Gehörgangsobstruktion

(Fremdkörper im Ohr)

VonBradley W. Kesser, MD, University of Virginia School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Apr. 2022
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    Eine Verlegung des Gehörgangs durch Cerumen (Ohrenschmalz), Fremdkörper oder Insekten kann Juckreiz, Schmerzen und eine zeitweilige Schallleitungsschwerhörigkeit zur Folge haben. Bei der otoskopischen Untersuchung lassen sich die meisten Obstruktionsursachen leicht erkennen. Die Behandlung besteht in einer sorgfältigen manuellen Entfernung mit entsprechender Beleuchtung und geeigneten Instrumenten.

    Vor und nach dem Versuch, Cerumen oder einen Fremdkörper aus dem Gehörgang zu entfernen, sollte der Arzt die Durchführung eines Hörtests erwägen, falls die notwendige Ausrüstung leicht verfügbar ist. Ein Hörverlust (im Vergleich zum nicht betroffenen Ohr), der sich nach Beseitigung der Obstruktion nicht bessert, könnte darauf hindeuten, dass der Fremdkörper (oder frühere Versuche, ihn zu entfernen) das Mittel- oder Innenohr beschädigt hat. Verschlechtert sich das Hörvermögen nach Beseitigung der Obstruktion, könnte dies auf Schäden hinweisen, die durch den Vorgang des Entfernens selbst verursacht sind. Allerdings sollten Untersucher, die das Hörvermögen formal nicht beurteilen können, die Beseitigung der üblichen, leicht zu entfernenden Obstruktionen nicht aufschieben. Durch einen Stimmgabeltest in der Praxis lässt sich der Hörstatus ebenfalls dokumentieren.

    Cerumen

    Cerumen, das durch Reinigungsversuche der Patienten mit Wattestäbchen noch tiefer ins Ohr hineingeschoben wird, kann einen Pfropf bilden und den Gehörgang verstopfen oder eindrücken. Bevor man es durch eine Ohrspülung oder direkt entfernt, sollte verhärtetes Ohrenschmalz mit Lösungsmitteln wie Wasserstoffperoxid, Carbamidperoxid, Glycerin, Triethanolamin, flüssiges Docusat-Natrium oder Mineralöl erweicht werden. Eine längerfristige Anwendung solcher „Weichmacher“ kann aber zu Hautreizungen oder allergischen Reaktionen im Gehörgang führen.

    Im Allgemeinen sollte eine Cerumen-Impaktion, die so schwerwiegend ist, dass das Trommelfell nicht mehr sichtbar ist, von einem HNO-Arzt behandelt werden, wenn dies möglich ist.

    Das Cerumen kann mit einer stumpfen Kürette oder Schlinge oder einem schmalen, stumpfen rechtwinkeligen Haken oder mit einer Saugspritze (z. B. Baron, Größe 5 French) aus dem Gehörgang herausgeholt werden. Richtige Beleuchtung ist von wesentlicher Bedeutung. Diese Methoden können, insbesondere wenn sie von einem erfahrenen Arzt durchgeführt werden, schneller und sicherer sein als eine Spülung. Die Irrigation erfolgt häufig in der Notaufnahme oder in der Primärversorgung und sollte sorgfältig durchgeführt werden, um Komplikationen zu vermeiden. Die Irrigation kann auch mit Cerumenolytika, wie flüssigem Docusat-Natrium, kombiniert werden. Die Spülung ist bei Patienten mit bekannter Trommelfellperforation oder bei Verdacht auf eine Infektion kontraindiziert. Wasser, das durch eine Trommelfellperforation in das Mittelohr gelangt, kann die chronische Otitis media verschlimmern und eine akute Otitis media verursachen.

    (Siehe auch die American Academy of Head and Neck Surgery Practice Guidelines on management of cerumen.)

    Fremdkörper im Ohr

    Fremdkörper im Gehörgang finden sich besonders häufig bei Kindern, die sich beim Spielen oft Kleinteile in die Ohren stecken (wie z. B. Perlen, Radiergummis oder Bohnen). Manchmal bleibt ein Fremdkörper so lange unbemerkt, bis sich eine Entzündungsreaktion mit Schmerzen, Juckreiz, Infektion und übelriechendem eitrigem Ausfluss einstellt.

    Im Allgemeinen können Fremdkörper, die leicht zu greifen und zu entfernen scheinen (z. B. Papier, ein Insektenflügel) mit einer Alligatorzange von den meisten Ärzten entfernt werden. Allerdings neigen Zangen dazu, runde, glatte Objekte (z. B. Perlen, Bohnen) tiefer in den Kanal zu schieben. Patienten mit solchen Objekten sollten zu einem HNO-Arzt überwiesen werden, wenn das Objekt nicht leicht mit einer Kürette entfernt werden kann. Befindet sich ein glatter, runder oder kugelförmiger Fremdkörper seitlich des Isthmus (knöchern-knorpeliger Übergang), sollte er entfernt werden, indem man hinter das Objekt greift und es herausrollt. Fremdkörper, die sich medial des Isthmus befinden, sollten von einem Spezialisten unter dem Operationsmikroskop entfernt werden. Schwieriger können medial des Isthmus (am Übergang zwischen knöchernem und knorpeligem Anteil des äußeren Gehörgangs) befindliche Fremdkörper zu entfernen sein ohne den empfindlichen Gehörgang, das Trommelfells oder die Gehörknöchelchen zu verletzen. Überweisung an einen HNO-Arzt ist auch bei einem unkooperativen Kind angezeigt, das eine Sedierung erfordert oder für Fehlversuchen bei der Entfernung.

    Tipps und Risiken

    • Eine Ohrspülung ist zur Entfernung von Fremdkörpern nicht ratsam. Hygroskopische Fremdkörper (wie Bohnen und andere trockene Pflanzenteile), die in Wasser quellen, sind schwieriger zu entfernen.

    Wenn Kinder nicht stillhalten oder bei einer komplizierteren Ausräumung Verletzungsgefahr für Trommelfell und Gehörknöchelchen besteht, sollte der Eingriff in Allgemeinanästhesie oder bei tiefer Sedierung durchgeführt werden. Falls ein vorgeblicher Fremdkörper bei der Manipulation zu bluten anfängt, sollten weitere Versuche diesen zu entfernen gestoppt und umgehend ein HNO-Arzt konsultiert werden. Bluten kann eine Platzwunde der "canal skin" anzeigen oder dass der Fremdkörper eigentlich ein Mittelohrpolyp ist.

    Insekten im Gehörgang sind besonders lästig, wenn sie noch leben. Um sie abzutöten, wird zähflüssiges Lidocain (oder Alkohol, wenn das Trommelfell intakt ist) in den Gehörgang gefüllt; das bewirkt eine sofortige Besserung, und das reglose Insekt kann dann mit der Pinzette entfernt werden, indem man einen Flügel oder ein Bein fasst.