Benigne Prostatahyperplasie (BPH)

(gutartige Prostatahypertrophie)

VonGerald L. Andriole, MD, Johns Hopkins Medicine
Überprüft/überarbeitet Aug. 2022
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Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) stellt eine gutartige adenomatöse Wucherung der periurethralen Prostatadrüse dar. Die Symptome entsprechen denen der Blasenauslassobstruktion: abgeschwächter Harnstrahl, Harnverhalt, häufiges Wasserlassen, Harndrang, Nykturie, unvollständige Entleerung, Nachträufeln, Überlaufinkontinenz und vollständige Harnretention. Die Diagnose basiert in erster Linie auf digitale rektale Untersuchung und Symptomen; Zystoskopie, transrektale Sonographie, Urodynamik oder andere bildgebende Verfahren können auch erforderlich sein. Therapeutisch kommen 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren, Alphablocker, Tadalafil oder ein operativer Eingriff in Betracht.

Unter Verwendung der Kriterien eines Prostatavolumens > 30 ml und eines mäßigen oder hohen American Urological Association Symptom Score (siehe Tabelle American Urological Association Symptom Score für benigne Prostatahyperplasie) liegt die Prävalenz von BPH bei Männern im Alter von 55 bis 74 Jahren ohne Prostatakrebs bei 19%. Zieht man als weitere Kriterien aber eine maximale Harnflussrate < 10 ml/s und ein Restharnvolumen > 50 ml hinzu, beträgt die Prävalenz lediglich 4%. Bei Berücksichtigung von Autopsiebefunden steigt die Prävalenz der BPH von 8% bei Männern zwischen 31 und 40 Jahren auf 40–50% bei Männern zwischen 51 und 60 Jahren und auf > 80% bei Männern > 80 Jahren.

Tabelle

Die Ätiologie ist nicht bekannt, jedoch spielen wahrscheinlich hormonelle Änderungen in Verbindung mit dem Altern eine Rolle.

Klinischer Rechner

Pathophysiology of BPH

Es entwickeln sich in der periurethralen Region der Prostata viele fibroadenomatöse Knoten, die wahrscheinlich eher von den periurethralen Drüsen als von der eigentlichen fibromuskulären Prostata (chirurgische Kapsel) abstammen und im Laufe des Wachstumsprozesses der Knoten an die Peripherie gedrängt werden.

In dem Maße, in dem das Lumen der prostatischen Harnröhre enger und länger wird, wird auch der Harnfluss zunehmend obstruiert. Erhöhter Miktionsdruck und eine Harnblasendistension können zur Hypertrophie des Blasendetrusors, zu Trabekulierung, Grübchen und Divertikeln führen. Eine unvollständige Blasenentleerung kann eine Stase verursachen und prädisponiert für Steinbildung und Infektionen. Eine lang währende Harntraktobstruktion, auch wenn sie nur inkomplett ist, kann zur Hydronephrose führen und die Nierenfunktion beeinträchtigen.

Symptome und Anzeichen von BPH

Symptomen der unteren Harnwege

Zu den Symptomen der benignen Prostatahyperplasie (BPH) gehört eine Konstellation von oft progressiven Symptomen, die gemeinsam als Symptome der unteren Harnwege (LUTS) bezeichnet werden:

  • Harndrang

  • Dringlichkeit

  • Nykturie

  • Zögern

  • Intermittenz

Häufiges Wasserlassen, Harndrang und Nykturie sind Folge der inkompletten Entleerung und eines schnellen Wiederauffüllens der Blase. Ein abgeschwächter Harnstrahl verursacht einen verzögertem Miktionsbeginn und Harnstottern.

Schmerz und Dysurie sind in der Regel nicht vorhanden. Das Gefühl einer unvollständigen Blasenentleerung, terminales Nachträufeln, Überlaufinkontinenz oder gar eine komplette Harnretention können folgen. Pressen beim Wasserlassen führt in der prostatischen Harnröhre und im Blasentrigonum zur Kongestion der oberflächlichen Venen, die rupturieren und eine Hämaturie auslösen können. Pressen kann auch akut eine vasovagale Synkope verursachen und langfristig eine Dilatation der Hämorrhoidalvenen oder Leistenbrüche.

Harnretention

Manche Patienten präsentieren sich mit plötzlicher und vollständiger Harnretention, mit erheblichen abdominalen Beschwerden und einer Harnblasendistension. Eine Retention kann durch einen der folgenden Punkte ausgelöst werden:

  • Längere Versuche, den Urin zurückzuhalten

  • Immobilisation

  • Kälteeinfluss

  • Verwenden von Anästhetika, Anticholinergika, Sympathomimetika, Opioide oder Alkohol

Symptom-Scores

Die Symptome können anhand von Scores quantifiziert werden, z. B. mit dem 7-Fragen-Symptom-Score der American Urological Association (siehe Tabelle American Urological Association Symptom Score für benigne Prostatahyperplasie). Diese Punktebewertung ermöglicht Ärzten auch das Fortschreiten der Symptome zu überwachen:

  • Leichte Symptome: Scores 1 bis 7

  • Moderate Symptome: Scores 8 bis 19

  • Ernste Symptome: Ergebnisse 20 bis 35

Digital-rektale Untersuchung

Bei der digital-rektalen Untersuchung ist die Prostata meist vergrößert und unempfindlich, hat eine prall-elastische Konsistenz und häufig die mittlere Furche verloren. Jedoch kann die Größe der Prostata wie sie bei der digital-rektalen Untersuchung festgestellt wird, irreführend sein. Eine scheinbar kleine Prostata kann eine Obstruktion verursachen. Eine überdehnte Harnblase kann bei der abdominalen Untersuchung ertastet oder abgeklopft werden. Feste oder harte Bereiche in der Prostata können auf Prostatakrebs hinweisen.

Diagnose von BPH

  • Digital-rektale Untersuchung

  • Urinanalyse und Urinkultur

  • PSA-Spiegel

  • Manchmal Uroflowmetrie und Blasensonographie

Die Symptome des unteren Harntrakts bei benigner Prostatahyperplasie (BPH) können auch durch andere Erkrankungen verursacht werden, darunter Infektionen, Prostatakrebs und eine überaktive Blase. Ferner können BPH und Prostatakrebs koexistieren. Obwohl eine palpable Prostataempfindlichkeit auf eine Infektion hindeutet, können sich häufig die Befunde der digital-rektalen Untersuchung bei BPH und Krebs überschneiden. Obwohl Krebs eine steinharte, knotige unregelmäßig vergrößerte Prostata verursachen kann, fühlt sich die Prostata bei den meisten Patienten mit Krebs, BPH oder auch in beiden Fällen gutartig vergrößert an. Daher sollten Tests bei Patienten mit Symptomen oder tastbaren Prostataanomalien in Betracht gezogen werden.

Typischerweise werden Urinanalyse und Urinkultur durchgeführt, und PSA-Spiegel gemessen. Bei Männern mit mäßigen oder schweren Obstruktionssymptomen kann auch eine Uroflowmetrie (ein objektiver Test von Urin Volumen und Volumenstrom) mit Messung des Restharnvolumens durch Blasensonographie durchgeführt werden. Eine Flussrate < 15 ml/s deutet auf eine Obstruktion und ein Restharnvolumen von > 100 ml auf eine akute Retention hin.

Prostataspezifisches Antigen (PSA)-Werte

Die Interpretation der prostataspezifischen Antigen (PSA)-Werte kann komplex sein. Der PSA-Wert ist bei 30–50% der Patienten mit BPH erhöht, je nach Größe der Prostata und dem Grad der Obstruktion erhöht und bei 25–92% der Patienten mit Prostatakrebs, je nach Tumorvolumen.

Bei Patienten ohne Krebs, deuten PSA-Serumspiegel > 1,5 ng/ml (1,5 mcg/l) in der Regel auf ein Prostatavolumen ≥ 30 ml hin. Wenn PSA-Spiegel > 4 ng/ml (4 mcg/l) ist, wird die weitere Diskussion/partizipative Entscheidungsfindung in Bezug auf andere Tests oder Biopsie empfohlen.

Bei Männern < 50 oder bei denen mit hohem Risiko für Prostatakrebs, kann ein niedrigerer Grenzwert (PSA > 2,5 ng/ml [2,5 mcg/l]) verwendet werden. Andere Maßnahmen, einschließlich der Rate des PSA-Anstiegs, des Verhältnisses von freiem zu gebundenem PSA sowie andere Marker, können nützlich sein. (Eine ausführliche Diskussion von Prostatakrebs-Vorsorge und Diagnose kann an anderer Stelle auf dieser Webseite gefunden werden.)

Weitere Testverfahren

Die transrektale Biopsie wird in der Regel unter Ultraschallkontrolle durchgeführt (um das Infektionsrisiko zu minimieren) und ist meist nur dann indiziert, wenn ein Verdacht auf Prostatakrebs besteht. Die transrektale Ultraschalluntersuchung ist eine genaue Methode zur Messung des Prostatavolumens.

Eine klinische Beurteilung ist notwendig, um festzustellen, ob weitere Tests herangezogen werden müssen. Bildgebenden Verfahren mit Kontrastmittel (z. B. CT, Ausscheidungsurografie) sind selten notwendig, sei denn der Patient hatte eine Harnwegsinfektion mit Fieber oder langanhaltende und schwere obstruktive Symptome. Zu den Anomalien der oberen Harnwege, die in der Regel durch eine Blasenauslassobstruktion verursacht werden, gehören eine Kranialverlagerung des terminalen Ureters (Angelhaken), Ureterdilatation und Hydronephrose. Wenn aufgrund von Schmerzen oder erhöhtem Serumkreatininspiegel ein bildgebendes Verfahren für den oberen Trakt angebracht ist, kann eine Sonographie von Vorteil sein, weil Strahlung und IV Kontrastmittel vermieden werden.

Alternativ können Männer, deren PSA-Werte getestet werden müssen, eine multiparametrische MRT durchführen, die empfindlicher (wenn auch weniger spezifisch) ist als die transrektale Biopsie. Durch die Beschränkung der Biopsien auf Bereiche, bei denen bei der multiparametrischen MRT ein Verdacht besteht, kann die Anzahl der Prostatabiopsien und Diagnosen von klinisch unbedeutenden Prostatakrebsarten sowie möglicherweise die Diagnose von klinisch signifikanten Prostatakrebsarten erhöht werden (1).

Die Zystoskopie kann helfen, den optimalen chirurgischen Ansatz zu bestimmen und andere obstruktive Ursachen wie Strikturen auszuschließen.

Diagnosehinweis

  1. 1. Ahmed HU, El-Shater Bosaily A, Brown LC, et al: Diagnostic accuracy of multi-parametric MRI and TRUS biopsy in prostate cancer (PROMIS): A paired validating confirmatory study. Lancet 389(10071):815-822, 2017. doi: 10.1016/S0140-6736(16)32401-1

Behandlung von BPH

  • Vermeidung von Anticholinergika, Sympathomimetika und Opioiden

  • Verwendung von Alphablocker (z. B. Terazosin, Doxazosin, Tamsulosin, Alfuzosin), 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren (Finasterid, Dutasterid) oder der Phosphodiesterase-Typ-5-Inhibitor Tadalafil, insbesondere bei gleichzeitiger erektiler Dysfunktion

  • Transurethrale Resektion der Prostata oder ein alternatives Blasenauslassverfahren

Harnretention

Eine signifikante Harnretention erfordert eine sofortige Entlastung. Zuerst wird versucht ein Standardblasenkatheter zu legen, wenn dies nicht gelingt, ist möglicherweise ein Katheter mit einer Thiemann- Spitze wirksam. Kann der Katheter so nicht platziert werden, wird eine flexible Zystoskopie oder das Einbringen von filiformen Sonden (Führungsdraht und Dilatatoren, die sukzessiv die Harnpassage weiten) nötig. (Dieses Verfahren sollte in der Regel von einem Urologen durchgeführt werden). Eine suprapubische perkutane Dekompression der Blase kann verwendet werden, wenn transurethrale Ansätze erfolglos bleiben.

Medikamentöse Therapie

Bei teilweiser Obstruktion mit lästigen Symptomen sollten alle Anticholinergika und Sympathomimetika (viele davon in rezeptfreien Präparaten erhältlich) und Opioide gestoppt werden, und jede Infektion sollte mit Antibiotika behandelt werden.

Bei Patienten mit geringen oder mittleren obstruktiven Symptomen kann eine Therapie mit alpha-adrenergen Blockern (z. B. Terazosin, Doxazosin, Tamsulosin, Alfuzosin) die Probleme beim Wasserlassen reduzieren. 5-Alpha-Reduktase-Hemmer (Finasterid, Dutasterid) können das vergrößerte Prostatavolumen reduzieren und die Probleme beim Wasserlassen über Monate verringern, besonders bei Patienten mit größeren (> 30 ml) Drüsen. Eine Kombination beider Medikamentenklassen ist einer Monotherapie überlegen. Bei Männern mit gleichzeitiger erektile Dysfunktion, kann täglich eingemommens Tadalafil helfen, beide Beschwerden zu verbessern. Viele komplementäre und alternative rezeptfreie Mittel werden für die Behandlung von BPH empfohlen, aber keines - einschließlich der gründlich untersucht Sägepalme - hat sich effektiver als ein Placebo erwiesen.

Operative Eingriffe

Eine Operation wird durchgeführt, wenn Patienten nicht auf die medikamentöse Therapie ansprechen oder Komplikationen wie rezidivierende Harnwegsinfektionen, Harnsteine, schwere Blasenfunktionsstörungen oder eine Dilatation des oberen Harntrakts entwickeln. Standardtherapie ist die transurethrale Resektion der Prostata (TURP) (1, 2). Die erektile Funktion und Kontinenz werden üblicherweise wiedererlangt, obwohl etwa 5–10% der Patienten akute postoperativ Probleme haben, am häufigsten eine retrograde Ejakulation. Die Häufigkeit einer erektilen Dysfunktion nach TURP liegt zwischen 1 und 35%, und die Inzidenz der Inkontinenz bei ca. 1–3%. Technische Fortschritte wie die Verwendung bipolarer Resektoskope, die die Spülung mit Salzlösung ermöglichen, haben jedoch die Sicherheit von TURP erheblich verbessert, indem Hämolyse und Hyponatriämie vermieden werden.

Über 10% der Männer, die sich einer TURP unterziehen, müssen den Eingriff innerhalb von 10 Jahren wiederholen, weil die Prostata weiter wächst. Verschiedene Laserablationstechniken werden als Alternativen zur TURP eingesetzt. Eine größere Prostata (in der Regel > 75 g) erfordert traditionell eine offene Operation über einen suprapubischen oder retropubischen Zugang (derzeit ziehen die meisten Chirurgen die Laparoskopie oder robotergestützte Laparoskopie der offenen Operation vor), obwohl einige neuere Techniken wie die Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP) transurethral durchgeführt werden können. Alle chirurgischen Methoden erfordern eine postoperative Katheterbehandlung über 1–7 Tage.

Andere Verfahren

Alternativen zur TURP sind Mikrowellen-Thermotherapie, Elektroverdampfung, verschiedene Lasertechniken, hochintensive fokussierte Ultraschalltechnik, transurethrale Nadelablation, Hochfrequenz-Verdampfung, druckbeheizte Wassereinspritzungstherapie, Harnröhrenlift, Dampfinjektionstherapie und intraurethrale Stents. Die Prostata-Arterien-Embolisation (PAE) wird für Männer mit einer vergrößerten Prostata untersucht, insbesondere für solche mit Hämaturie, die für eine Operation nicht in Frage kommen (3).

Die Umstände, unter denen diese Verfahren eingesetzt werden sollten, sind noch nicht eindeutig geklärt, aber die Verfahren, die in der Arztpraxis durchgeführt werden (z. B. Dampfinjektion), werden immer häufiger eingesetzt und erfordern keine Vollnarkose oder Regionalanästhesie. Ihre Langzeitwirkung auf den natürlichen Verlauf der BPH wird noch untersucht.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Lerner LB, McVary KT, Barry MJ, et al: Management of benign prostatic hyperplasia/lower urinary tract symptoms: AUS Guideline part I, initial work-up and medical management. J Urol 206:806, 2021.

  2. 2. Lerner LB, McVary KT, Barry MJ, et al: Management of lower urinary tract symptoms attributed to benign prostatic hyperplasia: AUA Guideline part II — Surgical evaluation and treatment. J Urol 206(4):818-826, 2021. doi: 10.1097/JU.0000000000002184

  3. 3. Dias US, Liberato de Moura MR, Viana PCC, et al: Prostatic artery embolization: Indications, preparation, techniques, imaging evaluation, reporting, and complications. RadioGraphics Published online: August 20, 2021. https://doi.org/10.1148/rg.2021200144

Wichtige Punkte

  • Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist im Alter sehr häufig, verursacht aber nur manchmal Symptome.

  • Bei Kälte und längeren Versuchen, den Urin zurückzuhalten, bei Immobilisierung oder Einsatz von Anästhetika, Anticholinergika, Sympathomimetika, Opioiden oder Alkohol kann sich ein akuter Harnverhalt entwickeln.

  • Patienten sollen digital-rektal untersucht und in der Regel eine Urinanalyse, Messung des PSA-Werts sowie Urinkultur durchgeführt werden.

  • Bei Männern mit BPH sollte die Verwendung von Anticholinergika, Sympathomimetika und Opioiden vermieden werden.

  • Lästig obstruktive Symptome können mit Alpha-adrenergen Blockern (z. B. Terazosin, Doxazosin, Tamsulosin, Alfuzosin), 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren (Finasterid, Dutasterid) oder Tadalafil, insbesondere wenn eine begleitende erektile Dysfunktion besteht behandelt werden.

  • Erwägen Sie eine transurethrale Prostataresektion (TURP) oder eine andere Ablationstechnik, wenn die benigne Prostatahyperplasie (BPH) Komplikationen verursacht (z. B. rezidivierende Steine, oder Infektion, Blasendysfunktion, Dilatation der oberen Traktanden) oder wenn lästige Symptome medikamentenresistent sind.