Übersicht über das autonome Nervensystem

VonElizabeth Coon, MD, Mayo Clinic
Reviewed ByMichael C. Levin, MD, College of Medicine, University of Saskatchewan
Überprüft/überarbeitet Geändert Mai 2025
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Das autonome Nervensystem reguliert physiologische Prozesse. Diese Regulation erfolgt ohne willkürliche Kontrolle, d. h. autonom. Die 2 wichtigsten Sparten sind die

  • sympathisches System

  • parasympathisches System

Störungen des autonomen Nervensystems verursachen Insuffizienz oder Versagen der autonomen Funktionen und können jedes System im Körper beeinflussen.

Anatomie des autonomen Nervensystems

Das autonome Nervensystem erhält Input von Teilen des zentralen Nervensystems (ZNS), die Reize aus dem Körper und der äußeren Umgebung verarbeiten und integrieren. Zu diesen Anteilen des ZNS gehören: Hypothalamus, Nucleus solitarius, Formatio reticularis, Amygdala, Hippokampus und olfaktorischer Kortex.

Sowohl das sympathische als auch das parasympathische System bestehen jeweils aus zwei Sets von Nervenzellen.

  • Präganglionär: Diese Nervengruppe befindet sich im ZNS und steht mit einer weiteren Nervengruppe in Ganglien außerhalb des ZNS in Verbindung.

  • Postganglionisch: Dieses Set hat efferente Fasern, die von den Ganglien zu den Effektororganen gehen (siehe Abbildung Autonomes Nervensystem).

Autonomes Nervensystem

sympathisches System

Die präganglionären Zellkörper des sympathischen Nervensystems sind im intermediolateralen Horn des Rückenmarks zwischen Th1 und L2 oder L3 lokalisiert.

Die sympathischen Ganglien liegen direkt neben dem Rückenmark und bestehen aus den vertebralen (Grenzstrang des Sympathikus) und den prävertebralen Ganglien, die die oberen zervikalen, zöliakalen, oberen und unteren mesenterialen und aortikorenalen Ganglien einschließen.

Lange Fasern laufen von diesen Ganglien zu Effektororganen, einschließlich der folgenden:

  • Glatte Muskulatur von Blutgefäßen, Eingeweiden, Lunge, Kopfhaut (Piloerektormuskeln) und Pupillen

  • Herz

  • Drüsen (Schweiß, Speichel und Verdauung)

parasympathisches System

Die präganglionären Zellkörper des parasympathischen Systems sind im Hirnstamm und im sakralen Anteil des Rückenmarks lokalisiert. Präganglionäre Fasern treten mit den Hirnnerven III, VII, IX und X (N. vagus) aus dem Hirnstamm aus und verlassen das Rückenmark auf der Höhe S2 und S3; der N. vagus enthält ca. 75% aller parasympathischen Fasern.

Parasympathische Ganglien (z. B. Ganglion ciliare, Ganglion pterygopalatinum, Ganglion oticum, Becken- und Vagus-Ganglien) liegen in den Erfolgsorganen, und die postganglionären Fasern sind nur 1 oder 2 mm lang. Daher kann das parasympathische System spezifische, lokalisierte Reaktionen in Effektororganen auslösen, darunter:

  • Blutgefäße des Kopfes, des Halses und der thorakoabdominellen Eingeweide

  • Tränen- und Speicheldrüsen

  • Glatte Muskulatur von Drüsen und Eingeweiden (z. B. Leber, Milz, Kolon, Niere, Blase, Genitalien)

  • Die Muskeln der Pupille

Physiologie des autonomen Nervensystems

Das autonome Nervensystem ist an der Regulation von Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Körpergewicht, Verdauung, Stoffwechsel, Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt, Schwitzen, Miktion, Defäkation, sexueller Reaktion und weiteren Prozessen beteiligt. Viele Organe werden primär entweder vom Sympathikus oder vom Parasympathikus kontrolliert, auch wenn sie von beiden Input erhalten können; gelegentlich sind die Funktionen beider gegensätzlich (z. B. erhöht der Sympathikus die Herzfrequenz, der Parasympathikus vermindert sie).

Das sympathische Nervensystem wirkt katabol, es aktiviert Fight-or-flight-Reaktionen (Kampf oder Flucht).

Das parasympathische Nervensystem wirkt anabol, es konserviert und stellt sich wieder her (siehe Tabelle Unterteilungen des automatischen Nervensystems).

Tabelle
Tabelle

Die zwei wichtigsten Neurotransmitter im autonomen Nervensystem sind:

  • Acetylcholin: Zu den Fasern, die Acetylcholin ausschütten (cholinerge Fasern), gehören alle präganglionären Fasern, alle postganglionären parasympathischen Fasern und einige postganglionäre sympathische Fasern (die die Piloerektoren und Schweißdrüsen innervieren).

  • Noradrenalin: Zu den Fasern, die Noradrenalin sezernieren (adrenerge Fasern), gehören die meisten postganglionären sympathischen Fasern. Die Schweißdrüsen der Handflächen und Fußsohlen reagieren jedoch auch bis zu einem gewissen Grad auf adrenerge Stimulation.

Es gibt verschiedene Subtypen von adrenergen Rezeptoren, bzw. cholinergen Rezeptoren, die je nach Lokalisation variieren.

Ätiologie Autonomer Insuffizienz

Störungen, die eine Insuffizienz oder das Versagen autonomer Funktionen verursachen, können im peripheren oder im zentralen Nervensystem ihren Ursprung haben und primäre oder sekundäre Folge anderer Störungen sein.

Die häufigsten Ursachen autonomer Insuffizienz sind:

Andere Ursachen sind:

Die autonome Insuffizienz, die bei COVID-19 auftritt, entwickelt sich typischerweise nach der Erholung von den respiratorischen und anderen akuten systemischen Symptomen von COVID (1). Eine Manifestation ist das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom (POTS), das durch abnormale autonome Reaktionen im Stehen gekennzeichnet ist. Der zugrunde liegende Mechanismus ist nicht bekannt.

Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Jamal SM, Landers DB, Hollenberg SM, et al. Prospective Evaluation of Autonomic Dysfunction in Post-Acute Sequela of COVID-19. J Am Coll Cardiol 2022;79(23):2325-2330. doi:10.1016/j.jacc.2022.03.357

Beurteilung autonomer Insuffizienz

Anamnese

Symptome, die für eine autonome Insuffizienz sprechen, sind:

  • Orthostatische Intoleranz (Entwicklung von autonomen Symptomen wie Benommenheit, die durch Hinsetzen gelindert wird) aufgrund von orthostatischer Hypotonie oder posturaler orthostatischer Tachykardie (POTS)

  • Wärmeintoleranz

  • Verlust der Kontrolle über Blase und Darm

  • Sexuelle Dysfunktion, einschließlich erektiler Dysfunktion des Mannes

Andere mögliche, jedoch weniger spezifische Symptome sind trockene Augen und ein trockener Mund.

Körperliche Untersuchung

Wichtige Teile der Untersuchung beinhalten:

  • Posturaler Blutdruck und Herzfrequenz: Bei einem normal hydrierten Patienten weist eine anhaltende Abnahme (z. B. > 1 Minute) des systolischen Blutdrucks um mindestens 20 mmHg oder eine Abnahme des diastolischen Blutdrucks um mindestens 10 mmHg beim Aufstehen auf eine orthostatische Hypotonie hin. Die Herzfrequenzveränderungen während der Atmung und im Stehen sollten registriert werden; das Fehlen einer physiologischen Sinusarrhythmie und ein fehlender Anstieg der Herzrate bei Orthostase zeigen eine autonome Insuffizienz an. Im Gegensatz dazu haben Patienten mit posturalem orthostatischem Tachykardiesyndrom typischerweise posturale Tachykardie mit einem Anstieg der Herzfrequenz um mehr als 30 Schläge pro Minute (oder 40 Schläge pro Minute bei Kindern) ohne Hypotonie.

  • Augenuntersuchung: Miosis und leichte Ptosis (Horner-Syndrom) weisen auf eine Sympathikusläsion hin. Eine dilatierte, nichtreagible Pupille (Adie-Pupille) deutet auf eine Parasympathikusläsion hin.

  • Urogenitale und rektale Reflexe: Anomale urogenitale und rektale Reflexe können Störungen des autonomen Nervensystems anzeigen. Die Untersuchung schließt den Kremasterreflex (normalerweise löst Bestreichen der oberen Oberschenkelinnenseite eine Retraktion der Testes aus), den Analreflex (normalerweise führt Bestreichen der perianalen Haut zu einer Kontraktion des analen Sphinkters) und den Bulbo-cavernosus-Reflex (normalerweise führt Zusammenpressen der Glans penis oder Klitoris zu einer Kontraktion des analen Sphinkters) mit ein. In der Praxis werden die GU- und Rektalreflexe selten getestet.

Laboruntersuchungen

Bei Patienten mit Symptomen und Befunden, die auf eine autonome Beeinträchtigung hinweisen, werden in der Regel sudomotorische, cardiovagale und adrenerge Tests durchgeführt, um Schweregrad und Verteilung der Beeinträchtigung zu bestimmen (1).

Sudomotorische Tests beinhalten:

  • Quantitativer sudomotorischer Axonreflextest: Dieser Test bewertet die Integrität der postganglionären Fasern. Die Fasern werden durch Iontophorese mit Acetylcholin aktiviert. Standardlokalisationen am Bein und Arm werden untersucht, und die Schweißmenge wird bestimmt. Mit dem Test kann eine verminderte oder fehlende Schweißbildung erkannt werden.

  • Thermoregulatorischer Schweißtest: Dieser Test überprüft sowohl die präganglionären als auch die postganglionären Bahnen. Nach dem Auftragen eines Indikatorpulvers auf die Haut betreten die Patienten eine geschlossene Kammer, die erhitzt wird, um eine maximale Schweißbildung zu provozieren. Das Schwitzen führt zu einer Farbveränderung des Puders, sodass Areale mit Anhidrose und Hypohidrose sichtbar werden und als Prozentsatz der Körperoberfläche berechnet werden können.

Bei derkardiovagalen Untersuchung wird die Reaktion der Herzfrequenz (mittels EKG-Rhythmusstreifen) auf tiefe Atmung und das Valsalva-Manöver (erzwungene Ausatmung bei geschlossener Glottis) untersucht. Bei intaktem autonomem Nervensystem variiert die Pulsfrequenz während dieser Manöver; normale Reaktionen (tiefe Atemzüge und das Valsalva-Verhältnis) schwanken je nach Alter. Das Valsalva-Verhältnis ist die maximale Herzfrequenz während des Valsalva-Manövers geteilt durch die Herzfrequenz 30 Sekunden nach dem Manöver. Der untere Grenzwert für normale Werte liegt bei 1,0.

Adrenerge Tests bewerten die Reaktion des Blutdrucks bei Beat-to-Beat-Messungen auf:

  • Gehobener Kopf in Schräglage (Kipptischversuch): Das Blut verschiebt sich zu den abhängigen Teilen, was zu Reflexreaktionen bei Blutdruck und Herzfrequenz führt. Dieser Test hilft bei der Differenzierung der orthostatischen Hypotonie vom posturalen orthostatischen Tachykardiesyndrom.

  • Valsalva-Manöver: Dieses Manöver erhöht den intrathorakalen Druck und reduziert den venösen Rückfluss, was zu Veränderungen des Blutdrucks und der Herzfrequenz führt, die die vagale und adrenerge Baroreflexfunktion widerspiegeln.

Noradrenalin-Plasmaspiegel können bei Patienten in Rückenlage und dann nach > 5 min Stehen bestimmt werden. Normalerweise steigen die Spiegel nach dem Stehen. Bei Patienten mit autonomer Insuffizienz können die Spiegel im Stehen nicht ansteigen und in Rückenlage niedrig sein, insbesondere bei postganglionären Störungen (z. B. autonome Neuropathie, rein vegetatives Versagen).

Hinweis

  1. 1. Cheshire WP, Freeman R, Gibbons CH, et al. Electrodiagnostic assessment of the autonomic nervous system: A consensus statement endorsed by the American Autonomic Society, American Academy of Neurology, and the International Federation of Clinical Neurophysiology [published correction appears in Clin Neurophysiol 2021 May;132(5):1194. doi: 10.1016/j.clinph.2021.02.006]. Clin Neurophysiol 2021;132(2):666-682. doi:10.1016/j.clinph.2020.11.024

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