(Siehe auch Übersicht zu Störungen der Phosphatkonzentration.)
Eine Hypophosphatämie tritt bei 2% aller stationären Patienten auf, hat aber in bestimmten Populationen eine erhöhte Prävalenz (z. B. haben bis zu 10% aller stationär aufgenommenen Alkoholiker eine Hypophosphatämie).
Ätiologie
Eine Hypophosphatämie hat eine Vielzahl von Ursachen; eine klinisch relevante akute Hypophosphatämie tritt nur bei wenigen klinischen Gegebenheiten auf, wie beispielsweise:
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In der Erholungsphase einer diabetischen Ketoazidose
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Beim akuten Alkoholismus
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Bei schweren Verbrennungen
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Bei Rückkehr zur normalen Ernährung nach längerer Unterernährung
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Bei schwerer respiratorischer Alkalose
Eine akute schwere Hypophosphatämie mit einem Serumphosphat < 1 mg/dl (< 0,32 mmol/l) wird meistens durch transzelluläre Phosphatverschiebungen bei bereits vorhandenem chronischem Phosphatmangel verursacht.
Eine chronische Hypophosphatämie ist gewöhnlich Folge einer verminderten renalen Phosphat-Reabsorption. Zu den Ursachen gehören:
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Erhöhte Parathormonspiegel, wie bei primärem und sekundärem Hyperparathyreoidismus
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Andere Hormonstörungen, wie z. B. Cushing-Syndrom und Hypothyreoidismus
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Elektrolytstörungen, wie z. B. Hypomagnesiämie und Hypokaliämie
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Theophyllinintoxikation
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Langdauernde Diuretikatherapie
Eine schwere chronische Hypophosphatämie resultiert aus einer prolongierten negativen Phosphat-Bilanz. Zu den Ursachen gehören:
Patienten mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung (insbesondere die an der Dialyse) nehmen oft Phosphatbinder mit den Mahlzeiten ein, um die Aufnahme von Phosphat durch die Nahrung zu reduzieren. Die längere Verwendung dieser Bindemittel können Hypophosphatämie verursachen, insbesondere in Kombination mit stark verringerter Nahrungsaufnahme von Phosphat.
Symptome und Beschwerden
Obwohl eine Hypophosphatämie normalerweise asymptomatisch ist, können bei einem schweren, chronischen Mangel eine Anorexie, Muskelschwäche und eine Osteomalazie auftreten. Gleiches gilt für schwere neurologische Störungen wie z. B. eine progressive Enzephalopathie mit Krämpfen, Koma und Tod. Die Muskelschwäche bei einer schweren Hypophosphatämie kann, insbesondere beim Alkoholismus, von einer Rhabdomyolyse begleitet werden.
Die hämatologischen Symptome einer Hypophosphatämie sind eine hämolytische Anämie, verminderte Sauerstoffabgabe des Hämoglobins und eine Beeinträchtigung der Leuko- und Thrombozytenfunktion.
Diagnose
Eine Hypophosphatämie wird bei einer Serum-Phosphat-Konzentration < 2,5 mg/dl (< 0,81 mmol/l) diagnostiziert. Die meisten Ursachen einer Hypophosphatämie (z. B. diabetische Ketoazidose, Verbrennungen, Nahrungsaufbau) sind offensichtlich und leicht zu erkennen. Wenn klinisch indziert (z. B. verdächtige Leberwerte oder Anzeichen einer Leberzirrhose bei Patienten mit Verdacht auf Alkoholismus), werden Test zur Diagnose der Ursache durchgeführt.
Behandlung
Orale Behandlung
Bei asymptomatischen Patienten sind, auch wenn die Serumkonzentrationen von Phosphat sehr niedrig sind, die Behandlung der Grunderkrankung und eine orale Substitution meist ausreichend. Phosphat kann in Dosierungen von bis zu 1 g p.o. 3-mal täglich in Form von Tabletten, die aus Natriumphosphat oder Kaliumphosphat bestehen, verabreicht werden. Orales Natriumphosphat oder Kaliumphosphat kann schlecht vertragen werden, da es eine Diarrhö auslöst. Ein Liter fettreduzierte oder entrahmte Milch enthält 1 g Phosphat und wird wesentlich besser vertragen. Die Bekämpfung der Ursachen einer Hypophosphatämie kann das Absetzen phosphatbindender Antazida, die Beendigung einer Diuretikatherapie oder die Korrektur einer Hypomagnesiämie umfassen.
Parenterale Behandlung
Parenterales Phosphat wird in der Regel i.v. gegeben. Sie sollte in den folgenden Fällen angewendet werden:
Die i.v. Gabe von Kaliumphosphat (als gepufferte Lösung von K2HPO4 und KH2PO4) gilt als sicher, wenn die Nierenfunktion gut ist. Parenterales Kaliumphosphat enthält 93 mg (3 mmol) Phosphor und 170 mg (4,4 mEq) Kalium pro ml. Die übliche Dosis beträgt 0,5 mmol Phosphor/kg (0,17 ml/kg) i.v. über 6 h. Patienten mit Alkoholismus können einen Bedarf von ≥ 1 g/Tag während parenteraler Ernährung aufweisen. Die zusätzliche intravenöse Phosphatgabe wird beendet, wenn die orale Aufnahme ausreichend ist.
Wenn Patienten eine beeinträchtigte Nierenfunktion haben oder Serum-Kalium > 4 mmol/l, sollten im Allgemeinen Natriumphosphat-Zubereitungen verwendet werden; diese Präparate enthalten auch 3 mmol/ml Phosphoroxychlorid und werden daher in der gleichen Dosis verabreicht.
Serumkalzium- und -Phosphatkonzentrationen sollten während der Therapie überwacht werden, besonders dann, wenn Phosphat intravenös verabreicht wird oder eine eingeschränkte Nierenfunktion bekannt ist. In den meisten Fällen sollten nicht mehr als 7 mg/kg (ungefähr 500 mg bei einem Erwachsenen von 70 kg Körpergewicht) Phosphat innerhalb von 6 Stunden gegeben werden. Die Entstehung einer Hypokalzämie, Hyperphosphatämie und metastatischer Kalzifizierung aufgrund eines übermäßigen Kalziumphosphatprodukts kann durch eine strenge Therapieüberwachung und die Vermeidung schnellerer Infusionsraten von Phosphat verhindert werden.
Wichtige Punkte
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Akute Hypophosphatämie kommt meist bei Alkoholismus, Verbrennungen oder Hungerzuständen vor.
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Akute schwerer Hypophosphatämie kann zu schweren neuromuskulären Störungen, Rhabdomyolyse, Krampfanfälle, Koma und Tod führen.
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Chronische Hypophosphatämie kann durch Hormonstörungen (z. B. Hyperparathyreoidismus, Cushing-Syndrom, Hypothyreose), chronische Diuretikagabe oder Verwendung aluminiumhaltiger Antazida bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung hervorgerufen werden.
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Eine Hypophosphatämie ist in der Regel asymptomatisch, kann aber bei einem schweren Mangel Anorexie, Muskelschwäche und Osteomalazie verursachen.
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Die zugrunde liegende Erkrankung wird behandelt, aber einige Patienten benötigen eine orale, oder selten intravenöse, Phosphatsubstitution.