Bipolare Störungen

VonWilliam Coryell, MD, University of Iowa Carver College of Medicine
Überprüft/überarbeitet Okt. 2023
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Bipolare Störungen sind durch alternierende Episoden von Manie und Depression gekennzeichnet, wobei bei vielen Patienten die eine oder die andere überwiegt. Die genaue Ursache ist unbekannt, es könnten jedoch genetische Faktoren, Veränderungen der Neurotransmitterspiegel im Gehirn und psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen. Die Diagnose wird anhand der Anamnese gestellt. Es wird mit Stimmungsstabiliserern behandelt, manchmal mit Psychotherapie.

Bipolare Störungen beginnen in der Regel im Teenageralter, in der 3. oder in der 4. Lebensdekade (siehe auch Bipolare Störung bei Kindern und Jugendlichen). Die Lebenszeitprävalenz liegt bei ca. 2% (1).

Bipolare Störungen werden klassifiziert als

  • Die Bipolar I-Störung: Definiert durch das Vorhandensein von mindestens einer vollwertigen manischen Episode (d. h., sie verursacht eine deutliche Beeinträchtigung der sozialen oder beruflichen Funktion oder beinhaltet Wahnvorstellungen) und in der Regel depressiven Episoden. Die Inzidenz ist bei Männern und Frauen ähnlich (2).

  • Bipolar-II-Störung: Definiert durch das Vorliegen von Episoden einer Major Depression mit mindestens einer hypomanischen, aber nicht vollständig manischen Episode. Die Inzidenz ist bei Frauen etwas höher (3).

  • Substanz-/medikamenteninduzierte bipolare Störung: Definiert durch das Vorhandensein einer Stimmungsstörung, die mit einer Manie vereinbar ist und sich während oder kurz nach einer Exposition, Intoxikation oder einem Entzug einer Substanz (z. B. KokainB. Kortikosteroide) entwickelt, die solche Symptome hervorrufen kann.

  • Bipolare und verwandte Störungen aufgrund einer anderen Erkrankung: Definiert durch das Vorhandensein einer Stimmungsstörung, die mit einer Manie vereinbar ist, die durch eine Medikation verursacht wird (z. B. Cushing-Syndrom, traumatische Hirnverletzung) und nicht ausschließlich während einer Episode von Delir auftritt.

  • Nicht näher bezeichnete bipolare Störung: Störungen mit eindeutig bipolaren Merkmalen, die jedoch nicht die spezifischen Kriterien für eine Zuordnung zu anderen bipolaren Störungen erfüllen

Bei Zyklothymie, haben Patienten verlängerte (> 2-Jahre) Perioden, die sowohl hypomanische als auch depressive Episoden umfassen. Allerdings stimmen diese Episoden nicht mit den spezifischen Kriterien für eine bipolare und schwere depressive Störung überein.

(Siehe auch Übersicht über affektive Störungen.)

Allgemeine Literatur

  1. 1. Merikangas KR, Akiskal HS, Angst J, et al: Lifetime and 12-month prevalence of bipolar spectrum disorder in the National Comorbidity Survey replication. Arch Gen Psychiatry 64(5):543-552, 2007. doi: 10.1001/archpsyc.64.5.543. Erratum in: Arch Gen Psychiatry 64(9):1039, 2007. PMID: 17485606

  2. 2. Diflorio A, Jones I: Is sex important? Gender differences in bipolar disorder. Int Rev Psychiatry 22(5):437-452, 2010. doi: 10.3109/09540261.2010.514601. PMID: 21047158

  3. 3. Baldassano CF, Marangell LB, Gyulai L, et al: Gender differences in bipolar disorder: retrospective data from the first 500 STEP-BD participants. Bipolar Disord 7(5):465-470, 2005. doi: 10.1111/j.1399-5618.2005.00237.x

Ätiologie bipolarer Störungen

Die genaue Ursache einer bipolaren Störung ist unbekannt. Vererbung spielt eine bedeutende Rolle (1). Es gibt auch Hinweise auf eine Fehlregulation der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin.

Psychosoziale Faktoren können beteiligt sein. Das erstmalige Auftreten der Symptome und spätere Exazerbationen stehen oft mit belastenden Lebensereignissen in Zusammenhang, allerdings wurde bisher keine genaue Ursache-Wirkungs-Beziehung festgestellt.

Bestimmte Medikamente und Substanzen können bei einigen Patienten mit bipolarer Störung Exazerbationen auslösen; dazu gehören

Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Gordovez FJA, McMahon FJ: The genetics of bipolar disorder. Mol Psychiatry 25(3):544-559, 2020. doi: 10.1038/s41380-019-0634-7

Symptome und Anzeichen von bipolaren Störungen

Die bipolare Störung beginnt mit einer akuten Phase mit depressiven oder manischen Symptomen, gefolgt von einem sich wiederholenden Verlauf mit Remission und Rückfällen. Remissionen sind häufig vollständig, aber viele Patienten haben Restbeschwerden, und bei einigen ist die Möglichkeit, bei der Arbeit zu funktionieren, stark beeinträchtigt. Rezidive sind eigenständige Episoden mit intensiveren manischen, depressiven, hypomanischen oder gemischten manisch-depressiven Merkmalen.

Die Dauer der Episoden liegt zwischen einigen Wochen und 3–6 Monaten.

Die Zyklen–der Zeitraum zwischen dem Einsetzen der einen bis zum Einsetzen der nächsten Episode–dauern bei unterschiedlichen Patienten unterschiedlich lang. Bei einigen Patienten gibt es selten Episoden, vielleicht nur ein paar im Laufe des Lebens, während andere Formen von Rapid-Cycling aufweisen (in der Regel definiert als 4 Episoden pro Jahr). Nur eine Minderheit wechselt in jedem Zyklus zwischen Manie und Depression hin und her; bei den meisten überwiegt das eine oder das andere.

Die Patienten können einen Suizid versuchen oder vollenden. Die lebenslange Inzidenz von Suizid bei Patienten mit bipolarer Störung wird auf das mindestens 20-30-fache der allgemeinen Bevölkerung geschätzt (1).

Manie

Eine manische Episode ist definiert als 1 Woche mit anhaltend gehobener, expansiver oder reizbarer Stimmung und anhaltend gesteigerter zielgerichteter Aktivität oder spürbarer Energiezunahme plus 3 zusätzliche Symptome (oder 4, wenn die Stimmung nur reizbar ist) (2):

  • Überhöhtes Selbstwertgefühl oder Größenwahn

  • Vermindertes Schlafbedürfnis

  • Größeres Mitteilungsbedürfnis als üblicherweise

  • Ideenflucht oder Gedankenrasen

  • Ablenkbarkeit

  • Erhöhte zielgerichtete Aktivität oder psychomotorische Unruhe

  • Übermäßige Beteiligung an Aktivitäten mit hohem Potenzial für schmerzhaften Folgen (z. B. Einkaufstour, törichte Unternehmensinvestitionen)

Manische Patienten können unermüdlich, exzessiv und impulsiv in verschiedene angenehme, hoch riskante Aktivitäten (z. B. Glücksspiel, gefährliche Sportarten, promiskuitive sexuelle Aktivitäten) verwickelt sein, ohne möglichen Schaden zu erkennen. Die Symptome sind so schwerwiegend, dass der Betroffene seine primären Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann (z. B. Beruf, Schule, Familienleben). Fehlinvestitionen, Einkaufsorgien und andere persönliche Entscheidungen können irreparable Folgen haben.

Patienten in einer manischen Episode können überschwänglich und auffällig oder farbenprächtig gekleidet sein und haben oft eine autoritäre Umgangsart mit schnellem, nicht zu unterbrechendem Redefluss. Die Patienten können Klangassoziationen herstellen (neue Gedanken werden eher durch den Klang von Wörtern als durch ihre Bedeutung ausgelöst). Da diese Patienten leicht ablenkbar sind, können sie ständig von einem Thema oder einer Tätigkeit zur nächsten springen. Dennoch glauben sie eher, in bester geistiger Verfassung zu sein.

Ein Mangel an Einsicht sowie gesteigerter Tätigkeitsdrang führen oft zu aufdringlichem Verhalten und können eine gefährliche Kombination darstellen. Zwischenmenschliche Konflikte sind die Folge und können die Patienten dazu bringen, sich ungerecht behandelt oder verfolgt zu fühlen. Die Patienten können dadurch zu einer Gefahr für sich selbst oder für andere Menschen werden. Die beschleunigte geistige Aktivität erleben die Patienten als Gedankenrasen, der Arzt beobachtet sie als Ideenflucht.

Die manische Psychoseist eine extremere Manifestation mit psychotischen Symptomen, die von einer Schizophrenie schwer zu unterscheiden sein können. Die Patienten können extremen Größen- oder Verfolgungswahn aufweisen (z. B. Jesus zu sein oder vom FBI verfolgt zu werden), gelegentlich mit Halluzinationen. Das Aktivitätsniveau steigt deutlich; die Patienten können umherrennen und schreien, fluchen oder singen. Die Stimmungsinstabilität nimmt zu, oft mit zunehmender Reizbarkeit. Ein voll ausgeprägtes Delir (Manie mit Delir) mit totalem Verlust von kohärentem Denken und Verhalten kann auftreten.

Hypomanie

Eine hypomanische Episode ist eine weniger ausgeprägte Variante der Manie in Form einer distinkten Episode, die mindestens 4 Tage andauert mit Verhalten, dass sich klar vom normalen nichtdepressiven Selbst des Patienten abhebt und das 3 der zusätzlichen Symptome, die oben aufgelsitet sind, einschließt.

Während der hypomanen Phase hellt sich die Stimmung auf, das Schlafbedürfnis nimmt ab, die Energie steigt spürbar und die psychomotorische Aktivität nimmt zu. Einige Patienten empfinden die hypomanischen Phasen als brauchbar, weil sie viel Tatkraft, Kreativität, Selbstvertrauen und eine bessere soziale Funktionsfähigkeit hervorbringen. Viele wollen den angenehmen, euphorischen Zustand nicht verlassen. Einige funktionieren recht gut, und die Funktionsfähigkeit ist nicht merklich beeinträchtigt. Bei einigen Patienten jedoch manifestiert sich die Hypomanie als Ablenkbarkeit, Reizbarkeit und labile Stimmung, was der Patient und andere Personen weniger ansprechend finden.

Depression

Eine schwere depressive Episode bei Patienten mit einer bipolaren Störung weist typische Merkmale einer Major Depressionauf; die Episode muss 5 der folgenden Symptome innerhalb desselben 2-Wochen-Zeitraums umfassen, und eines davon muss eine gedrückte Stimmung oder ein Verlust von Interesse oder Freude sein, und mit Ausnahme von Suizidgedanken oder -versuchen müssen alle Symptome fast täglich auftreten:

  • Depressive Stimmung fast den ganzen Tag

  • Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an allen oder fast allen Aktivitäten für die meiste Zeit des Tages

  • Signifikante (> 5%) Gewichtszu-oder abnahme oder verminderter oder gesteigerter Appetit

  • Insomnia (Durchschlafstörungen) oder Hypersomnie

  • Von anderen beobachtete psychomotorische Unruhe oder Retardierung (nicht selbst berichtet)

  • Müdigkeit oder Antriebslosigkeit

  • Gefühle der Wertlosigkeit oder übermäßige oder unangemessene Schuldgefühle

  • Verminderte Fähigkeit zu denken oder sich zu konzentrieren oder Unentschlossenheit

  • Wiederkehrende Gedanken an Tod oder Selbstmord, Selbstmordversuch, oder spezifischen Plan für Suizid

Psychotische Merkmale sind bei bipolaren Depressionen häufiger als bei unipolare Depressionen.

Gemischte Formen

Eine Episode von Manie oder Hypomanie wird bestimmt durch das Vorkommen von gemischten Mustern, wenn ≥ 3 depressive Symptome die meisten Tage während der Episode. Dieser Zustand ist oft schwer zu diagnostizieren und kann in einen ständig wechselnden Zustand übergehen; die Prognose ist dann schlechter als bei einem rein manischen oder hypomanischen Zustand.

Die Gefahr von Selbstmord während gemischter Episoden ist besonders hoch.

Literatur zu Symptomen und Beschwerden

  1. 1. Plans L, Barrot C, Nieto E, et al: Association between completed suicide and bipolar disorder: A systematic review of the literature. J Affect Disord 242:111-122, 2019. doi: 10.1016/j.jad.2018.08.054

  2. 2. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th ed, Text Revision (DSM-5-TR). American Psychiatric Association Publishing, Washington, DC, pp 140-141.

Diagnose von bipolaren Störungen

  • Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th ed, Text Revision criteria

  • Thyroxin (T4) und Schilddrüsen-stimulierendes Hormon (TSH) zur Untersuchung auf Hyperthyreose

  • Klinischer Ausschluss von Stimulanzienmissbrauch oder toxikologisches Screening von Blut oder Urin

  • Routinelaboruntersuchungen (z. B. komplettes Blutbild, Basis-Stoffwechselpanel) zum Ausschluss anderer allgemeiner Erkrankungen

Die Diagnose der bipolar I-Störung erfordert die Erfüllung der DSM-5-TR-Kriterien für eine manische Episode wie oben beschrieben, und eine Anamnese von Remission und Rückfall (1). Der manischen Episode kann eine hypomanische oder eine Major Depressions-Episode vorausgegangen oder gefolgt sein.

Die Diagnose einer bipolaren II-Störung erfordert die Erfüllung der DSM-5-TR-Kriterien für mindestens eine hypomanische Episode sowie mindestens eine schwere depressive Episode (2). Die Symptome müssen so schwerwiegend sein, dass sie das soziale oder berufliche Leben erheblich beeinträchtigen oder einen Krankenhausaufenthalt erfordern, um eine Selbst- oder Fremdgefährdung zu verhindern.

Einige Patienten, die sich mit depressiven Symptomen vorstellen, haben evtl. zuvor unter einer Hypomanie oder Manie gelitten, sie berichten darüber allerdings nur, wenn sie direkt danach gefragt werden. Durch geschickte Befragung können krankhafte Zeichen aufgedeckt werden (z. B. übermäßige Geldausgaben, impulsive sexuelle Eskapaden, Stimulanzienmissbrauch), es ist allerdings wahrscheinlicher, dass solche Informationen von Verwandten geliefert werden. Eine strukturierte Bestandsaufnahme, wie die Mood Disorder Questionnaire könnte nützlich sein. Alle Patienten müssen behutsam, aber direkt nach Suizidideationen, -plänen oder suizidalen Handlungen gefragt werden.

Ähnliche akute manische oder hypomanische Symptome können durch Stimulanzienmissbrauch, Behandlung mit Kortikosteroiden oder Dopamin-Agonisten oder bei allgemeinen medizinischen Erkrankungen wie Hyperthyreose oder Phäochromozytom auftreten. Patienten mit Hyperthyreose haben typischerweise andere körperliche Symptome und Zeichen, doch sind Schilddrüsenfunktionstests (T4- und TSH-Spiegel) bei neuen Patienten vernünftig. Patienten mit Phäochromozytom haben eine ausgeprägte intermittierende oder anhaltende Hypertonie; Wenn keine Hypertonie vorhanden ist, ist eine Untersuchung auf Phäochromozytome nicht indiziert. Andere Erkrankungen verursachen seltener Symptome einer Manie, aber depressive Symptome können bei einer Reihe von Erkrankungen auftreten (siehe Tabelle Ursachen für Symptome von Depression und Manie).

Eine Überprüfung des Substanzkonsums (insbesondere von Amphetaminen und Kokain) und ein toxikologisches Blut- oder Urinscreening können helfen, solche Ursachen zu ermitteln. Da der Substanzgebrauch bei einem Patienten mit einer bipolaren Störung jedoch lediglich eine Episode ausgelöst haben kann, ist es wichtig zu versuchen, Symptome (manisch oder depressiv) ohne Zusammenhang mit dem Substanzgebrauch nachzuweisen.

Einige Patienten mit schizoaffektive Störung haben manische Symptome, aber solche Patienten haben psychotische Merkmale, die über die abnormen Stimmungsepisoden hinaus bestehen können.

Patienten mit bipolarer Störung können auch Angststörungen haben (z. B. soziale Phobie, Panikattacken, Zwangsstörungen), die die Diagnose erschweren können.

Literatur zur Diagnose

  1. 1. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th ed, Text Revision (DSM-5-TR). American Psychiatric Association Publishing, Washington, DC, pp 140-151.

  2. 2. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th ed, Text Revision (DSM-5-TR). American Psychiatric Association Publishing, Washington, DC, pp 151-160.

Behandlung der bipolaren Störungen

(Siehe auch Medikamentöse Behandlung der bipolaren Störung.)

Die Behandlung einer bipolaren Störung hat in der Regel 3 Phasen:

  • Akut: Zur Stabilisierung und Kontrolle der anfänglichen, manchmal schweren Manifestationen

  • Fortführung: Zur Erreichung einer vollen Remission

  • Erhaltung oder Prävention: Um die Patienten in Remission zu halten

Die meisten Patienten mit Hypomanie können zwar ambulant behandelt werden, schwere Manie oder Depression erfordern häufig ein stationäres Management.

Pharmakotherapie bei bipolarer Störung

Medikamente für die bipolare Störung enthalten

Diese Arzneimittel werden allein oder in Kombination in allen Phasen der Behandlung eingesetzt, wenn auch mit verschiedenen Dosierungen (1, 2).

Die Wahl der Pharmakotherapie bei bipolar Störung kann schwierig sein, da alle Medikamente erhebliche unerwünschte Wirkungen haben, Arzneimittelwechselwirkungen häufig sind und kein Medikament allgemein wirksam ist. Die Auswahl sollte darauf aufbauen, was bisher bei einem bestimmten Patienten wirksam und gut verträglich war. Wenn dem Patienten bisher keine Medikamente zur Behandlung einer bipolaren Erkrankung verabreicht wurden (oder die Medikamentenhistorie unbekannt ist), richtet sich die Auswahl nach der Anamnese des Patienten (im Vergleich zu den Nebenwirkungen des spezifischen Stimmungsstabilisators) und der Schwere der Symptome.

Spezifische Antidepressiva (z. B. selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern) werden manchmal bei schwerer Depression hinzugefügt, aber ihre Wirksamkeit ist kontrovers; sie werden nicht als Einzeltherapie bei depressiven Episoden empfohlen. Die Ketamininfusion hat sich auch bei der Behandlung einer schweren bipolaren Depression als wirksam erwiesen (3).

Weitere therapeutische Maßnahmen

Elektrokrampftherapie (EKT) wird manchmal bei therapieresistenter Depression eingesetzt und wirkt auch bei Manie (4).

Phototherapie kann bei der Behandlung von depressiven Symptomen der saisonalen (mit Herbst-Winter-Depression und Frühling-Sommer-Hypomanie) oder nicht saisonaler bipolarer I- oder bipolarer II-Störung nützlich sein. Sie ist wahrscheinlich am besten als Augmentationsbehandlung geeignet.

Die transkranielle Magnetstimulation, die manchmal zur Behandlung schwerer, resistenter Depressionen eingesetzt wird, hat sich auch bei bipolaren Depressionen als wirksam erwiesen (5).

Aufklärung und Psychotherapie

Zur Prävention schwerer Episoden ist die Mithilfe der Angehörigen entscheidend.

Den Patienten und ihren Partnern wird häufig eine Gruppentherapie empfohlen, in der sie der über bipolare Störungen, ihre sozialen Auswirkungen und die zentrale Rolle der Stimmungsstabilisierer in der Behandlung informiert werden.

Eine individuelle Psychotherapie kann den Patienten helfen, besser mit lebenspraktischen Problemen zurechtzukommen und sich an ein neues Selbstbild anzupassen.

Bei den Patienten, insbesondere mit Bipolar-II-Störung, kann die Adhärenz gegenüber dem Therapieplan mit Stimmungsstabilisierern gering sein, weil sie fürchten, diese Medikamente würden ihre Wachheit und Kreativität einschränken. Der Arzt kann erklären, dass eine Einschränkung der Kreativität relativ ungewöhnlich ist, da Stimmungsstabilisierer i. Allg. eine gleichmäßigere Funktionsfähigkeit im zwischenmenschlichen, schulischen, beruflichen oder künstlerischen Bereich ermöglichen.

Die Patienten sollten angehalten werden, Stimulanzien, Drogen und Alkohol zu meiden, Schlafdefizite zu minimieren und auf Frühwarnzeichen eines Rezidivs zu achten.

Bei einer Tendenz zu verschwenderischem Umgang mit Geld sollten die finanziellen Angelegenheiten einem vertrauenswürdigen Familienmitglied übertragen werden. Patienten mit einer Neigung zu sexuellen Exzessen sollten über mögliche partnerschaftliche Konsequenzen (z. B. Scheidung) und das Risiko sexuell übertragbarer Krankheiten (insbesondere AIDS) informiert werden.

Selbsthilfegruppen (z. B. Depression and Bipolar Support Alliance [DBSA]) können die Patienten unterstützen, indem sie ihnen ein Forum für den Austausch gemeinsamer Erfahrungen und Gefühle bieten.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Yatham LN, Kennedy SH, et al: Canadian Network for Mood and Anxiety Treatments (CANMAT) and International Society for Bipolar Disorders (ISBD) 2018 guidelines for the management of patients with bipolar disorder. Bipolar Disord 20(2):97-170, 2018. doi: 10.1111/bdi.12609

  2. 2. Goodwin GM, Haddad PM, Ferrier IN, et al: Evidence-based guidelines for treating bipolar disorder: Revised third edition recommendations from the British Association for Psychopharmacology. J Psychopharmacol 30(6):495-553, 2016. doi: 10.1177/0269881116636545

  3. 3. Wilkowska A, Szałach Ł, Cubała WJ: Ketamine in bipolar disorder: A review. Neuropsychiatr Dis Treat 16:2707-2717, 2020. doi: 10.2147/NDT.S282208

  4. 4. Perugi G, Medda P, Toni C, et al: The role of electroconvulsive therapy (ECT) in bipolar disorder: Effectiveness in 522 patients with bipolar depression, mixed-state, mania and catatonic features. Curr Neuropharmacol 15(3):359-371, 2017. doi: 10.2174/1570159X14666161017233642

  5. 5. Lefaucheur JP, Aleman A, Baeken C: Evidence-based guidelines on the therapeutic use of repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS): An update (2014-2018). Clin Neurophysiol 131(2):474-528, 2020. doi: 10.1016/j.clinph.2019.11.002. Erratum in: Clin Neurophysiol 131(5):1168-1169, 2020. PMID: 31901449

Wichtige Punkte

  • Eine bipolare Störung ist ein zyklischer Zustand, der Episoden der Manie mit oder ohne Depression (bipolar-I) oder Hypomanie und Depression (bipolar-II) umfasst.

  • Die bipolare Störung beeinträchtigt deutlich die Fähigkeit, bei der Arbeit zu funktionieren und sich sozial zu integrieren, und das Selbstmordrisiko ist signifikant. Jedoch sind schwache manische Zustände (Hypomanie) zuweilen adaptiv, weil sie hohe Energie, Kreativität, Selbstvertrauen und eine übernatürliche soziale Funktionsfähigkeit hervorrufen.

  • Dauer und Häufigkeit der Zyklen variieren bei den Patienten. Einige Patienten haben nur ein paar im Laufe eines Lebens, während andere 4 Episoden/Jahr (Rapid-Cycling-Formulare) haben.

  • Nur wenige Patienten wechseln während jedes Zyklus zwischen Manie und Depression hin und her; bei den meisten Zyklen überwiegt das eine oder das andere.

  • Die Diagnose stützt sich auf klinische Kriterien, wobei jedoch die Konsumstörung von Stimulanzien und allgemeine medizinische Erkrankungen (wie Hyperthyreose oder Phäochromozytom) durch Untersuchungen und Tests ausgeschlossen werden müssen.

  • Die Behandlung hängt von den Erscheinungsformen und deren Schweregrad ab, aber umfasst typischerweise Stimmungsstabilisatoren (z. B. Lithium, Valproat, Carbamazepin, Lamotrigin) und/oder Antipsychotika der 2. Generation (z. B. Aripiprazol, lurasidone, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, Cariprazine).