Immundiagnostik bei Tumorerkrankungen

VonRobert Peter Gale, MD, PhD, DSC(hc), Imperial College London
Überprüft/überarbeitet Mai 2023
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    Tumorassoziierte Antigene (TAA) können bei der Diagnose verschiedener Tumoren hilfreich sein und manchmal Auskunft über das Ansprechen auf eine Therapie oder ein Rezidiv geben. Diese Eigenschaften zeichnen einen idealen Tumormarker aus:

    • freigesetzt nur aus Tumorgewebe

    • spezifisch für einen bestimmten Tumortyp

    • nachweisbar bei geringer Tumorzellbelastung

    • direkte Beziehung zur Tumorzelllast

    • bei allen Patienten mit dem Tumor vorhanden

    Obwohl die meisten Tumoren nachweisbare antigene Makromoleküle in die Zirkulation abgeben, zeigt kein Tumormarker alle benötigten Charakteristika und bietet ausreichende Spezifität und Sensitivität, um in der Frühdiagnostik oder im Rahmen eines allgemeinen Screeningprogramms Anwendung zu finden.

    Das karzinoembryonale Antigen (CEA) ist ein Protein-Polysaccharid-Komplex, den man bei Kolonkarzinomen und im normalen fetalen Darm-, Pankreas- und Lebergewebe findet. Die Blutspiegel sind bei Patienten mit Darmkrebs erhöht, aber die Spezifität ist relativ gering, weil positive Ergebnisse auch bei Personen mit einer Anamnese von ≥ 20 Packungsjahren Zigarettenrauch auftreten oder Patienten mit Zirrhose, Colitis ulcerosa oder anderen Karzinomen (z. B. Brust-, Pankreas-, Blase-, Ovar-, Zervix-) auftreten. Die Überwachung von CEA-Werten kann für die Entdeckung eines Tumorrezidivs nach Tumorentfernung sinnvoll sein, wenn der Patient initial erhöhte CEA-Werte hatte; sie spielt ebenso eine Rolle bei der genaueren Abschätzung der Prognose anhand des Stadiums.

    Das Alpha-Fetoproteinist ein normales Produkt fetaler Leberzellen. Man findet es im Serum von Patienten mit primärem Leberzellkarzinom, nicht-seminomatösen Keimzelltumoren und häufig bei Ovarialkarzinomen und embryonalen Teratokarzinomen des Hodens. Die Werte sind eher zur Abschätzung der Prognose und seltener zur Diagnose nützlich.

    Die Beta-Kette des humanen Choriongonadotropins (Beta-HCG) wird über einen Immunassay gemessen und ist der bedeutendste Marker bei Frauen mit gestationsbedingten Trophoblasttumoren. Zu dieser Krankheitsgruppe gehören die Blasenmole sowie die nichtmetastasierten und metastasierten Trophoblasttumoren. Darüber hinaus wird die Beta-Kette des humanen Choriongonadotropins bei etwa zwei Drittel aller Männer mit einem embryonalen Teratokarzinom des Hodens oder Chorionkarzinom gefunden. Die Beta-Kette wird bestimmt, weil sie spezifisch für HCG ist. Bei gesunden Menschen kommt dieser Marker in geringen Mengen vor. Während der Schwangerschaft sind die Werte erhöht.

    Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Glykoprotein in den duktalen Epithelzellen der Prostata und kann auch beim gesunden Mann in niedrigen Konzentrationen im Serum nachgewiesen werden. Unter Verwendung geeigneter oberer Normalwerte kann mit monoklonalen Antikörpern bei ungefähr 90% der Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom ein erhöhter PSA-Serumwert auch dann nachgewiesen werden, wenn noch keine Metastasierung erfolgt ist. Das PSA ist sensitiver als die saure Prostataphosphatase, Da das PSA jedoch auch bei anderen Erkrankungen erhöht ist (z. B. bei gutartiger Prostatahyperplasie, Prostatitis, kürzlicher Instrumentierung der Harnwege), ist es weniger spezifisch. Das PSA kann zur Entdeckung eines Rezidivs nach vorangegangener Diagnose und Behandlung eines Prostatakarzinoms eingesetzt werden.

    CA 125 erweist sich bei der Diagnose und Überwachung der Therapie eines Ovarialkarzinoms als klinisch nützlich. Allerdings findet man auch bei jedem entzündlichen Prozess des Peritoneums und einigen anderen Tumoren erhöhte Werte.

    Beta-2-Mikroglobulin ist beim multiplen Myelom und bei einigen Lymphomen häufig erhöht. Es wird vor allem zur Prognoseabschätzung verwendet.

    CA 19-9 wurde ursprünglich zur Diagnose von kolorektalen Karzinomen eingesetzt, zeigt jedoch eine höhere Sensitivität für Pankreaskarzinome. Es wird hauptsächlich dazu verwendet, das Ansprechen auf eine Behandlung bei Patienten mit fortgeschrittenen Pankreaskarzinomen zu beurteilen. CA 19-9 kann darüber hinaus auch bei anderen gastrointestinalen Karzinomen, insbesondere bei Gallengangskarzinomen, und einigen benignen Gallengangs- und cholestatischen Krankheiten erhöht sein.

    CA 15-3 und CA 27-29 sind bei den meisten Patienten mit metastasiertem Mammakarzinom erhöht. Die Werte können aber auch bei anderen Störungen erhöht sein. Diese Marker werden primär zur Überwachung des Therapieansprechens verwendet.

    Chromogranin A dient als Marker für karzinoide oder neuroendokrine Tumoren. Sensitivität und Spezifität für neuroendokrine Tumoren können bei über 75% liegen, die diagnostische Genauigkeit ist bei metastasierter Erkrankung höher als bei lokalisierten Tumoren. Die Spiegel können aber auch bei anderen Tumoren, z. B. der Lunge und Prostata, und gutartigen Erkrankungen (z. B. primäre Hypertonie, chronische Nierenerkrankungen, chronische atrophische Gastritis) erhöht sein.

    Thyreoglobulin wird von der Schilddrüse produziert und kann bei verschiedenen Schilddrüsenkrankheiten erhöht sein. Es wird in erster Linie als Marker nach vollständiger Thyreoidektomie verwendet, um rezidivierende Schilddrüsenkarzinome zu erkennen und das Ansprechen auf eine Behandlung bei metastasierendem Schilddrüsenkrebs zu überwachen.

    TA-90 ist die hochimmunogene Untereinheit eines tumorassoziierten Antigens des Urogenitaltrakts, die bei 70% der Patienten mit Melanom, Weichteilsarkom und Karzinomen der Brust, des Kolons und der Lunge vorhanden ist. Einige Studien konnten zeigen, dass TA-90-Werte das Überleben präzise voraussagen und subklinische Krankheiten nach chirurgischen Eingriffen beim Melanom anzeigen können (1, 2).

    Allgemeine Literatur

    1. 1. Kelley MC, Jones RC, Gupta RK, et al: Tumor-associated antigen TA-90 immune complex assay predicts subclinical metastasis and survival for patients with early stage melanoma. Cancer 83(7):1355-1361, 1998. doi:10.1002/(sici)1097-0142(19981001)83:7<1355::aid-cncr12>3.0.co;2-3

    2. 2. Kelley MC, Gupta RK, Hsueh EC, et al: Tumor-associated antigen TA90 immune complex assay predicts recurrence and survival after surgical treatment of stage I-III melanoma. J Clin Oncol 19(4):1176-1182, 2001. doi:10.1200/JCO.2001.19.4.1176