Neonatale Konjunktivitis

(Ophthalmia neonatorum)

VonBrenda L. Tesini, MD, University of Rochester School of Medicine and Dentistry
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
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Die neonatale Konjunktivitis ist eine wässrige oder eitrige Augenabsonderung aufgrund einer Infektion oder chemischen Irritation. Eine Prävention mit antigonococcalem topische Behandlung bei der Geburt ist Routine. Die Diagnose wird in der Regel klinisch und laborchemisch gesichert. Es wird erregerspezifisch therapiert.

(Siehe auch Akute bakterielle Konjunktivitis und Übersicht über Infektionen des Neugeborenen.)

Ätiologie der neonatalen Konjunktivitis

Die wichtigsten Ursachen neonataler Konjunktivitis (in absteigender Reihenfolge) sind

Infektionen werden bei infizierten Müttern meistens durch den Eintritt in den Geburtskanal verursacht. Die Chlamydieninfektion (verursacht durch Chlamydia trachomatis) ist die häufigste bakterielle Ursache; sie ist für 40% der Konjunktivitisfälle bei Neugeborenen < 4 Wochen verantwortlich. Die Prävalenz einer Chlamydieninfektion bei Müttern liegt ungefähr bei 2–20%. 30–50% der Neugeborenen von akut erkrankten Frauen bekommen eine Infektion und 25–50% von diesen entwickeln eine Konjunktivitis (und 5–20% entwickeln eine Pneumonie). Andere Bakterien, einschließlich Streptococcus pneumoniae und nichttypisiertem Haemophilus influenzae, verursachen weitere 30–50% der Fälle, während eine Gonokokken-Ophthalmie (Konjunktivitis aufgrund von Neisseria gonorrhoeae) < 1% der Fälle ausmacht.

Die chemische Konjunktivitis ist oft die Folge einer prophylaktischen topischen Behandlung.

Die Hauptursache ist das Herpes-simplex-Virus vom Typ 1 und 2 (Herpeskeratokonjunktivitis), das jedoch < 1% der Fälle verursacht.

Symptome und Beschwerden der neonatalen Konjunktivitis

Da Symptomatik und Manifestationszeitpunkte ähnlich sind, können die verschiedenen Arten der neonatalen Konjunktivitis klinisch nur schwer differenziert werden. Die Konjunktiven sind infiziert und wässriges oder eitriges Sekret ist vorhanden.

Die chemische Konjunktivitis infolge einer topischen Prophylaxe erscheint häufig innerhalb von 6–8 h nach der Applikation und verschwindet spontan innerhalb von 48–96 h.

Die Chlamydienkonjunktivitis manifestiert sich in der Regel 5–14 Tage nach der Geburt. Die Symptome können von einer milden Konjunktivitis mit einer minimalen schleimig-eitrigen Absonderung bis hin zu einem schweren Lidödem mit reichlicher Sekretion und Pseudomembranbildung reichen. Anders als bei älteren Kindern und Erwachsenen sind Lymphfollikel in den Konjunktiven nicht vorhanden.

Bei der Gonokokkenkonjunktivitis kommt es 2–5 Tage nach der Geburt oder – bei vorzeitigem Blasensprung – auch früher, zu einer akuten eitrigen Konjunktivitis. Die Augenlider sind massiv geschwollen, und in der Folge kommt es zu einer Chemosis und massivem eitrigem Sekretaufstau, der unter Druck stehen kann. Unbehandelt können korneale Ulzera und Blindheit entstehen.

Ophthalmia neonatorum
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Diese Abbildung zeigt eine Gonokokken-Ophthalmie. Symptome und Anzeichen von Augenlidödem, Chemose und eitrigem Ausfluss entwickeln sich 2 bis 5 Tage nach der Entbindung.
DR M.A. ANSARY/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Durch andere Bakterien verursachte Konjunktivitiden haben unterschiedliche Manifestationszeitpunkte, die von 4 Tagen bis zu mehreren Wochen nach der Geburt reichen können.

Die herpetische Keratokonjunktivitis kann als isolierte Infektion oder mit disseminierter Infektion oder Infektion des zentralen Nervensystems auftreten. Sie kann mit einer bakteriellen oder chemischen Konjunktivitis verwechselt werden; das Auftreten einer dendritischen Keratitis ist allerdings pathognomonisch.

Diagnose der neonatalen Konjunktivitis

  • Untersuchung von Bindehaut-Material auf Krankheitserreger, einschließlich Gonorrhö, Chlamydien und manchmal Herpes

Das Konjunktivalsekret wird gramgefärbt, für die Gonokokken auf einem Thayer-Matin-Medium kultiviert und mit direkter Immunfluoreszenz, ELISA oder direkter monoklonaler Antikörpertestung (Proben müssen Zellen enthalten) auf Chlamydien untersucht. Die konjunktivalen Abstriche werden Giemsa-gefärbt; falls blaue intrazytoplasmatische Einschlüsse gefunden werden, kann die Diagnose Chlamydienkonjunktivitis bestätigt werden. Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren-Tests zeigen gegenüber älteren Verfahren gleichwertige oder bessere Sensitivität für den Nachweis von Chlamydien im Bindehaut-Material.

Virale Kulturen werden nur angelegt, wenn aufgrund von Hautläsionen oder mütterlicher Infektion eine virale Infektion vermutet wird.

Behandlung der neonatalen Konjunktivitis

  • Systemische, topische oder kombinierte antimikrobiellen Therapie

Neugeborene mit einer Konjunktivitis und mütterlicher Gonokokkeninfektion oder mit gramnegativen intrazellulären Diplokokken in Exsudaten der Konjunktiva sollten vor der Bestätigung durch die Tests mit Ceftriaxon oder Cefotaxim ( siehe Tabelle: Empfohlene Dosierungen ausgewählter pareneraler Antibiotika für Neugeborene) behandelt werden.

Bei der Chlamydienophthalmie ist die systemische Behandlung die Therapie der Wahl, weil mindestens die Hälfte der Neugeborenen auch an einer Infektion des Nasen-Rachen-Raums leidet und an einer Chlamydienpneumonie erkranken kann. Empfohlen wird Erythromycinethylsuccinat 12,5 mg/kg p.o. alle 6 h über 2 Wochen oder Azithromycin 20 mg/kg p.o. einmal pro Tag für drei Tage. Die Therapie ist nur in 80% der Fälle wirksam, sodass oft eine zweite Behandlung notwendig ist. Da die Behandlung mit Erythromycin bei Neugeborenen mit der Entwicklung von hypertropher Pylorusstenose (HPS) assoziiert ist, sollten alle Neugeborenen, die mit Erythromycin behandelt werden auf Symptome und Befunde von HPS überwacht werden. Eine Informierung der Eltern über potenzielle Risiken ist notwendig.

Ein Neugeborenes mit einer Gonokokkenkonjunktivitis wird stationär aufgenommen und auf systemische Zeichen untersucht. Es erhält eine Einzeldosis Ceftriaxon 25–50 mg/kg i.m. oder IV bis zu einem Maximum von 125 mg. Säuglinge mit Hyperbilirubinämie oder diejenigen, die kalziumhaltige Flüssigkeiten bekommen, sollten nicht Ceftriaxon erhalten und ihnen sollte eine Einzeldosis von Cefotaxim 100 mg/kg IV oder i.m. gegeben werden. Das Auge wird häufig mit Kochsalz ausgewaschen, damit es nicht verklebt. Topische antimikrobiellen Salben allein sind unwirksam und sind nicht nötig, wenn eine systemische Therapie vorgesehen ist.

Alle Konjunktivitiden, die durch andere Bakterien verursacht werden, werden topisch mit Salben behandelt, die Polymyxin-Bacitracin, Erythromycin oder Tetracyclin enthalten.

Die Herpeskeratokonjunktivitis sollte systemisch mit Aciclovir 20 mg/kg alle 8 h über 14–21 Tage und topisch mit 1%igen Trifluridin-haltigen Augentropfen oder -salbe, Vidarabin-3%-haltiger Augensalbe oder einer 0,1%-Ioddesoxyuridinhaltigen Augensalbe alle 2–3 h, maximal 9 Dosen über 24 h, behandelt werden. Die systemische Therapie ist wichtig, da eine Streuung in das Zentralnervensystem und andere Organe erfolgen kann.

Kortikosteroidhaltige Salben sollten vermieden werden, da sie Augeninfektionen aufgrund von C. trachomatis und Herpes simplex extrem verschlimmern können.

Prävention der neonatalen Konjunktivitis

Die Routineanwendung von 1%-Silbernitrat-, 0,5%-ErythromycinS- oder 1%-Tetracyclin-haltigen Augentropfen oder Augensalbe in jedes Auge kann nach der Geburt einer Gonokokkeninfektion effektiv vorbeugen. Keines dieser Medikamente kann aber eine Chlamydieninfektion verhindern; gegen Chlamydien- und Gonokokkeninfektionen können 2,5%-Povidonjod-haltige Augentropfen eingesetzt werden, sind in den USA aber nicht zugelassen. Silbernitrat- und Tetracyclin-Augensalben sind in den USA ebenfalls nicht mehr verfügbar.

Neugeborene von Müttern mit einer unbehandelten Gonokokkeninfektion sollten eine Einzeldosis Ceftriaxon 25–50 mg/kg i.m. oder IV, bis zu 125 mg (Ceftriaxon sollte nicht bei Neugeborenen mit hyperbilirubinämie oder bei denjenigen, die kalziumhaltige Flüssigkeiten erhalten verwendet werden) erhalten. Beide, Mutter wie Neugeborenes, sollten bezüglich einer Chlamydieninfektion, HIV und Syphilis untersucht werden.

Wichtige Punkte

  • C. trachomatis, S. pneumoniae, und nichttypisierbare H. influenzae verursachen die meisten bakteriellen Bindehautentzündungen; N. gonorrhoeae ist eine seltene Ursache.

  • Eine chemikalische Bindehautentzündung kann auch durch antimikrobielle Tropfen zur Prophylaxe von bakterieller Bindehautentzündung bei der Geburt verursacht werden.

  • Die Konjunktiven sind infiziert und sondern wässriges oder eitriges Sekret ab.

  • Sinnvoll sind Untersuchungen von Bindehaut- Material auf Krankheitserreger (einschließlich Gonorrhö und Chlamydien) mit Kultur und manchmal Nukleinsäureamplifikation-Tests.

  • Empfohlen sind Antibiotika gegen den Erreger; Neugeborene mit Gonokokken-Infektion sollten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

  • Verordnen Sie eine systemische Therapie für Chlamydien-Ophthalmie.