Akute mesenteriale Ischämie

VonParswa Ansari, MD, Hofstra Northwell-Lenox Hill Hospital, New York
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023
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Unter einer akuten mesenterialen Ischämie versteht man die Unterbrechung des intestinalen Blutflusses durch eine Embolie, eine Thrombose oder einen Zustand mit langsamer Strömungsgeschwindigkeit. Sie führt zur Freisetzung von Mediatoren, Entzündungsreaktion und letztlich zum Infarkt. Der Bauchschmerz ist wesentlich stärker, als die körperlichen Untersuchungsbefunde vermuten lassen. Andere bildgebende Verfahren werden oft erst in späteren Krankheitsstadien positiv. Eine frühzeitige schnelle Diagnose ist schwierig, aber eine Angiographie und eine explorative Laparotomie haben die größte Sensitivität. Manchmal ist eine Behandlung mit Vasodilatatoren erfolgreich. Die Behandlung besteht in einer Embolektomie, einer Revaskularisierung von vitalen Segmenten oder einer Resektion. Die Mortalität ist hoch.

(Siehe auch Akuter Bauchschmerz.)

Pathophysiologie der akuten mesenterialen Ischämie

Die intestinale Mukosa ist sehr stoffwechselaktiv, wird daher gut durchblutet (normalerweise bis zu 20–25% des Herzvolumens) und daher außerordentlich anfällig für eine verminderte Perfusion. Eine Ischämie zerstört die Schleimhautschranke und erlaubt damit den Durchtritt von Bakterien, Toxinen und vasoaktiven Mediatoren, die wiederum zur myokardialen Schädigung, zum systemischen Entzündungssyndrom, Multiorganversagen und Tod führen. Die Freisetzung von Mediatoren kann bereits vor einer kompletten Infarzierung auftreten.

Eine Nekrose bildet sich in der Regel schon 6 h nach Einsetzen der Symptome.

Ätiologie der akuten mesenterialen Ischämie

Drei Hauptgefäße versorgen den Bauchraum:

  • Truncus coeliacus: versorgt den Ösophagus, den Magen, das proximale Duodenum, die Leber, die Gallenblase, das Pankreas und die Milz

  • A. mesenterica superior: versorgt das distale Duodenum, das Jejunum, das Ileum und das Kolon bis zur linken Flexus

  • A. mesenterica inferior: versorgt das absteigende Kolon, das Sigmoid und das Rektum.

In diesen Gebieten entwickelt sich nur selten eine Ischämie. Es gibt zahlreiche Kollateralgefäße im Magen, Duodenum und Rektum. Die linke Flexur liegt an der „Wasserscheide“ zwischen der oberen und der unteren Mesenterialarterie und ist daher besonders ischämiegefährdet. Es ist zu beachten, dass sich die akute mesenteriale Ischämie von der ischämischen Kolitis unterscheidet, die nur kleine Gefäße umfasst und vor allem Schleimhautnekrose und Blutungen verursacht.

Der Blutfluss im Mesenterialgebiet kann sowohl im venösen als auch im arteriellen Schenkel unterbrochen werden. Patienten > 50 Jahre haben das größte Risiko, Verschlusstypen und Risikofaktoren werden in Tabelle Ursachen des akuten Mesenteriums Ischemia aufgeführt. Viele Patienten haben jedoch keine identifizierbaren Risikofaktoren.

Tabelle

Symptome und Anzeichen einer akuten mesenterialen Ischämie

Das früheste Zeichen einer mesenterialen Ischämie ist der schwere Schmerz bei minimalen körperlichen Befunden. Das Abdomen bleibt weich mit geringer oder nicht vorhandener Schmerzhaftigkeit. Ggf. ist eine milde Tachykardie vorhanden. Erst später mit Entwicklung einer Nekrose treten die Zeichen der Peritonitis auf mit starker abdomineller Schmerzhaftigkeit, gespannten Bauchdecken, Abwehrspannung und fehlenden Darmgeräuschen. Der Stuhl kann Häm-positiv sein (erhöhte Wahrscheinlichkeit mit zunehmender Ischämie). Es entwickeln sich die Zeichen eines Kreislaufschocks, und das Krankheitsbild führt oft zum Tod.

Ein plötzlicher Eintritt der Schmerzen ist verdächtig, aber nicht diagnostisch für eine arterielle Embolie, während eine mehr allmähliche Entwicklung des Schmerzes typisch für eine venöse Thrombose ist. Patienten mit einer Vorgeschichte von postprandialen Bauchschmerzen (was auf eine intestinale Angina hindeutet) können eine arterielle Thrombose haben.

Diagnose der akuten mesenterialen Ischämie

  • Die klinische Diagnose ist wichtiger als diagnostische Testverfahren

  • Mesenteriale Angiographie oder CT-Angiographie bei unklarer Diagnose

Die frühzeitige Diagnose der mesenterialen Ischämie ist von großer Bedeutung, da die Mortalität signifikant zunimmt, wenn erst mal ein Intestinalinfarkt eingetreten ist (1). Eine mesenteriale Ischämie muss bei jedem Patienten > 50 Jahre mit bekannten Risikofaktoren oder prädisponierenden Krankheiten, der einen plötzlichen schweren Bauchschmerz angibt, in Betracht gezogen werden.

Patienten mit eindeutigen peritonealen Zeichen sollten sofort operiert werden, und zwar sowohl aus diagnostischer als auch aus therapeutischer Indikation. Bei den übrigen ist die selektive mesenteriale Angiographie oder CT-Angiographie das diagnostische Verfahren der Wahl. Die Magnetresonanzangiographie kann verwendet werden, wenn eine Kontraindikation für das standard-intravenöse Kontrastmittel vorliegt.

Andere bildgebende Verfahren und Blutwerte können pathologisch sein, aber lassen ihre Sensitivität und Spezifität im frühen Verlauf der Erkrankung, wenn die Diagnose besonders schwierig ist, vermissen. Abdomenübersichtsaufnahmen sind zum Ausschluss von anderen Schmerzursachen (z. B. perforiertes Hohlorgan) nützlich, obwohl man in späten Krankheitsstadien portalvenöse Luft oder eine Pneumatosis intestinalis sieht. Diese Befunde sieht man ebenso in der CT, die auch einen direkten Gefäßverschluss – und zwar genauer im venösen Schenkel – zeigen kann. Ein Dopplerultraschall kann manchmal einen arteriellen Verschluss identifizieren, aber die Sensitivität ist gering. Die MRT ist sehr genau bei proximalen Gefäßverschlüssen, aber weniger genau bei distalen Gefäßverschlüssen. Bestimmte Serummarker (z. B. Creatinkinase. Lactat) steigen bei Auftreten einer Nekrose an, sind aber nicht spezifische Befunde, die sich erst später zeigen.

Diagnosehinweis

  1. 1. Bala M, Catena F, Kashuk J, et al: Acute mesenteric ischemia: Updated guidelines of the World Society of Emergency Surgery. World J Emerg Surg 17(1):54, 2022. doi: 10.1186/s13017-022-00443-x

Behandlung der akuten mesenterialen Ischämie

  • Chirurgie: Embolektomie, Revaskularisierung, mit oder ohne Darmresektion

  • Angiographie: Vasodilatoren oder Thrombolyse

  • Langfristige Antikoagulation und Thrombozytenaggregationshemmer

Wird die Diagnose bei einer explorativen Laparoskopie gestellt, bestehen die operativen Möglichkeiten in einer Embolektomie, einer Revaskularisierung und einer Resektion. Eine "second look"-Laparotomie könnte erforderlich sein, um die Lebensfähigkeit der betreffenden Darmbabschnitte zu beurteilen.

Wird die Diagnose bei der Angiographie gestellt, kann eine Infusion mit dem Vasodilatator Papaverin durch einen Angiographiekatheter sowohl bei okklusiver als auch bei nichtokklusiver Ischämie das Überleben verbessern. Eine Infusion von Papaverin ist auch nützlich, wenn eine operative Intervention geplant ist, und wird manchmal während und nach dem operativen Eingriff verabreicht. Darüber hinaus können bei arteriellem Verschluss eine Thrombolyse oder eine operative Embolektomie durchgeführt werden. Die Entwicklung von peritonealen Zeichen zu jedem Zeitpunkt im Verlaufe der Abklärung ist ein Hinweis für eine sofortige Operationseinleitung. Die Wiederherstellung des Blutflusses zum Darm kann manchmal durch endovaskuläre Techniken erreicht werden. Eine Mesenterialvenenthrombose ohne Anzeichen einer Peritonitis kann mit Antikoagulanzien behandelt werden.

Bei Patienten mit arterieller Embolie oder venöser Thrombose sollte eine langfristige Antikoagulation und duale Thrombozytenaggregationsbehandlung sowie eine Überwachung der Durchgängigkeit von Transplantaten oder Stents in Betracht gezogen werden.

Prognose für akute mesenteriale Ischämie

Nach Eintritt einer intestinalen Infarzierung erreicht die Mortalität 70–90%. Wenn Diagnose und Behandlung vor Eintritt einer Infarzierung stattfinden, ist die Mortalität gering. Aus diesem Grund sollte die klinische Diagnose einer Mesenterialischämie diagnostische Tests ersetzen, die möglicherweise die Behandlung verzögern.

Wichtige Punkte

  • Die frühzeitige Diagnose ist schwierig, da die Mortalität signifikant zunimmt, wenn erst einmal ein Intestinalinfarkt eingetreten ist.

  • Anfänglich ist der Schmerz schwer, die körperlichen Befunde aber sind minimal.

  • Die chirurgische Exploration ist oft die beste diagnostische Maßnahme bei Patienten mit deutlichen Peritonealbefunden.

  • Bei allen anderen Patienten wird eine mesenteriale Angiographie oder CT-Angiographie durchgeführt.

  • Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen Embolektomie, Revaskularisierung und Resektion.