Membranöse Nephropathie

(Membranöse Glomerulonephritis)

VonFrank O'Brien, MD, Washington University in St. Louis
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Als membranöse Glomerulonephritis (MGN) bezeichnet man die Ablagerung von Immunkomplexen in der glomerulären Basalmembran (GBM) unter Verdickung derselben. Die Ursache ist im Allgemeinen unbekannt, obwohl es sekundäre Formen gibt, die durch Medikamente, Infektionen, Autoimmunstörungen und Krebskrankheiten bedingt sind. Zu den Manifestationen gehört ein schleichender Beginn mit Ödemen und schwerer Proteinurie mit unauffälligem Urinsediment, normaler Nierenfunktion und normalem bis erhöhtem Blutdruck. Die Diagnose wird mittels Nierenbiopsie gestellt. Eine Spontanremission ist häufig. Die Behandlung von Patienten mit hohem Progressionsrisiko erfolgt in der Regel mit Kortikosteroiden und anderen Immunsuppressiva (z. B. Rituximab oder Cyclophosphamid).

Der Phospholipase-A2-Rezeptor vom Typ M (PLA2R) beim glomerulären Podozyt wurde als Hauptzielantigen in abgelagerten Immunkomplexen identifiziert.

Eine membranöse Nephropathie betrifft vor allem Erwachsene, bei denen es eine häufige Ursache des nephrotischen Syndroms ist.

Ätiologie der membranösen Nephropathie

Die membranöse Nephropathie ist in der Regel idiopathisch, kann aber auch auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen sein:

  • Arzneimittel (z. B. Goldtherapie, Penicillamin, nichtsteroidale Antiphlogistika [NSAR])

  • Infektionen (z. B. Hepatitis-B oder C-Virusinfektion, Syphilis, HIV-Infektion)

  • Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus erythematodes)

  • Thyreoiditis

  • Krebs

  • Parasitäre Krankheiten (z. B. Malaria, Schistosomiasis, Leishmaniose)

In Abhängigkeit vom Alter haben etwa 4–20% der Patienten ein zugrunde liegendes Karzinom (u. a. solide Karzinome der Lunge, des Kolons, Magens, der Brust oder Niere; Hodgkin- oder Non-Hodgkin-Lymphome; chronische lymphozytäre Leukämie und Melanome).

Eine membranöse Nephropathie ist bei Kindern selten und wenn sie auftritt, ist sie in der Regel auf eine Hepatitis-B-Virusinfektion, den systemischen Lupus erythematodes oder eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse zurückzuführen.

Nierenvenenthrombose ist häufiger bei membranöser Nephropathie und ist in der Regel asymptomatisch, kann sich aber offenbar mit Flankenschmerzen, Hämaturie und Bluthochdruck manifestieren. Sie kann zu einer Lungenembolie fortschreiten.

Symptome und Anzeichen einer membranösen Nephropathie

Die Patienten fallen typischerweise durch Ödem und Proteinurie im nephrotischen Bereich und gelegentlich auch durch mikroskopische Hämaturie und Hochdruck auf. Symptome und Anzeichen einer Erkrankung, die eine membranöse Nephropathie verursacht (z. B. eine Krebserkrankung), können anfänglich vorhanden sein.

Diagnose der membranösen Nephropathie

  • Nierenbiopsie

  • Untersuchung auf sekundäre Ursachen

Die Verdachtsdiagnose ergibt sich durch Entwicklung des nephrotischen Syndroms, insbesondere bei Patienten, bei denen mögliche Ursachen für membranöse Nephropathie vorhanden sind. Die Diagnose wird durch Nierenbiopsie bestätigt.

Bei 80% der Patienten liegt die Proteinurie im nephrotischen Bereich. Es werden Laboruntersuchungen durchgeführt wie sie für das nephrotische Syndrom induziert sind. Die glomeruläre Filtrationsrate, wenn gemessen, ist normal oder vermindert.

Die Immunkomplexe stellen sich unter dem Elektronenmikroskop als dichte Ablagerungen dar (siehe Abbildung Elektronenmikroskopische Kennzeichen bei immunologischen glomerulären Erkrankungen). Im Anfangsstadium treten dichte subepitheliale Ablagerungen auf, mit Spitzen („Spikes“) an der Lamina densa zwischen den Ablagerungen. Später erscheinen Ablagerungen innerhalb der glomerulären Basalmembran (GBM), und es kommt zu einer deutlichen Verdickung. Ein diffus granuläres Muster von IgG-Ablagerungen zeigt sich entlang der Basalmembran ohne Zellproliferation, Exsudation oder Nekrose.

Das Vorhandensein oder Fehlen von PLA2R-Antikörpern und die Unterklasse von IgG-Ablagerungen können helfen, idiopathische von sekundärer membranöser Nephropathie zu unterscheiden. Beispielsweise sind die Ablagerungen bei idiopathischer membranöser Nephropathie PLA2R-Antikörper-positiv und überwiegend IgG 4, während PLA2R-Antikörper typischerweise negativ sind und IgG 1 und 2 bei Malignom-assoziierter membranöser Nephropathie überwiegen (1).

Elektronenmikroskopische Kennzeichen bei immunologischen glomerulären Erkrankungen

Membranöse Nephropathie
Membranöse Nephropathie (dichte Ablagerungen)
Membranöse Nephropathie (dichte Ablagerungen)
Mittelgroße, dichte subepitheliale Ablagerungen sind in der Transmissionselektronenmikroskopie im späten Stadium I der ... Erfahren Sie mehr

Image provided by Agnes Fogo, MD, and the American Journal of Kidney Diseases' Atlas of Renal Pathology (see www.ajkd.org).

Membranöse Nephropathie (Basalmembran-Spikes)
Membranöse Nephropathie (Basalmembran-Spikes)
Aus der Basalmembran ragen Stacheln aus silbergefärbtem Basalmembranmaterial heraus (High-Power-Ölimmersionsansicht, Jo... Erfahren Sie mehr

Image provided by Agnes Fogo, MD, and the American Journal of Kidney Diseases' Atlas of Renal Pathology (see www.ajkd.org).

Membranöse Nephropathie (IgG-Ablagerung)
Membranöse Nephropathie (IgG-Ablagerung)
Diffuse, grobkörnige IgG-Ablagerungen entlang der glomerulären Kapillarwände (Immunfluoreszenz mit Anti-IgG, ursprüngli... Erfahren Sie mehr

Image provided by Agnes Fogo, MD, and the American Journal of Kidney Diseases' Atlas of Renal Pathology (see www.ajkd.org).

Diagnostik der Ursachen

Die Abklärung von Patienten, bei denen eine membranöse Nephropathie diagnostiziert wurde, umfasst in der Regel Folgendes:

  • Die Suche nach einem okkulten Karzinom, vor allem bei Patienten mit Gewichtsverlust, ungeklärter Anämie oder Hämoccult-positivem Stuhl oder bei alten Menschen

  • Berücksichtigung der medikamenteninduzierten membranösen Nephropathie

  • Serologische Tests für Hepatitis B und C

  • Antinukleärer Antikörpertest

Die Suche nach okkultem Krebs beschränkt sich in der Regel auf altersgerechte Screenings.

Diagnosehinweis

  1. 1. Beck LH , Bonegio RG, Lambeau G: M-type phospholipase A2 receptor as target antigen in idiopathic membranous nephropathy. N Engl J Med 361(1):11, 2009. doi: 10.1056/NEJMoa0810457

Behandlung der membranösen Nephropathie

  • Kontrolle der Proteinurie im nephrotischen Bereich und/oder des Ödems mit Diuretika

  • Behandlung des sekundären Ursachen des nephrotischen Syndroms wie indiziert

  • Immunsuppressive Therapie bei Patienten mit symptomatischer idiopathischer membranöser Nephropathie mit hohem Progressionsrisiko

  • Nierentransplantation bei Patienten mit Nierenkrankheit im Endstadium

Die Primärtherapie richtet sich nach den Ursachen. Von den Patienten mit idiopathischer membranöser Nephropathie bedürfen die asymptomatischen Patienten mit einer nicht-nephrotischen Proteinurie keiner Behandlung. Die Nierenfunktion sollte aber in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden (z. B. 2-mal jährlich, wenn scheinbar stabil).

Patienten mit Proteinurie im nephrotischen Bereich, die asymptomatisch sind oder Ödeme haben, sollten mit Diuretika behandelt werden.

Patienten mit Hypertonie sollten Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker erhalten. Von dieser Therapie profitieren auch Patienten ohne Hypertonie, weil sie die Proteinurie senkt.

Immunsuppressive Therapie

Immunsuppressiva sollten nur bei Patienten mit symptomatischer idiopathischer membranöser Nephropathie und Patienten mit einem sehr hohen Risiko für eine Krankheitsprogression erwogen werden. Es gibt zwar keine stichhaltigen Beweise dafür, dass eine immunsuppressive Therapie einen langfristigen Nutzen für das Überleben der Patienten oder der Nieren hat, aber sie scheint die Remissionsraten und möglicherweise die Progression zur terminalen Niereninsuffizienz zu verbessern (1, 2, 3). Ältere und chronisch kranke Patienten haben ein höheres Risiko für infektiöse Komplikationen durch Immunsuppressiva.

Es existiert kein Konsensprotokoll, aber historisch gesehen, schließt eine gemeinsame Therapie Kortikosteroide ein, gefolgt von Chlorambucil. Chlorambucil wird jedoch nicht mehr bevorzugt, da es andere therapeutische Optionen mit einem besseren Sicherheitsprofil gibt. Die meisten Experten bevorzugen die Verwendung einer Kombination von Rituximab und Kortikosteroiden (2). Zu den Alternativen zu Rituximab gehören Calcineurininhibitoren und Cyclophosphamid. Die Wahl des Mittels richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und den Anti-PLA2R-Antikörperspiegeln.

Zu den Therapien mit unbewiesenem Langzeiteffekt gehören IV Immunglobuline und nichtsteroidale Antiphlogistika.

Eine Nierentransplantation stellt eine Option bei Patienten mit einer Nierenerkrankung im Endstadium dar. Die membranöse Nephropathie tritt bei etwa 10% der Patienten erneut auf, wobei bis zu 50% der Patienten ihr Transplantat verlieren.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. von Groote TC, Williams G,  Au EH, et al: Immunosuppressive treatment for primary membranous nephropathy in adults with nephrotic syndrome. Cochrane Database Syst Rev 11(11):CD004293, 2021. doi: 10.1002/14651858.CD004293.pub4

  2. 2. Fervenza FC, Appel GB, Barbour SJ, et al: Rituximab or cyclosporine in the treatment of membranous nephropathy. N Engl J Med 381(1):36-46, 2019. doi: 10.1056/NEJMoa1814427

    3. Ponticelli C, Altieri P, Scolari F, et al: A randomized study comparing methylprednisolone plus chlorambucil versus methylprednisolone plus cyclophosphamide in idiopathic membranous nephropathy. J Am Soc Nephrol 9(3):444, 1998. doi: 10.1681/ASN.V93444

Prognose für membranöse Nephropathie

Über 25% der Patienten erleben eine Spontanremission. 25% entwickeln eine persistierende Proteinurie im nichtnephrotischen Bereich, 25% ein chronisches nephrotisches Syndrom, und weitere 25% erleben einen Progress bis zur terminalen Nierenkrankheit. Bei Frauen, Kindern und Jugendlichen mit einer nichtnephrotischen Proteinurie und Patienten mit einer über 3 Jahre nach Diagnosestellung fortbestehenden normalen Nierenfunktion scheint die Krankheit nur geringfügig fortzuschreiten. Mehr als 50% der Patienten mit einer Proteinurie im nephrotischen Bereich, die asymptomatisch sind oder Ödeme aufweisen, die durch Diuretika beherrschbar sind, werden innerhalb von 3–4 Jahren eine partielle oder komplette Remission erfahren.

Das Risiko der Progression zum Nierenversagen ist am höchsten bei Patienten mit

  • Persistierender Proteinurie 8 g/Tag, vor allem Männer im Alter > 50 Jahre

  • Einem erhöhten Serumkreatinin-Spiegel bei der Präsentation oder Diagnose

  • Biopsienachweisen feiner substantiellen interstitiellen Entzündung

Wichtige Punkte

  • Die membranöse Nephropathie ist in der Regel idiopathisch, jedoch können Patienten gleichzeitig bestehende, behandelbare Begleiterkrankungen wie Krebs, Autoimmunkrankheiten oder Infektionen haben.

  • Die anfänglichen Manifestationen sind typischerweise die des nephrotischen Syndroms (z. B. Ödeme und Proteinurie im nephrotischen Bereich, gelegentlich mikroskopische Hämaturie und Hochdruck).

  • Die Diagnose wird mittels Nierenbiopsie bestätigt und es sollten assoziierte Störungen und Ursachen berücksichtigt werden.

  • Behandeln Sie die Symptome des nephrotischen Syndroms und behandeln Sie den Bluthochdruck zunächst mit einer Angiotensinhemmung.

  • Eine immunsuppressive Therapie sollte nur bei Patienten mit idiopathischer membranöser Nephropathie in Betracht gezogen werden, bei denen das Risiko einer Progression besteht.