Transitorische ischämische Attacken (TIA)

VonAndrei V. Alexandrov, MD, The University of Tennessee Health Science Center;
Balaji Krishnaiah, MD, The University of Tennessee Health Science Center
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Kurzinformationen

Bei einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) ist die Funktion des Gehirns zeitweilig (in der Regel weniger als eine Stunde) gestört, da seine Blutversorgung vorübergehend unterbrochen ist.

  • Eine TIA und ein ischämischer Schlaganfall haben die gleichen Ursachen und Symptome.

  • Die meisten TIA unterscheiden sich von ischämischen Schlaganfällen dadurch, dass ihre Symptome gewöhnlich innerhalb von einer Stunde abklingen und kein dauerhafter Hirnschaden zurückbleibt.

  • Die Symptome deuten auf die Diagnose hin, es werden jedoch auch Bildgebungsuntersuchungen des Gehirns durchgeführt.

  • Zur Diagnose der Ursache der TIA werden andere Bildgebungsuntersuchungen und Bluttests durchgeführt.

  • Es wird empfohlen, hohen Blutdruck, hohe Cholesterinspiegel und hohe Blutzuckerspiegel zu kontrollieren und mit dem Rauchen aufzuhören.

  • Medikamente zur Verringerung der Blutgerinnung und manchmal Operationen (Endarteriektomie der Karotis) oder Angioplastie plus Legen eines Stents werden verwendet, um das Risiko eines Schlaganfalls nach einer TIA zu reduzieren.

(Siehe auch Überblick über den Schlaganfall und Ischämischer Schlaganfall.)

TIA können ein Warnzeichen für einen anstehenden ischämischen Schlaganfall sein. Bei Personen, die eine TIA erlebt haben, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall weit höher als bei solchen, die keine hatten. Das Risiko für einen Schlaganfall ist in den ersten 24 bis 48 Stunden nach der TIA am höchsten. Wird die TIA als solche erkannt und die Ursache identifiziert und behandelt, kann dies helfen, einem Schlaganfall vorzubeugen.

TIA treten am häufigsten bei Personen im mittleren Alter und älteren Personen ein.

TIA unterscheiden sich von ischämischen Schlaganfällen dadurch, dass kein dauerhafter Hirnschaden zurückzubleiben scheint. TIA-Symptome bilden sich vollständig und rasch zurück. Außerdem sterben keine oder fast keine Gehirnzellen ab – zumindest nicht genug, um Veränderungen zu bewirken, die mittels bildgebender Untersuchungen des Gehirns oder einer neurologischen Untersuchung feststellbar wären.

Ursachen einer TIA

TIAs und ischämische Schlaganfälle haben dieselben Ursachen. Die meisten TIA ereignen sich, wenn sich ein Stück eines Blutgerinnsels (Thrombus) oder einer fetthaltigen Ablagerung (Atherom oder Plaque) aufgrund von Arteriosklerose im Herzen oder in der Wand einer Arterie (üblicherweise im Hals) ablöst und als sogenannter Embolus mit dem Blut wandert, bis es sich in einer Arterie festsetzt, die das Gehirn versorgt.

Wenn die Arterien zum Gehirn bereits verengt sind (wie etwa bei Atherosklerose), können durch andere Ursachen ähnliche Symptome verursacht werden wie bei einer TIA. Dazu zählen eine sehr niedrige Sauerstoffkonzentration im Blut (z. B. bei einer Lungenkrankheit), ein schwerer Mangel an roten Blutkörperchen (Anämie), Kohlenmonoxidvergiftung, Blutverdickung (wie bei Polyzythämie) oder ein sehr niedriger Blutdruck (Hypotonie).

Risikofaktoren

Auch die Risikofaktoren für eine TIA sind die gleichen wie beim ischämischen Schlaganfall.

Manche dieser Risikofaktoren können bis zu einem gewissen Grad kontrolliert oder relativiert werden – beispielsweise durch Behandlung der Erkrankung, die das Risiko erhöht.

Die hauptsächlichen veränderbaren Risikofaktoren für eine TIA sind:

Zu den Risikofaktoren, die nicht beeinflusst werden können, gehören folgende:

  • Vorgeschichte eines Schlaganfalls

  • Männliches Geschlecht

  • Höheres Alter

  • Angehörige, die einen Schlaganfall hatten

Symptome einer TIA

Die Symptome einer TIA entwickeln sich plötzlich. Dabei handelt es sich um dieselben Symptome wie bei einem ischämischen Schlaganfall, jedoch treten sie nur vorübergehend auf und verschwinden wieder. Sie halten meistens 2 bis 30 Minuten lang an und klingen anschließend vollständig ab.

Innerhalb eines Tages können mehrere TIA vorkommen oder auch nur zwei oder drei in mehreren Jahren.

Zu den Symptomen gehören unter anderem:

  • Plötzliche Schwäche oder Lähmung auf einer Körperseite (zum Beispiel, eine Hälfte des Gesichtes, ein Arm oder Bein, oder die gesamte Körperseite)

  • Plötzlicher Empfindungsverlust oder ungewöhnliche Empfindungen auf einer Körperseite

  • Plötzliche Sprachschwierigkeiten (wie undeutliche Sprache)

  • Plötzliche Verwirrtheit mit Sprachverständnisproblemen

  • Plötzliche Sehverschlechterung, verschwommenes Sehen oder Sehverlust, besonders auf einem Auge

  • Manchmal Schwindel oder Gleichgewichts- und Koordinationsverlust

Diagnose einer TIA

  • Schnelles Abklingen der Symptome

  • Computertomografie und, falls verfügbar, Magnetresonanztomografie

  • Tests zur Feststellung der Ursache

Menschen mit plötzlich auftretenden, vorübergehenden neurologischen Symptomen, die an Schlaganfallsymptome erinnern, sollten einen Arzt aufsuchen. Solche Symptome sprechen für eine TIA. Andere Störungen, wie Krampfanfälle, Hirntumoren, Migräne-Kopfschmerzen und ungewöhnlich niedrige Blutzuckerspiegel (Hypoglykämie) gehen allerdings mit ähnlichen Symptomen einher, sodass nähere Untersuchungen notwendig sind.

Der Verdacht auf TIA liegt nahe, wenn sich Symptome eines Schlaganfalls entwickeln, insbesondere dann, wenn diese in weniger als einer Stunde reversibel sind. Vor dem Abklingen der Symptome ist unter Umständen keine Unterscheidung zwischen einem Schlaganfall und einer TIA möglich. Patienten mit Symptomen einer TIA oder eines Schlaganfalls werden schnell untersucht. Bei einer TIA erfolgt in der Regel die Einweisung ins Krankenhaus (zumindest für kurze Zeit), um Tests durchzuführen und rasch reagieren zu können, falls kurz nach der TIA ein Schlaganfall auftritt. Das Risiko für einen Schlaganfall ist in den ersten 24 bis 48 Stunden nach einer TIA am höchsten.

Die Ärzte erkundigen sich nach Risikofaktoren für Schlaganfall, indem sie Fragen stellen, die Krankengeschichte einsehen und Bluttests durchführen.

Bildgebende Verfahren, wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), werden durchgeführt, um Nachweise für Schlaganfall, Blutung und Hirntumoren aufzudecken. Ein spezieller Typ einer MRT, eine sogenannte diffusionsgewichtete MRT, kann Bereiche des Hirngewebes aufzeigen, die stark geschädigt sind und nicht ordnungsgemäß funktionieren. Die diffusionsgewichtete MRT kann häufig hilfreich sein, eine TIA von einem ischämischen Schlaganfall zu unterscheiden. Eine diffusionsgewichtete MRT steht jedoch nicht immer zur Verfügung.

Es werden Tests durchgeführt, um die Ursache der TIA zu bestimmen. Tests können Folgendes umfassen:

Andere Bildgebungstests könnten herangezogen werden, um zu bestimmen, ob eine Arterie zum Gehirn blockiert ist, welche Arterie blockiert ist und wie schwer die Blockierung ist. Diese Tests liefern Bilder der Arterien, die Blut durch den Hals zum Gehirn transportieren (die inneren Halsschlagadern und die Wirbelarterien) sowie der Arterien des Gehirns (wie die Gehirnschlagadern). Dazu gehören eine Farb-Doppler-Sonographie (zur Beurteilung des Blutflusses durch die Arterien), eine Magnetresonanzangiografie und eine CT-Angiografie (CT, die nach dem Spritzen eines Kontrastmittels in eine Vene durchgeführt wird).

Wussten Sie ...

  • Selbst wenn die Symptome eines Schlaganfalls innerhalb weniger Minuten verschwinden, sollten sich die Betroffenen dennoch sofort in die Notaufnahme begeben.

Behandlung einer TIA

  • Kontrolle der Risikofaktoren für TIA

  • Medikamente, um die Blutgerinnung zu senken

  • Bisweilen chirurgischer Eingriff oder Angioplastie mit einem Stent

Die Behandlung einer TIA zielt darauf ab, einen Schlaganfall zu verhindern. Das Gleiche gilt für die Behandlung nach einem ischämischen Schlaganfall.

Der erste Schritt zur Verhütung eines Schlaganfalls ist die Reduktion dieser Risikofaktoren:

Arzneimittel

Die Personen können ein Medikament erhalten, um die Blutgerinnung zu senken (Thrombozytenaggregationshemmer oder Antikoagulans).

Ein Blutgerinnungshemmer wie Aspirin, eine Kombinationstablette von niedrigdosiertem Aspirin plus Dipyridamol, Clopidogrel oder Clopidogrel kombiniert mit Aspirin reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sich Blutgerinnsel bilden und TIA oder ischämische Schlaganfälle verursacht werden. Blutgerinnungshemmende Medikamente bewirken, dass die Blutplättchen sich nicht so stark verklumpen und Blutgerinnsel bilden. (Blutplättchen sind winzige zellähnliche Partikel im Blut, die bei einer Beschädigung der Blutgefäße die Gerinnung unterstützen.)

Die Anwendung von Clopidogrel zusammen mit Aspirin scheint das Risiko des Auftretens weiterer Schlaganfälle in der Zukunft stärker zu senken als die alleinige Anwendung von Aspirin, allerdings nur in den ersten 3 Monaten nach dem Schlaganfall. Danach zeigt die Kombination keinen Vorteil gegenüber Aspirin allein. Zudem erhöht sich bei kombinierter Anwendung von Clopidogrel und Aspirin das Blutungsrisiko etwas.

Wenn ein Blutgerinnsel aus dem Herz die TIA verursacht hat, werden Antikoagulanzien (Gerinnungshemmer) wie Warfarin gegeben, um die Gerinnungsneigung des Blutes zu verringern. Häufig werden anstelle von Warfarin die neueren Blutgerinnungshemmer Dabigatran, Apixaban und Rivaroxaban angewendet. Diese neueren Gerinnungshemmer (Antikoagulanzien) sind einfacher in der Anwendung, da bei ihnen im Gegensatz zu Warfarin keine regelmäßige Überwachung mittels Bluttests erforderlich ist, um die Blutgerinnungsgeschwindigkeit zu messen. Auch Nahrungsmittel haben keinen Einfluss auf sie, und eine Wechselwirkung mit anderen Medikamenten ist unwahrscheinlich. Doch die neuen Antikoagulanzien haben auch ein paar Nachteile. Dabigatran und Apixaban müssen zweimal täglich eingenommen werden. (Warfarin nur einmal am Tag.) Es dürfen auch keine Dosen der neueren Medikamente ausgelassen werden, um deren Wirksamkeit sicherzustellen, und die neueren Medikamente sind erheblich teurer als Warfarin.

Operation

Anhand des Ausmaßes der Verengung der Halsschlagadern kann das Risiko für einen Schlagfall oder eine weitere TIA eingeschätzt und somit der Bedarf für eine weitere Behandlung bestimmt werden. Bei Personen, bei denen ein hohes Risiko vermutet wird (zum Beispiel, wenn die Halsschlagader zu mindestens 70 Prozent verengt ist), könnte eine Operation zur Erweiterung der Arterie (eine sogenannte Karotis-Endarteriektomie) durchgeführt werden, um das Risiko zu reduzieren. Bei einer Karotis-Endarteriektomie werden gewöhnlich Fettablagerungen (Atherome oder Plaques) aufgrund einer Arteriosklerose und Gerinnsel aus der inneren Halsschlagader entfernt. Allerdings kann dieser Eingriff selbst einen Schlaganfall auslösen, weil sich durch die Operation Blutgerinnsel oder andere Materialien ablösen können, die dann ins Blut gelangen und eine Arterie verstopfen. Nach einer Operation ist das Schlaganfallrisiko jedoch für mehrere Jahre niedriger als bei einer Behandlung mit Medikamenten. Das Verfahren kann zu einem Herzinfarkt führen, da Patienten, die sich diesem Verfahren unterziehen, häufig Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit aufweisen.

Angioplastie und Stentplatzierung

Wenn jemand nicht gesund genug ist, um einer Operation unterzogen zu werden, könnte eine Angioplastie mit Stenting durchgeführt werden (siehe Abbildung zur Veranschaulichung einer perkutanen Koronarintervention (PCI)). Dabei wird ein Katheter mit einem Ballon an der Spitze in die verengte Arterie eingeführt. Der Ballon wird mehrere Sekunden lang aufgeblasen, um die Arterie zu weiten. Um die Arterie offen zu halten, wird eine Röhre aus Drahtnetz (Stent) in die Arterie eingesetzt.