Unterbauchschmerzen kommen häufig in der frühen Schwangerschaft vor und können schwere oder leichte Erkrankungen begleiten. Einige Störungen, die Unterbauchschmerzen hervorrufen, können auch zu vaginaler Blutung führen. Die Blutung kann bei einigen dieser Erkrankungen (z. B. rupturierte ektope Schwangerschaft, rupturierte hämorrhagische Gelbkörperzyste) massiv sein, was gelegentlich ein hämorrhagischer Schock zur Folge hat.
Die Ursachen oberer und generalisierter Bauchschmerzen sind ähnlich denen bei nichtschwangeren Patientinnen.
Ätiologie
Ursachen für Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft (siehe Tabelle Ursachen von Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft) können sein
Gelegentlich wird keine spezifische Ursache festgestellt.
Die häufigsten geburtshilflichen Ursachen für Beckenschmerzen in der frühen Schwangerschaft sind
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Die normalen Veränderungen der Schwangerschaft
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Spontanabort (drohend, beginnend, inkomplett, komplett, septisch oder verhalten)
Die häufigste schwere schwangerschaftsabhängige Ursache ist
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Rupturierte ektope Schwangerschaft
Zu den schwangerschaftsunabhängigen, gynäkologischen Ursachen gehört die Adnextorsion, die häufiger während der Schwangerschaft aufritt, weil während der Schwangerschaft der Gelbkörper die Eierstöcke vergrößert, wodurch das Risiko für eine Torsion des Eierstock um den Stiel zunimmt.
Zu den häufigen nicht gynäkologischen Ursachen gehören verschiedene Erkrankungen des Gastrointestinal- und Urogenitaltrakts:
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Virale Gastroenteritis
Unterbauchschmerzen in der Spätschwangerschaft kann von der Geburt oder zahlreichen anderen, schwangerschaftsunabhängigen Schmerzen im Beckenbereich resultieren.
Ursachen von Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft
Ursache |
Verdachtsbefunde |
Diagnostisches Vorgehen |
Schwangerschaftsabhängige Erkrankungen |
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Bauch- oder Unterbauchschmerzen, oft plötzlich, lokalisiert und konstant (nicht krampfartig), mit oder ohne vaginalen Blutungen Geschlossener Muttermund Keine fetalen Herztöne Möglicherweise hämodynamische Instabilität bei rupturierter Extrauteringravidität |
Quantitative β-hCG-Bestimmung Blutbild Blutgruppe und Rh-Typisierung Beckensonographie |
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Spontanabort (drohend, beginnend, inkomplett, komplett, verhalten) |
Krampfartige, diffuse Bauchschmerzen, oft mit Blutungen aus der Scheide Offene oder geschlossene Muttermund abhängig von der Art der Abtreibung (siehe Tabelle Ursachen von vaginalen Blutungen bei erwachsenen Frauen) |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität |
In der Regel offensichtlich vorausgegangener instrumenteller Eingriff am Uterus oder induzierter Abort (oft illegal oder selbstinduziert) Fieber, Schüttelfrost, anhaltende Bauch- oder Unterbauchschmerzen mit eitrigem vaginalen Ausfluss Offener Muttermund |
Untersuchung wie bei Extrauteringraviditätt zzgl. zervikale Kulturen |
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Normale Veränderungen in der Schwangerschaft, einschließlich Dehnung und Wachstum des Uterus während der frühen Schwangerschaft |
Krampfartige oder brennende Empfindungen im Unterleib, Becken und/oder Rücken |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität Ausschlussdiagnose |
Schwangerschaftsunabhängige gynäkologische Erkrankungen |
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Myomdegeneration |
Plötzlich einsetzende Unterbauchschmerzen, oft mit Übelkeit, Erbrechen und Fieber Gelegentlich vaginale Blutungen |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität, einschließlich bildgebender Verfahren (z. B. Ultraschalluntersuchung) |
Plötzlich einsetzende lokalisierte Unterbauchschmerzen, die kolikartig und oft leicht sein können, wenn sich die Torsion spontan bessert Häufig Übelkeit, Erbrechen |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität zzgl. Doppler-Sonographie |
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Rupturierte Gelbkörperzyste |
Lokalisierte Bauch- oder Unterbauchschmerzen, gelegentlich ähnlich wie bei Adnextorsion Vaginale Blutung Meist plötzlich einsetzend |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität zzgl. Sonographie |
Entzündliche Erkrankungen des Beckens (selten während der Schwangerschaft) |
Zervikalausfluss, signifikante Bewegungsempfindlichkeit des Gebärmutterhalses Oft Fieber und/oder anormale Blutungen |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität zzgl. zervikale Kulturen |
Nicht gynäkologische Erkrankungen |
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Gewöhnlich anhaltende Schmerzen, Druckempfindlichkeit Gelegentlich atypische Lokalisation (z. B. im rechten oberen Quadranten) oder Charakter (leicht, krampfartig, keine Peritonealzeichen) verglichen mit Schmerzen bei nicht schwangeren Patientinnen |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität zzgl. zervikalen Kulturen Sonographie des Unterbauchs/Abdomens Ggf. CT bei unklarem Ultraschallbefund |
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Suprapubische Beschwerden, oft mit Beteiligung der Harnblase (z. B. Brennen, häufiges Wasserlassen, Harndrang) |
Urinanalyse und Urinkultur |
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Sich verändernde Schmerzen (krampfartig oder anhaltend) an verschiedenen Lokalisationen, häufig mit Diarrhö, gelegentlich schleimig oder blutig Gewöhnlich bekannte Anamnese |
Klinische Untersuchung Gelegentlich Endoskopie |
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Koliken, Erbrechen, keine Darmbewegungen oder Blähungen Aufgetrieben, tympanisches Abdomen Gewöhnlich vorausgegangener chirurgischer Eingriff am Abdomen (verursacht Adhäsionen) oder gelegentlich inkarzerierte Hernie, die während der Untersuchung festgestellt wird |
Untersuchung wie bei Extrauteringravidität zzgl. zervikale Kulturen Sonographie des Unterbauchs/Abdomens Ggf. CT bei unklarem Ultraschallbefund |
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Gewöhnlich Erbrechen, Diarrhö Keine Peritonealzeichen |
Klinische Untersuchung |
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*β-hCG = β-Untereinheit des humanen Choriongonadotropins. |
Abklärung
Es sollten potenziell schwer behandelbare Ursachen (z. B. rupturierte oder nicht rupturierte Extrauteringravidität, septischer Abort, Appendizitis) ausgeschlossen werden.
Anamnese
Die Anamnese der aktuellen Erkrankung sollte die Gravidität und Parität der Patientin sowie der Beginn des Schmerzes (plötzlich oder allmählich), die Lokalisation (lokalisiert oder diffus), Auswirkungen der Bewegung auf den Schmerz und den Charakter (krampf- oder kolikartig) umfassen. Bei einem vorausgegangenen versuchten illegalen Schwangerschaftsabbruch besteht Verdacht auf einen septischen Abort, aber auch ohne eine solche Anamnese ist diese Diagnose nicht ausgeschlossen.
Bei der Überprüfung der Organsysteme wird nach GU- und GI-Symptomen gesucht, die für mögliche Ursachen sprechen:
Wichtige GU-Symptome umfassen
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Scheidenblutung: Ektopische Schwangerschaft oder Abtreibung
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Synkope oder Beinahesynkope: Eileiterschwangerschaften
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Harnfrequenz, Dringlichkeit oder Dysurie: HWI
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Scheidenausfluss und Geschichte des ungeschützten Geschlechtsverkehrs: Beckenentzündung
Wichtige GI-Symptome umfassen
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Durchfall: Gastroenteritis, entzündliche Darmerkrankung, oder Reizdarmsyndrom
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Erbrechen: Aufgrund vieler Erkrankungen, einschließlich Gastroenteritis und Darmverschluss
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Obstipation: Darmverschluss, Reizdarm oder eine Funktionsstörung
Die Anamnese sollte Erkrankungen umfassen, von den bekannt ist, das Sie Unterbauchschmerzen (z. B. entzündliche Darmerkrankungen, Reizdarm, Nephrolithiasis, Extrauteringravidität, Spontanabort) verursachen. Risikofaktoren für diese Erkrankungen sollten identifiziert werden.
Zu den Risikofaktoren für eine Extrauteringravidität gehören
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Zurückliegende Extrauteringravidität (am wichtigsten)
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Sexuell übertragbare Krankheiten oder entzündliche Erkrankungen des Beckens in der Anamnese
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Zigarettenrauchen
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Verwendung eine Intrauterinpessars
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Alter > 35 Jahre
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Vorausgegangener chirurgischer Eingriff am Abdomen (insbesondere Eileiteroperation)
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Anwendung fertilitätssteigernder Medikamente oder assistierter reproduktiver Techniken
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Mehrere Sexualpartner
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Scheidenspülungen
Zu den Risikofaktoren für einen Spontanabort gehören
Zu den Risikofaktoren für einen Darmverschluss gehören
Körperliche Untersuchung
Die körperliche Untersuchung beginnt mit einer Überprüfung der Vitalfunktionen, insbesondere bei Fieber und Anzeichen einer Hypovolämie (Hypotonie, Tachykardie).
Die Untersuchung konzentriert sich auf das Abdomen und den Unterbauch. Der Bauch wird hinsichtlich Druckempfindlichkeit, Peritonealzeichen (Loslassschmerz, verhärtete Bauchdecke, Abwehrspannung) und Uterusgröße abgetastet und auf Tympanie perkutiert. Die fetalen Herztöne werden mit Hilfe einer Dopplersonde überprüft.
Die gynäkologische Untersuchung umfasst eine Inspektion der Zervix auf Ausfluss, Dilatation und Blutungen. Von einer Probe eines etwaigen Ausflusses wird eine Kultur angelegt. Blut oder Blutgerinnsel im Geburtskanal werden vorsichtig entfernt.
Mittels bimanueller Untersuchung wird auf Portio-Schiebeschmerz, Adnextumoren oder Druckschmerzhaftigkeit und die Uterusgröße untersucht.
Warnzeichen
Interpretation der Befunde
Bestimmte Befunde geben Hinweise auf die Ursachen von Unterbauchschmerzen, sind aber nicht immer diagnostisch beweisend (siehe Tabelle Ursachen von Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft).
Bei allen Frauen mit Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft muss die schwerwiegendste Ursache, eine Extrauteringravidität, unabhängig anderer Befunde ausgeschlossen werden. Schwangerschaftsunabhängige Ursachen von Unterbauchschmerzen (z. B. akute Appendizitis) müssen immer in Betracht gezogen und wie bei nicht schwangeren Frauen untersucht werden.
Wie bei allen Patienten sind Zeichen einer peritonealen Reizung (z. B. fokale Schmerzempfindlichkeit, Abwehrspannung, Loslassschmerz, verhärtete Bauchdecke) bedenklich. Häufige Ursachen sind Blinddarmentzündung, rupturierte Extrauteringravidität und seltener rupturierte Ovarialzyste. Allerdings schließt das Fehlen einer peritonealen Reizung nicht solche Erkrankungen aus, sodass in hohem Maße an sie gedacht werden müssen.
Eine vaginale Blutung, die von Schmerzen begleitet ist, lässt einen Spontanabort oder eine Extrauteringravidität vermuten. Ein offener Muttermund oder durch die Zervix hindurchtretendes Gewebe ist ein deutlicher Hinweis auf einen beginnenden, inkompletten oder kompletten Abort. Fieber, Schüttelfrost und eitriger vaginaler Ausfluss deuten auf einen septischen Abort hin (insbesondere bei Patientinnen mit vorausgegangenem instrumentellen Eingriff am Uterus oder illegal versuchter Beendigung der Schwangerschaft). Entzündliche Erkrankungen des Beckens sind während der Schwangerschaft zwar selten, können aber vorkommen.
Tests
Wenn eine schwangerschaftsabhängige Ursache der Unterbauchschmerzen vermutet wird, sollte eine quantitative β-hCG-Messung, ein Blutbild, Blutgruppenbestimmung und Rh-Typisierung erfolgen. Ist die Patientin hämodynamisch instabil (mit Hypotonie und/oder anhaltender Tachykardie), sollte das Blut kreuzgetestet und Fibrinogen, Fibrinspaltprodukte und PT/PTT bestimmt werden.
Beckensonographie wird zur Bestätigung einer Extrauteringravidität durchgeführt. Allerdings kann und sollte die Sonographie bei der hämodynamisch instabilen Patientin mit einem positiven Schwangerschaftstest aufgeschoben werden, da entweder eine Extrauteringravidität oder ein Spontanabort mit Blutung sehr wahrscheinlich ist.
Sowohl transabdominaler als auch transvaginaler Ultraschall sollten bei Bedarf durchgeführt werden. Ist der Uterus leer und ist kein Gewebe durchgetreten, wird eine Extrauteringravidität vermutet. Wenn im Dopplerultraschall ein fehlender oder verringerter Blutfluss in die Adnexe zu erkennen ist, wird eine Adnex-(Ovarial-)Torsion vermutet. Allerdings ist dieser Befund nicht immer vorhanden, da eine spontane Detorsion auftreten kann.
Die Laparoskopie kann zur Diagnose von Schmerzen verwendet werden, die nach den üblichen Tests signifikant sind und nicht diagnostiziert werden.
Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Ursache.
Ist eine Extrauteringravidität bestätigt und nicht rupturiert, kann häufig Methotrexat in Betracht gezogen oder eine chirurgische Salpingotomie oder Salpingektomie durchgeführt werden. Eine rupturierte oder sickernde Extrauteringravidität wird durch sofortige Laparoskopie oder Laparotomie therapiert.
Die Behandlung eines Spontanaborts hängt von der Art der Aborts und der hämodynamischen Stabilität der Patientin ab. Drohende Aborte werden konservativ mit oralen Analgetika behandelt. Drohende, inkomplette oder verhaltene Aborte werden medizinisch mit Misoprostol oder chirurgisch durch Entleerung des Uterus per Dilatation und Kürettage behandelt. Septische Aborte werden durch Entleerung des Uterus zzgl. i.v. Antibiotika therapiert.
Frauen mit Rh-negativem Blut sollten bei vaginaler Blutung oder Extrauteringravidität Rh0(D)-Immunglobulin erhalten.
Rupturierte Gelbkörperzysten und Degeneration eines Uterusmyoms werden konservativ mit oralen Analgetika behandelt.
Die Behandlung von adnexe Torsion ist chirurgisch:
Wichtige Punkte
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Ärzte sollten immer eine Extrauteringravidität in Betracht ziehen.
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Schwangerschaftsunabhängige Ursachen sollten in Betracht gezogen werden; ein akutes Abdomen kann sich während der Schwangerschaft entwickeln.
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Lässt sich keine eindeutige, schwangerschaftsunabhängige Ursache nachweisen, ist in der Regel eine Sonographie erforderlich.
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Ein septischer Abort wird vermutet, wenn ein vorangegangener instrumenteller Eingriff am Uterus oder ein induzierter Abort vorliegt.
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Bei vaginaler Blutung wird der Rh-Status bestimmt, und alle Frauen mit Rh-negativem Blut erhalten Rh0(D)-Immunglobulin.