Leberkrankheiten führen häufig zu systemischen Symptomen und Veränderungen.
Siehe auch Leber-Struktur und -Funktion Leberstruktur und -funktion Die Leber ist eine metobolische Stoffwechselvorgänge. Hepatozyten (Leberparenchymzellen) sind in der Leber für die Stoffwechselfunktionen verantwortlich: Bildung und Ausscheidung von Galle im... Erfahren Sie mehr und Beurteilung des Patienten mit einer Lebererkrankung Diagnostische Untersuchung von Patienten mit Lebererkrankung Die Anamnese sowie die körperliche Untersuchung weisen oft auf die Ursache einer möglichen Lebererkrankung hin und grenzen den Umfang der weiteren Tests bei Leber- und Gallenerkrankungen ein... Erfahren Sie mehr .)
Veränderungen im Kreislauf
Eine Hypotension bei fortgeschrittener Leberkrankheit kann zu Nierenfunktionsstörungen beitragen. Die Pathogenese der hyperdynamischen Zirkulation (erhöhte Herzleistung und Herzfrequenz) und Hypotonie, die sich bei fortgeschrittenem Leberversagen oder entwickeln Zirrhose Leberzirrhose Die Leberzirrhose ist ein Spätstadium der Leberfibrose, die zu einer weit verbreiteten Zerstörung der normalen Leberarchitektur geführt hat. Die Zirrhose ist gekennzeichnet durch regenerative... Erfahren Sie mehr wird kaum verstanden, ist aber zum Teil ein Kompensationsmechanismus für eine ausgedehnte periphere splanchnische Vasodilatation. Faktoren, die zur Zirrhose beitragen, können ein veränderter Sympathikotonus, die Produktion von Stickoxid und anderen endogenen Vasodilatatoren und eine erhöhte Aktivität von humoralen Faktoren (z. B. Glukagon) sein.
Bezüglich spezifischer Störungen der hepatischen Zirkulation (z. B. Budd-Chiari-Syndrom Budd-Chiari-Syndrom Unter einem Budd-Chiari-Syndrom versteht man den Verschluss des venösen Ausstroms aus der Leber, deren Ursache irgendwo zwischen den kleinen Ästen der Lebervenen bis zur V. cava inferior und... Erfahren Sie mehr ) siehe Gefäßerkrankungen der Leber Überblick über Gefäßerkrankungen der Leber Die Leber hat eine doppelte Blutversorgung. Die Pfortader (die reich an Nährstoffen und relativ sauerstoffreich-reich ist) trägt zwei Drittel des Blutzuflusses in die Leber bei. Die Leberarterie... Erfahren Sie mehr .
Endokrine Störungen
Glukoseintoleranz, Hyperinsulinismus, Insulinresistenz und Hyperglukagonämie finden sich häufig bei Patienten mit einer Leberzirrhose. Die erhöhten Insulinspiegel sind mehr Ausdruck eines verminderten Abbaus in der Leber als einer erhöhten Sekretion, wohingegen das Gegenteil für die Hyperglukonämie zutrifft. Pathologische Schilddrüsenfunktionswerte weisen eher auf eine Veränderung des Leberstoffwechsels für Schilddrüsenhormone und Veränderungen der schilddrüsenhormonbindenden Proteine im Plasma hin, als auf primäre Schilddrüsenfunktionsstörungen.
Sexualstörungen sind häufig. Chronische Leberkrankheiten führen zur Beeinträchtigung der Menstruation und der Fruchtbarkeit. Männer mit einer Zirrhose, v. a. Alkoholiker, zeigen häufig einen Hypogonadismus Männlicher Hypogonadismus Hypogonadismus ist definiert als ein mit Symptomen oder Befunden einhergehendes Testosterondefizit sowie ein Defizit in der Spermienproduktion oder beidem. Dies kann von einer Störung in den... Erfahren Sie mehr (inkl. Hodenatrophie, erektile Dysfunktion, verminderte Spermatogenese) und eine Feminisierung (Gynäkomastie Gynäkomastie Dieses Foto zeigt vergrößertes Brustgewebe bei einem männlichen Patienten. Als Gynäkomastie bezeichnet man die Hypertrophie von Brustdrüsengewebe bei Männern. Diese muss von einer Pseudogynäkomastie... Erfahren Sie mehr , weiblicher Habitus). Die biochemischen Ursachen dafür sind nur ungenügend verstanden. Die Gonadotropinreserven der hypothalamischen Hypophysenachse sind häufig erschöpft. Die zirkulierenden Testosteronspiegel sind niedrig, dies hat seine Ursache v. a. in der verminderten Synthese und weniger in der erhöhten peripheren Umwandlung zu Östrogen. Östrogenspiegel sind im Gegensatz zu denen der Östradiole erhöht, aber die Abhängigkeit zwischen Östrogenen und Feminisierung ist komplex. Diese Veränderungen treten deutlicher bei alkoholbedingter Leberkrankheit Alkoholbedingte Lebererkrankung Der Alkoholkonsum in den westlichen Ländern ist beträchtlich. Nach einer Umfrage die sich auf die Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fünfte Auflage (DSM-5) Definition... Erfahren Sie mehr als bei Zirrhosen mit anderer Ätiologie auf und lassen vermuten, dass der Alkohol und nicht die Leberkrankheit als Ursache in Frage kommt. In der Tat gibt es Beweise für die toxische Wirkung von Alkohol auf die Hoden.
Hämatologische Veränderungen
Die Anämie ist eine häufige Begleiterscheinung von Leberkrankheiten. Ursächliche Faktoren können Blutverlust, Mangel an Fol (Folsäure), Hämolyse Hämolytische Anämien im Überblick Erythrozyten werden nach Ablauf ihrer normalen Lebensdauer (etwa 120 Tage) aus der Zirkulation entfernt. Hämolyse ist definiert als ein verfrühter Abbau der Erythrozyten und ihre Lebensdauer... Erfahren Sie mehr , alkoholtoxische Knochenmarkschädigung und eine direkte Wirkung der chronischen Leberkrankheiten sein.
Leukopenie Übesicht über Leukopenien Eine Leukopenie ist eine Verminderung der weißen Blutzellen auf Werte < 4000/mcl (9/l). Sie ist in der Regel die Folge einer verminderten Anzahl von zirkulierenden Neutrophilen... Erfahren Sie mehr und Thrombozytopenie Thrombozytenstörungen im Überblick Thrombozyten sind zirkulierende Zellfragmente, die für die Blutgerinnung zuständig sind. Thrombopoietin hilft dabei, die Anzahl der zirkulierenden Blutplättchen zu kontrollieren, indem es das... Erfahren Sie mehr sind meist mit einer Splenomegalie Splenomegalie Splenomegalie ist eine abnormale Vergrößerung der Milz. (Siehe auch Übersicht über die Milz.) Eine Splenomegalie ist fast immer ein sekundäres Ereignis infolge einer anderen Krankheit. Die Ursachen... Erfahren Sie mehr bei fortgeschrittener portaler Hypertonie verbunden.
Blutgerinnungsveränderungen sind häufig und komplex. Sowohl die Leberfunktionsstörung als auch die ungenügende Aufnahme von Vitamin K führen zu einer verminderten Synthese der Blutgerinnungsfaktoren. Eine pathologische Prothrombinzeit, abhängig von der Schwere der Leberfunktionsstörung, kann auf die parenterale Gabe von Phytonadion (Vitamin K1) 5 bis 10 mg einmal täglich für zwei bis drei Tage ansprechen. Eine Thrombozytopenie, eine disseminierte intravasale Koagulation und Fibrinogenveränderungen tragen darüber hinaus bei vielen Patienten zur Störung der Blutgerinnung bei.
Nieren- und Elektrolytveränderungen
Nieren- und Elektrolytveränderungen sind häufig, v. a. bei Patienten mit Aszites.
Eine Hypokalämie Hypokaliämie Hypokalämie ist eine Serumkaliumkonzentration < 3,5 mEq/l ( (Siehe auch Übersicht zu Störungen der Kaliumkonzentration.) Eine Hypokalämie kann durch eine verminderte Kaliumaufnahme entstehen... Erfahren Sie mehr ist die Folge eines exzessiven Kaliumverlustes aufgrund des erhöhten zirkulierenden Aldosterons, einer renalen Retention von Ammoniumionen im Austausch für Kalium, einer sekundären renalen tubulären Azidose oder einer diuretischen Therapie. Die Behandlung besteht in der Gabe von oralem Kaliumchlorid und dem Absetzen von kaliumausscheidenden Diuretika.
Eine Hyponaträmie Hyponatriämie Hyponaträmie ist eine Abnahme der Serumnatriumkonzentration auf Werte < 136 mEq/l (< 136 mmol/l), welche durch einen Überschuss an Wasser in Relation zu gelösten Stoffen entsteht. Häufige... Erfahren Sie mehr ist häufig, obwohl die Nieren intensiv Natrium retinieren (siehe Aszite: Pathophysiologie Pathophysiologie Aszites ist durch eine Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle gekennzeichnet. Die häufigste Ursache ist eine portale Hypertonie. Symptome resultieren in der Regel aus einem Ausdehnung des... Erfahren Sie mehr ). Sie tritt in der Regel bei fortgeschrittenen Leberkrankheiten auf und lässt sich nur schwer korrigieren. Häufiger ist eine relative Wassereinlagerung verantwortlich, als eine Verminderung des Natriums. Eine Kaliumverminderung kann ebenfalls dazu beitragen. Therapeutisch können eine Einschränkung der Wasserzufuhr und der Ersatz von Kalium hilfreich sein. Diuretika, die eine Wasserausscheidung erhöhen, können in schweren oder therapieresistenten Fällen gegeben werden. Eine Gabe von intravenöser Salzlösung ist nur bei Fällen schwerer Hyponatriämien, die Krämpfe auslösen, oder bei Verdacht auf eine generelle Natriumverarmung des Organismus indiziert; ihre Gabe sollte bei Patienten mit einer Zirrhose Leberzirrhose Die Leberzirrhose ist ein Spätstadium der Leberfibrose, die zu einer weit verbreiteten Zerstörung der normalen Leberarchitektur geführt hat. Die Zirrhose ist gekennzeichnet durch regenerative... Erfahren Sie mehr und Wasserretention vermieden werden, weil sie zu einer Verschlechtung des Aszites führt und die Natriumspiegel nur temporär erhöhen kann.
Fortgeschrittene Leberkrankheiten können das Säure-Basen-Gleichgewicht stören und verursachen in der Regel eine metabolische Alkalose Metabolische Alkalose Eine metabolische Alkalose ist ein primärer Anstieg des Bicarbonat (HCO3−) mit oder ohne kompensatorischem Anstieg vom Carbondioxid-Partialdruck (PCO2); der pH-Wert kann hoch oder... Erfahren Sie mehr . Die Blut-Albumin Konzentration ist oft aufgrund einer verminderten Synthese in der Leber herabgesetzt. Gastrointestinale Blutungen (GIB) Übersicht zur gastrointestinalen Blutung Eine gastrointestinale (GI-)Blutung kann überall im GIT vom Mund bis zum Anus entstehen und sichtbar oder okkult sein. Das klinische Bild hängt von der Lokalisation und dem Ausmaß der Blutung... Erfahren Sie mehr führen zu einer Erhöhung aufgrund eines vermehrten Anfalls im Darm und weniger aufgrund einer verschlechterten Nierenfunktion. Wenn gastrointestinale Blutungen die Blutharnstoffkonzentration ansteigen lassen, zeigen normale Kreatininwerte eine normale Nierenfunktion an.
Bei Nierenversagen bei Lebererkrankungen sollte folgendes berücksichtigt werden
Seltene Erkrankungen, die sowohl die Nieren als auch die Leber direkt beeinflussen (z. B. Vergiftung mit Tetrachlorkohlenstoff)
Kreislaufversagen mit verminderter renaler Perfusion, mit oder ohne akuter tubulärer Nekrose
Funktionales Nierenversagen, oft als Leber-Nieren-Syndrom bezeichnet
Hepatorenales Syndrom
Dieses Syndrom besteht aus
Progressive Oligurie und Azotämie ohne strukturelle Schädigung der Nieren
Das hepatorenale Syndrom tritt in der Regel bei Patienten mit alkoholischer Hepatitis oder fortgeschrittener Zirrhose mit Aszites Aszites Aszites ist durch eine Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle gekennzeichnet. Die häufigste Ursache ist eine portale Hypertonie. Symptome resultieren in der Regel aus einem Ausdehnung des... Erfahren Sie mehr auf. Es wird angenommen, dass die Pathogenese auf eine extreme Vasodilatation der arteriellen Zirkulation des Splanchnikus zurückzuführen ist, was zu einem verringerten zentralen arteriellen Volumen und anschließender Vasokonstriktion der Nierengefäße führt. Neurale und humorale Verminderung des renokortikalen Blutflusses sind die Folge, was zu einer verminderten glomerulären Filtrationsrate führt. Eine prärenale Azotämie ist häufig schwierig zu unterscheiden. Eine niedrige Natriumkonzentration im Urin und ein entsprechendes benignes Sediment unterscheidet sie von der akuten tubulären Nekrose Akute Tubulusnekrose (ATN) Unter einer akuten tubulären Nekrose (ATN) versteht man eine Nierenschädigung durch akute tubuläre Zellverletzungen und Funktionsstörungen. Häufige Ursachen sind Hypotonie oder Sepsis, die eine... Erfahren Sie mehr . In unklaren Fällen sollte die Reaktion auf eine Volumenbelastung untersucht werden.
Einmal etabliert, ist der Verlauf des Nierenversagens beim unbehandelten hepatorenalen Syndrom in der Regel schnell progressiv und fatal (hepatorenales Syndrom Typ 1), es gibt allerdings auch weniger schwer verlaufende Fälle mit einer stabilen Nierenfunktion auf niedrigem Niveau (hepatorenales Syndrom Typ 2).
Kombinationstherapie mit Vasokonstriktoren (typischerweise Midodrin, Octreotid oder Terlipressin) und Volumen-Expander (typischerweise Albumin) kann wirksam sein. In refraktären Fällen kann eine Noradrenalininfusion eingesetzt werden, die je nach Urinausscheidung und mittlerem arteriellem Druck titriert wird.
Wenn das hepatorenale Syndrom nicht auf die medikamentöse Therapie anspricht, sollten die Patienten zur Lebertransplantation Lebertransplantation Lebertransplantationen stellen die zweithäufigsten Transplantationen solider Organe dar. (Siehe auch Übersicht Transplantation.) Zu den Indikationen für eine Lebertransplantation gehören Zirrhose... Erfahren Sie mehr überwiesen werden.
Pulmonale Anomalien
Das hepatopulmonale Syndrom Hepatopulmonales Syndrom Das hepatopulmonale Syndrom ist definiert als Hypoxämie durch pulmonale mikrovaskuläre Vasodilatation bei Patienten mit portaler Hypertonie. Dyspnoe und Hypoxämie verschlechtern sich, wenn der... Erfahren Sie mehr ist definiert als Hypoxämie durch pulmonale mikrovaskuläre Vasodilatation bei Patienten mit portaler Hypertonie Portale Hypertonie Eine portale Hypertonie ist ein erhöhter Druck in der Pfortader. Sie wird am häufigsten durch Zirrhose (in Nordamerika), Schistosomiasis (in endemischen Gebieten) oder hepatische Gefäßanomalien... Erfahren Sie mehr . Das hepatopulmonale Syndrom hat eine hohe Mortalitätsrate, und die Prognose ist ohne Lebertransplantation Lebertransplantation Lebertransplantationen stellen die zweithäufigsten Transplantationen solider Organe dar. (Siehe auch Übersicht Transplantation.) Zu den Indikationen für eine Lebertransplantation gehören Zirrhose... Erfahren Sie mehr (die einzige Heilung für diesen Zustand) schlecht. Daher sollten Patienten mit hepatopulmonalem Syndrom zügig zur Lebertransplantation überwiesen werden. Die Risikostratifizierung für eine Transplantation umfasst die Messung des Grades der Hypoxämie mit einem arteriellen Blutgas bei Raumluft. Wenn Patienten einen PaO2-Wert zwischen 50 und 60 in der Raumluft haben, können sie MELD-Ausnahmepunkte (Modell für Lebererkrankungen im Endstadium) erreichen, die ihre Punktzahl auf der Lebertransplantationsliste erhöhen und ihnen helfen, schneller eine Transplantation zu erhalten.
Die portopulmonale Hypertonie Portopulmonale Hypertonie Portopulmonale Hypertonie ist eine pulmonale arterielle Hypertonie, die mit portaler Hypertonie ohne andere sekundäre Ursachen assoziiert ist. Eine pulmonale Hypertonie entwickelt sich bei Patienten... Erfahren Sie mehr ist eine pulmonal-arterielle Hypertonie bei Patienten mit portaler Hypertonie, die keine sekundären Ursachen hat. Eine sorgfältige Beurteilung der Hämodynamik mittels Rechtsherzkatheter ist erforderlich, um eine portopulmonale von einer herkömmlichen pulmonalen Hypertonie zu unterscheiden, und hilft bei der Entscheidung, ob eine Lebertransplantation erforderlich ist.