Hyperparathyreoidismus

VonJames L. Lewis III, MD, Brookwood Baptist Health and Saint Vincent’s Ascension Health, Birmingham
Überprüft/überarbeitet Jan. 2023
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Zu einem Hyperparathyreoidismus kommt es, wenn eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen den Parathormonspiegel (PTH) im Blut erhöht. Ein erhöhter PTH-Spiegel führt dann zu einem erhöhten Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie).

  • Die Symptome werden dann von dem hohen Kalziumspiegel im Blut verursacht und umfassen Schwächegefühl und Abgeschlagenheit, Verstopfung, Appetitverlust, Gedächtnisverlust, Konzentrationsschwäche, Verwirrtheit und häufiges Wasserlassen.

  • Die Diagnose wird gestellt, indem die Konzentrationen von Parathormon und der Kalziumgehalt im Blut gemessen werden.

  • Es kann eine Operation durchgeführt werden, um eine oder mehrere überaktive Drüsen zu entfernen.

Die Nebenschilddrüsen liegen in der Nähe der Schilddrüse. Ihre genaue Position und sogar die Anzahl der Drüsen insgesamt variiert jedoch stark. Diese Drüsen sondern das Parathormon (PTH) ab, das den Kalziumspiegel im Blut und im Gewebe durch seine Wirkungsweise auf Knochen, Nieren und Darm reguliert. (Siehe auch Übersicht über die Funktion der Nebenschilddrüse.)

Ein Hyperparathyreoidismus entsteht am häufigsten durch ein Nebenschilddrüsenadenom (eine Art gutartiger Tumor). Nebenschilddrüsenadenome treten in der Regel isoliert und einzeln auf. Nebenschilddrüsenadenome können jedoch im Rahmen bestimmter Erbkrankheiten auftreten, bei denen die Betroffenen Tumoren in mehreren Hormondrüsen entwickeln (multiple endokrine Neoplasie).

Ein Hyperparathyreoidismus kann auch durch eine Hyperplasie der Nebenschilddrüsen entstehen. Hyperplasie bedeutet, dass sich ein Organ oder Gewebe vergrößert. Bei einer Nebenschilddrüsenhyperplasie ist jede Nebenschilddrüse vergrößert. Die Zellen der Drüse erscheinen normal, wenn sie unter dem Mikroskop untersucht werden. Daher wird so eine Vergrößerung nicht als eine Form von Krebs betrachtet. Trotzdem muss sie behandelt und operiert werden, um die Drüse wieder zu verkleinern und den PTH-Spiegel wieder zu normalisieren.

Die Nebenschilddrüsen

Es gibt drei Formen von Hyperparathyreoidismus:

  • Primärer Hyperparathyreoidismus aufgrund einer Funktionsstörung einer oder mehrerer Nebenschilddrüsen

  • Sekundärer Hyperparathyreoidismus aufgrund einer Funktionsstörung in anderen Bereichen des Körpers, die den Kalziumspiegel im Blut senkt (was wiederum die Nebenschilddrüse dazu anregt, mehr PTH auszuschütten, um den Kalziumgehalt im Blut zu erhöhen)

  • Tertiärer Hyperparathyreoidismus aufgrund einer Überproduktion von PTH, die nicht mit dem Kalziumspiegel im Blut zusammenhängt und nicht durch ein Nebenschilddrüsenadenom verursacht wird

Primärer Hyperparathyreoidismus

Primärer Hyperparathyreoidismus entsteht durch übermäßige Ausschüttung von PTH aufgrund einer Funktionsstörung in einer oder mehreren Nebenschilddrüsen. Etwa 85 Prozent der Menschen mit primärem Hyperparathyreoidismus haben ein Nebenschilddrüsenadenom (gutartiger Tumor) in nur einer Nebenschilddrüse. Etwa 15 Prozent der Fälle sind auf eine Hyperplasie bzw. Vergrößerung aller Nebenschilddrüsen zurückzuführen. Nebenschilddrüsenkrebs, der gewöhnlich nur eine Nebenschilddrüse betrifft, tritt in weniger als 1 Prozent der Fälle auf.

Ein primärer Hyperparathyreoidismus tritt gehäuft mit zunehmendem Alter auf und besonders bei Frauen nach den Wechseljahren. Er tritt auch häufig drei oder mehr Jahrzehnte nach einer Bestrahlung am Hals auf.

Der primäre Hyperparathyreoidismus verursacht Hyperkalzämie (einen hohen Kalziumspiegel im Blut), Hypophosphatämie (einen niedrigen Phosphatspiegel im Blut) und übermäßigen Knochenabbau (Freisetzung von Kalzium aus dem Knochengewebe ins Blut). Ein übermäßiger Knochenabbau wiederum führt zu Osteoporose.

Sekundärer Hyperparathyreoidismus

Zu einem sekundären Hyperparathyreoidismus kommt es, wenn eine Hypokalzämie (ein zu niedriger Kalziumspiegel im Blut) aufgrund einer Störung, die nicht von den Nebenschilddrüsen herrührt, zu einer chronischen Überproduktion von PTH führt. Ein sekundärer Hyperparathyreoidismus tritt am häufigsten bei Personen mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung auf, wenn eine verringerte Bildung von aktivem Vitamin D in den Nieren und andere Faktoren zu einer Hypokalzämie und chronischen Stimulation der Ausschüttung von PTH führen. Hyperphosphatämie (überschüssiges Phosphat im Blut), die Folge einer chronischen Nierenerkrankung, kann ebenfalls dazu beitragen.

Tertiärer Hyperparathyreoidismus

Ein tertiärer Hyperparathyreoidismus entsteht dann, wenn PTH unabhängig vom Kalziumspiegel im Blut ausgeschüttet wird. Ein tertiärer Hyperparathyreoidismus tritt im Allgemeinen bei Menschen mit lange bestehendem sekundärem Hyperparathyreoidismus sowie bei Menschen auf, die schon seit Jahren an einer chronischen Nierenerkrankung leiden.

Symptome eines Hyperparathyreoidismus

Ein Hyperparathyreoidismus geht häufig ohne Symptome einher. Wenn Symptome auftreten, werden sie von einem zu hohen Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie) verursacht und umfassen Schwächegefühl und Abgeschlagenheit, Verstopfung, Appetitverlust, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisverlust, Verwirrtheit und häufiges Wasserlassen.

Komplikationen

Hyperkalzämie führt häufig zu einem hohen Kalziumspiegel im Urin (Hyperkalziurie), der Nierensteine verursachen kann. Ein chronischer Kalziumüberschuss kann auch zu Schwäche und Muskelschwund führen.

Zu viel PTH stimuliert die Aktivität der Knochenzellen (Osteoklasten), was mit der Zeit zu einer Schwächung der Knochen durch den Kalziumverlust führt.

Diagnose eines Hyperparathyreoidismus

  • Bluttests

Es kommt häufig vor, dass eine Person mit einem Hyperparathyreoidismus keine Symptome aufweist. Ärzte erkennen häufig Hyperparathyreoidismus als mögliches Problem, wenn ein Bluttest, den sie aus einem anderen Grund erstellen lassen, einen erhöhten Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie) aufweist.

Sobald die Diagnose einer Hyperkalzämie bestätigt wurde, kontrollieren Ärzte normalerweise den PTH-Spiegel im Blut. Der Test wird häufig wiederholt. Der Befund eines dauerhaft erhöhten PTH-Spiegels bei einem Patienten mit Hyperkalzämie bestätigt einen Hyperparathyreoidismus. Normalerweise reguliert der PTH-Gehalt, wie viel Kalzium im Blut ist. Bei einem zu niedrigen Kalziumspiegel schütten die Nebenschilddrüsen mehr PTH aus, um den Kalziumspiegel im Blut zu erhöhen. Wenn der Kalziumgehalt im Blut zu hoch ist, verringern die Nebenschilddrüsen die Ausschüttung von PTH. Daher ist ein hoher oder sogar ein im oberen Normalbereich liegender PTH-Spiegel gleichzeitig mit einem hohen Kalziumspiegel auffällig.

Manchmal werden bildgebende Untersuchungen des Halses (z. B. Ultraschall, Magnetresonanztomografie oder Computertomografie) durchgeführt, um festzustellen, wo sich eventuell eine auffällige Nebenschilddrüse befindet.

Behandlung eines Hyperparathyreoidismus

  • Maßnahmen zur Senkung des Kalziumspiegels im Blut

  • Häufig operativer Eingriff

Die Behandlung von Hyperparathyreoidismus hängt von dessen Schweregrad ab.

Bei Menschen mit primärem Hyperparathyreoidismus, die keine Symptome aufweisen und für die keine Operation angezeigt ist, kann der zugrundeliegende Kalziumüberschuss mit Kalzium senkenden Maßnahmen behandelt werden.

Die Ärzte ermutigen die Patienten, körperlich aktiv zu bleiben, weil Inaktivität den Kalziumüberschuss verschlimmern könnte. Die Ärzte können auch empfehlen, eine kalziumarme Diät einzuhalten, viel zu trinken, um die Wahrscheinlichkeit von Nierensteinen zu senken, und nach Möglichkeit keine Medikamente einzunehmen, die den Kalziumspiegel im Blut erhöhen können (z. B. Thiazid-Diuretika, die zur Behandlung von Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz eingesetzt werden können).

Bei Menschen mit schwerem Kalziumüberschuss aufgrund eines primären Hyperparathyreoidismus, die sich keiner Operation unterziehen können, verschreiben Ärzte manchmal Medikamente, die den PTH- und Kalziumspiegel senken, wie z. B. Cinacalcet oder Etelcalcetid.

Operation

Eine Operation zur Entfernung der Nebenschilddrüsen (Parathyreoidektomie) ist für Patienten mit Symptomen und bei Patienten mit sich verschlechterndem Hyperparathyreoidismus angezeigt. Es ist unklar, ob Menschen mit primärem Hyperparathyreoidismus, die keine Symptome aufweisen, operiert werden sollten.

Viele Experten empfehlen jedoch in folgenden Fällen einen operativen Eingriff:

  • Laborwerte im Blut und Urin mit bestimmten Werten (z. B. Auffälligkeiten bei Kalzium- und Kreatininspiegel)

  • Geringe Knochendichte an der Hüfte und/oder der Lendenwirbelsäule

  • Die betroffene Person ist jünger als 50 Jahre.

  • Die Person hält sich möglicherweise nicht korrekt an die verschriebene Behandlung.

Bei der Operation wird eine Nebenschilddrüse mit einem Adenom entfernt. Der Gehalt an Parathormon (PTH) im Blut wird vor und nach der Entfernung der auffälligen Drüse(n) gemessen. Wenn der PTH-Spiegel 10 Minuten nach Entfernung des Adenoms um mindestens 50 Prozent sinkt, gilt die Behandlung als erfolgreich.

Bei Menschen mit Hyperplasie aller Nebenschilddrüsen müssen alle Drüsen entfernt werden. Ein kleiner Teil einer unauffällig aussehenden Nebenschilddrüse wird dann in einem der zwei seitlichen Halsmuskeln (Musculus sternocleidomastoideus) oder unter der Haut im Unterarm reimplantiert. Die Reimplantation wird zur Vorbeugung eines Hypoparathyreoidismus, eines PTH-Mangels, vorgenommen. Gelegentlich wird Nebenschilddrüsengewebe auch gefroren aufbewahrt (mit der sogenannten Kryokonservierung), damit es später der betroffenen Person wieder implantiert werden kann, sollte sich ein anhaltender Hypoparathyreoidismus entwickeln.

Bei einem leichten Hyperparathyreoidismus sinkt der Kalziumspiegel im Blut erst innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach einer Operation auf die Normalwerte. Bei mittelschwerem und schwerem Hyperparathyreoidismus muss der Kalziumspiegel in den ersten Tagen nach der Operation engmaschig überwacht werden, um sicherzustellen, dass er nicht zu stark abfällt.

Hyperparathyreoidismus bei Niereninsuffizienz

Hyperparathyreoidismus bei Patienten mit Niereninsuffizienz entsteht aufgrund eines komplexen Problems, das mit Vitamin D, Kalzium, Phosphat und dem Parathormon zusammenhängt. Die Behandlung erfolgt mit aktiven Formen von Vitamin D, einer phosphatarmen Ernährung und der Einnahme von oralen Phosphatbindern (Medikamente, welche die Aufnahme von Phosphat aus Nahrungsmitteln verringern) sowie mit Medikamenten, die den PTH- und Kalziumspiegel senken, wie Cinacalcet oder Etelcalcetid.

Hyperphosphatämie (zu viel Phosphat im Blut) sollte verhindert oder behandelt werden, wenn sie bei Menschen mit Niereninsuffizienz vorliegt. Die Ärzte schränken die Phosphatmenge in der Ernährung des Patienten ein und verschreiben ihm phosphatbindende Stoffe wie Kalziumkarbonat, Kalziumacetat, Lanthan oder Sevelamer, die mit jeder Mahlzeit eingenommen werden müssen. Normalerweise sind beide Behandlungsansätze erforderlich, insbesondere bei Patienten mit Niereninsuffizienz, die dialysepflichtig sind.

Menschen mit Niereninsuffizienz benötigen häufig Vitamin-D-Ergänzungspräparate, um die Kalziumaufnahme zu verbessern. Die verbesserte Kalziumaufnahme kann jedoch auch zu vermehrter Aufnahme von Phosphat führen und zu einem Hyperparathyreoidismus beitragen. Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung, insbesondere mit Niereninsuffizienz, müssen ihren Kalzium- und Phosphatspiegel engmaschig überwachen und die Dosismengen ihrer Medikamente häufig neu einstellen lassen.

Der Arzt kann dialysepflichtigen Patienten auch Cinacalcet oder Etelcalcetid verabreichen, um den PTH-Spiegel zu senken, wenn Vitamin D, Phosphateinschränkungen oder Phosphatbinder unwirksam sind oder nicht bedenkenlos angewendet werden können.