit abendlicher Analgetikagabe).
Insomnie im Zusammenhang mit psychischen Störungen
Die meisten bedeutenden psychischen Störungen können zu Insomnie und ETS führen. Mindestens 80% der Patienten mit einer Major Depression berichten diese Symptome (1). Umgekehrt leiden 40 % der Menschen mit chronischer Schlaflosigkeit an einer schweren psychischen Störung, am häufigsten an einer Stimmungsstörung.
Patienten mit Depressionen können Einschlaf- oder Durchschlafstörungen haben. Manchmal ist in der depressiven Phase bei bipolaren Störungen und bei saisonalen affektiven Störungen der Schlaf nicht unterbrochen, jedoch klagen die Patienten über unüberwindbare Tagesmüdigkeit.
Wenn die Depression von Schlaflosigkeit begleitet wird, können Antidepressiva mit vorwiegend sedierender Komponente (z. B. Citalopram, Paroxetin, Mirtazapin) den Patienten helfen, zu schlafen. Diese Medikamente werden in den regulären, und nicht in niedrigen, Dosierungen gegeben, um eine Verbesserung der Depression zu gewährleisten. Allerdings sollte der Arzt beachten, dass diese Arzneimittel nicht vorhersehbar sedierend sind und aktivierende Eigenschaften haben können. Darüber hinaus kann die gegebene Sedierung den Nutzen überdauern und zu ETS führen, und diese Medikamente können weitere unerwünschte Wirkungen wie Gewichtszunahme haben. Alternativ kann jedes Antidepressivum zusammen mit einem Hypnotikum verwendet werden.
Wenn eine Depression von ETS begleitet wird, können Antidepressiva mit aktivierender Komponente (z. B. Bupropion, Venlafaxin oder bestimmte selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer [SSRI] wie Fluoxetin und Sertralin) gewählt werden.
Schlafmangel-Syndrom (Schlafdeprivation)
Patienten mit unzureichendem Schlaf-Syndrom schlafen nachts nicht genug, um wach zu bleiben. Die Ursache sind in der Regel verschiedene soziale oder arbeitsplatzabhängige Verpflichtungen. Das Schlafmangel-Syndrom ist vermutlich die häufigste Ursache für ETS. Es verschwindet, wenn die Schlafzeit verlängert wird (z. B. an Wochenenden oder im Urlaub). Nach längeren Zeiträumen mit Schlafentzug werden Wochen oder Monate mit verlängertem Schlaf gebraucht, um tagsüber die Wachheit wiederherzustellen.
Medikamentenbedingte Schlafstörungen
Schlaflosigkeit und EDS können durch den chronischen Gebrauch von Stimulanzien des zentralen Nervensystems (ZNS) (z. B. Amphetamine, Koffein), Hypnotika (z. B. Benzodiazepine), anderen Sedativa, Antimetabolit-Chemotherapie , Antikonvulsiva (z. B. Phenytoin), Methyldopa, Propranolol, Alkohol und Schilddrüsenhormonpräparaten (siehe Tabelle Einige Medikamente und Substanzen, die den Schlaf stören) resultieren. Gängigerweise verschriebene Hypnotika können Reizbarkeit und Apathie hervorrufen und die geistige Wachheit reduzierten. Viele psychoaktive Arzneimittel können abnorme Bewegungen während des Schlafs induzieren.
Eine Insomnie kann sich auch während des Entzugs von ZNS-dämpfenden Medikamenten (z. B. Barbiturate, Opioide, Sedativa), trizyklischen Antidepressiva, Monoaminoxidasehemmern oder illegalen Drogen (z. B. Kokain, Heroin, Marihuana, Phencyclidin) entwickeln. Der abrupte Entzug von Hypnotika oder Sedativa kann Nervosität, Zittern und Krampfanfälle hervorrufen.
Hinweis
1. Geoffroy PA, Hoertel N, Etain B, et al: Insomnia and hypersomnia in major depressive episode: Prevalence, sociodemographic characteristics and psychiatric comorbidity in a population-based study. J Affective Dis 226:132-141.doi.org/10.1016/j.jad.2017.09.032