Ödem

VonAndrea D. Thompson, MD, PhD, University of Michigan;
Michael J. Shea, MD, Michigan Medicine at the University of Michigan
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
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Ein Ödem ist eine Schwellung des Weichgewebes durch vermehrte Insterstitialflüssigkeit. Die Flüssigkeit ist überwiegend Wasser, aber Flüssigkeit reich an Proteinen und Zellen kann sich ansammeln, wenn eine Infektion oder lymphatische Obstruktion vorliegt.

Ödeme können generalisiert oder lokal sein (z. B. nur in einer Extremität oder Teil einer Extremität). Sie treten manchmal abrupt auf. Patienten klagen darüber, dass eine Extremität plötzlich anschwillt. Häufiger entwickeln sich Ödeme schleichend, beginnend mit Gewichtszunahme, geschwollenen Augen beim morgendlichen Erwachen und engen Schuhen am Tagesende. Sich langsam entwickelnde Ödeme können massiv anwachsen, bevor Patienten medizinische Hilfe aufsuchen.

Ein Ödem selbst verursacht abgesehen von gelegentlichem Enge- oder Füllegefühl wenige Symptome. Andere Symptome sind in der Regel auf die zugrunde liegende Erkrankung zurück zu führen. Patienten mit Ödemen aufgrund von Herzinsuffizienz (eine häufige Ursache) zeigen oft Dyspnoe bei Anstrengung, Orthopnoe und paroxysmale nächtliche Dyspnoe. Patienten mit Ödemen aufgrund tiefer Venenthrombose (TVT) haben oft Beinschmerzen.

Ein Ödem aufgrund der Expansion des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens ist oft lageabhängig. Somit treten Ödeme bei ambulanten Patienten in den Füßen und den Unterschenkeln auf. Patienten, die Bettruhe benötigen, entwickeln Ödeme am Gesäß, an den Genitalien und den posterioren Oberschenkeln. Frauen, die nur auf einer Seite liegen, können Ödeme in der abhängigen Brust entwickeln. Eine lymphatische Obstruktion verursacht Ödeme distal vom Ort der Obstruktion.

Pathophysiologie des Ödems

Ödeme resultieren aus einer vermehrten Flüssigkeitsbewegung aus dem intravaskulären in den Interstitialraum oder verringerter Wasserbewegung aus dem Interstitium in die Kapillaren oder Lymphgefäße. Der Mechanismus umfasst eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften:

  • Erhöhter hydrostatischer Druck in den Kapillargefäßen

  • Verminderter onkotischer Druck im Plasma

  • Erhöhte Kapillarpermeabilität

  • Obstruktion des lymphatischen Systems

Wenn sich Flüssigkeit in den Interstitialraum verschiebt, wird das intravaskuläre Volumen vermindert. Der intravaskuläre Volumenmangel aktiviert das Renin-Angiotensin-Aldosteron-Vaspressin-ADH-System, was in renaler Natrium-Retention resultiert. Durch die Erhöhung der Osmolalität löst die renale Natrium-Retention eine Wasseransammlung durch die Nieren aus und hilft dabei, das Plasmavolumen beizubehalten. Eine erhöhte renale Natrium-Retention kann auch eine primäre Ursache von Flüssigkeitüberlastung und somit Ödemen sein. Übermäßige exogene Natriumaufnahme kann auch dazu beitragen.

Weniger häufig resultieren Ödeme aus verringerter Flüssigkeitsbewegung aus dem Interstitialraum in die Kapillaren wegen des Mangels an ausreichendem onkotischem Druck im Plasma wie beim nephrotischen Syndrom, der Protein-verlierenden Enteropathie, Leberversagen oder beim Hungern.

Eine erhöhte Kapillarpermeabilität tritt bei Infektionen oder als Folge von Toxin oder entzündlichen Beschädigungen der Gefäßwände auf. Bei einem Angioödem verursachen Mediatoren, darunter von Mastzellen stammende Mediatoren (z. B. Histamin, Leukotriene, Prostaglandine) sowie von Bradykinin und Komplement abgeleitete Mediatoren, ein fokales Ödem.

Das lymphatische System ist verantwortlich für die Entfernung von Protein und Leukozyten (zusammen mit etwas Wasser) aus dem Interstitium. Eine lymphatische Obstruktion erlaubt diesen Substanzen, sich im Interstitium anzusammeln.

Ätiologie der Ödeme

Generalisierte Ödeme werden üblicherweise verursacht durch

Lokalisierte Ödeme werden üblicherweise verursacht durch

Eine chronische Veneninsuffizienz kann ein oder beide Beine betreffen.

Häufige Ursachen werden nach primärem Mechanismus in aufgeführt (siehe Tabelle Einige Ursachen von Ödemen).

Tabelle

Untersuchung von Ödemen

Anamnese

Die Anamnese der vorliegenden Krankheit sollten Lokalisation und Dauer von Ödemen und das Vorhandensein und Ausmaß von Schmerzen oder Beschwerden umfassen. Weibliche Patienten sollten gefragt werden, ob sie schwanger sind und ob das Ödem mit dem Menstruationszyklus zusammen zu hängen scheint. Es ist hilfreich, Patienten mit chronischen Ödemen ein Protokoll über Gewichtszunahme und -verlust führen zu lassen.

Die Überprüfung der Systeme sollte die Symptome der auslösenden Krankheit erfassen, einschließlich Anstrengungsdyspnoe, Orthopnoe und paroxysmale nächtliche Dyspnoe (Herzinsuffizienz); Alkohol- und Hapatotoxingebrauch, Gelbsucht und leichte Blutergussbildung (eine Lebererkrankung); Unwohlsein und Anorexie (Krebs oder eine Leber- oder Nierenerkrankung); und Immobilisierung, Extremitätenverletzungen oder kürzlich erfolgte Operation (TVT).

Die Anamnese sollte jede Störung umfassen, von der bekannt ist, dass sie Ödeme verursacht, einschließlich Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen und Krebs (einschließlich aller damit verbundenen Operationen oder Strahlentherapien). Die Anamnese sollte auch prädisponierende Bedingungen für diese Ursachen umfassen, darunter Streptokokken-Infektion, kürzliche virale Infektion (z. B. Hepatitis), chronischer Alkoholmissbrauch und hyperkoagulable Erkrankungen. Die Substanzanamnese sollte spezifische Fragen über Substanzen beinhalten, von denen bekannt ist, dass sie Ödeme verursachen (siehe Tabelle Einige Ursachen von Ödemen). Die Patienten werden über die Menge an Natrium gefragt, die beim Kochen und auf dem Esstisch verwendet wird.

Körperliche Untersuchung

Der Ödembereich wird identifiziert und auf Ausmaß, Wärme, Rötung und Druckdolenz untersucht. Symmetrie oder das Fehlen derselben wird notiert. Vorhandensein und Ausmaß von Pitting (sichtbare und tastbare Vertiefungen, die durch den Fingerdruck des Prüfers auf dem ödematösen Bereich entstehen, der die interstitielle Flüssigkeit verdrängt) werden notiert.

In der allgemeinen Untersuchung wird die Haut auf Gelbsucht, Blutergüsse und Spider-Nävi (was eine Lebererkrankung suggeriert) untersucht.

Die Lungen werden auf Klopfschalldämpfung, reduzierte oder übertriebene Atemgeräusche, Knistern, Rhonchi und pleurale Reibungsgeräusche untersucht.

Höhe, Wellenform und Reflux der Jugularvene werden notiert.

Das Herz wird auf Schwirren, Stoßen, parasternalen Hebung und asynchrone abnorme systolische Ausbeulung ertastet. Eine Auskultation auf laute pulmonale Komponenten der 2. (P2), 3. (S3) oder 4. (S4) Herztöne, Geräusche und Perikardreiben oder -klopfen wird vorgenommen. Alle legen einen kardialen Ursprung nahe.

Das Abdomen wird inspiziert, betastet und beklopft auf Aszites, Hepatomegalie und Splenomegalie, um auf eine Lebererkrankung oder Herzinsuffizienz zu prüfen. Die Nieren werden ertastet und die Blase beklopft. Falls eine abnorme abdominale Raumforderung vorliegt, sollte sie betastet werden.

Warnzeichen

Bestimmte Befunde lösen den Verdacht einer ernstzunehmenderen Ätiologie des Ödemes aus:

  • Plötzliches Einsetzen

  • Erhebliche Schmerzen

  • Kurzatmigkeit

  • Fieber

  • Vorgeschichte einer Herzerkrankung oder eine abnorme Herzexamination

  • Hämoptyse, Dyspnoe oder pleurale Reibungsgeräusch

  • Hepatomegalie, Gelbsucht, Aszites, Splenomegalie oder Hämatemesis

  • Einseitige Beinschwellung mit Druckdolenz

Interpretation der Befunde

Eine potenzielle akute Lebensgefahr, die sich typischerweise mit einem plötzlichen Auftreten eines fokalen Ödemes manifestiert, muss identifiziert werden. Eine solche Präsentation legt akute TVT, Weichgewebe-Infektion oder Angioödem nahe. Akute TVT kann zu Lungenembolie (LE) führen, die tödlich sein kann. Weichgewebe-Infektionen reichen in Abhängigkeit vom infizierenden Organismus und dem Gesundheitszustand des Patienten von leichten bis lebensbedrohlichen. Akutes Angioödem schreitet manchmal dazu fort, den Luftweg zu befallen, was ernsthafte Konsequenzen hat.

Dyspnoe kann mit Ödemen aufgrund von Herzinsuffizienz, TVT, sofern LE aufgetreten ist, akutem Atemnotsyndrom oder Angioödem, das die Atemwege betrifft, auftreten.

Generalisierte, sich langsam entwickelnde Ödeme legen eine chronische Herz-, Nieren- oder Lebererkrankung nahe. Obwohl diese Erkrankungen ebenfalls lebensbedrohlich sein können, neigen die Komplikationen dazu, sich langsamer zu entwickeln.

Diese Faktoren und andere klinische Merkmale helfen dabei, die Ursache nahe zu legen (siehe Tabelle Einige Ursachen von Ödemen).

Tests

Bei den meisten Patienten mit generalisierten Ödemen, sollten die Tests ein komplettes Blutbild, Elektrolyten i. S., Blut-Harnstoff-Stickstoff, Kreatinin, Lebertests, Protein i. S. und Urinanalyse (insbesondere zur Erfassung der Anwesenheit von Proteinen und Mikrohämaturie) umfassen. Andere Tests sollten auf Basis der vermuteten Ursache erfolgen (siehe Tabelle Einige Ursachen von Ödemen)- z. B. brain-natriuretic peeptid (BNP) bei Verdacht auf Herzinsuffizienz oder D-Dimer bei Verdacht auf Lungenembolie.

Bei Patienten mit isolierter Schwellung der unteren Extremitäten sollte üblicherweise eine venöse Obstruktion durch Sonographie ausgeschlossen werden.

Behandlung von Ödemen

Spezifische Ursachen werden behandelt.

Patienten mit Natrium-Retention profitieren oft von einer Natriumeinschränkung in der Ernährung. Patienten mit Herzinsuffizienz sollten Salz beim Kochen und am Essenstisch beseitigen und Fertigspeisen mit zugefügtem Salz meiden.

Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose oder einem nephrotischen Syndrom benötigen meist eine deutlichere Einschränkung der Natriumzufuhr (1 g/Tag). Kaliumsalze werden oft an Stelle der Natriumsalze verwendet, um eine bessere Akzeptanz der Natriumrestriktion zu erreichen. Vorsicht ist geboten, insbesondere bei gleichzeitiger Verwendung von kaliumsparenden Diuretika, Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptor-Blockern und bei Patienten mit Nierenerkrankungen, da es zu potenziell tödlichen Hyperkaliämien kommen kann.

Menschen mit Bedingungen, die eine Natriumetention umfassen, können auch von Schleifen oder Thiaziddiuretika profitieren. Allerdings sollten Diuretika nicht nur gegeben werden, um das durch ein Ödem verursachte Erscheinungsbild zu verbessern. Wenn Diuretika eingesetzt werden, kann ein starker Kaliumverlust bei manchen Patienten gefährlich sein. Kaliumsparende Diuretika (z. B. Amilorid, Triamteren, Spironolacton, Eplerenon) hemmen die Natriumrückresorption im distalen Nephron und in den Sammelrohren. Wenn sie allein verwendet werden, erhöhen sie die Natriumausscheidung in moderatem Maße. Sowohl Triamteren als auch Amilorid sind mit einem Thiazid kombiniert worden, um Kaliumverlust zu vermeiden. Eine ACE-Hemmer-Thiazid-Kombination reduziert ebenfalls den Kaliumverlust. Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitoren (SGLT2) (z. B. Canagliflozin, Dapagliflozin, Empagliflozin) senken den Serumglukosegehalt bei Patienten mit Diabetes, führen aber auch zu einer verstärkten Natriurese und Glykosurie, ohne die Serumelektrolyte wesentlich zu beeinflussen (1–4). Sie können bei Patienten mit Herzinsuffizienz oder nephrotischem Syndrom mit oder ohne Diabetes eingesetzt werden.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Anker SD, Butler J, Filippatos G, et al: Empagliflozin in heart failure with a preserved ejection fraction. N Engl J Med 385(16):1451–1461, 2021. doi: 10.1056/NEJMoa2107038

  2. 2. Cowie MR, Fisher M: SGLT2 inhibitors: mechanisms of cardiovascular benefit beyond glycaemic control. Nat Rev Cardiol 17(12):761–772, 2020. doi: 10.1038/s41569-020-0406-8

  3. 3. Heerspink HJL, Stefánsson BV, Correa-Rotter R, et al: Dapagliflozin in patients with chronic kidney disease. N Engl J Med 383(15):1436–1446, 2020. doi: 10.1056/NEJMoa2024816

  4. 4. Packer M, Anker SD, Butler J, et al: Cardiovascular and renal outcomes with empagliflozin in heart failure. N Engl J Med 383(15):1413–1424, 2020. doi: 10.1056/NEJMoa2022190

Grundlagen der Geriatrie: Ödeme

Die Verwendung von Medikamenten, die die Ursachen von Ödemen (insbesondere Herzinsuffizienz) behandeln, erfordert bei älteren Patienten besondere Vorsicht, wie die folgenden:

  • Ausgangsdosen sind gering und die Patienten werden gänzlich evaluiert, wenn die Dosis verändert wird

  • Überwachung für orthostatischen Hypotonie, wenn Diuretika, ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker, oder Betablocker eingesetzt werden

  • Häufiges Testen auf Hypokaliämie oder Hyperkaliämie

  • Kein Stop der Kalzium-Kanal-Blocker wegen eines Fußödems, das benigne ist

Eine tägliche Protokollierung des Gewichts hilft immens bei der Beobachtung klinischer Verbesserungen oder Verschlechterungen.

Wichtige Punkte

  • Ödeme können durch einen allgemeinen oder lokalen Prozess entstehen und überall im Körper auftreten.

  • Die Hauptursachen generalisierter Ödeme sind chronische Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen.

  • Nicht alle Ödeme sind schwerwiegend; die Folgen hängen hauptsächlich von der Ursache ab.

  • Ein plötzliches Auftreten sollte eine rasche Auswertung einleiten.