Akute Otitis media

VonRichard T. Miyamoto, MD, MS, Indiana University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet März 2022
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Eine akute Otitis media (bakterielle oder virale Mittelohrentzündung) tritt meist als Begleiterscheinung einer oberen Atemwegsinfektion auf. Ohrenschmerzen (Otalgie) oder oft auch Allgemeinsymptome (z. B. Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) sind besonders bei sehr jungen Patienten zu beobachten. Die Diagnose wird otoskopisch gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Analgetika und manchmal mit Antibiotika.

Obwohl eine akute Otitis media (AOM) in jeder Altersstufe auftreten kann, sind am häufigsten Kleinkinder von 3 Monaten bis 3 Jahren betroffen. In diesem Alter ist die Eustachische Röhre strukturell und funktionell noch nicht ausgereift - der Winkel der Eustachischen Röhre ist eher horizontal, und der Winkel des Tensor veli palatini Muskels und der knorpeligen Eustachischen Röhre macht den Öffnungsmechanismus weniger effizient.

Ätiologisch kommt bei akuter Otitis media eine Virus- oder Bakterieninfektion infrage, wobei als Komplikation einer Virusinfektion oft eine bakterielle Sekundärinfektion auftritt. Bei Neugeborenen verursachen gramnegative Darmbazillen, insbesondere Escherichia coli, und Staphylococcus aureus eine akute Mittelohrentzündung. Bei Säuglingen und Kindern < 14 Jahren sind Streptococcus pneumoniae, Moraxella (Branhamella) catarrhalis, und nichttypisierbare - Haemophilus influenzae;-Arten die häufigsten Erreger und etwas seltener Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A und S. aureus. Bei den > 14-Jährigen überwiegen S. pneumoniae, Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A und S. aureus, gefolgt von H. influenzae.

Risikofaktoren

Rauchen im Haushalt ist ein signifikanter Risikofaktor für akute Otitis media. Andere Risikofaktoren sind eine starke Familienanamnese von Otitis media, das Leben in einer Region mit geringen Ressourcen oder hoher Luftverschmutzung, die Flaschenernährung (d. H. Anstelle des Stillens) und der Besuch einer Kindertagesstätte.

Komplikationen

Komplikationen der akuten Otitis media sind selten. In seltenen Fällen kann sich eine bakterielle Mittelohrentzündung lokal ausbreiten und zu einer akuten Mastoiditis, Petrositis oder Labyrinthitis führen. Eine intrakranielle Ausbreitung ist äußerst selten und verursacht dann meist eine Meningitis, gelegentlich kann sich aber auch ein Hirnabszess, Subduralempyem, Epiduralabszess, eine Sinusthrombose oder ein otitischer Hydrozephalus entwickeln. Intrakranielle Komplikationen heilen selbst unter Antibiotikatherapie nur langsam, erst recht bei immungeschwächten Patienten.

Symptome und Anzeichen einer akuten Otitis media

Ohrenschmerzen sind gewöhnlich das erste Symptom, oft verbunden mit Schwerhörigkeit. Säuglinge können auch einfach unleidlich wirken oder Schlafschwierigkeiten haben. Kleinkinder reagieren oft mit Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö. Bei der otoskopischen Untersuchung kann das Trommelfell vorgewölbt und gerötet erscheinen, mit verschwommenen Orientierungspunkten und atypischer Stelle des Lichtreflexes. Bei Luftinsufflation (pneumatische Otoskopie) zeigt sich das Trommelfell unbeweglich. Nach einer spontanen Trommelfellperforation läuft blutig-seröses oder eitriges Sekret aus dem Ohr (Otorrhö).

Im Fall einer intrakraniellen Infektionsausbreitung können starke Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder neurologische Herdzeichen auftreten. Bei einer Fazialisparese oder Drehschwindel steht zu vermuten, dass sich die Infektion lokal auf den Fallopio-Kanal (Canalis facialis) oder ins Labyrinth ausgebreitet hat.

Diagnose der akuten Otitis media

  • Klinische Untersuchung

Die Diagnose einer akuten Otitis media erfolgt in der Regel klinisch, basierend auf dem Vorhandensein von akutem (innerhalb von 48 Stunden) Einsetzen der Schmerzen, Ausbeulen des Trommelfells und - insbesondere bei Kindern - dem Vorhandensein von Merkmalen eines Mittelohrergusses bei pneumatischer Otoskopie. Eine Kultur wird im Allgemeinen nur angelegt, wenn bei der Myringotomie Flüssigkeit austritt.

Behandlung der akuten Otitis media

  • Analgetika

  • Gelegentlich Antibiotika

  • Selten Myringotomie

Analgesie sollte bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden, einschließlich für präverbale Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten von Schmerzen (z. B. Zerren oder Reiben des Ohres, exzessives Schreien oder Umständlichkeit). Orale Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen sind in der Regel wirksam; eine gewichtsbasierte Dosierung wird für Kinder verwendet. Eine Vielzahl von topischen Mitteln sind verschreibungspflichtig und OTC. Obwohl es nicht gut erforscht ist, können einige topische Mittel vorübergehende Linderung schaffen, aber wahrscheinlich nicht mehr als 20 bis 30 Minuten. Topische Mittel sollten nicht verwendet werden, wenn eine Trommelfellperforation vorliegt.

Obwohl die Infektion in 80% der Fälle spontan abklingt, wird sie in den USA oft antibiotisch behandelt ([1]; siehe Tabelle Antibiotika bei Otitis media). Da Antibiotika zu einer rascheren Symptomlinderung beitragen (während sich 1–2 Wochen später keine Unterschiede mehr ergeben), bleiben mit geringerer Wahrscheinlichkeit Reste von Schwerhörigkeit bzw. labyrinthäre oder intrakranielle Spätfolgen zurück. Seitdem allerdings zunehmend resistente Erreger auftauchen, raten Kinderärzte nachdrücklich zu einem restriktiveren Einsatz; eine initiale Antibiotikatherapie sollte bestimmten Kindern (z. B. jungen oder schwerkranken Kindern, siehe Tabelle Richtlinien zum Antibiotikaeinsatz bei Kindern mit Akuter Otitis media) oder Kindern mit rezidivierender akuter Otitis media (z. B. 4 Krankheitsepisoden in 6 Monaten) vorbehalten bleiben.

Bei den anderen Patienten darf, ein gute Kontrolle vorausgesetzt, ruhig 48-72 Stunden abgewartet werden, ob eine spontane Besserung eintritt; erst wenn das nicht der Fall ist, erhalten sie ebenfalls Antibiotika. Um Zeit und Kosten zu sparen, kann man gleich beim ersten Termin ein Rezept ausstellen, wenn geplant ist, die weitere Behandlung telefonisch zu besprechen. Die Entscheidung über eine Beobachtung sollte mit dem Betreuer diskutiert werden.

Tabelle
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Analgetika (z. B. Acetaminophen oder Ibuprofen) werden vorsorglich an alle Patienten verabreicht.

Bei Erwachsenen bessert sich die Tubenfunktion oft durch lokale Applikation intranasaler vasokonstriktorischer Mittel wie Phenylephrin 0,25% (3 Tr. alle 3 Stunden). Um eine reaktive Schleimhautschwellung zu vermeiden, sollten die Präparate nicht länger als 4 Tage angewandt werden. Auch die systemische Gabe abschwellender Mittel (z. B. Pseudoephedrin 30–60 mg oral alle 6 Stunden nach Bedarf) kann helfen. Bei Allergien können auch Antihistaminika (z. B. Chlorpheniramin, 4 mg oral alle 4–6 Stunden über 7–10 Tage) eine Besserung der Tubenfunktion bewirken, sie sollten aber ausschließlich echten Allergikern vorbehalten bleiben.

Für Kinder sind vasokonstriktorische Mittel und Antihistaminika von geringem Nutzen.

Eine Myringotomie kann von einem Facharzt bei einem vorgewölbten Trommelfell durchgeführt werden, insbesondere wenn starke oder anhaltende Schmerzen, Fieber, Erbrechen oder Diarrhö vorhanden sind. Hörvermögen, Impedanz (Tympanometrie) sowie Aussehen und Beweglichkeit des Trommelfells sollten so lange überwacht werden, bis sie sich wieder normalisiert haben.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Lieberthal AS, Carroll AE, Chonmaitree T, et al: The diagnosis and management of acute otitis media. Pediatrics e964–99, 2013.

Prävention von akuter Otitis media

Durch Routineimpfungen gegen Pneumokokken (mit Pneumokokkenkonjugatimpfstoff), H. influenzae Typ B (Hib) und Grippe lässt sich die Akute Otitis media-Inzidenz bei Kindern senken. Die Inzidenz nimmt auch ab, wenn Säuglinge nicht mit dem Fläschchen einschlafen oder wenn im Haushalt nicht mehr geraucht wird. Prophylaktische Antibiotika werden nicht für Kinder empfohlen, die wiederkehrende Episoden von akuter Otitis media haben.

Rezidivierende akute Mittelohrentzündungen und rezidivierende sekretorische Mittelohrentzündungen können durch die Einführung von Paukenröhrchen verhindert werden.

Wichtige Punkte

  • Analgetika werden an alle Patienten verabreicht.

  • Antibiotika sollten selektiv, auf das Alter des Patienten, die Schwere der Krankheit und die Möglichkeit der Nachsorge bezogen eingesetzt werden.

  • Antihistaminika und abschwellende Mittel sind bei Kindern nicht ratsam. Orale oder nasale abschwellende Mittel können bei Erwachsenen hilfreich sein, Antihistaminika aber sollten Erwachsenen mit einer allergischen Ätiologie vorbehalten bleiben.