Intraabdominelle Abszesse

VonParswa Ansari, MD, Hofstra Northwell-Lenox Hill Hospital, New York
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023
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Abszesse können überall im Abdomen und Retroperitoneum auftreten. In der Mehrzahl der Fälle treten sie nach Operationen, Trauma oder Krankheiten mit abdomineller Infektion und Entzündung auf, v. a. wenn eine Peritonitis oder Perforation vorkommen. Symptome sind Krankheitsgefühl, Fieber und Bauchschmerzen. Die Diagnose erfolgt durch eine CT. Die Behandlung besteht in einer Drainage, entweder einer operativen oder perkutanen. Antibiotika werden begleitend eingesetzt.

(Siehe auch Akuter Bauchschmerz.)

Ätiologie der intraabdominellen Abszesse

Bei den intraabdominellen Abszessen unterscheidet man intraperitoneale, retroperitoneale oder viszerale (siehe Tabelle Intraabdominelle Abszesse)

Viele intraabdominelle Abszesse entwickeln sich nach der Perforation eines Hohlorgans oder bei Kolontumoren. Andere entstehen durch eine Ausbreitung einer Infektion oder Entzündung ausgehend von einer Appendizitis, Divertikulitis, Morbus Crohn, Pankreatitis, Entzündungen im kleinen Beckenraum oder in der Tat von jedem Ereignis, das eine generalisierte Peritonitis verursachen kann.

Die Abdominalchirurgie, v. a. bei Eingriffen am Darm oder Gallentrakt, stellt einen signifikanten Risikofaktor dar: Das Peritoneum kann während oder nach der Operation durch Ereignisse wie Anastomosenlecks kontaminiert werden. In der Folge von abdominellen Traumata – v. a. Verletzungen und Hämatomen der Leber, des Pankreas, der Milz und des Darms – können Abszesse entstehen, unabhängig davon, ob eine operative Versorgung erfolgt oder nicht.

Die auslösenden Erreger stellen die normale Darmflora dar oder sind eine komplexe Mischung von Anaerobiern und Aerobiern. Die häufigsten Isolate sind

Tabelle

Symptome und Anzeichen von intraabdominalen Abszessen

Abszesse können sich innerhalb einer Woche nach der Perforation oder bei einer signifikanten Peritonitis bilden, postoperative Abszesse treten dagegen nicht vor 2–3 Wochen nach der Operation auf und in seltenen Fällen sogar erst nach Monaten. Grundsätzlich sind die Befunde bei Abszessen variabel, die meisten Abszesse verursachen allerdings Fieber und Bauchschmerzen (in der Regel in der Nähe des Abszesses) von sehr unterschiedlichem Schweregrad. Ein generalisierter oder lokalisierter paralytischer Ileus kann auftreten. Häufig sind Übelkeit, Anorexie und Gewichtsverlust.

Abszesse im Douglas-Raum in der Nähe der rektosigmoidalen Verbindung können Diarrhö verursachen. Ein Einbruch in die Blase kann zu Harndrang und vermehrtem Wasserlassen führen und, falls durch Divertikulitis verursacht, eine Kolon-Blasen-Fistel bilden.

Subphrenische Abszesse machen Beschwerden im Bereich des Brustkorbs, z. B. nichtproduktiven Husten, Brustschmerzen, Dyspnoe, Schluckauf, und Schulterschmerzen. Rasselgeräusche, Giemen und Reibegeräusche können auskultiert werden. Ein dumpfer Klopfschall und verminderte Atemgeräusche sind typisch bei basalen Atelektasen, Pneumonie und Pleuraergüssen.

Generell ist der Bereich über einem Abszess empfindlich und schmerzhaft. Große Abszesse können als palpable Masse erscheinen.

Komplikationen bei intraabdominalen Abszessen

Nichtdrainierte Abszesse können sich in angrenzende Strukturen ausbreiten, benachbarte Gefäße erodieren (Blutung und Thrombose verusachen), in das Peritoneum oder den Darm rupturieren oder eine kutane oder urogenitale Fistel bilden.

Subdiaphragmatische Abszesse können sich in die Thoraxhöhle ausbreiten und ein Empyem, einen Lungenabszess oder eine Pneumonie verursachen.

Ein Abszess im Unterbauch kann in den Oberschenkel oder in die perirektale Fossa wandern.

Milzabszesse sind eine seltene Ursache einer dauerhaften Bakteriämie bei einer Endokarditis, die trotz angemessener antimikrobieller Therapie persistiert.

Diagnose von intra-abdominalen Abszessen

  • Abdomen-CT

  • selten Radionuklid-Scanning

Bei Verdacht auf Abszess ist eine CT des Abdomens und Beckens mit Kontrastmittel die bevorzugte diagnostische Methode.

Weitere bildgebende Untersuchungsverfahren können ebenfalls Hinweise geben. Abdomenübersichtsaufnahmen zeigen extraintestinale Luft im Abszess, Verlagerung von benachbarten Organen, eine Weichteildichte, die den Abszess darstellt, oder einen verschatteten Psoasmuskel. Abszesse in der Nähe des Zwerchfells können pathologische Befunde im Thoraxbild hervorrufen, wie z. B. ipsilaterale Pleuraergüsse, Zwerchfellhochstand oder -stillstand, Unterlappeninfiltrate und Atelektasen.

Ein komplettes Blutbild und Blutkulturen werden gewonnen. Bei den meisten Patienten tritt eine Leukozytose auf, auch eine Anämie ist häufig.

Pelviner Abszess (CT-Scan)
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Dieser CT-Scan zeigt einen Abszess (roter Pfeil) im Becken, der durch eine Appendizitis verursacht wird. Beachten Sie den radioopaken Kotstein (weißer Pfeil).
Image provided by Parswa Ansari, MD.

Gelegentlich ist zur Identifizierung intraabdomineller Abszesse eine Szintigraphie mit 111Indium-markierten Leukozyten hilfreich.

Behandlung von intra-abdominalen Abszessen

  • IV Antibiotika

  • Drainage: perkutane oder chirurgische

Bei fast allen intraabdominalen Abszessen ist eine Drainage erforderlich, entweder durch perkutane Katheter oder durch eine Operation. Ausnahmen von der Drainage sind kleine (< 2 cm) perikolische oder periappendikuläre Abszesse oder Abszesse, die spontan in die Haut oder in den Darm drainieren. Eine Drainage durch Katheter (unter CT- oder Ultraschallkontrolle platziert) kann unter den folgenden Bedingungen sinnvoll sein:

  • Es sind nur wenige Abszesshöhlen vorhanden.

  • Der Drainageweg führt nicht durch den Darm oder nicht kontaminierte Organe, Pleura oder Peritoneum.

  • Die Quelle der Kontamination wird kontrolliert.

  • Der Eiter ist dünn genug, um den Katheter zu passieren.

Antibiotka sind nicht kurativ, können aber die hämatogene Ausbreitung eingrenzen und sollten vor und nach Intervention gegeben werden. Die Behandlung erfordert intravenöse Antibiotika, die gegen die Darmflora wirken.

Patienten mit ambulant erworbener Infektion sollten eingestuft werden als Patienten mit niedrigem oder hohem Risiko eines Therapieversagens oder Todes aufgrund von Anzeichen einer Sepsis oder eines septischen Schocks, von extremem Alter, Komorbiditäten, des Ausmaßes der abdominellen Infektion und des Risikos für resistente Bakterien. Für ambulant erworbene Infektionen bei Patienten mit geringem Risiko werden Ertapenem allein oder Metronidazol plus entweder Cefotaxim oder Ceftriaxon empfohlen. Für ambulant erworbene Infektionen bei Patienten mit hohem Risiko werden Piperacillin/Tazobactam, Cefepim plus Metronidazol, Imipenem/Cilastatin oder Meropenem empfohlen. Patienten, die bereits antibiotisch behandelt wurden oder die einen Krankenhauskeim akquiriert haben, sollten Antibiotika gegen resistente aerobe gramnegative Bakterien (z. B. Pseudomonas) und gegen Anaerobier bekommen. (Siehe auch die Surgical Infection Society's 2017 revised guidelines on the management of intra-abdominal infection.)

Eine ausreichende Ernährung ist sehr wichtig, die enterale wird bevorzugt. Nur wenn die enterale Ernährung nicht möglich ist, wird man eine parenterale beginnen.

Prognose für intraabdominelle Abszesse

Komplizierte intraabdominelle Abszesse (solche, die sich über ein einzelnes Organ hinaus in den Peritonealraum erstrecken) haben eine Mortalitätsrate von 10–40%. Das Outcome hängt in erster Linie vom Vorhandensein einer Sepsis sowie von der Grunderkrankung oder -verletzung und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab und weniger von der spezifischen Art und Lage des Abszesses.

Wichtige Punkte

  • Verdächtig ist ein Abdominalabszess bei Patienten, die nach einem früheren ursächlichen Ereignis (z. B. abominelles Trauma, abdominelle Operation) oder einer Erkrankung (z. B. Morbus Crohn, Divertikulitis, Pankreatitis) Bauchschmerzen und Fieber entwickeln.

  • Ein Abszess kann die erste Manifestation einer Krebserkrankung sein.

  • Die Diagnose erfolgt durch eine abdominelle CT.

  • Die Behandlung besteht in einer perkutanen oder chirurgischen Drainage; Antibiotika sind notwendig, aber allein keine ausreichende Therapie.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. Surgical Infection Society: Revised Guidelines on the Management of Intra-Abdominal Infection (2017)

  2. Sartelli M, Coccolini F, Kluger Y, et al: WSES/GAIS/SIS-E/WSIS/AAST global clinical pathways for patients with intra-abdominal infections. World J Emerg Surg 16(1):49, 2021. doi: 10.1186/s13017-021-00387-8