Priapismus

VonGeetha Maddukuri, MD, Saint Louis University
Überprüft/überarbeitet Dez. 2022
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Ein Priapismus ist eine schmerzhafte, persistierende, anomale Erektion ohne sexuelles Verlangen oder Erregung. Es tritt am häufigsten bei Jungen im Alter von 5–10 Jahren und bei Männern im Alter von 20–50 Jahren auf.

Pathophysiologie des Priapismus

Der Penis besteht aus 3 Schwellkörpern: 2 Corpora cavernosa und 1 Corpus spongiosum. Eine Erektion entsteht durch Entspannung der glatten Muskulatur und erhöhten arteriellen Blutfluss in die Corpora cavernosa, was zu Schwellung und Steifigkeit führt.

Ischämischer Priapismus

Die meisten Fälle von Priapismus sind auf den Ausfall einer Detumesenz zurückzuführen und entstehen meist aufgrund eines verhinderten venösen Abflusses (d. h. "Low-Flow"), auch als ischämischer Priapismus bekannt. Nach 4 Stunden treten ischämiebedingt starke Schmerzen auf. Bei längerer Dauer ( > 4 Stunden) kann ein Priapismus zu einer Corpusfibrose mit nachfolgender erektiler Dysfunktion oder sogar zur Penisnekrose und Gangrän führen.

Unter stotterndem Priapismus versteht man eine wiederkehrende Form von ischämischem Priapismus mit wiederholten Episoden und zwischenzeitlich auftretender Detumeszenz

Nichtischämischer Priapismus

Weniger häufig tritt Priapismus aufgrund von unreguliertem arteriellem Zufluss auf (d. h. "High flow"), in der Regel als Folge einer arteriellen Fistel nach Trauma. Ischämischer Priapismus ist nicht schmerzhaft und führt nicht zur Nekrose. Nachfolgend kommt es häufig zu einer erektilen Dysfunktion.

Ätiologie des Priapismus

Bei Erwachsenen ist die häufigste Ursache (siehe Tabelle Ursachen für Priapismus)

Bei Kindern sind die häufigsten Ursachen

Häufig ist Priapismus idiopathisch und kann wiederholt auftreten.

Tabelle

Untersuchung des Priapismus

Priapismus erfordert dringende Behandlung, um chronische Komplikationen zu verhindern (vor allem erektile Dysfunktion). Abklärung und Therapie sollten gleichzeitig durchgeführt werden.

Anamnese

Bei der Anamnese der jetzigen Krankheit sollte die Dauer der Erektion abgeklärt werden, ob teilweise oder vollständige Steifigkeit und Schmerzen bestehen und ob kürzlich oder in der Vergangenheit Trauma aufgetreten sind. Zur Anamnese gehört die Frage nach begleitenden Medikamente und die Patienten sollten direkt über den Gebrauch von Freizeitdrogen und Medikamenten zur Behandlung der erektilen Dysfunktion befragt werden.

Bei der Überprüfung der Organsysteme sollte nach ursächlichen Symptomen gesucht werden, wie z. B. Dysurie (HWI), Harnverhalt oder Harndrang (Prostatakrebs), Fieber und Nachtschweiß (Leukämie) sowie Schwäche der unteren Extremitäten (Rückenmark Pathologie).

Bei der Anamnese sollten bekannte Störungen erkannt werden, die mit Priapismus im Zusammenhang sehen, (siehe Tabelle Ursachen für Priapismus), insbesondere hämatologische Erkrankungen. Die Patienten sollten nach Auftreten von Hämoglobinopathien (Sichelzellenanämie oder Thalassämie) in der Familie befragt werden.

Körperliche Untersuchung

Eine fokussierte genitale Untersuchung sollte stattfinden, um das Ausmaß der Steifigkeit und Empfindlichkeit zu bewerten und festzustellen, ob Eichel und Corpus spongiosum ebenfalls betroffen sind. Auf penile oder perineale Trauma und Anzeichen einer Infektion, Entzündung oder gangranöse Veränderungen sollte geachtet werden.

Bei der kompletten körperlichen Untersuchung sollte auf psychomotorische Unruhe geachtet und bei der Untersuchung des Kopfes und Halses sollte nach Pupillenerweiterung, die mit Stimulanzien im Zusammenhang stehen, geschaut werden. Abdomen und suprapubischer Bereich sollten abgetastet werden, um Raumforderungen oder Splenomegalie auszuschließen und eine digitale rektale Untersuchung sollte durchgeführt werden, um eine Prostatavergrößerung oder andere Krankheiten zu erkennen. Eine neurologische Untersuchung ist hilfreich, um Anzeichen von Schwäche der unteren Extremitäten oder Parästhesien des Sattelblocks festzustellen, die auf pathologischen Veränderungen der Wirbelsäule hindeuten könnten.

Warnzeichen

Die folgenden Befunde sind von besonderer Bedeutung:

  • Schmerzen

  • Priapismus bei einem Kind

  • Kürzlich erlittenes Trauma

  • Fieber und Nachtschweiß

  • Perineale und/oder neurologische Manifestationen der unteren Extremitäten

Interpretation der Befunde

In den meisten Fällen zeigt die Anamnese eine vorausgegangene medikamentöse Behandlung einer erektilen Dysfunktion sowie illegalen Drogenkonsum oder eine zurückliegende Sichelzellenkrankheit oder -anämie; in diesen Fällen werden keine weiteren Tests durchgeführt.

Bei Patienten mit ischämischem Priapismus wird bei der körperlichen Untersuchung typischerweise eine vollständige Steifigkeit mit Schmerzen und Druckempfindlichkeit des Corpus cavernosa festgestellt, wobei Eichel und Corpus spongiosum nicht betroffen sind. Im Gegensatz dazu verläuft ein ischämischer Priapismus schmerzlos und unempfindlich und der Penis ist teilweise oder vollständig erigiert.

Tests

Wenn die Ursache nicht eindeutig ist, wird nach Hämoglobinopathien, Leukämie, Lymphomen, Harnwegsinfektion und anderen Ursachen gesucht.

  • Komplettes Blutbild

  • Urinanalyse und Urinkultur

  • Hämoglobinelektrophorese bei dunkeläutigen Männern und Männern mediterraner Herkunft

Viele Ärzte führen auch ein Drogen-Screening, intrakavernöse Blutgastests und Duplex-Sonographie durch. Eine Duplexsonographie des Penis wird bei Männern mit ischämischem Priapismus geringe oder keine kavernöse Durchblutung zeigen und bei Männern mit nichtischämischem Priapismus eine normale bis hohe kavernöse Durchblutung. Die Duplexsonographie kann auch anatomische Auffälligkeiten zeigen, wie kavernöse arterielle Fisteln oder ein Pseudoaneurysma, die in der Regel auf nichtischämischen Priapismus hindeuten. Gelegentlich ist ein MRT mit Kontrastmittel sinnvoll, um arteriovenöse Fisteln oder Aneurysmen aufzuzeigen.

Behandlung von Priapismus

Selbst bei bekannter Ätiologie ist die Behandlung oft schwierig und manchmal erfolglos. Wann immer möglich, sollten die Patienten zu einer Notaufnahme verwiesen werden; Patienten sollten vorzugsweise untersucht und dringend von einem Urologen behandelt werden. Andere Krankheiten sind zu behandeln. Zum Beispiel verschwindet ein Priapismus oft, wenn die Sichelzellenanämie behandelt wird. Die Methoden, mit denen ein Priapismus allein behandelt wird, sind abhängig vom Typ.

Ischämischer Priapismus

Die Behandlung sollte sofort beginnen, in der Regel mit Absaugen von Blut aus der Basis einer der beiden Corpora cavernosa unter Verwendung einer nichtheparinisierten Spritze, oft mit einer Kochsalzlösung und intrakavernösen Injektion des Alpha-Rezeptor-Agonisten Phenylephrin. Bei Phenylephrininjektionen wird 1 ml von 1%igem Phenylephrin (10 mg/ml) zu 19 ml 0,9% iger Kochsalzlösung hinzugefügt, um 500 mcg/ml herzustellen; 100–500 mcg (0,2–1 ml) wird alle 5–10 Minuten injiziert, bis eine Besserung eintritt oder es wird eine Gesamtdosis von 1000 mcg verabreicht. Vor der Aspiration oder Injektion erfolgt die Anästhesie durch eine Blockade des Nervus dorsalis penileus oder eine lokale Infiltration.

Wenn diese Maßnahmen nicht erfolgreich sind, oder wenn der Priapismus bereits > 48 Stunden angedauert hat (und es somit unwahrscheinlich ist, dass diese Maßnahmen erfolgreich sind), kann ein chirurgischer Shunt zwischen Corpus cavernosum und Glans penis oder Corpus sponiosum und einer anderen Vene gelegt werden.

"Stuttering" Priapismus

"Stuttering" Priapismus wird im akuten Stadium genauso wie andere Formen von ischämischem Priapismus behandelt. Es liegt ein Bericht über mehrere Fälle vor, die durch eine Sichelzellenanämie verursacht wurden und auf eine einzige oralen Dosis von Sildenafil reagiert haben. Zu Behandlungen, die hilfreich sind, um Rückfälle des "Stuttering" Priapismus zu verhindern, gehören eine antiandrogene Therapie mit Gonadotropin-freisetzenden Hormonagonisten, Östrogen, Bicalutamid, Flutamid, Phosphodiesterase-5-Hemmer und Ketoconazol. Das Ziel der Antiandrogentherapie besteht darin, den Plasmatestosteronspiegel auf < 10% zu verringern. Digoxin, Terbutalin, Gabapentin und Hydroxyharnstoff wurden auch mit einigem Erfolg eingesetzt.

Ischämischer Priapismus

Die konservative Therapie (z. B. Eisbeutel und Analgetika) ist in der Regel erfolgreich; wenn nicht, werden selektive Embolisation oder Operation empfohlen.

Therapierefraktärer Priapismus

Wenn andere Behandlungen erfolglos sind, kann eine Penisprothese platziert werden.

Wichtige Punkte

  • Priapismus erfordert dringende Untersuchung und Behandlung.

  • Medikamente (verschreibungspflichtige und Freizeitdrogen) und Sichelzellenanämie sind die häufigsten Ursachen.

  • Akute Behandlung mit Alpha Agonisten, Punktion oder beidem.