Okkulte Bakteriämie und Fieber unbekannten Ursprungs bei Säuglingen und Kleinkindern

VonGeoffrey A. Weinberg, MD, Golisano Children’s Hospital
Überprüft/überarbeitet Sep. 2021
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Eine okkulte Bakteriämie ist das Auftreten von Bakterien im Blut fiebernder, aber gut aussehender Kinder ohne offensichtlichen Fokus. Die Diagnose wird mittels Blutkultur und Ausschluss einer fokalen Infektion gestellt. Die Kinder werden entweder im Krankenhaus oder ambulant mit Antibiotika behandelt; ausgewählte Kinder werden behandelt, auch wenn das Ergebnis der Blutkultur noch aussteht.

Die Ursachen, die Bewertung und die Behandlung von möglicher okkulter Bakteriämie ändern sich je nach Alter der Kinder und Immunisierungsstatus. Siehe auch Fieber bei Säuglingen und Kindern

Kinder 3 bis 36 Monate alt

In der Zeit vor dem Konjugatimpfstoff hatten etwa 3 bis 5% der Kinder im Alter von 3 bis 36 Monaten mit einer fiebrigen Erkrankung (Temoeratur 39° C) und ohne lokalisierte Besonderheiten (d.h. Fieber ohne Ursprung) eine okkulte Bakteriämie. Im Gegensatz dazu sahen Kinder > 36 Monate mit Bakteriämie fast immer krank aus und hatten einen identifizierbaren (d.h. nicht-okkulten) Infektionsherd. Die Mehrheit (80%) der okkulten Bakteriämie vor der Routine-Konjugat-Immunisierung wurde verursacht durch Streptococcus pneumoniae. Ein kleinerer Prozentsatz (10%) wurde durch Haemophilus influenzae Typ b, und ein noch kleinerer Anteil (5%) von Neisseria meningitidis verursacht.

Okkulte Bakteriämie stellt ein Problem dar, weil etwa 5 bis 10% der Kinder schwere bakterielle Infektionen (SBI) entwickeln—in der Regel als Sepsis, Meningitis und Harnwegsinfekt definiert, die aber auch septische Arthritis und Osteomyelitis einschließen. Solche Infektionen könnten durch Früherkennung und Behandlung der Bakteriämie minimiert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese zu einer schweren Erkrankung fortschreitet, hing von der Ursache ab: 7–25% der Fälle von Bakteriämie wurden von einer H. influenzae Typ b verursacht, aber in 4–6% der Fälle von Bakteriämie wurden von S. pneumoniae verursacht.

Derzeit hat die in den USA und Europa routinemässige Impfung von Säuglingen mit Polysaccharid-Konjugat-Impfstoffen gegen S. pneumoniae und H. influenzae Typ bH. influenzae Typ-B-Infektionen beseitigt (> 99%) und invasive S. pneumoniae-Infektionen wesentlich reduziert (≥ 70% insgesamt und ≥ 90% Impfstofftyp). Somit ist in dieser Altersgruppe die okkulte Bakteriämie selten geworden, außer bei gering immunisierten oder nicht immunisierten Kindern und bei Kindern mit Immunschwäche.

Kinder < 3 Monate alt

Im Gegensatz dazu haben fiebrige Säuglinge < 3 Monate weiterhin als ältere Kinder ein erhöhtes Risiko für schwere bakterielle Infektion, etwa 8 bis 10%. In der Vergangenheit wurden SBIs bei jungen Säuglingen < 3 Monate häufiger von beta-hämolytischem Streptococcus der Gruppe B, S. pneumoniae und H. influenzae vom Typ B verursacht. Jedoch hat die Chemoprophylaxe während der Wehen bei schwangeren Frauen, die mit beta-hämolytischem Streptococcus der Gruppe B kolonisiert sind, den frühen Ausbruch (Infektion tritt bei Alter von < 7 Tagen auf) einer Streptokokken-Erkrankung der Gruppe B um > 80% reduziert. Darüber hinaus hat die Routine-Konjugat- Immunisierung die Kolonisation bei älteren Geschwistern, die gegen S. pneumoniae und H. influenzae Typ b immunisiert sind, verringert, sodass die Rate der SBI, die durch diese Organismen verursacht wurde, sich auch verringert hat (Herdenimmunität).

Bemerkenswert ist, dass ein später Ausbruch (Infektion tritt auf, wenn > 7 Tage alt) einer Infektion mit Streptokokken der Gruppe B nicht durch Chemoprophylaxe während der Wehen betroffen ist und andere schwere bakterielle Erkrankungen wie Harnwegsinfektion (am häufigsten verursacht durch Escherichia coli) sowie gelegentlich Fälle von Salmonella und Staphylococcus aureus -Bakteriämie weiterhin wichtige Ursachen sind für Fieber ohne erkennbare Ursache bei körperlicher Untersuchung bei Säuglingen < 3 Monaten.

Symptome und Beschwerden

Das Hauptsymptom der okkulten Bakteriämie ist Fieber—Temperatur 39° C ( 38° C bei Säuglingen < 3 Monate). Per definitionem werden Kinder mit einem offensichtlichen Fokus (z. B. Husten, Atemnot und Rasselgeräusche können auf eine Pneumonie, Hautrötungen auf eine Zellulitis oder septische Arthritis hinweisen) ausgeschlossen (d.h., weil ihre Erkrankung nicht okkult ist). Toxische Symptome (z. B. Schlaffheit und Teilnahmslosigkeit, Lethargie, Zeichen einer schlechten Durchblutung, Zyanose und deutliche Hypo- oder Hyperventilation) sind Zeichen für eine Sepsis oder einen septischen Schock. Eine Bakteriämie bei solchen Kindern wird auch nicht als okkult bezeichnet oder Fieber ohne Ursache. Die Unterscheidung zwischen einer frühen Sepsis und einer okkulten Bakteriämie kann jedoch schwierig sein.

Diagnose

  • Blutkultur

  • Urinkultur und Urinalysis

  • Komplettes und differenziertes Blutbild

  • Manchmal andere Tests in Abhängigkeit vom Alter und klinischen Umständen

Die Diagnose einer Bakteriämie erfordert Blutkulturen; idealerweise werden zwei Proben entnommen, und zwar aus zwei verschiedenen Stellen, um falschpositive Ergebnisse zu minimieren, die aus Schadstoffen auf der Haut zustanden resultieren. Testergebnisse sollten innerhalb von 24 h zur Verfügung stehen.

Das Ziel ist, die SBI mit möglichst wenigen Tests zu finden. Die Empfehlungen hinsichtlich der jeweiligen Untersuchungen richten sich nach dem Alter der Kinder, der Temperatur und dem klinischen Erscheinungsbild Kinder, die Anzeichen für eine Fokalinfektion aufgrund der Anamnese oder der körperlichen Untersuchung zeigen, werden basierend auf diesen Befunden untersucht.

Wenn vorhanden, sind schnelle Diagnosetests für Enteroviren, Respiratory-Syncytial-Virus und Influenza-Virus bei der Beurteilung von Kindern mit Fieber ohne erkennbare Ursache nützlich, weil Kinder, deren Testergebnisse für diese Viren positiv sind, wahrscheinlich Fieber aufgrund dieses Virus haben und benötigen nur wenige oder keine weiteren Tests für SBI. Es gibt auch Schnelltests für andere Viren, aber diese wurden nicht ausreichend genug untersucht, als dass es gerechtfertigt wäre, ihre Ergebnisse zu benutzen, um Tests für SBI zu verändern.

Bei Kindern mit SBI zeigt das Blutbild gewöhnlich eine Erhöhung der Leukozytenzahl (WBC), aber nur 10% der Kinder mit WBC > 15.000/mcl (> 15 bis 109/l) haben eine Bakteriämie. Die Spezifität ist also niedrig. Von manchen Ärzten werden zwar Akute-Phasen-Proteine (z. B. Erythrozytensedimentationsrate, CRP mit oder ohne Procalictonin) eingesetzt, sie tragen aber nur wenige zusätzliche Informationen bei. In Verbindung mit einem erhöhten Procalcitoninspiegel sind die Entzündungsparameter schon eher ein Hinweis auf eine schwere Erkrankung. Bei Kindern < 3 Monaten können stabkernige Leukozyten > 1500/mcl (> 1,5 × 109/l) und eine niedrige (< 5000/mcl [5 × 109/l]) oder eine hohe Leukozytenzahl (> 15.000/mcl [> 15 × 109/l]) auf eine Bakteriämie hinweisen.

Kinder 3 bis 36 Monate alt

Es ist wichtig zu beachten, dass jedes fiebrige Kind, unabhängig von der Immunisierungshistorie, das schwer krank oder toxisch erscheint, eine vollständige klinische und Laborauswertung benötigt (Blutbild mit Differential, Blutkulturen, Urinkulturen, Lumbalpunktion und in den meisten Fällen Einweisung ins Krankenhaus mit empirischer antimikrobieller Therapie). Nicht immunisierte, zu wenig immunisierte und immunsupprimierte fiebrige Kinder in diesem Alter sind anfälliger für SBI als ihre Altersgenossen und erfordern auch in der Regel die gleiche volle klinische und Laboruntersuchung für SBI und empirisches Antibiotika. Bei Kindern mit Dyspnoe oder niedriger Sauerstoffsättigung sollte auch ein Röntgen-Thorax durchgeführt werden.

Bei den bisherigen immunisierten fiebrigen Kindern im Alter von 3 bis 36 Monaten, die gesund erscheinen (nicht toxisch), ist das Risiko einer Bakteriämie jetzt so niedrig wie oder sogar niedriger als die Rate der falsch-positiven Blutkulturen durch Hautverunreinigungen, was viele Experten dazu bringt auf Blutkulturen bei diesen Kindern zu verzichten. Eine Urinanalyse mit mikroskopischer Untersuchung und Urinkultur wird jedoch typischerweise empfohlen, zusätzliche Laboruntersuchungen (z. B. Blutbild, Röntgenthorax) jedoch nicht. Obwohl die überwiegende Mehrheit dieser Kinder eine virale Infektion hat, wird eine kleine Anzahl von gesund aussehenden Kinder früh SBI haben, daher sollten Betreuer angewiesen sein, die Symptome der Kinder zu überwachen, Antipyretika zu geben, und den Anweisungen des Arztes in 24 bis 48 h zu folgen (durch Besuch oder Telefon je nach den Umständen und der Zuverlässigkeit der Betreuer). Bei Kindern, deren Zustand sich verschlimmert oder die fiebrig bleiben, sollten Tests durchgeführt werden (z. B. Blutbild mit Differential, Blutkulturen, möglicherweise Röntgenthorax oder Lumbalpunktion).

Kinder < 3 Monate alt

Toxisch erscheinende oder schwer krank erscheinende Kinder erfordern eine sofortige klinische Bewertung und die Sammlung von Blut, Urin und Kulturen von Rückenmarksflüssigkeit sowie Hospitalisierung für empirische Antibiotikatherapie. Anders als bei älteren Säuglingen, lässt sich bei denen, die < 3 Monate alt sind und ein nicht-toxisches klinisches Erscheinungsbild aufweisen, eine Untersuchung nicht routinemäßig aufschieben.

Algorithmen wurden entwickelt, um die Auswertung bei Kleinkindern in dieser Altersgruppe zu erleichtern (für ein Beispiel, see figure Abklärung und Behandlung fieberhafter Säuglinge im Alter von < 3 Monaten). Bei der Verwendung des Algorithmus halten viele Experten ein Alter < 30 Tagen alleine schon für ein Kriterium für hohes Risiko (und führen deshalb routinemäßig weitere Untersuchungen durch), während andere dies nicht tun und alle Kinder in einem Alter von < 90 Tagen nach den gleichen Kriterien behandeln. Dieser Algorithmus ist empfindlich für SBI, aber relativ unspezifisch. So hat der Algorithmus einen hohen negativen prädikativen Wert ( see page Testmerkmale), aber einen negativen positiven prädikativen Wert, vor allem angesichts der relativ geringen Inzidenz von SBI in der Gruppe der fieberhaften Kleinkinder. Das macht die Identifizierung von Kindern mit geringem Risiko einer Infektion, die vorsorglich behandelt werden können (bei ausgeschlossener Bakteriämie), viel effektiver als bei der Identifizierung von Kindern mit echter SBI oder Bakteriämie.

Abklärung und Behandlung fieberhafter Säuglinge im Alter von < 3 Monaten

hpf = Gesichtsfeld.

Behandlung

  • Antibiotika (empirisch, für ausgewählte Patienten mit noch ausstehenden Kultur-Ergebnissen sowie für Patienten mit positiven Kulturen)

  • Antipyretika bei Beschwerden

  • Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (wegen des erhöhten Verlustes bei Fieber und möglicher Anorexie; orale Hydratation, wenn möglich, parenterale, wenn nicht

Kinder, die antibiotisch behandelt werden, bevor eine Bakteriämie mit einer Blutkultur bestätigt wurde, scheinen weniger fokale Infektionen zu haben. Die Datenlage ist aber diesbezüglich unsicher. Die allgemeine Inzidenz einer Bakteriämie ist niedrig. Würden jedoch alle Kinder, die untersucht werden, empirisch behandelt, würden viel zu viele eine unnötige Behandlung erhalten. Wie oben erwähnt, variiert die Behandlung nach Alter und anderen klinischen Faktoren.

Unabhängig vom Alter werden alle Kinder nach 24–48 h erneut untersucht. Kinder mit persistierendem Fieber oder positiven Blut- oder Urinkulturen, die noch nicht behandelt wurden, erhalten erneute Kulturen und werden stationär aufgenommen, um sie auf eine mögliche Sepsis zu untersuchen und eine parenterale Antibiotikabehandlung einzuleiten. Wenn neue Zeichen einer Fokalinfektion bei erneuter Untersuchung auftauchen, richten sich Evaluation und Therapie nach den Befunden.

Kinder 3 bis 36 Monate alt

Es werden Antipyretika in gewichtsbezogener Dosierung verabreicht. Antibiotika werden nicht gegeben, es sei denn Kulturen sind positiv. Bei Harnwegsinfektion können gesund aussehende Kinder orale Antibiotika für pädiatrische Harnwegsinfektion erhalten; andere (z. B. solche, die kränker erscheinen, oder solche, bei denen eine adäquate Nachsorge nicht gewährleistet ist) müssen möglicherweise für parenterale Antibiotika aufgenommen werden.

Kinder < 3 Monate alt

Ein einfaches System, mit dem sich der Antibiotikaverbrauch bei fiebrigen Säuglingen, bei denen eine ernsthafte bakterielle Infektion unwahrscheinlich ist, senken lässt und diejenigen mit Antibiotika versorgt werden, die sie auch benötigen see figure Abklärung und Behandlung fieberhafter Säuglinge im Alter von < 3 Monaten. Wenn Urinalyse und Urinkulturen auf eine Harnwegsinfektion hindeuten, können gesund erscheinende Kinder orale Antibiotika für pädiatrische Harnwegsinfektion als ambulante Patienten erhalten; andere (z. B. diejenigen, die kränker erscheinen) können parenterale Antibiotika erfordern.

Zu beachten ist, dass es manche Ärzte bevorzugen alle fiebrigen Kinder < 1 Monat einzuweisen, eine vollständige Auswertung mit Kulturen von Blut, Urin und Liquor, durchzuführen und parenterale Antibiotika zu verabreichen (z. B. Ceftriaxon) bis die Kulturergebnisse vorliegen, weil febrile Säuglingen < 1 Monat die Altersgruppe mit der größten Häufigkeit von SBI sind.

Wichtige Punkte

  • Febrile Säuglinge und Kleinkinder < 36 Monate, die mit H. influenzae Typ b und Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffen adäquat immunisiert worden sind, die gesund aussehen und keine offensichtlichen Infektionsherde haben, ist es unwahrscheinlich, dass sie an okkulter Bakteriämie oder einer schweren bakteriellen Infektion erkranken (SBI; z. B. Sepsis, Meningitis).

  • Verwenden Sie Blutkulturen (2 Proben von zwei unterschiedlichen Stellen), um okkulte Bakteriämie bei ausgewählten fiebrigen Kinder zu diagnostizieren.

  • Alle fiebrigen Kinder < 36 Monate sollten auf Harnwegsinfektion mit Urinalyse und Urinkultur untersucht werden, da HWI heute die häufigste Ursache von SBI mit Fieber ist.

  • Toxisch-erscheinende Kinder (und vielleicht alle fiebrigen Kinder < 1 Monat) erfordern auch Kulturen von Blut und Rückenmarksflüssigkeit und Hospitalisierung für eine empirische Antibiotika-Therapie.

  • Bei Kindern im Alter von 3 bis 36 Monaten mit einer Temperatur ≥ 39° C und die in geeigneter Weise immunisiert worden sind, sind bei denjenigen, die gesund erscheinen außer Urinkultur keine anderen Tests angegeben; andere sollten Tests auf der Basis von klinischen Befunden und anderen Umständen erhalten (z. B. schnelle virale Tests für Influenza-Virus, Respiratory-Syncytial-Virus und Enterovirus in den entsprechenden Jahreszeiten).

  • Bei Säuglingen < 3 Monaten mit einer Temperatur ≥ 38° C schließt ein gutes klinisches Erscheinungsbild nicht vollständig ein SBI aus, so sind weitere Tests angezeigt, einschließlich Urinanalyse, Blutbild mit Differenzial, Blut und Urinkulturen und - falls vorhanden (abhängig von der lokalen Epidemiologie und Saison) - vielleicht ein schneller viraler Test für Influenza-Virus, Respiratory-Syncytial-Virus und Enterovirus für alle in dieser Altersgruppe.

  • Ungiftig, risikoarme Kinder erfordern ein engmachiges Follow-up, wenn sie nicht mit Antibiotika behandelt werden.