Chagas-Krankheit

(Amerikanische Trypanosomiasis)

VonChelsea Marie, PhD, University of Virginia;
William A. Petri, Jr, MD, PhD, University of Virginia School of Medicine
Überprüft/überarbeitet März 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Die Chagas-Krankheit ist eine Infektion, die von dem Einzeller (Protozoon) Trypanosoma cruzi hervorgerufen werden. Dieser wird durch den Biss von Raubwanzen (auch Mordwanze oder Triatominae) übertragen.

  • Die Protozoen (infektiösen Einzeller) dringen durch die Bisswunde der Wanze oder durch Gewebe im Augenbereich in den Körper ein, seltener auch beim Verzehr von kontaminierter Nahrung oder frischen Fruchtsäften.

  • Es kann zu einer Schwellung am Ort des Eindringens (Bisswunde oder Auge) kommen, und die Betroffenen haben möglicherweise Fieber.

  • Nach einer langen symptomfreien Phase können sich noch Jahre später schwerwiegende Komplikationen ergeben, hauptsächlich Herz- oder Verdauungsprobleme.

  • Bestätigt wird die Diagnose durch Identifizierung der Einzeller in einer Blutprobe oder in einer Flüssigkeitsprobe aus einem infizierten Organ oder durch Bluttests.

  • Ein Medikament (Benznidazol oder Nifurtimox) wird verwendet, um die Protozoen abzutöten. Es macht aber eine Schädigung des Herzens oder des Verdauungstrakts nicht mehr rückgängig.

(Siehe auch Überblick über Parasiteninfektionen.)

Die Chagas-Krankheit tritt in Mexiko, Mittel- und Südamerika auf, und zwar meist in ärmeren ländlichen Gegenden. Dort herrschen günstige Bedingungen für Raubwanzen, die Trypanosoma cruzi übertragen. Die Raubwanzen leben in Rissen und Spalten von Lehmwänden, in Strohdächern von Wohnhäusern und Landwirtschaftsgebäuden sowie in Stein- oder Holzhaufen, Hühnergehegen und Hundezwingern.

Weltweit sind ca. 8 Millionen Menschen mit Trypanosoma cruzi infiziert. Dazu zählen auch mehr als 300.000 Einwanderer aus Lateinamerika in den USA, welche die Infektion aus ihrem Herkunftsland mitgebracht haben. Davon sind schätzungsweise 40.000 Frauen im gebärfähigen Alter betroffen. Es wird geschätzt, dass 1 bis 5 Prozent ihrer Kinder die Infektion bei der Geburt aufweisen. Auch in Europa lebende Immigranten haben die Erkrankung dorthin mitgebracht. Glücklicherweise verringern Maßnahmen zur Kontrolle einer Ausbreitung der Infektion die Anzahl der Chagas-Fälle. (Siehe Centers for Disease Control and Prevention: Epidemiology & Risk Factors.)

Übertragung der Chagas-Krankheit

Die Chagas-Krankheit verbreitet sich am häufigsten, wenn eine Raubwanze zunächst eine infizierte Person oder ein infiziertes Tier (wie Hunde, Katzen, Opossums, Ratten und viele andere Tiere) und dann eine andere Person beißt. Wenn eine infizierte Wanze beißt, hinterlässt sie auch Kot, in dem die Protozoen vorhanden sind. Die Protozoen dringen dann durch die Bisswunde in den Körper ein.

Die Protozoen können auch durch Schleimhäute wie z. B. die Bindehaut am Auge (Tunica conjunctiva) in den Körper eindringen. Die Protozoen dringen dann an der Eintrittsstelle in die Zellen ein und erreichen schließlich die Blutbahn. Trypanosoma cruzi infiziert viele Zelltypen im gesamten Körper, einschließlich Zellen des Immunsystems, des Herzens, der Muskeln und des Nervensystems.

Die Infektion kann auch durch Bluttransfusionen oder ein Organ eines infizierten Spenders übertragen werden. Infektionsfälle infolge des Verzehrs von ungekochter Nahrung oder Flüssigkeiten (wie etwa Zuckerrohrsaft), die mit infizierten Wanzen oder deren Kot verunreinigt sind, kommen gelegentlich vor.

Bei einer Schwangeren können die Einzeller auch die Plazenta passieren und das ungeborene Kind infizieren. Dies kann zu einer Fehlgeburt, Totgeburt oder beim Neugeborenen zu schwerwiegenden, mitunter tödlichen Komplikationen führen.

Symptome der Chagas-Krankheit

Die Chagas-Krankheit verläuft in drei Stadien. Symptome treten im ersten und dritten Stadium auf.

Erstes Stadium

Symptome der Chagas-Krankheit treten in der Regel 1 bis 2 Wochen nach Eindringen der Protozoen in den Körper durch die Bisswunde oder durch Gewebe im Augenbereich auf. An der Bissstelle kann sich eine geschwollene und gerötete Beule entwickeln. Wenn die Protozoen durch Gewebe im Augenbereich in den Körper eindringen, kann es dort zu einer Schwellung kommen (Romana-Zeichen). Es kann Fieber auftreten. Manche Infizierte entwickeln keine Symptome, die Protozoen lassen sich aber dennoch im Blut nachweisen.

Bei den meisten Menschen klingen die Symptome des ersten Stadiums der Chagas-Krankheit ohne Behandlung ab. Es gibt jedoch auch Todesfälle in diesem Stadium, in der Regel bei Kindern. Diese können die Folge einer schweren Infektion des Herzens sein, die zu Herzversagen oder einer Infektion des Gehirns, der Hirnhaut und der Rückenmarkshaut (Meningoenzephalitis) führt.

Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem (z. B. bei AIDS-Patienten) kann das erste Stadium schwer ausgeprägt sein und bei den Betroffenen Fieber, einen Ausschlag oder auch Läsionen im Gehirn hervorrufen

Die meisten Babys, die vor der Geburt infiziert werden (als angeborene oder kongenitaler Infektion bezeichnet), weisen keine Symptome auf. Einige werden jedoch zu früh geboren oder zeigen unspezifische Befunde, darunter ein geringes Geburtsgewicht, Fieber, eine Vergrößerung von Leber und Milz, eine Anämie oder auffällige Blutwerte. Bei den meisten infizierten Säuglingen verschwinden die Symptome schließlich ohne Behandlung; einige wenige Säuglinge sterben jedoch in diesem Stadium.

Zweites Stadium (latente Phase)

Im zweiten Stadium weisen Betroffene keine Symptome der Chagas-Krankheit auf, und die Ergebnisse von Elektrokardiogrammen (EKG) und bildgebenden Untersuchungen des Herzens und des Verdauungssystems sind unauffällig. Dennoch sind die Protozoen im Körper, manchmal auch im Blut, vorhanden.

Viele Infizierte bleiben zeitlebens in diesem Stadium und entwickeln keine Symptome.

Drittes Stadium

Bei 20 bis 40 Prozent der Infizierten kommt es Jahre später zu einer chronischen Form der Chagas-Krankheit.

Hauptsächlich betroffene Bereiche:

  • Das Herz

  • Das Verdauungssystem

Das Herz kann sich vergrößern und schwächer werden, sodass die Patienten leicht ermüden und kurzatmig sind. Das Erregungsleitungssystem des Herzens kann betroffen sein, sodass es zu Ohnmacht, unregelmäßigen Herzrhythmen oder plötzlichem Herzstillstand kommt.

Es kann zu einer Funktionsstörung der Verdauungsmuskulatur kommen (z. B. in der Speiseröhre), was Schluckbeschwerden und/oder schwere Verstopfung nach sich zieht. Aufgrund der Schluckstörung kann Nahrung, Flüssigkeit oder Speichel unabsichtlich in die Lunge gelangen (Aspiration), was zu einer Lungenentzündung oder zu schwerer Unterernährung führen kann. Der Dickdarm kann sich vergrößern, sodass es zu schweren Verstopfungen kommen kann.

Diagnose der Chagas-Krankheit

  • Im ersten Stadium Untersuchung einer Blutprobe im Mikroskop oder Bluttests

  • Im zweiten Stadium Bluttests

  • Im dritten Stadium Bluttests, Elektrokardiografie und bildgebende Untersuchungen des Herzens oder des Verdauungssystems

Im ersten Stadium ist die Diagnose der Chagas-Krankheit in der Regel durch Erkennung der Einzeller in einer Blutprobe im Mikroskop möglich. Eine Blutprobe kann auch auf das Erbgut (DNS) der Protozoen untersucht werden.

Im zweiten und dritten Stadium gelingt es nur selten, die Einzeller in einer Blutprobe im Mikroskop nachzuweisen. Daher werden mindestens zwei verschiedene Bluttests durchgeführt, um nach Antikörpern gegen die Protozoen zu suchen. (Antikörper sind Proteine, die vom körpereigenen Immunsystem produziert werden, um dem Körper zu helfen, sich gegen Angreifer wie Parasiten zu verteidigen). Antikörpertests auf die Chagas-Krankheit können bei nicht infizierten Personen positiv ausfallen (falsch positiv sein). Ist der erste Test also positiv, wird zur Bestätigung der Diagnose ein anderer Antikörpertest durchgeführt.

Wenn die Infektion diagnostiziert wird, erfolgen weitere Untersuchungen, um den Patienten auf Schäden am Herzen oder im Magen-Darm-Trakt zu untersuchen. Zum Beispiel werden eine Elektrokardiografie und eine Echokardiografie durchgeführt und es kann eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs erfolgen, um Herzprobleme zu erkennen. Andere Untersuchungen beinhalten womöglich bildgebende Verfahren wie eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Herzens.

Bei Schluckbeschwerden oder Verstopfung können eine CT-Aufnahme oder Röntgenaufnahmen des Magen-Darm-Trakts durchgeführt werden.

Behandlung der Chagas-Krankheit

  • Medikamente, die gegen diese Einzeller wirksam sind

  • Behandlung der durch die chronische Infektion des Herzens oder des Verdauungstraktes bedingten Komplikationen, sofern solche vorhanden sind

Nur zwei Antiparasitika – Benznidazol und Nifurtimox – wirken bei der Behandlung der Chagas-Krankheit. Keines dieser Medikamente macht eine bereits entstandene Erkrankung des Herzens oder des Verdauungstrakts rückgängig. Betroffene nehmen eines dieser beiden Medikamente 1 bzw. 3 Monate lang oral ein. Sowohl Benznidazol als auch Nifurtimox können ernste Nebenwirkungen haben, die meistens den Verdauungstrakt, die Haut und das Nervensystem betreffen. Dazu gehören Appetitverlust, Gewichtsabnahme, Übelkeit, Erbrechen, Ausschlag, Nervenschädigung, Schlafstörungen und Schwindel. Keines dieser Medikamente wird an Betroffene mit schweren Leber- oder Nierenerkrankungen und auch nicht an schwangere oder stillende Frauen verabreicht. Kinder vertragen die Behandlung meist besser als Erwachsene.

Im ersten Krankheitsstadium werden alle Betroffenen mit Benznidazol oder Nifurtimox behandelt. Diese Medikamente wirken wie folgt:

  • Rasche Reduktion der Anzahl an Protozoen im Blut

  • Verkürzung der Dauer der Symptome

  • Senkung der Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer chronischen Infektion kommt

  • Mögliche Reduktion des Sterberisikos, falls es zu einer chronischen Infektion kommt

Wenn bei einer Frau während der Schwangerschaft die Chagas-Krankheit diagnostiziert wird, wird die Behandlung in der Regel bis nach der Entbindung verschoben. Falls der Säugling infiziert ist, wird er dann behandelt.

Im zweiten Stadium werden Kinder und Erwachsene bis 50 Jahre ohne Nachweis einer fortgeschrittenen Erkrankung des Herzens oder Magen-Darm-Trakts mit Benznidazol oder Nifurtimox behandelt. Je jünger die betroffene Person ist und je früher die Behandlung eingeleitet wird, desto wahrscheinlicher werden die Protozoen durch die Behandlung eliminiert. Bei Erwachsenen ab 50 Jahren muss der Arzt die Vorteile gegenüber den Risiken einer Behandlung abwägen.

Sobald sich eine schwere Herzschädigung oder Verdauungsprobleme aufgrund einer chronischen Infektion einstellen, sind antiparasitäre Medikamente nicht mehr hilfreich. Symptome werden nach Notwendigkeit behandelt:

  • Herzinsuffizienz: Medikamente zur Entlastung des Herzens oder eine Herztransplantation

  • Herzrhythmusstörungen: Medikamente zur Korrektur des Herzrhythmus (Antiarrhythmika) oder ein Herzschrittmacher

  • Probleme mit der Speiseröhre: Botulinumtoxin (zur Entspannung des unteren Speiseröhrenmuskels) oder chirurgischer Eingriff zur Erweiterung (Dilatation) der unteren Speiseröhre

  • Ein stark vergrößerter Dickdarm: Operation

Vorbeugung gegen die Chagas-Krankheit

Das Verputzen von Wänden, Ersetzen von Strohdächern und/oder mehrmaliges Versprühen von lang wirksamen Insektiziden in Häusern kann dazu beitragen, die Anzahl der Raubwanzen zu reduzieren und dadurch die Ausbreitung der Chagas-Krankheit unter Kontrolle zu bringen.

Selten kommt es zu Infektionen von Reisenden in Infektionsgebieten. Reisende können einer Infektion vorbeugen, indem sie nicht in Lehmhütten oder dann unter Moskitonetzen schlafen.

Einheimische und Reisende in Gegenden, in denen Infektionen auftreten, sollten auf frisch zubereiteten Frucht- und Zuckerrohrsaft von unhygienischen Quellen, wie Straßenverkäufern, verzichten.

In vielen betroffenen Ländern und in den USA werden Blut- und Organspender entsprechend getestet, um zu verhindern, dass sich die Chagas-Krankheit durch infizierte Bluttransfusionen oder Organtransplantationen ausbreitet.

Screenings von gebärfähigen Frauen mit erhöhtem Risiko vor einer Schwangerschaft sowie die Behandlung infizierter Frauen verringert die Wahrscheinlichkeit einer angeborenen (kongenitalen) Infektion. 

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass MSD MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. Centers for Disease Control and Prevention: Chagas-Krankheit