Akuter Myokardinfarkt

VonRanya N. Sweis, MD, MS, Northwestern University Feinberg School of Medicine;
Arif Jivan, MD, PhD, Northwestern University Feinberg School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Juni 2022
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Ein akuter Myokardinfarkt ist eine myokardiale Nekrose, die durch eine akuten Obstruktion einer Koronararterie hervorgerufen wird. Zu den Symptomen gehören Unwohlsein im Brustbereich mit oder ohne Dyspnoe, Übelkeit und/oder Schweißausbruch bzw. Kaltschweißigkeit. Die Diagnose ergibt sich aus dem EKG und dem Vorliegen oder Fehlen serologischer Marker. Die Behandlung erfolgt mit Thrombozytenaggregationshemmern, Antikoagulantien, Nitraten, Betablockern, Statinen und Reperfusionstherapie. Bei einem ST-Streckung-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) wird eine notfallmäßige Reperfusion mittels Fibrinolytika, perkutaner koronarer Intervention (PCI) oder gelegentlich mittels koronarer Bypass-Operation durchgeführt. Bei Myokardinfarkt ohne ST-Segment-Erhöhung, erfolgt Reperfusion mittels perkutaner Intervention oder einer koronaren Bypass-Operation.

(Siehe auch Vorgehensweise bei akuten Koronarsyndromen.)

In den USA erleiden etwa 1,0 Millionen Menschen pro Jahr einen Myokardinfarkt. MI führt bei 300.000 bis 400.000 Menschen zum Tod (siehe auch Herzstillstand).

Akuter Myokardinfarkt, zusammen mit instabiler Angina, wird als ein akutes Koronar-Syndrom bezeichnet. Akute Myokardinfarkte umfassen sowohl nicht ST-Hebungsinfarkte (NSTEMI) als auch ST-Hebungsinfarkte (STEMI). Die Unterscheidung zwischen NSTEMI und STEMI ist von entscheidender Bedeutung, da die Behandlungsstrategien für diese beiden Einheiten unterschiedlich sind.

Pathophysiologie des akuten Myokardinfarkts

Myokardinfarkt ist definiert als myokardiale Nekrose in einem klinischen Umfeld, die im Einklang mit einer Myokardischämie steht (1). Diese Bedingungen können durch einen Anstieg der kardialen Biomarker (vorzugsweise kardiales Troponin; [cTn]) oberhalb des 99th. Perzentils des oberen Sollwerts (URL) erfüllt werden; und zuzüglich mindestens eines der folgenden Symptome:

  • Symptome einer Ischämie

  • EKG-Veränderungen, die für eine neue Ischämie indikativ sind (signifikante ST/T-Wechsel oder Linksschenkelblock)

  • Entwicklung pathologischer Q-Zacken

  • Bildgebungsnachweis neuen Myokardverlusts oder neuer regionaler Wandbewegungsanomalien

  • Angiographie- oder Autopsie-Beweise für intrakoronaren Thrombus

Etwas andere Kriterien werden angewandt, um Myokardinfarkt während und nach perkutaner koronarer Intervention oder Koronararterien-Bypass-Operation und als Ursache eines plötzlichen Todes zu diagnostizieren.

Myokardinfarkt kann basierend auf Ätiologie und Umstände in 5 Typen klassifiziert werden:

  • Typ 1: Spontaner Myokardinfarkt durch Ischämie aufgrund eines primären koronaren Ereignisses (z. B. Ruptur, Erosion oder Rissbildung von Plaque; koronare Dissektion)

  • Typ 2: Ischämie aufgrund erhöhten Sauerstoffbedarfs (z. B. Hypertonie) oder verminderter Versorgung (z. B. Koronarspasmen oder Embolismus, Arrhythmien, Hypotonie)

  • Typ 3: Mit plötzlichem, unerwartetem Herztod zusammenhängend

  • Typ 4a: Im Zusammenhang mit einer perkutanen Koronarintervention (Anzeichen und Symptome eines Myokardinfarkts mit cTn Werte > 5 x 99. Perzentile URL)

  • Typ 4b: Mit dokumentierter Stent-Thrombose assoziiert

  • Typ 5: Im Zusammenhang mit einem koronaren Bypassoperation (Anzeichen und Symptome eines Myokardinfarkts mit cTn-Werten > 10 × 99. Perzentil URL)

Infarkt Lage

Ein Myokardinfarkt betrifft überwiegend den linken Ventrikel (LV), jedoch kann sich das geschädigte Gebiet auf den rechten Ventrikel (RV) oder die Vorhöfe ausdehnen.

Ein rechtsventrikulärer Infarkt entsteht in der Regel aufgrund einer Obstruktion der rechten Koronararterie oder eines dominanten RCX. Der RV-Infarkt ist von hohen rechtsventrikulären Füllungsdrücken gekennzeichnet und geht häufig mit einer schweren Trikuspidalinsuffizienz und einer verminderten Herzauswurfleistung einher.

Ein Hinterwandinfarkt führt bei etwa der Hälfte der Patienten zu einem gewissen Grad an RV-Dysfunktion und bei 10–15% zu hämodynamischen Anomalien. Eine Dysfunktion des RV sollte bei jedem Patienten mit einem Hinterwandinfarkt und erhöhtem Jugularvenendruck in Kombination mit Hypotonie oder Schock in Erwägung gezogen werden. Ein RV-Infarkt als Komplikation eines linksventrikulären Infarktes kann das Sterblichkeitsrisiko signifikant erhöhen.

Vorderwandinfarkte sind gewöhnlich größer und haben eine schlechtere Prognose als Hinterwandinfarkte. Sie entstehen in der Regel infolge einer Obstruktion der linken Koronararterie, hier v. a. des RIVA, während Hinterwandinfarkte einen Verschluss der rechten Koronararterie oder der dominanten RCX widerspiegeln.

Infarktausmaß

Infarkt kann sein,

  • Transmurale

  • nicht transmural

Transmurale Infarkte betreffen alle Wandschichten des Myokards vom Epikard bis zum Endokard und sind im EKG normalerweise durch pathologische Q-Zacken gekennzeichnet.

Nichttransmurale (einschließlich subendokardiale) Infarkte dehnen sich nicht über die Ventrikelwand hinaus aus und rufen nur Veränderungen der ST-Strecke und der T-Welle (ST-T) hervor. Subendokardiale Infarkte betreffen in der Regel das innere Drittel des Myokards, wo die Wandspannung am höchsten ist und die myokardiale Durchblutung am empfindlichsten auf Durchblutungsveränderungen reagiert. Diese Infarkte können nach einer anhaltenden Hypotonie auftreten.

Da die transmurale Tiefe der Nekrose klinisch nicht präzise bestimmt werden kann, werden Infarkte in der Regel als STEMI oder NSTEMI klassifiziert, ob im EKG eine ST-Strecken-Hebung oder Q-Zacken vorhanden sind oder nicht. Das Volumen des zerstörten Myokards kann anhand des Ausmaßes und der Dauer der CK-Erhöhung oder anhand der Spitzenwerte der häufiger gemessenen kardialen Troponine grob geschätzt werden.

Der Nicht-ST-Strecken-Elevationsmyokardinfarkt(NSTEMI, subendokardialer Myokardinfarkt) ist eine Myokardnekrose (Nachweis über kardiale Marker im Blut; Troponin I oder Troponin T and CK sind erhöht) ohne akute ST-Strecken-Hebung. EKG-Veränderungen wie ST-Strecken-Senkung, Inversion der T-Welle oder beides können vorhanden sein.

ST-Strecken-Elevationsinfarkt (STEMI, transmuraler Myokardinfarkt) ist eine Myokardnekrose mit EKG-Veränderungen, die eine ST-Strecken-Hebung, die nicht schnell durch die Gabe von Nitroglycerin aufgehoben. Troponin I oder Troponin T und CK sind erhöht.

Myokardinfarkt bei fehlender koronarer Herzkrankheit (MINOCA)

Ein Myokardinfarkt ohne obstruktive koronare Herzkrankheit (MINOCA) wird bei etwa 5–6% der Patienten mit akutem Myokardinfarkt festgestellt, die sich einer Koronarangiographie unterziehen (2). Patienten mit MINOCA sind in der Regel jünger, weiblich und und haben keine Dyslipidämie. Sie haben in der Regel eine Myokardnekrose ohne signifikante koronare Atherosklerose. Plaquerisse und koronare Gefäßspasmen sind bei MINOCA häufig. Koronarthrombose oder -embolie und spontane Koronararteriendissektion sind Ursachen für MINOCA. Die medizinische Behandlung sollte sich nach dem Mechanismus richten, der der MINOCA bei jedem Patienten zugrunde liegt.

Literatur zur Pathophysiologie

  1. 1. Thygesen K, Alpert JS, Jaffe AS, et al, the Writing Group on behalf of the Joint ESC/ACCF/AHA/WHF Task Force for the Universal Definition of Myocardial Infarction: ESC/ACCF/AHA/WHF Expert Consensus Document Third Universal Definition of Myocardial Infarction. Circulation 126:2020–2035, 2012. doi: 10.1161/CIR.0b013e31826e1058

  2. 2. Tamis-Holland JE, Jneid H, Reynolds HR, et al: Contemporary diagnosis and management of patients with myocardial infarction in the absence of obstructive coronary artery disease: A scientific statement from the American Heart Association. Circulation 139:e891–e908, 2019. doi.org/10.1161/CIR.0000000000000670

Symptome und Anzeichen eines akuten MI

Die Symptome des NSTEMI und STEMI sind dieselben. Tage bis Wochen vor dem Infarktereignis zeigen sich bei etwa zwei Drittel der Patienten Symptome, die Vorboten des Infarktgeschehens sind. Dazu gehören eine instabile oder Crescendo-Angina, Kurzatmigkeit und Müdigkeit.

Das erste Symptom eines akuten Infarktes ist normalerweise ein tiefer, retrosternaler viszeraler Schmerz, der von den Patienten oft als Druck oder Brennen beschrieben wird und bis in den Rücken, zum Kiefer, in den linken und rechten Arm, Schultern oder in alle genannten Bereiche ausstrahlen kann. Die Schmerzen ähneln denen einer Angina pectoris, sind jedoch für gewöhnlich heftiger und dauern länger an. Häufig leiden die Patienten zusätzlich unter Dyspnoe, Übelkeit und/oder Erbrechen und Schwitzen. Die Symptome lassen in Ruhe oder bei Gabe von Nitroglycerin nur wenig oder nur kurzzeitig nach. Es können jedoch auch nur leichte Beschwerden auftreten. Etwa 20% der akuten Myokardinfarkte verlaufen stumm (d. h. asymptomatisch oder mit unbestimmten Symptomen, die von den Patienten nicht als Krankheit erkannt werden), ein Phänomen, das sich häufiger bei Patienten mit Diabetes findet. Häufig werden die Beschwerden als Verdauungsstörungen interpretiert, v. a. weil eine spontane Linderung fälschlicherweise einem Aufstoßen oder der Einnahme eines Antazidums zugeschrieben wird.

Einige Patienten haben Synkopen.

Bei Frauen treten eher atypische Beschwerden im Brustbereich auf. Ältere Patienten geben eher eine Dyspnoe als ischämische Brustschmerzen an.

Bei schweren ischämischen Attacken leiden die Patienten häufig unter starken Schmerzen, sind unruhig und ängstlich. Übelkeit und Erbrechen können v. a. bei einem inferioren Myokardinfarkt auftreten. Dyspnoe und Schwäche infolge einer LV-Insuffizienz, Lungenödem, Schock oder signifikante Rhythmusstörung können das klinische Bild beherrschen.

Die Patienten können eine blasse und kaltschweißige Haut haben. Eine periphere oder zentrale Zyanose kann sich zeigen. Der Puls kann fadenförmig und der Blutdruck schwankend sein, obwohl viele Patienten anfangs während der Schmerzattacken mehr oder weniger hypertone Werte aufweisen.

Die Herztöne sind meist etwas abgeschwächt; ein 4. Herzton liegt beinahe immer vor. Im Bereich der Herzspitze kann ein weiches, blasendes Systolikum vorhanden sein, das eine Papillarmuskeldysfunktion anzeigt. Ein Reibegeräusch oder auffällige Geräusche bei der ersten Untersuchung können auf eine bestehende Vorerkrankung des Herzens oder eine andere Diagnose hindeuten. Die Feststellung eines Reibegeräuschs innerhalb weniger Stunden nach Beginn einer Infarktsymptomatik deutet eher auf eine akute Perikarditis als auf einen Myokardinfarkt hin. Reibegeräusche, in der Regel vorübergehend, finden sich jedoch häufig am 2. und 3. Tag nach einem STEMI. Beim Abtasten ist die Brustwand bei ca. 15% der Patienten empfindlich.

Bei einem rechtsventrikulären (RV) Infarkt zeigen sich erhöhte Füllungsdrücke im RV, gestaute Jugularvenen (häufig mit Kussmaul-Zeichen, freie Lungenfelder und eine Hypotonie.

Diagnose eines akuten Myokardinfarkts

  • Serielle EKGs

  • Serielle kardiale Marker

  • Sofortige Koronarangiographie (seidenn es werden Fibrinolytika verabreicht) bei Patienten mit STEMI oder Komplikationen (z. B. anhaltende Schmerzen im Brustkorb, Hypotonie, deutlich erhöhte kardiale Marker, instabile Arrhythmien)

  • Verzögerte koronare Angiographie (innerhalb von 24–48 h) für Patienten mit NSTEMI ohne Komplikationen

(Siehe auch Algorythmus Vorgehen bei akutem Myokardinfarkt).

Die Auswertung beginnt mit Anfangs- und seriellem EKG sowie Serienmessungen von kardialen Markern, um zu helfen, zwischen instabiler Angina pectoris, ST-Hebungsinfarkt (STEMI), und nicht ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) zu unterscheiden. Die Unterscheidung ist richtungweisend für die weitere Vorgehensweise. Fibrinolyse kann bei STEMI unter Umständen helfen, während sie bei NSTEMI das Risiko erhöht. Außerdem ist eine dringende Herzkatheterisierung bei Patienten mit akuter STEMI indiziert, nicht aber generell bei denjenigen mit NSTEMI.

EKG

Das EKG ist die wichtigste Untersuchung und sollte so schnell wie möglich durchgeführt werden (z. B. innerhalb von 10 Minuten nach der Vorstellung).

Bei STEMI ist das initiale EKG in der Regel diagnostisch und zeigt eine ST-Strecken-Erhöhung 1 mm in 2 oder mehr aneinander grenzenden Ableitungen, die das geschädigte Gebiet bedecken (siehe Abbildungen Akuter lateraler linksventrikulärer Infarkt, Lateraler linksventrikulärer Infarkt, Lateraler linksventrikulärer Infarkt [einige Tage später], Akuter inferiorer [diaphragmatischer] linksventrikulärer Infarkt, Inferiorer [diaphragmatischer] linksventrikulärer Infarkt, und inferiorer [diaphragmatischer] linksventrikulärer Infarkt [einige Tage später]).

Akuter lateraler LV-Infarkt (Tracing innerhalb weniger Stunden nach Auftreten der Krankheit erhalten)

Es liegt eine auffällige hyperakute ST-Segment-Hebung in den Ableitungen I, aVL, V4 und V6 und reziproke Depression in anderen Ableitungen vor.

Lateraler linksventrikulärer Infarkt (nach den ersten 24 h)

ST-Strecken sind weniger erhöht; signifikante Q-Zacken entwickeln sich und R-Zacken in den Ableitungen I, aVL, V4 und V6 gehen verloren.

Lateraler linksventrikulärer Infarkt (einige Tage später)

Signifikante Q-Zacken und R-Verlust dauern an. ST-Segmente sind nun im Wesentlichen isoelektrisch. Das EKG wird sich im Laufe der folgenden Monate wahrscheinlich nur langsam verändern.

Akuter inferiorer (Zwerchfell) LV-Infarkt (Tracing innerhalb weniger Stunden nach Auftreten der Krankheit erhoben)

Es liegt eine hyperakute ST-Segment-Erhebung in den Ableitungen II, III und aVF und reziproke Depression in anderen Ableitungen vor.

Inferiorer (Zwerchfell) LV-Infarkt (nach den ersten 24 h)

Signifikante Q-Zacken entwickeln sich mit abnehmender ST-Segment-Erhebung in den Ableitungen II, III und aVF.

Inferiorer (Zwerchfell) LV-Infarkt (einige Tage später)

Die ST-Segmente sind nun isoelektrisch. Abnorme Q-Zacken in den Ableitungen II, III und aVF zeigen, dass die Myokardnarben andauern.

Pathologische Q-Zacken sind nicht notwendig für die Diagnose. Die EKG-Auswertung muss sehr sorgfältig durchgeführt werden, da eine ST-Strecken-Hebung, v. a. in den inferioren Ableitungen (II, III, aVF), sehr subtil sein kann. Manchmal kann die Aufmerksamkeit fälschlicherweise auf Ableitungen mit einer ST-Strecken-Senkung gelenkt werden. Bei einer charakteristischen Symptomatik hat die ST-Strecken-Hebung im EKG eine Spezifität von 90% und eine Sensitivität von 45% zur Diagnose eines Myokardinfarktes. Die erste Diagnose kann sich bestätigen, wenn sich bei wiederholten Aufzeichnungen (am ersten Tag alle 8 h, dann 1-mal täglich) eine allmähliche Entwicklung zu einem stabilen, normaleren Muster zeigt oder sich in den nachfolgenden Tagen pathologische Q-Zacken entwickeln.

Bei Verdacht auf einen rechtsventrikulären Infarkt wird in der Regel ein EKG mit 15 Ableitungen mit zusätzlichen Ableitungen in V4-6R und, zur Diagnose eines Hinterwandinfarktes, in V8 und V9 aufgezeichnet.

Rechtsventrikuläre (VR) Ableitungen VR1 bis VR6

Die EKG-Diagnose eines Myokardinfarktes ist bei einer gleichzeitigen Linksschenkelblockkonfiguration schwieriger, da dieses Bild eher Veränderungen bei einem STEMI ähnelt. Eine ST-Strecken-Hebung, die mit dem QRS-Komplex übereinstimmt, ist ein signifikanter Hinweis auf einen Myokardinfarkt, ebenso wie eine ST-Strecken-Hebung > 5 mm in mindestens 2 präkordialen Ableitungen. Generell jedoch wird jeder Patient mit verdächtigen Symptomen und einem neu auftretenden Linksschenkelblock (oder einem Linksschenkelblock, von dem man nicht weiß, ob er schon vorhanden war) wie bei einem STEMI therapiert.

Kardiale Marker

Kardiale Marker (Serummarker von Myokardzellenverletzungen) sind Herzenzyme (z. B. Kreatinkinase MB-Isoenzym) und Zellbestandteile (z. B. Troponin I, Troponin T und Myoglobin), die nach einer Nekrose von Myokardzellen in die Blutbahn ausgeschüttet werden. Die Marker erscheinen nach einer Verletzung zu verschiedenen Zeiten und die Spiegel nehmen graduell unterschiedlich ab. Sensitivität und Spezifität von Myokardzellenverletzungen variieren zwischen diesen Markern erheblich, aber die Troponine (cTn) sind am sensitivsten und spezifischsten und sind die Marker der Wahl. Mehrere hochempfindliche Assays von kardialem Troponin (hs-cTn), die auch sehr genau sind, sind verfügbar. Diese Assays können zuverlässig cTn-Spiegel (T oder I) messen, die so niedrig sind wie 0,003–0,006 ng/ml (3–6 pg/ml); einige Forschungs-Assays gehen so niedrig wie 0,001 ng/ml (1 pg/ml).

Bisherige, weniger empfindliche Methoden zur Messung von cTn konnten cTn wahrscheinlich nur bei Patienten mit einer akuten Herzkrankheit nachweisen. Somit war ein "positives" cTn-Ergebnis (d. h. oberhalb der Nachweisgrenze) sehr spezifisch. Allerdings können die hs-cTn-Tests geringe Mengen an Tn bei vielen gesunden Menschen nachweisen. Deswegen müssen hs-cTn-Spiegel auf einen Normalbereich bezogen werden und werden nur dann als "erhöht" definiert, wenn sie höher sind als bei 99% der Referenzpopulation. Auch wenn ein erhöhter cTn-Spiegel eine Myokardzellenverletzung anzeigt, deckt er nicht die Ursache der Verletzung auf (obwohl jede cTn-Erhebung das Risiko unerwünschter Verläufe bei vielen Krankheiten erhöht). Neben dem akuten Koronarsyndrom (ACS) können viele andere kardiale und nicht-kardiale Erkrankungen zu einer erhöhten hs-cTn-Messung führen (siehe Tabelle Ursachen für erhöhte Troponin-Werte); nicht alle erhöhten hs-cTn-Messungen stellen einen Myokardinfarkt dar, und nicht alle Myokardnekrosen resultieren aus einem Ereignis des akuten Koronarsyndroms, selbst wenn die Ätiologie ischämisch ist. Indem jedoch niedrigere cTn-Spiegel erfasst werden, ermöglichen hs-cTn-Assays eine frühere Identifizierung von Myokardinfarkt als andere Assays und sie haben in vielen Zentren Tests auf andere kardiale Marker ersetzt.

Bei Patienten mit Verdacht auf einen Myokardinfarkt sollte der hs-cTn-Spiegel bei Vorstellung und 2-3 Stunden später gemessen werden (0 und 6 Stunden bei Verwendung eines Standard-TN-Assays).

Alle Labortests sollten im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit der Erkrankung vor dem Test interpretiert werden (siehe auch Medizinische Tests und Testergebnisse verstehen). Angesichts der sehr hohen Sensitivität dieses Tests ist dies für den hs-cTn-Assay besonders relevant, gilt aber für alle cTn-Assays.

Die Vortestwahrscheinlichkeit des Patienten für eine Erkrankung wird klinisch auf der Grundlage der Ergebnisse geschätzt:

  • Risikofaktoren für ACS

  • Symptome

  • EKG

Eine hohe Vortestwahrscheinlichkeit plus ein erhöhter cTn-Spiegel deuten stark auf einen Myokardinfarkt hin, wohingegen es unwahrscheinlich ist, dass eine niedrige Vortestwahrscheinlichkeit plus normales cTn einen Myokardinfarkt repräsentiert. Die Diagnose wird schwieriger, wenn die Testergebnisse mit der Vortestwahrscheinlichkeit in Widerspruch stehen. In diesem Fall helfen serielle cTn-Spiegel oft. Ein Patient mit niedriger Vortestwahrscheinlichkeit und anfänglich leicht erhöhtem cTn, das bei einer Wiederholung des Tests stabil bleibt, hat wahrscheinlich eine nicht-ACS Herzerkrankung (z. B. Herzinsuffizienz, stabile koronare Arterienerkrankung). Wenn der Spiegel allerdings bei Wiederholung signifikant ansteigt (d. h. > 20–50%), ist die Wahrscheinlichkeit für einen Myokardinfarkt viel höher. Wenn ein Patient mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit einen normalen cTn-Spiegel hat, der > 50% steigt, wenn cTc neu gemessen wird, ist ein Myokardinfarkt wahrscheinlich. Anhaltende normale Spiegel (oft auch bei 6 h und später, wenn der Verdacht schwer ist) deuten die Notwendigkeit an, eine andere Diagnose in Erwägung zu ziehen.

Koronarangiographie

Die Koronarangiographie ist häufig eine Kombination aus Diagnostik und perkutaner koronarer Intervention (PCI—z. B. Angioplastie, Stent-Einlage). Wenn möglich, wird eine Notfall-Koronarangiographie und PCI so schnell wie möglich nach Beginn des akuten Myokardinfarkts durchgeführt (primäre PCI). In vielen tertiären Zentren hat dieser Ansatz die Morbidität und Mortalität deutlich gesenkt und die Langzeitergebnisse verbessert. Häufig wird der Infarktverlauf tatsächlich aufgehalten, wenn die Zeit von Schmerzen zu PCI kurz ist (< 3–4 h).

Die Angiographie wird bei Patienten mit STEMI, Patienten mit persistierenden Brustschmerzen trotz maximaler medizinischer Therapie und Patienten mit Komplikationen (z. B. deutlich erhöhte kardiale Marker, Anwesenheit von kardiogenem Schock, akute Mitralinsuffizienz, Ventrikelseptumdefekt, instabile Arrhythmien) dringend durchgeführt. Patienten mit unkompliziertem NSTEMI, deren Symptome sich gebessert haben, werden sich in der Regel innerhalb der ersten 24–48 h der Hospitalisierung angiographiert, um Läsionen aufzufinden, die einer Behandlung bedürfen.

Nach anfänglicher Diagnose und Behandlung kann eine Koronarangiographie bei Patienten mit Hinweis auf eine andauernde Ischämie (im EKG oder aufgrund der Symptome), mit hämodynamischer Instabilität, rezidivierenden ventrikulären Tachyarrhythmien und anderen Abweichungen, die auf rezidivierende ischämische Ereignisse hindeuten, durchgeführt werden. Einige Experten empfehlen auch, dass bei Patienten mit STEMI, die eine induzierbare Ischämie unter Stressbildgebung oder eine Ejektionsfraktion < 40% aufweisen, vor der Entlassung aus dem Krankenhaus eine Angiographie durchgeführt wird.

Prognose bei akutem Myokardinfarkt

Ein Risiko sollten über formale klinische Risiko-Scores abgeschätzt werden (z. B. Thrombose bei Myokardinfarkt [TIMI] oder mit einer Kombination der folgenden Hochrisiko-Faktoren:

  • Wiederkehrende Angina/Ischämie im Ruhezustand oder während Aktivität niedriger Intensität

  • Herzinsuffizienz

  • Sich verschlechternde Mitralklappeninsuffizienz

  • Hochrisiko-Stresstest-Ergebnis (Test in ≤5 Minuten aufgrund von Symptomen angehalten, deutliche EKG-Anomalien, Hypotonie oder komplexe ventrikuläre Arrhythmien)

  • Hämodynamische Instabilität

  • Anhaltende ventrikuläre Tachykardie

  • Diabetes mellitus

  • PCI in den vergangenen 6 Monaten

  • Vorherige koronararterielle Bypass-Operation (CABG)

  • LV-Ejektionsfraktion < 0,40

Vor der modernen Ära der Behandlung mit Fibrinolytika und PCI lag die Gesamtmortalitätsrate bei etwa 30%, wobei 25 bis 30% dieser Patienten starben, bevor sie das Krankenhaus erreichten (in der Regel aufgrund von Kammerflimmern). Die Mortalitätsrate im Krankenhaus liegt bei ca. 10% (in der Regel infolge eines kardiogenen Schocks). Sie hängt jedoch signifikant vom Schweregrad der linksventrikulären Insuffizienz ab (siehe Tabelle Killip-Klassifikation und Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarkts).

Bei Patienten, die eine Reperfusion (Fibrinolyse oder PCI) erhalten, ist die Mortalität im Krankenhaus 5–6% gegenüber 15% bei Patienten, die eine Reperfusion erhalten könnten, aber momentan nicht behandelt werden. In Zentren mit etablierten primären PCI-Programmen beträgt die berichtete Mortalität im Krankenhaus < 5%.

Die meisten Patienten, die infolge eines kardiogenen Schocks sterben, haben einen Infarkt oder eine Kombination aus einem vernarbten Infarktgewebe und einem neuen Infarktgebiet, bei dem 50% der linksventrikulären Masse betroffen sind. Fünf klinische Merkmale sagen 90% der Sterblichkeit bei Patienten mit STEMI voraus (siehe Tabelle Sterblichkeitsrisiko nach 30 Tagen bei STEMI und Risiko von unerwünschten Ereignissen nach 14 Tagen bei NSTEMI):

  • Älteres Alter (31% der Gesamtmortalität)

  • Niedriger systolischer Blutdruck (24%)

  • Killip-Klasse > 1 (15%)

  • Schnellere Herzfrequenz (12%)

  • Ort des vorderen Infarkts (6%)

Die Sterblichkeitsraten sind bei Frauen und bei Patienten mit Diabetes tendenziell höher.

Die Mortalitätsrate liegt bei Patienten, die die initiale Krankenhausphase überlebt haben, im ersten Jahr nach dem akuten Infarkt bei 8–10%. Die meisten Todesfälle treten in den ersten 3–4 Monaten auf. Persistierende ventrikuläre Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, schlechte Ventrikelfunktion und rezidivierende Ischämien stellen ein hohes Risiko dar. Viele Fachleute empfehlen ein Belastungs-EKG vor der Krankenhausentlassung oder innerhalb von 6 Wochen danach. Eine gute körperliche Belastbarkeit ohne EKG -Abweichungen ist ein Kennzeichen für eine günstige Prognose. Eine weitere Abklärung ist in der Regel nicht erforderlich. Eine verminderte körperliche Belastbarkeit ist ein Kennzeichen für eine schlechte Prognose.

Die kardiale Funktionsfähigkeit nach der Genesung hängt zu einem großen Teil davon ab, wie viel funktionsfähiges Myokard nach dem akuten Infarkt erhalten bleibt. Akute Schäden kommen zu Narben von früheren Infarkten hinzu. Bei einer Schädigung von > 50% der linksventrikulären Masse ist ein längeres Überleben unwahrscheinlich.

Tabelle
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Behandlung von akutem MI

  • Präklinische Versorgung: Sauerstoff, Aspirin und Nitrate und Verlegung in ein geeignetes medizinisches Zentrum

  • Medikamentöse Behandlung: antithrombozytäre Medikamente, antianginöse Medikamente, Antikoagulantien und in einigen Fällen andere Medikamente

  • Reperfusionstherapie: Fibrinolytika oder Angiographie mit einer perkutanen Koronarintervention oder koronaren Bypass-Operation

  • Nach der Entlassung, Rehabilitation und kontinuierliche medizinischen Behandlung der koronaren Herzkrankheit

Die Wahl der medikamentösen Therapie und die Wahl der Reperfusionsstrategie werden an anderer Stelle diskutiert.

Präklinische Versorgung

  • Sauerstoff

  • Aspirin

  • Nitrate

  • Triage zu entsprechendem medizinischem Zentrum

Es muss ein zuverlässiger IV Zugang gelegt werden, der Patient erhält Sauerstoff (in der Regel 2 l über eine Nasensonde), der Anschluss an eine EKG-Überwachung gewährt die kontinuierliche Überwachung der Herzfunktion. Präklinische Maßnahmen des Rettungsteams (EKG-Überwachung, Gabe von zu kauendem Aspirin [325 mg], und Schmerzbehandlung mit Nitraten) können das Mortalitätsrisiko und die Gefahr von Komplikationen verringern. Frühe Diagnosedaten und Ansprechen auf die Behandlung können dabei helfen, die Notwendigkeit und den Zeitpunkt der Revaskularisierung zu bestimmen, wenn primäre PCI nicht möglich ist.

Stationäre Krankenhausaufnahme

  • Schätzen Sie das Risiko des Patienten ab und wählen Sie eine Reperfusionsstrategie

  • Medikamentöse Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern, Antikoagulantien und anderen Medikamenten auf Basis von Reperfusionsstrategie

Bei der Ankunft in der Notaufnahme, wird die Diagnose des Patienten bestätigt. Die medikamentöse Therapie und der Zeitpunkt der Revaskularisation sind abhängig von Krankheitsbild und Diagnose.

Bei STEMI kann die Reperfusionsstrategie Fibrinolyse oder sofortige PCI umfassen. Für Patienten mit NSTEMI kann eine Angiographie innerhalb 24 bis 48 h der Aufnahme durchgeführt werden, wenn der Patient klinisch stabil ist. Wenn der Patient instabil ist (z. B. laufende Symptome, Hypotonie oder anhaltende Arrhythmien), muss sofort eine Angiographie erfolgen (siehe Abbildung Vorgehen bei Myokardinfarkt).

Vorgehen bei Myokardinfarkt

*Morphin sollte mit Bedacht eingesetzt werden (z. B. wenn Nitroglycerin kontraindiziert ist oder wenn der Patient trotz Nitroglycerin-Therapie Symptome hat). Daten deuten darauf hin, dass Morphin die Wirkung einiger P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren abschwächt und zu einer Verschlechterung der Patientenergebnisse beitragen kann.

†Kompliziert bedeutet, dass der Krankenhausaufenthalt durch rezidivierende Angina oder Infarkt, Herzversagen oder anhaltende rezidivierende ventrikuläre Arrhythmien kompliziert war. Das Fehlen eines dieser Ereignisse wird als unkompliziert bezeichnet.

‡CABG wird im Allgemeinen für die Patienten mit der folgenden PCI bevorzugt:

  • Hauptstammstenose oder Hauptstammstenose-ähnliche Erkrankung

  • Linksventrikuläre Dysfunktion

  • Diabetes

Auch sind lange Läsionen oder Läsionen in der Nähe von Gefäßgabelungen durch eine PCI häufig nicht zu erreichen.

CABG = koronare Bypass-Operation; GP = Glykoprotein; LDL = Low Density Lipoprotein (Lipoprotein mit geringer Dichte); PCI = perkutane Intervention.

Medikamentöse Behandlung von akutem Myokardinfarkt

Allen Patienten sollten gerinnungshemmende Medikamente, Antikoagulantien und wenn Schmerzen in der Brust vorhanden sind, antianginale Medikamente gegeben werden. Die spezifischen verwendeten Medikamente sind abhängig von der Reperfusionsstrategie und anderen Faktoren; ihre Auswahl und Verwendung wird diskutiert in Medikamente bei akutem Koronarsyndrom. Andere Medikamente wie Betablocker, Angiotensin-konvertierendes Enzym- (ACE)-Hemmer und Statine, sollten ebenfalls verabreicht werden (siehe Tabelle Medikamente gegen koronare Herzkrankheiten).

Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt sollte folgendes gegeben werden (sofern nicht kontraindiziert):

  • Anti-Thrombozyten-Medikamente: Aspirin, Clopidogrel, oder beides (Prasugrel oder Ticagrelor sind Alternativen zu Clopidogrel)

  • Antikoagulantien: Ein Heparin (unfraktioniertes oder niedermolekulares Heparin) oder Bivalirudin

  • Glykoprotein-IIb/IIIa-Hemmer, wenn eine PCI durchgeführt wird

  • Antianginöse Therapie, in der Regel Nitroglyzerin

  • Betablocker

  • ACE-Hemmer

  • Statin

Falls nicht kontraindiziert, erhalten alle Patienten bei Aufnahme Aspirin 160–325 mg (nicht dünndarmlöslich) und danach 81 mg/Tag auf unbestimmte Zeit. Die erste Dosis wird rascher resorbiert, wenn die Tablette zerkaut wird. Aspirin reduziert das kurzfristige und das langfristig das Mortalitätsrisiko. Bei Patienten, die sich einer PCI unterziehen, verbessert eine Initialdosis von Clopidogrel (300–600 mg einmalig oral), Prasugrel (60 mg einmalig oral) oder Ticagrelor (180 mg einmalig oral) die Ergebnisse, insbesondere wenn sie 24 Stunden im Voraus verabreicht wird. Für dringende PCI sind Prasugrel und Ticagrelor schneller im erreichen der Wirkung und sollten gegenüber Clopidogrel bevorzugt werden.

Solange keine Kontraindikation besteht (z. B. aktive Blutung), wird Patienten routinemäßig entweder ein niedermolekulares Heparin (NMH) oder ein unfraktioniertes Heparin (UFH) oder Bivalirudin verabreicht. Die Anwendung von unfraktioniertem Heparin ist komplizierter, da es häufige (alle 6 Stunden) Dosierungsanpassungen erfordert, um die angestrebte aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) zu erreichen. Die LMWHs haben eine bessere Bioverfügbarkeit, werden als eine einfache Gewichts-basierte Dosis ohne Überwachung von aPTT und Dosistitrierung gegeben und haben ein geringeres Risiko von Heparin-induzierter Thrombozytopenie. Bivalirudin wird empfohlen für Patienten mit einer bekannten oder vermuteten Vorgeschichte Heparin-induzierter Thrombozytopenie. Antikoagulanzien werden fortgesetzt für:

  • Dauer der PCI bei Patienten, die sich diesem Verfahren unterziehen

  • Dauer des Krankenhausaufenthaltes (bei Patienten mit LMWH) oder 48 Stunden (bei Patienten mit unfraktioniertem Heparin) in allen anderen Fällen

Erwägen Sie einen Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitor während der PCI für Hochrisiko-Läsionen (hohe Thrombuslast, kein Reflow). Abciximab, Tirofiban und Eptifibatid scheinen eine äquivalente Wirksamkeit zu haben, und die Wahl des Medikaments sollte von anderen Faktoren abhängen (z. B. Kosten, Verfügbarkeit, Vertrautheit). Dieses Mittel wird 6 bis 24 Stunden lang fortgesetzt.

Brustschmerzen können mit Nitroglycerin oder manchmal mit Morphin behandelt werden. Nitroglycerin ist Morphin vorzuziehen, das mit Bedacht angewendet werden sollte (z. B. wenn ein Patient eine Kontraindikation gegen Nitroglycerin hat oder trotz Nitroglycerintherapie Schmerzen hat). Nitroglycerin wird initial sublingual, dann je nach Bedarf in einer kontinuierlichen Infusion verabreicht. Morphin 2–4 mg IV, bei Bedarf alle 15 Minuten wiederholt, ist sehr effektiv, kann jedoch eine Atemdepression bewirken und die myokardiale Kontraktionskraft beeinträchtigen. Zudem ist Morphin ein potenter venöser Vasodilatator. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Verwendung von Morphin einige P2Y12-Rezeptor-Inhibitoren beeinträchtigt. Eine große retrospektive Studie zeigte, dass Morphin die Mortalität bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt erhöhen kann (1, 2). Eine morphininduzierte Hypotonie und Bradykardie kann in der Regel durch sofortiges Anheben der Beine behoben werden.

Standardtherapie für alle Patienten mit instabiler Angina pectoris beinhaltet Betablocker, ACE-Inhibitoren und Statine. Betablocker werden empfohlen, wenn keine Kontraindikationen (z. B. Bradykardie, Leitungsblock, Hypotonie oder Asthma bronchiale) vorliegen, v. a. bei Hochrisikopatienten. Betablocker senken die Herzfrequenz, den arteriellen Druck und die Kontraktilität und reduzieren dadurch die Herzarbeit und den Sauerstoffbedarf. ACE-Inhibitoren können das Herz langfristig schützen, indem sie die Endothelfunktion verbessern. Wird ein ACE-Hemmer aufgrund von Nebenwirkungen wie Husten oder Hautausschlag nicht toleriert (nicht jedoch Angioödem oder Nierenfunktionsstörung), kann stattdessen ein Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonist gegeben werden. Statine sind unabhängig von den Lipidwerten ebenfalls eine Standardtherapie und sollten auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden.

Reperfusionstherapie bei akutem Myokardinfarkt

  • Bei Patienten mit STEMI: Sofortige perkutane Koronarintervention oder Fibrinolytika

  • Bei Patienten mit NSTEMI: Sofortige perkutane koronare Intervention bei instabilen Patienten oder innerhalb von 24 bis 48 Stunden bei stabilen Patienten

Bei STEMI-Patienten ist die akute PCI die bevorzugte Behandlung des "ST-segment elevation myocardial infarction" (STEMI), sofern sie rechtzeitig verfügbar ist (Door-to-Balloon-Zeit < 90 min) und von einem erfahrenen Interventionalisten durchgeführt werden kann (3) Wenn es wahrscheinlich ist, dass es zu einer erheblichen Verzögerung in der Verfügbarkeit von PCI kommt, sollte eine Thrombolyse bei STEMI-Patienten, die Kriterien erfüllen (siehe Infarkt extent) durchgeführt werden. Eine Reperfusion unter Einsatz eines Fibrinolytikums ist in den ersten Minuten bis Stunden nach Beginn des Myokardinfarkts am effektivsten. Je früher ein Fibriolytikum gegeben wird, desto besser. Das Ziel ist ein Lysebeginn innerhalb von 30–60 Minuten (Door-to-needle-Zeit). Der größte Erfolg zeigt sich innerhalb der ersten 3 h, die Medikamente sind jedoch bis zu 12 h wirksam. Eigenschaften und Auswahl der fibrinolytischen Medikamente wurden an anderer Stelle diskutiert.

Instabile NSTEMI-Patienten (d. h. diejenigen mit anhaltenden Symptomen, Blutdruckabfall oder nachhaltigen Arrhythmien) sollten direkt zum Herzkatheterlabor gehen, um koronare Läsionen zu identifizieren, die PCI oder koronararterielle Bypass-Operation erfordern.

Bei Patienten mit unkomplizierter NSTEMI ist die sofortige Reperfusion nicht so dringend, da eine vollständig verschlossene infarktzugehörige Arterie bei der Präsentation ungewöhnlich ist. Solche Patienten werden üblicherweise innerhalb der ersten 24–48 h der Hospitalisierung einer Angiographie unterzogen, um Koronarläsionen zu identifizieren, die PCI oder CABG erfordern.

Fibrinolytika sind bei NSTEMI-Patienten nicht indiziert. Die Risiken überwiegen dem potenziellen Nutzen.

Wahl der Reperfusionsstrategie wird weiter diskutiert in Revaskularisierung bei akutem Koronarsyndrom.

Rehabilitation und Behandlung nach dem Klinikaufenthalt

  • Funktionelle Bewertung

  • Veränderungen im Lebensstil: Regelmäßige Bewegung, Ernährungsumstellung, Gewichtsabnahme, Raucherentwöhnung

  • Medikamente: Fortsetzung von blutblättchenhemmenden Medikamenten, Betablockern, ACE-Hemmern und Statinen

Patienten, bei denen bei der Aufnahme keine Koronarangiographie durchgeführt wurde, die keine Hochrisikomerkmale aufweisen (z. B. Herzinsuffizienz, rezidivierende Angina pectoris, ventrikuläre Tachykardie oder Kammerflimmern nach 24 Stunden, mechanische Komplikationen wie neue Geräusche, Schock) und die eine Ejektionsfraktion von > 40% haben, unabhängig davon, ob sie Fibrinolytika erhalten, sollten in der Regel vor oder kurz nach der Entlassung in irgendeiner Form einem Belastungstest unterzogen werden (siehe Tabelle Funktionelle Beurteilung nach Myokardinfarkt).

Tabelle

Die akute Krankheit und Therapie eines Myokardinfarkt sollten dazu genutzt werden, den Patienten erheblich darin zu bestärken, die Risikofaktoren zu vermindern. Die Auswertung der körperlichen und emotionalen Verfassung und ein Gespräch darüber mit den Patienten, die Beratung zu einer geeigneten Lebensführung (z. B. Rauchen, Ernährung, Arbeit, Freizeitgewohnheiten, Sport) und eine massive Verminderung der Risikofaktoren können dazu beitragen, die Prognose zu verbessern.

Bei der Entlassung sollten alle Patienten geeignete gerinnungshemmende Medikamente, Statine, Antianginosa, und andere auf Komorbiditäten basierende Medikamente nehmen.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Meine TJ, Roe MT, Chen AY, et al: Association of intravenous morphine use and outcomes in acute coronary syndromes: results from the CRUSADE Quality Improvement Initiative. Am Heart J 149(6):1043–1049, 2005. doi 10.1016/j.ahj.2005.02.010

  2. 2. Kubica J, Adamski P, Ostrowska M, et al: Morphine delays and attenuates ticagrelor exposure and action in patients with myocardial infarction: the randomized, double-blind, placebo-controlled IMPRESSION trial. Eur Heart J 37(3):245–252, 2016. doi: 10.1093/eurheartj/ehv547

  3. 3. Lawton JS, Tamis-Holland JE, Bangalore S, et al: 2021 ACC/AHA/SCAI guideline for coronary artery revascularization: a report of the ACC/AHA Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol 79(2):e21–e129, 2022. doi: 10.1016/j.jacc.2021.09.006

Wichtige Punkte

  • Ein akuter Myokardinfarkt ist eine myokardiale Nekrose, die durch eine akuten Obstruktion einer Koronararterie hervorgerufen wird.

  • Zu den Symptomen gehören Unwohlsein im Brustbereich mit oder ohne Dyspnoe, Übelkeit und/oder Schweißausbruch bzw. Kaltschweißigkeit.

  • Frauen und Patienten mit Diabetes sind häufiger zeigen sich häufiger mit atypischen Symptomen und 20% der akuten Myokardinfarkt geschehen still.

  • Die Diagnose ergibt sich aus dem EKG und Herzmarkern.

  • Sofortige Behandlung umfasst Sauerstoff, Antianginosa, gerinnungshemmende Medikamente und Antikoagulantien.

  • Bei Patienten mit ST-Strecken-Hebungs-M führen Sie eine sofortige Angiographie mit einer perkutanen Koronarintervention (PCI) durch; wenn die sofortige PCI nicht verfügbar ist, geben Sie Fibrinolytika.

  • Führen sie bei Patienten mit nicht-ST-Strecken-Hebungs-Myokardinfarkt, die stabil sind, eine Angiographie innerhalb von 24 bis 48 h durch; bei instabilen Patienten muss eine sofortige Angiographie mit PCI erfolgen.

  • Nach der Erholung sind gerinnungshemmende Medikamente, Betablocker, Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer und Statine einzuleiten oder fortzusetzen.