Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter

VonJosephine Elia, MD, Sidney Kimmel Medical College of Thomas Jefferson University
Überprüft/überarbeitet Mai 2023
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Depressive Störungen sind durch Trauer oder Reizbarkeit charakterisiert, die schwerwiegend genug sind oder lange genug anhalten, um Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung zu verursachen und beträchtliche Sorge zu bereiten. Die Diagnose wird aufgrund der klinischen Kriterien gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Antidepressiva, supportiver und kognitiver Verhaltenstherapie oder einer Kombination dieser Modalitäten.

(Siehe auch Diskussion von Depressive Störungen bei Erwachsenen.)

Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter umfassen

  • Disruptive Stimmungsdysregulationsstörung

  • Major Depression

  • Anhaltende Depression (Dysthymie)

Der Begriff Depression wird häufig umgangssprachlich gebraucht, um eine gedrückte oder niedergeschlagene Stimmung nach Enttäuschungen (z. B. schwere Krankheit) oder Verlusten (z. B. Tod einer nahestehenden Person) zu beschreiben. Solche gedrückten Stimmungen treten im Gegensatz zu Depressionen jedoch in Wellen auf, die mit Gedanken oder Erinnerungen an das auslösende Ereignis zusammenhängen, klingen ab, wenn sich die Umstände oder Ereignisse verbessern, können sich mit Phasen positiver Emotion oder guter Laune abwechseln und werden nicht von anhaltenden Gefühlen der Wertlosigkeit und des Selbsthasses begleitet. Die niedergedrückte Stimmung hält in der Regel nur Tage und nicht Wochen oder Monate an, und Suizidgedanken und längerfristige Funktionseinbußen sind wesentlich unwahrscheinlicher. Solche niedergedrückten Stimmungen werden passender als Demoralisierung oder Trauer bezeichnet. Allerdings können Ereignisse und Stressoren, die Demoralisierung und Trauer verursachen auch eine Episode der Major Depression einleiten.

Die Ätiologie der Depression bei Kindern und Jugendlichen ist unbekannt, ähnelt aber Ätiologie bei Erwachsenen; es wird angenommen, dass es aus der Interaktion von genetisch bestimmten Risikofaktoren und Umweltstress resultiert (insbesondere Stress im frühen Leben wie Missbrauch, Verletzungen, Naturkatastrophen, häusliche Gewalt, Tod von Familienmitgliedern und Deprivation [1]).

Während der COVID-19-Pandemie verdoppelten sich die Depressionssymptome bei Jugendlichen, insbesondere bei älteren Jugendlichen (2), und die Zahl der psychiatrischen Behandlungen wegen Depressionen stieg um 43% (3). Nach Kontrolle von Geschlecht, Alter und depressiven Symptomen vor der COVID-19-Studie erwiesen sich die Verbundenheit mit den Bezugspersonen und die Bildschirmzeit des Kindes als signifikante Prädiktoren für die depressiven Symptome des Kindes vor der COVID-19-Studie (4).

Allgemeine Literatur

  1. 1. LeMoult J, Humphreys KL, Tracy A, et al: Meta-analysis: Exposure to early life stress and risk for depression in childhood and adolescence. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 59(7);842-855, 2020. doi: https://doi.org/10.1016/j.jaac.2019.10.011

  2. 2. Racine N, McArthur B, Cooke J, et al: Global prevalence of depressive and anxiety symptoms in children and adolescence during COVID-19: A meta-analysis. JAMA Pediatr 175(11):1142-1150, 2021. doi: 10.1001/jamapediatrics.2021.2482

  3. 3. Dvir Y, Ryan C, Straus JH: Comparison of use of the Massachusetts Child Psychiatry Access Program and patient characteristics before vs during the COVID-19 pandemic. JAMA Netw Open5(2):e2146618, 2022. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.46618

  4. 4. McArthur BA, Racine N, McDonald S, et al: Child and family factors associated with child mental health and well-being during COVID-19. Eur Child Adolesc Psychiatry Jul 24;1-11, 2021. doi: 10.1007/s00787-021-01849-9

Symptome und Beschwerden

Grundlegende Manifestationen von depressiven Störungen bei Kindern und Jugendlichen sind ähnlich wie bei Erwachsenen, stehen aber im Zusammenhang mit typischen Anliegen von Kindern, wie z. B. Schularbeiten und Spielen. Die Kinder können unfähig sein, ihre inneren Gefühle und Seelenzustände zu erklären. Eine Depression sollte in Betracht gezogen werden, wenn Kinder mit bisher guten Leistungen in der Schule auf einmal schlecht werden, sich zurückziehen oder straffällig werden.

Bei einigen Kindern mit einer depressiven Störung ist die vorherrschende Stimmung Reizbarkeit statt Traurigkeit (ein wichtiger Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen). Reizbarkeit verbunden mit einer kindlichen Depression kann sich als Überaktivität und aggressives, antisoziales Verhalten manifestieren.

Bei Kindern mit geistiger Behinderung können sich depressive oder andere affektive Störungen in somatischen Symptomen und Verhaltensstörungen bemerkbar machen.

Disruptive Stimmungsdysregulationsstörung

Die disruptive Stimmungsdysregulationsstörung umfasst persistierende Reizbarkeit und häufige Episoden von Verhalten, das sehr aus dem Ruder läuft, mit einem Einsetzen im Alter zwischen 6 und 10 Jahren. Viele Kinder haben auch andere Störungen, insbesondere oppositionelles Trotzverhalten, Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder eine Angststörung. Die Diagnose wird nicht vor dem Alter von 6 Jahren oder nach dem Alter von 18 Jahren gestellt. Als Erwachsene können Patienten eine unipolare (eher als eine bipolare) Depression oder eine Angststörung entwickeln.

Die Manifestationen umfassen das Vorliegen der folgenden Merkmale für ≥ 12 Monate (ohne einen Zeitraum von ≥ 3 Monaten ohne alle):

  • Schwere rezidivierende Temperamentsausbrüche (z. B. verbale Wut und/oder körperliche Aggression gegenüber Menschen oder Gegenständen), die stark unverhältnismäßig sind für die jeweilige Situation und die im Durchschnitt ≥ 3-mal/Woche auftreten

  • Temperamentsausbrüche, die nicht mit dem Entwicklungsstand übereinstimmen

  • Eine reizbare, wütende Stimmung, die jeden Tag für den Großteil des Tages gegeben ist und von anderen beobachtet wird (z. B. Eltern, Lehrer, Gleichaltrige)

Die Ausbrüche und wütende Stimmung müssen unter 2 von 3 Umständen auftreten (zu Hause oder in der Schule, mit Gleichaltrigen).

Major Depression

Eine Major Depression ist eine diskrete depressive Episode, die ≥ 2 Wochen andauert. Major depressive Störung kommt bei 2% der Kinder und 5% der Jugendlichen vor. Eine Major Depression kann in jedem Alter einsetzen, ist jedoch nach der Pubertät häufiger. Unbehandelt kann Major Depression nach 6–12 Monaten nachlassen. Das Rezidivrisiko ist höher bei Patienten, die schwere Episoden haben, jünger sind oder mehrere Episoden hatten. Die Persistenz selbst leichter depressiver Symptome während der Remission ist ein starker Prädiktor für einen Rückfall.

Für die Diagnose muss ≥ 1 der folgenden Merkmale für den Großteil des Tages beinahe täglich während derselben Periode von 2 Wochen vorhanden sein:

  • Sich traurig fühlen oder von anderen als traurig (z. B. den Tränen nah) oder gereizt empfunden werden

  • Verlust von Interesse oder Freude an beinahe allen Aktivitäten (oft als tiefe Langeweile ausgedrückt)

Zusätzlich müssen ≥ 4 der folgenden Bedingungen vorhanden sein:

  • Gewichtsverlust (bei Kindern, Versagen, die erwartete Gewichtszunahme zu machen) oder Verringerung oder Steigerung des Appetits

  • Insomnie oder Hyperinsomnie

  • Von anderen beobachtete psychomotorische Unruhe oder Retardierung (nicht selbst berichtet)

  • Müdigkeit oder Antriebslosigkeit

  • Verminderte Denk-, Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit

  • Rezidivierende Todesgedanken (nicht nur Angst vor dem Sterben) und/oder Suizidgedanken oder -pläne

  • Gefühle der Wertlosigkeit (d. h. sich abgelehnt und ungeliebt fühlen) oder übermäßige oder unangemessene Schuldgefühle

Eine schwere Depression bei einem Jugendlichen stellt ein großes Risiko für Schulversagen, Substanzkonsum und suizidales Verhalten dar. Wenn sie niedergeschlagen sind, neigen Kinder und Jugendliche dazu, in ihren Schulleistungen abzufallen und Beziehungen zu Gleichaltrigen zu verlieren. Bei sehr schweren Depressionen können psychotische Symptome auftreten.

Anhaltende Depression (Dysthymie)

Dysthymie ist eine anhaltende depressive oder gereizte Stimmung, die für den Großteil des Tages an den meisten Tagen für ≥ 1 Jahr andauert sowie ≥ 2 der folgenden Merkmale aufweist:

  • Geringer Appetit oder übermäßiges Essen

  • Insomnie oder Hyperinsomnie

  • Wenig Energie oder Müdigkeit

  • Geringes Selbstvertrauen

  • Konzentrationsschwäche

  • Gefühle der Hoffnungslosigkeit

Die Symptome können mehr oder weniger intensiv sein als bei einer Major Depression.

Eine Major depressive Episode kann vor dem Beginn oder während des ersten Jahres auftreten (d. h. bevor das zeitliche Kriterium für die persistierende depressive Störung erfüllt ist).

Diagnose

  • Psychiatrische Beurteilung

  • Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders Fünfte Auflage (DSM-5-TR) Kriterien

Die Diagnose von depressiven Störungen wird aufgrund der Symptome und Befunde gestellt, einschließlich der oben aufgeführten Kriterien.

Informationsquellen sind eine Befragung des Kindes oder Jugendlichen und Informationen von Eltern und Lehrern. Zum Screening stehen verschiedene Kurzfragebögen zur Verfügung. Mit ihnen lassen sich einige depressive Symptome identifizieren, sie reichen jedoch alleine für die Diagnose nicht aus. Mit Hilfe spezifischer Fragen lässt sich feststellen, ob die Patienten die für die Diagnose einer Major Depression erforderlichen Symptome gemäß den DSM-5-TR-Kriterien aufweisen.

Die Anamnese sollte Faktoren wie häusliche Gewalt, sexuellen Missbrauch und sexuelle Ausbeutung sowie Medikamentennebenwirkungen einschließen. Fragen zu suizidalem Verhalten sollten gestellt werden (Phantasien, Andeutungen, Versuche).

Eine sorgfältige Überprüfung der Krankengeschichte und entsprechende Laboruntersuchungen sind erforderlich, um andere Erkrankungen (z. B. infektiöse Mononukleose, Schilddrüsenerkrankungen, Substanzgebrauchsstörungen) auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können.

Andere psychiatrische Erkrankungen, die das Risiko depressiver Symptome erhöhen und/oder ihren Verlauf modifizieren können (z. B. Angst, und bipolare Störungen), müssen berücksichtigt werden. Einige Kinder, die eine bipolare Störung oder eine Schizophrenie entwickeln, zeigen zu Anfang eine schwere Depression.

Nach der Diagnosestellung ist eine Beleuchtung der Familien- und sozialen Verhältnisse sinnvoll, um Belastungen zu erkennen, die die Depression ausgelöst haben.

Therapie

  • Zeitgleiche Maßnahmen für die Familie und die Schule

  • Für Jugendliche in der Regel Antidepressiva sowie Psychotherapie

  • Für präpubetäre Kinder Psychotherapie, gefolgt von Antidepressiva, falls nötig

Geeignete Maßnahmen für die Familie und Schule müssen die direkte Behandlung des Kindes begleiten, um zu erreichen, dass das Kind seinen Alltag meistert und schulisch nicht zurückfällt. Ein kurzer Krankenhausaufenthalt kann in Krisensituationen notwendig sein, wenn suizidale Absichten geäußert werden.

Bei Erwachsenen zeigt eine Kombination von Psychotherapie und Antidepressiva wesentlich bessere Resultate als beide Therapieformen allein (1). Bei vorpubertären Kindern ist die geeignete Behandlung viel weniger klar. Die meisten Ärzte entscheiden sich für Psychotherapie bei jüngeren Kindern. Medikamente können aber bei jüngeren Kindern eingesetzt werden (Fluoxetin kann bei Kindern 8 Jahre angewendet werden), vor allem, wenn die Depression schwer ist oder nicht auf die Psychotherapie anspricht.

In der Regel ist ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (siehe Tabelle Medikamente zur Langzeitbehandlung von Depressionen, Angstzuständen und verwandten Erkrankungen) die erste Wahl, wenn ein Antidepressivum angezeigt ist (2). Kinder sollten genau auf die Entstehung von Verhaltensnebenwirkungen (z. B. Enthemmung, Verhaltensaktivierung) überwacht werden, die häufig auftreten, aber in der Regel leicht bis mittelschwer sind. Normalerweise beseitigt oder reduziert eine Verringerung der Medikamentendosis oder ein Wechsel zu einem anderen Medikament diese Wirkungen. Selten sind solche Wirkungen schwerer (z. B. Aggressivität, erhöhte Suizidalität). Verhaltensbezogene Nebenwirkungen sind idiosynkratisch und können mit jedem Antidepressivum und zu jeder Zeit während der Behandlung auftreten. Daher müssen Kinder und Jugendliche, die solche Medikamente einnehmen, genau überwacht werden.

Studien bei Erwachsenen haben gezeigt, dass Antidepressiva mit einer Wirkung auf beide Systeme (serotonerg und adrenerg/dominerg) etwas wirksamer sind. Solche Medikamente (z. B. Duloxetin, Venlafaxin, Mirtazapin; einige trizyklische Antidepressiva, insbesondere Clomipramin) scheinen aber mehr Nebenwirkungen zu haben. Diese Mittel können vor allem bei der Behandlung von resistenten Fällen hilfreich sein. Nichtserotonerge Antidepressiva wie Bupropion und Desipramin können ebenfalls mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) kombiniert werden, um den Effekt zu steigern. Bei sehr schweren Depressionen können psychotische und/oder manische Symptome eine Behandlung mit einem Antipsychotikum erforderlich machen (3, 4).

Transkranielle Magnetstimulation - obwohl noch nicht von der Food and Drug Administration (FDA) für die Verwendung bei Jugendlichen zugelassen - wurde verwendet, insbesondere wenn Patienten nicht auf Medikamente reagieren oder diese tolerieren (5). Vorläufige Studien zur transkraniellen Magnetstimulation bei Jugendlichen zeigen ähnliche klinische Wirkungen und Verträglichkeit wie bei Erwachsenen (5–8). Größere laufende Studien werden bald mehr Daten über die nichtinvasive Hirnstimulation bei jugendlichen Depressionen liefern (7).

Wie bei Erwachsenen sind Rückfälle und Wiederauftreten häufig. Kinder und Jugendliche sollten nach dem Sistieren der Symptome mindestens für 1 Jahr weiterbehandelt werden. Die meisten Spezialisten stimmen darin überein, dass Kinder mit 2 Episoden auf unbestimmte Zeit behandelt werden sollten.

Tabelle
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Literatur zur Behandlung: Allgemeines

  1. 1. Kennard BD, Silva SG, Tonev S, et al: Remission and recovery in the Treatment for Adolescents with Depression Study (TADS): Acute and long-term outcomes. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 48(2):186-195, 1009. doi: 10.1097/CHI.0b013e31819176f9

  2. 2. Dwyer JB, Bloch MH: Antidepressants for pediatric patients. Curr Psychiatr 8(9):26-42F, 2019.

  3. 3. Kendall T, Morriss R, Mayo-Wilson E, et al: Assessment and management of bipolar disorder: Summary of updated NICE guidance. BMJ 349:g5673, 2014. doi: 10.1136/bmj.g5673

  4. 4. Yatham LN, Kennedy SH, Parikh SV, et al: Canadian Network for Mood and Anxiety Treatments (CANMAT) and International Society for Bipolar Disorders (ISBD) collaborative update of CANMAT guidelines for the management of patients with bipolar disorder: Update 2013. Bipolar Disord 15(1):1-44, 2013. doi: 10.1111/bdi.12025

  5. 5. Allen CG, Kluger BM, Buard I: Safety of transcranial magnetic stimulation in children: A systematic review of the literature. Pediatr Neurol 68:3-17, 2017. doi.org/10.1016/j.pediatrneurol.2016.12.009

  6. 6. Donaldson AE, Gordon MS, Melvin GA, et al: Addressing the needs of adolescents with treatment resistant depressive disorders: A systematic review of rTMS. Brain Stimul 7(1):7-12. 2014. doi: 10.1016/j.brs.2013.09.012

  7. 7. Krishnan C, Santos L, Peterson MD, et al:  Safety of noninvasive brain stimulation in children and adolescents. Brain Stimul 8:76-87, 2015. doi: 10.1016/j.brs.2014.10.012

  8. 8. Croarkin PE, MacMaster FP: Transcranial magnetic stimulation for adolescent depression. Child Adolesc Psychiatry Clin N Am 28(1):33-43, 2019. 10.1016/j.chc.2018.07.003

Suizidrisiko und Antidepressiva

Suizidrisiko und die Behandlung mit Antidepressiva sind ein häufiges Diskussions- und Forschungsthema (1). Im Jahr 2004 führte die amerikanische Food and Drug Administration eine Metaanalyse von 23 zuvor durchgeführten Studien mit 9 verschiedenen Antidepressiva durch (2). Obwohl kein Patient in diesen Studien einen Suizid durchführte, wurde ein kleiner, jedoch statistisch signifikanter Anstieg an Suizidgedanken bei Kindern und Jugendlichen festgestellt, die ein Antidepressivum einnahmen (etwa 4% vs. etwa 2%), was zu einer "Black Box"-Warnung auf allen Klassen von Antidepressiva führte (z. B. trizyklische Antidepressiva, SSRI, Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer wie etwa Venlafaxin und tetrazyklische Antidepressiva wie etwa Mirtazapin).

Im Jahr 2006 fand eine Metaanalyse (aus Großbritannien) von Kindern und Jugendlichen, die wegen Depression behandelt wurden (3), dass Patienten, die ein Antidepressivum einnahmen, verglichen mit denjenigen, die ein Placebo einnahmen, einen kleinen Anstieg an Selbstverletzung oder Suizid-bezogenen Ereignisse hatten (4,8% vs. 3,0% der Personen, die mit einem Placebo behandelt wurden). Ob der Unterschied jedoch statistisch signifikant war oder nicht, variiert in Abhängigkeit von der Art der Analyse (Fixed-Effects-Analyse oder Random-Effects-Analyse). Es gab einen nicht signifikanten Trend zu einer Zunahme an Selbstmordgedanken (1,2% vs. 0,8%), Selbstverletzung (3,3% vs. 2,6%) und Selbstmordversuche (1,9% vs. 1,2%). Es scheint zwischen den verschiedenen Medikamenten einige Unterschiede hinsichtlich des Risikos gegeben zu haben; allerdings sind keine direkten Kopf-an-Kopf-Studien durchgeführt worden und es ist schwierig, die Schwere der Depression und andere konfundierende Risikofaktoren zu kontrollieren.

Beobachtungs- und epidemiologische Studien (4, 5) haben keine Zunahme in der Rate der Selbstmordversuche oder der vollendeten Suizide bei Patienten gefunden, die Antidepressiva einnahmen. Auch trotz einer Abnahme der Verschreibungen für Antidepressiva nach der Black-Box-Warnung stieg die Suizidrate bei Jugendlichen um 14% (6, 7). Unter Verwendung von Daten aus kommerziellen Klagen (8) und landesweiten Registern (9) zur Abschätzung der Risiken und des Nutzens von Medikamenten in Bezug auf Suizidalität wurden selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer mit einem signifikanten Rückgang der suizidalen Ereignissen in Verbindung gebracht.

Obwohl Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen eine begrenzte Wirksamkeit haben, scheinen die Vorteile den Risiken in der Regel zu überwiegen. Der beste Ansatz scheint zu sein, die medikamentöse Behandlung mit Psychotherapie und Risikominimierung durch eine engmaschige Beobachtung der Behandlung zu kombinieren.

Unabhängig davon, ob Medikamente verwendet werden oder nicht, ist Suizid immer ein Bedenken bei einem Kind oder Jugendlichen mit Depression. Folgendes sollte getan werden, um das Risiko zu reduzieren:

  • Eltern und Psychologen sollten die Thematik eingehend besprechen.

  • Das Kind oder der Jugendliche sollten auf einem angemessenen Niveau betreut werden.

  • Eine Psychotherapie mit regelmäßigen Terminen sollte in den Behandlungsplan aufgenommen werden.

Tipps und Risiken

  • Suizidrisiko ist immer ein Problem bei Kindern oder Jugendlichen mit Depressionen, ob sie Antidepressiva einnehmen oder nicht.

Literatur zur Behandlung: Suizidrisiko und Antidepressiva

  1. 1. Hetrick SE, McKenzie JE, Merry SN: Newer generation antidepressants for depressive disorders in children and adolescents. Cochrane Database Syst Rev Nov 11 2012.

  2. 2. US FDA: Review and evaluation of clinical data: Relationship between psychotropic drugs and pediatric suicidality. 2004. Aufgerufen am 9.01.23.

  3. 3. Dubicka B, Hadley S, Roberts C: Suicidal behaviour in youths with depression treated with new-generation antidepressants: Meta-analysis. Br J Psychiatry Nov 189:393–398, 2006.

  4. 4. Adegbite-Adeniyi C, et al: An update on antidepressant use and suicidality in pediatric depression. Expert Opin Pharmacother 13 (15):2119–2130, 2012.

  5. 5. Gibbons RD, Brown CH, Hur K, et al: Early evidence on the effects of regulators' suicidality warnings on SSRI prescriptions and suicide in children and adolescents. Am J Psychiatry 164 (9);1356–1363, 2007.

  6. 6. Garland JE, Kutcher S, Virani A, et al: Update on the use of SSRIs and SNRIs with children and adolescents in clinical practice. J Can Acad Child Adolesc Psychiatry 25(1):4-10.

  7. 7. Dwyer JB, Bloch MH: Antidepressants for pediatric patients. Curr Psychiatr 8(9):26-42F, 2019.

  8. 8. Gibbons R, Hur K, Lavigne J, et al: Medications and suicide: High dimensional empirical Bayes screening (iDEAS). Harvard Data Sci Rev 2019. doi: 10.1162/99608f92.6fdaa9de

  9. 9. Lagerberg T, Fazel S, Sjölander A, et al: Selective serotonin reuptake inhibitors and suicidal behaviour: A population-based cohort study. Neuropsychoparmacol 47:817-823, 2022. https://doi.org/10.1038/s41386-021-01179-z

Wichtige Punkte

  • Depressive Störungen können sich bei Kindern als Traurigkeit oder Reizbarkeit äußern.

  • Zu einer Major Depression gehört, dass man sich während eines Zeitraums von zwei Wochen fast jeden Tag die meiste Zeit des Tages traurig oder reizbar fühlt oder das Interesse oder die Freude an fast allen Aktivitäten verliert, sowie weitere spezifische Symptome.

  • Diagnostizieren Sie eine depressive Erkrankung anhand spezifischer klinischer Kriterien und führen Sie geeignete Labortests durch, um andere Erkrankungen (z. B. infektiöse Mononukleose, Schilddrüsenerkrankungen, illegaler Drogenkonsum) auszuschließen.

  • Einbeziehung der Familie und der Schule während der Behandlung des Kindes, um das weitere Funktionieren des Kindes zu verbessern und angemessene Bildungseinrichtungen bereitzustellen.

  • Bei Jugendlichen (wie bei Erwachsenen) übertrifft eine Kombination aus Psychotherapie und Antidepressiva in der Regel bei weitem die beiden allein verwendeten Modalitäten. Bei jüngeren Kindern entscheiden sich die meisten Kliniker für eine Psychotherapie, obwohl bei Bedarf Medikamente eingesetzt werden können (abhängig vom Alter des Kindes).

  • Im Jahr 2004 führte die U.S. Food and Drug Administration eine Metaanalyse durch, die zu einer Black-Box-Warnung vor einem erhöhten Risiko suizidaler Vorstellungen und suizidalen Verhaltens bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit allen Klassen von Antidepressiva warnte; spätere Analysen haben diese Schlussfolgerung in Zweifel gezogen.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. CPIC—Clinical Pharmacogenetics Implementation Consortium: This international consortium facilitates use of pharmacogenetic tests for patient care. The site provides access to guidelines to help clinicians understand how genetic test results should be used to enhance drug therapy.