Überblick über Rickettsiose und verwandte Infektionen

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Überprüft/überarbeitet März 2022
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Rickettsienkrankheiten (Rickettsiosen) und verwandte Krankheiten (Anaplasmose, Ehrlichiose, Q-Fieber, Buschfieber) werden durch eine Gruppe gramnegativer, obligat intrazellulärer kokkoider Stäbchenbakterien hervorgerufen. Alle, außer Coxiella burnetii, haben einen Arthropodenvektor. Die Symptome bestehen gewöhnlich aus plötzlichem Fieber mit heftigen Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl, Entkräftung und, in den meisten Fällen, einem charakteristischen Hautausschlag. Die Verdachtsdiagnose wird klinisch gestellt und durch Immunfluoreszenzassy oder Polymerase-Kettenreaktion (PCR) bestätigt. Die First-Line-Behandlung erfolgt mit Doxycyclin, einem Tetracyclin.

Rickettsia, Orientia, Ehrlichia, Anaplasma, und Coxiella Spezies galten früher als zur selben Familie gehörig, aber aufgrund von genetischer Analyse werden sie jetzt als getrennte Einheiten betrachtet. Obwohl diese Gruppe von Erregern lebende Zellen zum Wachstum benötigen, sind sie echte Bakterien, da sie metabolische Enzyme und eine Zellwand besitzen, Sauerstoff nutzen und empfindlich auf Antibiotika sind.

Diese Organismen haben in der Regel ein Tierreservoir und einen Arthropodenvektor. Ausnahmen sind R. prowazekii, für die Menschen das wichtigste Reservoir sind, und C. burnetii die keinen Arthropodenvektor benötigen. Für einige Organismen (z. B. R. rickettsii und andere Fleckfieber-Rickettsien sowie R. akari, R. felis und Orientia) ist der Vektor auch das Reservoir, und die geografische Verbreitung dieser Rickettsien wird durch die des infizierten Arthropoden bestimmt. Spezifische Vektoren, Reservoire und endemischen Gebieten sind sehr unterschiedlich (siehe Tabelle Erkrankungen durch Rickettsia, Orientia, Ehrlichia, Anaplasma, und Coxiella Spezies).

Es gibt viele Rickettsien, aber 3 verursachen die meisten menschlichen Rickettsieninfektionen:

  • R. rickettsii

  • R. prowazekii

  • R. typhi

Tabelle

Symptome und Anzeichen von Rickettsieninfektionen

Rickettsien vermehren sich an der von Arthropoden befallenen Körperregion und führen oft zur Bildung einer lokalen Läsion (Kruste). Sie dringen in die Haut oder Schleimhäute, einige (R. rickettsii) vermehren sich in den Endothelzellen der kleinen Blutgefäße, was zu Vaskulitis führt und andere replizieren sich in weißen und roten Blutzellen (Ehrlichia Spezies in Monozyten, Anaplasma Spezies in Granulozyten).

Eine regional Lymphadenopathie tritt häufig zusammen mit einer Infektion durch Orientia Spezies oder Mitglieder der Fleckfieber-Gruppe auf (mit Ausnahme R. rickettsii).

Die von R. rickettsii verursachte Endovaskulitis führt zu einem petechialen Exanthem (aufgrund von fokalen Blutungsarealen), zu Zeichen einer Enzephalitis und Gangrän der Haut und Gewebe.

Schwer an einer Rickettsiose der typhösen oder „Spotted-fever“-Gruppe erkrankte Patienten können Ekchymosen und Hautnekrosen, Ödeme (aufgrund von ansteigender vaskulärer Permeabilität), digitales Gangrän, Kreislaufkollaps, Schock, Oligurie, Anurie, Azotämie, Anämie, Hyponatriämie, Hypochlorämie, Delirium und Koma aufweisen.

Diagnose von Rickettsien- und verwandten Infektionen

  • Klinische Symptomatik

  • Biopsie von Hautausschlag mit fluoreszierender Antikörperfärbung, um den Erreger zu erkennen

  • Akute und laufende serologische Untersuchungen (serologische Untersuchungen sind akut nicht sinnvoll)

  • Polymerasekettenreaktion (PCR = polymerase chain reaction)

Rickettsieninfektionen von anderen differenzieren

Rickettsiosen und verwandte Krankheiten müssen von anderen akuten Infektionen differenziert werden, insbesondere von einer Meningokokkämie und Röteln. Anamnestische Hinweise auf Laus - oder Flohkontakte, Zeckenstiche oder Aufenthalt in einem bekannten Endemiegebiet sind wertvoll, liegen aber oft nicht vor. Ärzte sollten speziell nach Reisen in ein endemisches Gebiet innerhalb der Inkubationszeit der Krankheit fragen.

Die klinische Symptomatik kann bei der Unterscheidung der Krankheiten hilfreich sein.

  • Meningokokkämie: Das Exanthem kann bei der subakuten Form rosa, makulär, makulopapulär oder petechial, bei der fulminanten Form petechial-konfluierend oder ekchymotisch sein. Das Exanthem entwickelt sich bei einer akuten Meningokokkenkrankheit rasch und ist, wenn es ekchymotisch ist, meist palpatorisch weich.

  • Rubeola: Das Exanthem beginnt im Gesicht, breitet sich dann auf den Körperstamm und die Arme aus und konfluiert rasch.

  • Röteln: Das Exanthem bleibt meist diskret. Eine retroaurikuläre Lymphknotenvergrößerung und fehlende Toxizität sprechen für eine Rubella.

Meningokokkämie, Rubeola und Röteln
Meningokokkämie
Meningokokkämie
Die fulminante Meningokokkämie verursacht zunächst Petechien, die konfluieren und rasch zu Ekchymosen fortschreiten.

Image courtesy of Mr. Gust via the Public Health Image Library of the Centers for Disease Control and Prevention.

Rubeola (makulärer Ausschlag)
Rubeola (makulärer Ausschlag)
Rubeola (Masern) manifestiert sich als diffuser makulöser Ausschlag, der konfluierend wird.

Image courtesy of Dr. Heinz F. Eichenwald, New York Hospital and Cornell Medical Center, via the Public Health Image Library of the Centers for Disease Control and Prevention.

Röteln
Röteln
Röteln manifestieren sich als diffuser Ausschlag, der diskrete, punktförmige Makula umfasst, die nicht verschmelzen.

Image courtesy of the Public Health Image Library of the Centers for Disease Control and Prevention.

Differenzierung zwischen Rickettsienerkrankungen

Rickettsiosen müssen auch untereinander unterschieden werden. Die klinische Symptomatik erlaubt eine teilweise Differenzierung, aber die Überlappung ist beträchtlich.

  • Rocky Mountain Fleckfieber (RMSF): Der Ausschlag erscheint in der Regel am oder um den 4. Fiebertag herum als blasse Flecken, zunächst an den Hand- und Fußgelenken. Dann breitet sich der Ausschlag auf die übrigen Extremitäten aus und wird allmählich petechial, wenn er sich über mehrere Tage auf den Rumpf, die Handflächen und die Fußsohlen ausbreitet. Einige Patienten mit RMSF entwickeln aber auch kein Exanthem. Eine Vaskulitis entwickelt sich oft. Sie kann Haut, Unterhautgewebe, Zentralnervensystem, Lunge, Herz, Nieren, Leber oder Milz betreffen.

  • Epidemischer Typhus: Das Exanthem bei erscheint meist initial an den Axillarfalten und dem Körperstamm. Später breitet es sich in die Peripherie aus unter gelegentlicher Beteiligung der Handinnenflächen, Fußsohlen und des Gesichts. Es kommt zu ausgeprägten physiologischen und pathologischen Auffälligkeiten, die denen eines RMSF ähneln.

  • Murines Fleckfieber: Das Exanthem ist nicht purpurfarben, konfluiert nicht und ist weniger ausgedehnt und renale und vaskuläre Komplikationen sind selten.

  • Buschfieber: Es manifestiert sich ähnlich wie RMSF und epidemischer Typhus. Das Buschfieber kommt jedoch in verschiedenen geographischen Regionen vor und häufig entwickelt sich eine Kruste mit einer Satelliten-Adenopathie.

  • Rickettsienpocken: Diese Krankheit verläuft leicht, und das Exanthem, in Form von Bläschen mit umgebendem Erythema, ist nur spärlich ausgeprägt und kann an Windpocken erinnern.

  • Afrikanischer Zecken-Typhus (afrikanisches Zeckenbissfieber) durch R. africae: Die Symptome sind ähnlich wie bei anderen Rickettsienerkrankungen. Das Exanthem ist durch vielfältigen schwarzen Schorf an den distalen Extremitäten mit einer regionalen Adenopathie gekennzeichnet.

Tests

Informationen über den Wohnsitz und zuletzt durchgeführte Reisen helfen oft bei der Diagnose, weil viele Rickettsien auf bestimmte geografische Gebiete beschränkt sind. Trotzdem ist meist eine mikrobiologische Untersuchung erforderlich.

Die diagnostisch wertvollsten Untersuchungen auf R. rickettsii sind der indirekte Immunfluoreszenzassay (IFA) und eine Polymerase-Kettenreaktion einer Biopsieprobe aus dem Exanthem. Die Erregerkultur ist schwierig und klinisch nicht hilfreich. Bei Verdacht auf Ehrlichia spp stellt eine Polymerase-Kettenreaktion aus Blut den besten Test dar. Serologische Tests sind für die Diagnosestellung im Akutstadium nicht hilfreich, da sie meist erst in der Rekonvaleszenz positiv werden.

Behandlung von Rickettsien- und verwandten Infektionen

  • Tetrazykline

Da die diagnostischen Laboruntersuchungen zeitaufwändig sein können und evtl. wenig sensitiv sind, wird im Allgemeinen eine kalkulierte antibiotische Therapie begonnen, um eine signifikante klinische Verschlechterung, Todesfälle und verlängerte Genesungsdauern zu vermeiden.

In erster Linie werden Tetrazykline verwendet: Doxyzyklin 200 mg p.o. einmalig, gefolgt von 100 mg 2-mal täglich, bis eine klinische Besserung eintritt und der Patient über 24–48 Stunden fieberfrei ist und über mindestens 7 Tage eine Therapie erhalten hat. Patienten, die aufgrund eines schweren Krankheitsverlaufs nicht oral behandelt werden können, müssen parenteral behandelt werden. Obwohl manche Tetrazykline Zahnverfärbungen bei Kindern < 8 Jahre alt, auslösen können, sind Experten der Meinung, dass eine Doxycyclin-Kur mit 2,2 mg/kg oral oder IV gerechtfertigt ist. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben festgestellt, dass kurze Zyklen von Doxycyclin (5–10 Tage, wie sie bei Rickettsienerkrankungen eingesetzt werden) bei Kindern eingesetzt werden können, ohne dass es zu Zahnverfärbungen oder einer Schwächung des Zahnschmelzes kommt (1).

Chloramphenicol 500 mg oral oder i.v. 4-mal täglich für 7 Tage ist eine Behandlung der 2. Wahl, wenn Doxycyclin nicht verwendet werden kann. Orales Chloramphenicol ist in den USA nicht erhältlich, und die i.m. Verabreichung ist nicht wirksam. Chloramphenicol kann unerwünschte hämatologische Wirkungen hervorrufen, die eine Überwachung der Blutindizes erfordern.

Beide Arzneimittel sind rickettsiostatisch, nicht rickettsiozid.

Ciprofloxacin und andere Fluorchinolone sind in vitro wirksam gegen bestimmte Rickettsien, aber nur sehr wenige klinische Erfahrungen sprechen für die Verwendung von Fluorchinolonen bei RMSF.

Da schwerkranke Patienten mit RMSF oder epidemischem Typhus in späteren Stadien eine ausgeprägte Erhöhung der Kapillarpermeabilität aufweisen können, sollten vorsichtig Infusionslösungen gegeben werden, um den Blutdruck zu stabilisieren, ohne ein Lungen- und Hirnödem zu verschlimmern.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Todd SR, Dahlgren FS, Traeger MS, et al: No visible dental staining in children treated with doxycycline for suspected Rocky Mountain Spotted Fever. J Pediatr 166(5):1246-51, 2015. doi: 10.1016/j.jpeds.2015.02.015. Epub 2015 Mar 17. PMID: 25794784.

Wichtige Punkte

  • Rickettsiose und verwandte Krankheiten (Anaplasmose, Ehrlichiose, Q-Fieber, Buschfieber) werden durch eine Gruppe von gramnegativen, obligat intrazellulären Coccobazillen verursacht; alle, mit Ausnahme von Coxiella burnetii, haben einen Arthropodenvektor.

  • Rickettsienerkrankungen verursachen Fieber und, abhängig von der Krankheit, manchmal eine lokale Läsion (Schorf), petechialen Hautausschlag, regionale Lymphadenopathie, enzephalitische Zeichen, Vaskulitis, Gangrän der Haut und Gewebe, Organdysfunktion und Gefäßkollaps.

  • Unterscheiden Sie Rickettsiose und verwandte Krankheiten von anderen akuten Infektionen und voneinander aufgrund der Vorgeschichte, der klinischen Merkmale und der Testergebnisse (z. B. Biopsie mit indirektem Immunfluoreszenztest, serologische Tests, Polymerase-Kettenreaktion).

  • Behandeln Sie mit Antibiotika, ohne auf diagnostische Testergebnisse zu warten, um eine signifikante Verschlechterung, den Tod und eine verlängerte Genesung zu verhindern.

  • Die Erstlinienbehandlung erfolgt mit Doxycyclin.