Medikamente bei akuten Koronarsyndromen

VonRanya N. Sweis, MD, MS, Northwestern University Feinberg School of Medicine;
Arif Jivan, MD, PhD, Northwestern University Feinberg School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Juni 2022
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Ziele der Therapie eines akuten koronaren Syndroms (ACS) sind die Beseitigung der Schmerzen, Unterbrechung der Thrombose, Beendigung der Ischämie, Begrenzung der Infarktgröße, Senkung der Herzarbeit, Vorbeugung und Behandlung von Komplikationen. Das ACS ist ein medizinischer Notfall und das Resultat wird wesentlich von einer sofortigen Diagnostik und Behandlung beeinflusst. Die Behandlung erfolgt parallel zur Diagnostik. Die Behandlung umfasst Revaskularisierung mit perkutaner koronarer Intervention, koronare Bypass-Operation, oder Fibrinolyse) und medikamentöse Therapie zur Behandlung von ACS und der zugrunde liegenden koronaren Herzkrankheit.

Medikamente werden abhängig von der Art der ACS verwendet und umfassen

  • Aspirin, Clopidogrel oder beides (Prasugrel oder Ticagrelor sind Alternativen zu Clopidogrel, wenn keine fibrinolytische Therapie durchgeführt wurde)

  • Betablocker

  • Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitor für bestimmte Patienten, die sich einer perkutanen Koronarintervention (PCI) unterziehen, und für Hochrisikoläsionen (z. B. hohe Thrombuslast, kein Reflow)

  • Ein Heparin (unfraktioniertes oder niedermolekulares Heparin) oder Bivalirudin (insbesondere bei ST-segment elevation myocardial infarction (STEMI)-Patienten mit einem hohen Blutungsrisiko)

  • I.v. Nitroglycerin (außer bei unkompliziertem Myokardinfarkt mit geringem Risiko)

  • Fibrinolytika für ausgewählte Patienten mit STEMI, wenn PCI nicht rechtzeitig verfügbar

  • Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer (so früh wie möglich)

  • Statine

Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulanzien, die die Bildung von Blutgerinnseln verhindern, werden routinemäßig verabreicht. Medikamente mit antiischämischer Wirkung (z. B. Betablocker oder IV Nitroglycerin) werden oft zusätzlich gegeben, v. a. bei Brustschmerzen oder Hypertonie (siehe Tabelle Medikamente gegen koronare Herzkrankheiten).

Fibrinolytika sollten verwendet werden, wenn sie nicht kontraindiziert sind, bei STEMI, sofern primäre PCI nicht sofort verfügbar ist, aber sie verschlechtern das Ergebnis bei instabiler Angina pectoris und Nicht-ST Elevation Myocardial Infarction (NSTEMI).

Brustschmerzen können mit Nitroglycerin oder manchmal mit Morphin behandelt werden. Nitroglycerin ist Morphin vorzuziehen, das mit Bedacht angewendet werden sollte (z. B. wenn ein Patient eine Kontraindikation gegen Nitroglycerin hat oder trotz Nitroglycerintherapie Schmerzen hat). Nitroglycerin wird initial sublingual, dann je nach Bedarf in einer kontinuierlichen Infusion verabreicht. Morphin 2–4 mg IV, bei Bedarf alle 15 Minuten wiederholt, ist sehr effektiv, kann jedoch eine Atemdepression bewirken und die myokardiale Kontraktionskraft beeinträchtigen. Zudem ist Morphin ein potenter venöser Vasodilatator. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Morphin mit einigen P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren interferiert. Eine große retrospektive Studie zeigte, dass Morphin die Mortalität bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt erhöhen kann (1, 2). Eine morphininduzierte Hypotonie und Bradykardie kann in der Regel durch sofortiges Anheben der Beine behoben werden.

Die meisten Patienten haben bei Ankunft in der Notaufnahme einen normalen oder leicht erhöhten Blutdruck, der dann während der nächsten Stunden allmählich abfällt. Eine anhaltende Hypertonie erfordert eine antihypertensive Behandlung, vorzugsweise mit Nitroglycerin IV, um den Blutdruck abzusenken und die Herzarbeit zu vermindern. Eine ausgeprägte Hypotonie oder andere Zeichen eines Schocks sind alarmierend und müssen aggressiv mit IV Infusionen und manchmal mit Vasopressoren behandelt werden.

Tabelle

Literatur

  1. 1. Meine TJ, Roe MT, Chen AY, et al: Association of intravenous morphine use and outcomes in acute coronary syndromes: results from the CRUSADE Quality Improvement Initiative. Am Heart J 149(6):1043-1049, 2005. doi 10.1016/j.ahj.2005.02.010

  2. 2. Kubica J, Adamski P, Ostrowska M, et al: Morphine delays and attenuates ticagrelor exposure and action in patients with myocardial infarction: the randomized, double-blind, placebo-controlled IMPRESSION trial. Eur Heart J 37(3):245–252, 2016. doi: 10.1093/eurheartj/ehv547

Thrombozytenfunktionshemmende Medikamente

Aspirin, Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor, Ticlopidin und Glykoprotein(GP)-IIb/IIIa-Inhibitoren sind Beispiele für Thrombozytenaggregationshemmer. Falls nicht kontraindiziert (z. B. lebensbedrohliche aktive Blutungen, erhalten alle Patienten bei Aufnahme 160–325 mg Aspirin (nicht dünndarmlöslich) und danach 81 mg einmal täglich auf unbestimmte Zeit. Die erste Dosis wird rascher resorbiert, wenn die Tablette zerkaut wird. Aspirin reduziert kurz- und langfristig das Mortalitätsrisiko (1).

Wenn eine Therapie mit Aspirin nicht möglich ist, kann Clopidogrel 75 mg p.o. 1-mal täglich oder Ticlopidin 250 mg p.o. 2-mal täglich verabreicht werden. Clopidogrel hat Ticlopidin bei der routinemäßigen Anwendung weitgehend ersetzt, da bei Ticlopidin das Risiko einer Neutropenie besteht und die Leukozytenzahl regelmäßig überwacht werden muss.

Patienten, die sich keiner Revaskularsierung unterziehen

Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS), bei denen eine Intervention nicht möglich oder empfohlen ist, erhalten sowohl Aspirin als auch Clopidogrel (oder Ticagrelor) für mindestens 12 Monate. Im Allgemeinen ist es das Hauptaugenmerk von Dosierung und Dauer der Thrombozytenaggregationshemmer, das verminderte Risiko einer koronaren Thrombose mit dem erhöhten Risiko von Blutungen zu balancieren.

Patienten, die sich einer Revaskularisierung unterziehen

Bei Patienten, die sich einer PCI unterziehen, verbessert eine Initialdosis von Clopidogrel (300–600 mg einmalig oral), Prasugrel (60 mg einmalig oral) oder Ticagrelor (180 mg einmalig oral) die Ergebnisse (2).

Einige Ärzte verabreichen allen Hochrisiko-Patienten (z. B. an solche mit deutlich erhöhten kardialen Markern, einem TIMI-Risiko-Score 4 oder bei anhaltenden Beschwerden trotz adäquater medikamentöser Therapie) mit großer Thrombuslast einen GP IIb/IIIa-Inhibitor während PCI. Die Gabe erfolgt für 6–24 h, und vor Absetzen der Glykoprotein-IIb/IIIa-Hemmer-Infusion wird eine Angiographie durchgeführt. GP-IIb/IIIa-Hemmer werden nicht für Patienten empfohlen, die Fibrinolytika erhalten. Abciximab, Tirofiban und Eptifibatid scheinen eine äquivalente Wirksamkeit zu haben, und die Wahl des Medikaments sollte von anderen Faktoren abhängen (z. B. Kosten, Verfügbarkeit, Vertrautheit).

Für Patienten, die einen Stent zur Revaskularisation bekommen, wird Aspirin weiterhin auf unbestimmte Zeit verschrieben. Clopidogrel 75 mg oral einmal pro Tag, 10 mg Prasugrel oral einmal pro Tag oder 90 mg oral zweimal pro Tag Ticagrelor 2-mal pro Tag sollte für mindestens 1 Monat bei Patienten mit einer Bare-Metal-Stent verwendet werden. Patienten mit einem medikamentenbeschichteten Stent nach ACS haben ein erhöhtes Thromboserisiko und profitieren von einer mindestens 12-monatigen Behandlung mit Clopidogrel (oder Prasugrel oder ticagrelor).

Literatur zu Thrombozytenaggregationshemmern

  1. 1. Levine GN, Bates ER, Bittl JA, et al: 2016 ACC/AHA Guideline focused update on duration of dual antiplatelet therapy in patients with coronary artery disease: A report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines: An Update of the 2011 ACCF/AHA/SCAI Guideline for Percutaneous Coronary Intervention, 2011 ACCF/AHA Guideline for Coronary Artery Bypass Graft Surgery, 2012 ACC/AHA/ACP/AATS/PCNA/SCAI/STS Guideline for the Diagnosis and Management of Patients With Stable Ischemic Heart Disease, 2013 ACCF/AHA Guideline for the Management of ST-Elevation Myocardial Infarction, 2014 AHA/ACC Guideline for the Management of Patients With Non-ST-Elevation Acute Coronary Syndromes, and 2014 ACC/AHA Guideline on Perioperative Cardiovascular Evaluation and Management of Patients Undergoing Noncardiac Surgery. J Am Coll Cardiol 68 (10): 1082–115, 2016.

  2. 2. Lawton JS, Tamis-Holland JE, Bangalore S, et al: 2021 ACC/AHA/SCAI guideline for coronary artery revascularization: a report of the ACC/AHA Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol 79(2):e21–e129, 2022. doi: 10.1016/j.jacc.2021.09.006

Gerinnungshemmende Medikamente

Solange keine Kontraindikation besteht (z. B. aktive Blutung oder geplanter Einsatz von Streptokinase oder Anistreplase), wird routinemäßig entweder ein niedermolekulares Heparin (NMH) oder ein unfraktioniertes Heparin (UFH) oder Bivalirudin verabreicht. Die Wahl des Wirkstoffes ist etwas kompliziert.

Patienten mit hohem Risiko für systemische Embolien (z. B. Vorhofflimmern mit CHA2DS2VASc-Score ≥ 2) benötigen ebenfalls eine Langzeittherapie mit einem oralen Antikoagulans (z. B. Warfarin, Dabigatran, Apixaban, Rivaroxaban). Die Umstellung auf orale Antikoagulanzien sollte 48 Stunden nach Abklingen der klinischen Symptome oder PCI beginnen.

Unfraktioniertes Heparin

Unfraktioniertes Heparin ist in seiner Anwendung komplizierter, weil es häufige (alle 6 h) Dosierungsanpassungen erfordert, um ein aktivierter partieller Thromboplastinzeit (a) von 1,5- bis 2-mal dem Kontrollwert zu erreichen. Bei Patienten, die einer Angiographie unterzogen werden, wird eine weitere Dosierungsanpassung vorgenomen, um eine aktivierte Gerinnungszeit (ACT) von 200–250 Sekunden zu erreichen, wenn der Patient mit einem GP IIb/IIIa-Hemmer behandelt wird, und 250–300 Sekunden, wenn kein GP IIb/IIIa-Hemmer gegeben wird. Wenn sich jedoch nach der Katheterisierung eine Blutung entwickelt, sind die Effekte unfraktionierten Heparins kürzer und können umgekehrt werden (indem die Heparininfusion prompt gestoppt wird und Protaminsulfat gegeben wird).

Niedermolekulares Heparin

Die LMWHs haben eine bessere Bioverfügbarkeit, werden als eine einfache Gewichts-basierte Dosis ohne Überwachung von aPTT und Dosistitrierung gegeben und haben ein geringeres Risiko von Heparin-induzierter Thrombozytopenie. Sie können bei ACS-Patienten ähnlich wie unfraktioniertes Heparin eingesetzt werden und scheinen sogar z. T. einen besseren Nutzen zu haben. Unter den LMWHs scheint Enoxaparin Dalteparin oder Nadroparin überlegen zu sein. Allerdings kann Enoxaparin ein höheres Blutungsrisiko bei Patienten mit STEMI, die > 75 sind, darstellen und seine Auswirkungen sind mit Protamin nicht vollständig reversibel.

Wahl von Heparin

Wird all dies berücksichtigt, empfehlen viele veröffentlichte Richtlinien LMWH (z. B. Enoxaparin) gegenüber unfraktioniertem Heparin bei Patienten mit instabiler Angina pectoris oder NSTEMI und bei Patienten < 75 mit STEMI, die keiner PCI unterzogen werden.

Im Gegensatz dazu wird unfraktioniertes Heparin empfohlen, wenn eine Notfall-PCI durchgeführt wird (z. B. Patienten mit akutem STEMI, die ins Katheterlabor weitergeleitet werden), wenn CABG innerhalb der nächsten 24 h indiziert ist und wenn die Patienten ein hohes Risiko für Blutungskomplikationen (z. B. Vorgeschichte von gastrointestinale Blutung innerhalb der letzten 6 Monate) oder eine Kreatinin-Clearance < 30 ml/min haben. Andauernde Studien sollten bei der Klarstellung der Wahl zwischen LMWH und unfraktioniertem Heparin helfen.

Bei Patienten, die sich einer PCI unterziehen, wird Heparin nach dem Eingriff nicht länger empfohlen, es sei denn die Patienten haben ein hohes Risiko thromboembolischer Ereignisse (z. B. Patienten großem anteriorem Myokardinfarkt, bekanntem LV-Thrombus, Vorhofflimmern), da ischämische Ereignisse nach dem Eingriff durch den Einsatz von Stents und Thrombozytenaggregationshemmern reduziert worden sind. Bei Patienten, die keiner PCI unterzogen werden, wird Heparin für 48 h fortgesetzt (oder länger, wenn die Symptome andauern).

Heparin-Alternativen

Die Schwierigkeiten mit den Heparinen (einschließlich Blutungskomplikationen, das RisikoHeparin-induzierter Thrombozytopenie und, mit unfraktioniertem Heparin, die Notwendigkeit von Dosierungsanpassungen) haben zur Suche nach besseren Antikoagulanzien geführt.

Die direkten Thrombin-Hemmer, Bivalirudin und Argatroban, könnten eine geringere Inzidenz schwerer Blutungen und bessere Ausgänge, insbesondere bei Patienten mit Niereninsuffizienz, aufweisen (Hirudin, ein weiterer direkter Thrombin-Hemmer, scheint mehr Blutungen zu verursachen als die anderen Substanzen). Der Faktor-Xa-Hemmer Fondaparinux senkt die Mortalität und den Reinfarkt bei Patienten mit NSTEMI, die sich PCI unterziehen, ohne Blutungen zu erhöhen, kann aber bei Patienten mit STEMI zu schlechteren Ausgängen führen als unfraktioniertes Heparin. Obwohl ein routinemäßiger Einsatz dieser alternativen Antikoagulanzien somit derzeit nicht empfohlen wird, sollten sie anstelle von unfraktioniertem Heparin oder LMWH bei Patienten mit bekannter oder vermuteter Vorgeschichte Heparin-induzierter Thrombozytopenie verwendet werden.

Bivalirudin ist ein akzeptables Antikoagulanz für Patienten, die sich einer primären PCI unterziehen und ein hohes Blutungsrisiko haben, und wird für diejenigen mit einer bekannten oder vermuteten Vorgeschichte Heparin-induzierter Thrombozytopenie empfohlen. Für Patienten mit instabiler Angina pectoris oder NSTEMI ist die Initialdosis ein Bolus von 0,1 mg/kg IV, gefolgt von einen Tropf von 0,25 mg/kg/h. Für Patienten mit STEMI ist die Initialdosis 0,75 mg/kg IV, gefolgt von 1,75 mg/kg/h.

Betablocker

Diese Medikamentengruppe wird empfohlen, wenn keine Kontraindikationen (z. B. Bradykardie, Leitungsblock, Hypotonie oder Asthma bronchiale) vorliegen, v. a. bei Hochrisikopatienten. Betablocker senken die Herzfrequenz, den arteriellen Druck und die Kontraktilität und reduzieren dadurch die Herzarbeit und den Sauerstoffbedarf. Die Größe des Infarktes bestimmt in erheblichem Maß die Herzleistung nach der Genesung des Patienten. Die orale Gabe von Betablockern innerhalb der ersten Stunden verbessert die Prognose, indem die Infarktgröße, die Rezidivrate, die Häufigkeit von Kammerflimmern und das Mortalitätsrisiko gesenkt werden (1).

Während der Behandlung mit Betablockern müssen Herzfrequenz und Blutdruck sorgfältig überwacht werden. Bei der Entwicklung einer Bradykardie oder Hypotonie muss die Dosis reduziert werden. Massive unerwünschte Effekte können durch Infusion des beta-adrenergen Agonisten Isoproterenol 1–5 mcg/min aufgehoben werden.

Hinweis zu Betablockern

  1. 1. Chen ZM, Pan HC, Chen YP, et al. Early intravenous then oral metoprolol in 45,852 patients with acute myocardial infarction: randomised placebo controlled trial. Lancet 366:1622–1632, 2005.

Nitrate

Ein kurzwirksames Nitrat, Nitroglycerin, wird bei ausgewählten Patienten eingesetzt, um die Herzarbeit zu reduzieren. Nitroglycerin dilatiert Venen, Arterien und Arteriolen und vermindert so die linksventrikuläre Vor- und Nachlast. Dadurch wird der myokardiale Sauerstoffbedarf reduziert und die Ischämie verringert.

Die Gabe von Nitroglycerin IV empfiehlt sich innerhalb der ersten 24–48 h bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz, einem großen Vorderwandinfarkt, persistierendem Brustschmerz oder einer Hypertonie. Der Blutdruck sollte nicht auf < 110 bis 120 mmHg systolisch gesenkt werden; Patienten, die bei diesem Blutdruck symptomatisch bleiben, sollten eher eine Notfall-PCI als eine weitere Blutdrucksenkung erhalten.

Eine längere Therapie kann für Patienten mit rezidivierenden Brustschmerzen oder persistierender Lungenstauung günstig sein. Nitroglycerin in den ersten Stunden reduziert bei Hochrisikopatienten die Infarktgröße und verringert kurzfristig und möglicherweise auch langfristig das Mortalitätsrisiko. Nitroglycerin wird nicht routinemäßig bei Patienten mit einem unkomplizierten Myokardinfarkt und einem niedrigen Risiko eingesetzt.

Fibrinolytika

Tenecteplase (TNK), Alteplase (rTPA), Reteplase (rPA), Streptokinase und Anistreplase (APSAC, "anisoylated plasminogen activator complex") sind Plasminogen-Aktivatoren, die alle IV verabreicht werden. Sie konvertieren einkettiges Plasminogen in zweikettiges Plasminogen, das fibrinolytische Aktivität besitzt. Sie haben verschiedene Eigenschaften und Dosierungsschemata (siehe Tabelle Intravenöse Fibrinolytika) und eignen sich nur für ausgewählte Patienten mit STEMI).

Tenecteplase und Reteplase werden aufgrund der Einfachheit ihrer Verabreichung am häufigsten empfohlen; Tenecteplase wird als Einzelbolus über 5 Sekunden und Reteplase als Doppelbolus über 30 Minuten gegeben. Die Verabreichungsdauer ist kürzer und Fehler bei der Verabreichung sind hier seltener im Vergleich zu anderen fibrinolytischen Medikamenten. Bei Tenecteplase besteht, wie bei Alteplase, ein intermediäres Risiko für eine intrakranielle Blutung. Die Rekanalisierungsrate ist größer als bei anderen fibrinolytischen Medikamenten und sie ist teuer. Bei Reteplase ist das Risiko einer intrakraniellen Blutung am höchsten. Die Rekanalisierungsrate entspricht der von Tenecteplase. Das Medikament ist teuer.

Streptokinase (derzeit in den USA nicht verfügbar) kann allergische Reaktionen auslösen, v. a. dann, wenn sie früher schon einmal eingesetzt wurde, und muss als Infusion über 30–60 Minuten gegeben werden. Bei Streptokinase ist die Häufigkeit intrakranieller Blutungen jedoch geringer und das Mittel ist relativ billig. Anistreplase kann wie Streptokinase ebenfalls allergische Reaktionen auslösen, sie ist etwas teurer, kann aber als Einzelbolus gegeben werden. Bei beiden Fibrinolytika ist keine begleitende Therapie mit Heparin erforderlich. Bei beiden ist die Rekanalisierungsrate niedriger als bei den anderen Plasminogenaktivatoren. Wegen der Möglichkeit allergischer Reaktionen erhalten Patienten, die zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal mit Streptokinase oder Anistreplase lysiert wurden, diese Medikamente nicht wieder.

Die Gabe von Alteplase erfolgt in einer akzelerierten (frontloaded) Dosierung über 90 Minuten. Die gemeinsame Gabe von Alteplase mit Heparin IV verbessert die Durchgängigkeit der betroffenen Arterie, verursacht keine Allergien und hat eine höhere Kanalisationsrate als andere Fibrinolytika.

Tabelle

Kontraindikationen zur fibrinolytischen Therapie

Es gibt viele absolute und relative Kontraindikationen für eine fibrinolytische Therapie. Im Allgemeinen ist das Vorhandensein einer aktiven Blutung oder eines Zustands, bei dem eine Blutung lebensbedrohlich wäre, eine absolute Kontraindikation. Die Kontraindikationen zur fibrinolytischen Therapie sind in der Tabelle Kontraindikationen zur fibrinolytischen Therapie aufgeführt.

Tabelle

Weitere Medikamente bei akuten Koronarsyndromen

Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer scheinen das Sterblichkeitsrisiko bei einem Myokardinfarkt, v. a. bei einem Vorderwandinfarkt, Herzinsuffizienz oder Tachykardie, zu reduzieren. Den größten Nutzen haben Hochrisikopatienten in der frühen Rekonvaleszenzphase. ACE-Hemmer werden für einen Zeitraum von > 24 h nach der Thrombolysestabilisierung gegeben und können aufgrund ihres anhaltend günstigen Effekts langfristig verordnet werden.

Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (AT-II-Rezeptorantagonisten) können bei Patienten mit einer Intoleranz gegenüber ACE-Hemmern (z. B. Reizhusten) eine wirksame Alternative sein. Derzeit gehören sie nicht zur Therapie der ersten Wahl (First-line-Therapie) nach einem Myokardinfarkt. Zu den Kontraindikationen zählen eine Hypotonie, eine Niereninsuffizienz, eine bilaterale Nierenarterienstenose und eine bekannte Allergie.

Statine (Hydroxymethylglutaryl-Coenzym A-Reduktase-Hemmer) sind lange zur Prävention der koronaren Herzkrankheit und ACS verwendet worden, jedoch liegen nun immer mehr Anzeichen dafür vor, dass sie auch kurzfristige Vorteile haben, wie die Stabilisierung von Plaque, die Umkehrung endothelialer Dysfunktion, die Senkung der Thrombogenität und die Verringerung von Entzündungen. Daher sollten alle Patienten ohne Kontraindikationen (z. B. Statin-induzierte Myopathie, Leberfunktionsstörung) zur Therapie so früh wie möglich nach einem ACS ein Statin in der maximal verträglichen Dosis erhalten, unabhängig von ihren Serumlipidwerten.

PCSK-9-Inhibitoren (Evolocumab, Alirocumab) werden bei Patienten eingesetzt, die den Ziel-LDL-C-Wert nicht erreichen. Sie werden allein oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapien (z. B. Statine, Ezetimib) zur Behandlung von Erwachsenen mit primärer Hyperlipidämie (einschließlich familiärer Hypercholesterinämie) eingesetzt.