Milzbrand (Anthrax)

VonLarry M. Bush, MD, FACP, Charles E. Schmidt College of Medicine, Florida Atlantic University
Überprüft/überarbeitet März 2023
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Milzbrand (Anthrax) ist eine potenziell tödliche Infektion mit Bacillus anthracis, einem grampositiven Stäbchenbakterium (siehe Abbildung ). Milzbrand kann Haut, Lunge oder in seltenen Fällen auch den Verdauungs- bzw. Gastrointestinaltrakt betreffen.

  • Milzbrand tritt selten bei Menschen auf; wenn aber doch, erfolgt die Infektion gewöhnlich durch Hautkontakt, aber auch durch Einatmen von Milzbrandsporen, den Verzehr von verunreinigtem Fleisch oder in seltenen Fällen durch das Spritzen verunreinigter Drogen.

  • Anthraxsporen sind eine potenzielle biologische Waffe.

  • Milzbrandbakterien erzeugen mehrere Toxine, die viele der Symptome hervorrufen.

  • Die Symptome umfassen Beulen und Blasen (nach Hautkontakt), Atembeschwerden und Schmerzen im Brustkorb (nach Einatmen der Sporen), Bauchschmerzen sowie blutigen Durchfall (nach dem Verzehr von verunreinigtem Fleisch).

  • Die aufgrund der Symptome vermutete Diagnose wird vom Arzt durch Probennahme des infizierten Gewebes und Bestimmung der Bakterien bestätigt.

  • Menschen mit hohem Risiko, sich an Milzbrand zu infizieren, wird ein Impfstoff verabreicht.

  • Kurz nach dem Kontakt mit Milzbranderregern müssen Antibiotika und der Impfstoff verabreicht werden, um das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf oder Tod zu verringern.

(Siehe auch Übersicht über Bakterien.)

Milzbrand kann bei Wild- und Haustieren auftreten, die grasen, wie Rinder, Schafe und Ziegen, und bei anderen Tieren wie Pferden, Flusspferden, Elefanten und Kaffernbüffeln.

Anthraxbakterien produzieren Sporen, die über Jahre im Boden leben können. Grasende Tiere werden infiziert, wenn sie mit den Sporen in Kontakt kommen oder diese zu sich nehmen. Normalerweise wird Milzbrand übertragen, wenn Menschen in Kontakt mit infizierten Tieren oder Tierprodukten kommen (wie Wolle, Fell und Haar). Sporen können jahrzehntelang in tierischen Produkten überdauern und können nicht ohne Weiteres durch Kälte oder Hitze vernichtet werden. Selbst ein minimaler Kontakt kann zu einer Infektion führen.

Üblicherweise infizieren sich Menschen zwar über die Haut, doch ist das auch durch den Verzehr von infiziertem, nicht ausreichend gegartem Fleisch (Magen-Darm-Milzbrand), durch das Einatmen von Sporen (Lungenmilzbrand) oder in seltenen Fällen durch das Spritzen verunreinigter illegaler Drogen möglich.

Milzbrand kommt bei Menschen selten vor und ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar. In seltenen Fällen kann sich Hautmilzbrand jedoch durch direkten Kontakt mit einer infizierten Person oder einem Gegenstand, der zuvor von einer infizierten Person kontaminiert wurde, auf andere Personen ausbreiten. Lungenmilzbrand, Magen-Darm-Milzbrand und Injektionsmilzbrand werden nicht von Mensch zu Mensch übertragen.

Milzbrand eignet sich als potenzieller biologischer Kampfstoff, da sich Milzbrandsporen in der Luft ausbreiten und auf diese Weise eingeatmet werden können. Bei den terroristischen Milzbrandangriffen von 2001 wurden die Sporen über Briefsendungen durch die US-amerikanische Post verteilt.

Vor Kurzem kam es bei Personen in Nordeuropa, die sich verunreinigtes Heroin spritzten, zu einem Injektionsmilzbrand. Eine solche Verbreitung von Milzbrand wurde in den Vereinigten Staaten noch nicht beobachtet.

Milzbrandbakterien erzeugen mehrere Toxine, die viele der Symptome hervorrufen.

Symptome von Milzbrand

Milzbrandsymptome unterscheiden sich, je nachdem wie man sich die Infektion zugezogen hat:

  • Über die Haut (die meisten Fälle)

  • Durch Einatmen (die schwersten Fälle)

  • Über den Magen-Darm-Trakt (selten)

  • Durch Injektion (selten)

Hautmilzbrand

In den meisten Milzbrandfällen ist die Haut betroffen.

Ein bis zehn Tage nach dem Erstkontakt bildet sich eine schmerzlose, juckende rotbraune Beule. Aus der Beule entwickelt sich eine Blase, die hart wird. Dann bricht sie in der Mitte auf und entlässt eine klare Flüssigkeit, bevor sich eine schwarze Kruste mit einer Schwellung ringsherum bildet. Es können die benachbarten Lymphknoten anschwellen, und die Betroffenen fühlen sich krank – manchmal treten Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen auf. Bis zur Heilung der Beule und bis zum Abklingen der Schwellung kann es mehrere Wochen dauern.

Hautmilzbrand
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Hautmilzbrand beginnt in Form einer schmerzlosen, juckenden, rotbraunen Beule (oben). Aus der Beule entsteht dann eine Blase, die aufbricht und einen schwarzen Schorf bildet (unten).
Bilder mit freundlicher Genehmigung der Public Health Image Library der Centers for Disease Control and Prevention.

Etwa 10 bis 20 Prozent der unbehandelten Fälle verlaufen tödlich, unter Behandlung ist die Mortalitätsrate jedoch sehr niedrig.

Lungenmilzbrand (Weberhusten)

Lungenmilzbrand ist die schwerste Form der Erkrankung. Die Infektion erfolgt durch Einatmen von Milzbrandsporen, fast immer aufgrund der Arbeit mit kontaminierten Tierprodukten (z. B. Häute).

Die Sporen können mehrere Wochen in der Lunge verbleiben, dringen aber schließlich in die weißen Blutkörperchen (sogenannte Makrophagen) ein, wo sie durch einen Keimprozess wieder zu Bakterien werden, die sich anschließend vermehren und sich zu den Lymphknoten im Brustbereich ausbreiten. Die von den Bakterien produzierten Toxine führen dazu, dass die Lymphknoten anschwellen, zerfallen und bluten; dadurch breitet sich die Infektion im umliegenden Gewebe aus. Im Bereich zwischen Lunge und Brustwand sammelt sich infektiöse Flüssigkeit an.

Die Symptome treten einen Tag bis sechs Wochen nach dem Erstkontakt auf. Anfänglich sind die Symptome vage und ähneln denen der Grippe (Influenza), beispielsweise leichte Muskelschmerzen, schwaches Fieber, Beklemmungsgefühl in der Brust und trockener Husten. Ein paar Tage später tritt Atemnot auf und die Betroffenen haben Schmerzen im Brustkorb sowie hohes Fieber mit Schweißausbrüchen. Der Blutdruck fällt plötzlich gefährlich weit ab, was zu einem Schock und schließlich zum Koma führt. Diese schweren Symptome sind höchstwahrscheinlich das Ergebnis einer massiven Freisetzung von Toxinen.

Es kann zu Darmmilzbrand bzw. zu einer Infektion des Gehirns und der Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen) – einer sogenannten Meningoenzephalitis – kommen.

Die Erkrankten sterben 24 bis 36 Stunden nach Auftreten der schweren Symptome; selbst bei früh beginnender Behandlung endet diese Art von Milzbrand häufig tödlich. Ohne Behandlung führt Lungenmilzbrand unweigerlich zum Tod. Während des Milzbrandausbruchs in den USA im Jahr 2001 starben 45 Prozent der Patienten, die wegen Lungenmilzbrand behandelt wurden.

Darmmilzbrand

Diese Form von Milzbrand ist selten. Nach dem Verzehr von verunreinigtem Fleisch wachsen die Bakterien in Mund, Rachen und Darm und setzen Toxine frei, die heftige Blutungen und Gewebezerfall auslösen. Die Betroffenen bekommen Fieber, Halsentzündung, eine Schwellung des Halses, Bauchschmerzen und blutigen Durchfall. Außerdem erbrechen sie Blut.

Selbst bei Behandlung sterben rund 40 Prozent der Patienten, wahrscheinlich weil sie zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits schwer erkrankt sind.

Wussten Sie ...

  • Milzbrandsporen können nicht ohne Weiteres durch Kälte oder Hitze vernichtet werden und können jahrzehntelang überleben.

  • Mehr als 1,25 Millionen Menschen wurden gegen Milzbrand geimpft, ohne dass ernste Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Injektionsmilzbrand

Eine Injektionsmilzbrand ist selten. Die Symptome können denen des Hautmilzbrands ähneln, beispielsweise Fieber und juckende Blasen oder Blasen, die an der Injektionsstelle des Heroins auftreten. Die Blasen entwickeln sich zu einer schmerzlosen Wunde, die eine schwarze Kruste (Schorf) mit Schwellungen bildet. Tief unter der Haut oder im Muskel, in den das Heroin gespritzt wurde, kann eine Eitertasche (Abszess) entstehen.

Ein Injektionsmilzbrand kann sich schneller im Körper ausbreiten als ein Hautmilzbrand und ist für die Ärzte schwerer zu diagnostizieren und zu behandeln.

Diagnose von Milzbrand

  • Untersuchung oder Kulturen von Proben der infizierten Haut, infizierter Flüssigkeiten oder Stuhlproben

  • Mitunter Bluttests

Der Verdacht auf Hautmilzbrand geschieht aufgrund dessen typischer Erscheinung. Die Diagnose wird durch die Tatsache, dass Menschen Kontakt zu Tieren oder Tierprodukten hatten oder sich in Gegenden aufhielten, wo Milzbrand bereits aufgetreten ist, untermauert.

Wenn Lungenmilzbrand vermutet wird, wird eine Röntgenuntersuchung oder eine Computertomografie (CT) des Brustkorbs durchgeführt.

Es werden Proben von Blut, infiziertem Hautgewebe, Flüssigkeit aus dem Bereich zwischen Lunge und Brustwand oder Stuhlproben entnommen und unter dem Mikroskop untersucht, oder es werden Kulturen angelegt (wobei sich etwaige Bakterien vermehren). Wenn Milzbrandbakterien vorhanden sind, können diese ohne Weiteres identifiziert werden.

Bei Lungenmilzbrand und Symptomen (wie z. B. Verwirrtheit), die auf eine Gehirninfektion hindeuten, wird unter Umständen auch eine Lumbalpunktion durchgeführt, um eine Probe der Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umgibt, zu entnehmen. Die Probe wird untersucht und analysiert. Die Betroffenen unterziehen sich einer Bildgebung des Gehirns und der Wirbelsäule, z. B. mit einem CT-Scan oder einer Magnetresonanztomografie (MRT), wenn eine Spinalpunktion nicht durchgeführt werden kann.

Möglicherweise werden Blutuntersuchungen durchgeführt, um nach Fragmenten des genetischen Materials der Bakterien oder nach Antikörpern gegen die von den Bakterien produzierten Toxine zu suchen.

Behandlung von Milzbrand

  • Antibiotika

  • Manchmal andere Medikamente

Je länger die Behandlung hinausgezögert wird, desto größer ist das Sterberisiko. Deshalb wird sofort mit der Behandlung begonnen, sobald es erste Anzeichen auf Milzbrand gibt.

Hautmilzbrand wird mit den Antibiotika Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin oder Doxycyclin behandelt, das in Tablettenform verabreicht wird und 7 bis 10 Tage lang einzunehmen ist. Die Antibiotika werden 60 Tage lang eingenommen, wenn die Sporen möglicherweise eingeatmet wurden oder ein terroristischer Angriff vermutet wird. Kinder und schwangere Frauen können unterschiedliche Antibiotika über einen unterschiedlich langen Zeitraum erhalten.

Lungen-, Magen-Darm- und andere Milzbrandinfektionen, etwa ein schwerer Hautmilzbrand, werden mit einer Kombination aus drei über eine Vene (intravenös) verabreichten Antibiotika behandelt. Nach der intravenösen Verabreichung der Antibiotika erhalten die Patienten 60 Tage lang ein orales Antibiotikum, um alle verbleibenden Sporen in der Lunge abzutöten.

Lungenmilzbrand kann auch mit einer Kombination von Antibiotika und Injektionen mit Raxibacumab oder Obiltoxaximab (monoklonale Antikörper, die an die Milzbrandtoxine im System der betroffenen Person binden) oder mit einer Kombination von Antibiotika und intravenösem Immunglobulin gegen Milzbrand behandelt werden.

Wenn das Gehirn und die Meningen betroffen sind oder sich Flüssigkeit um die Lunge herum angesammelt hat, können unter Umständen Kortikosteroide helfen. Es wird eine Thoraxdrainage angelegt, um kontinuierlich Flüssigkeit aus der Lunge abzuleiten.

Unter Umständen umfasst die Behandlung auch eine mechanische Beatmung und die Gabe von Flüssigkeit und Medikamenten zur Erhöhung des Blutdrucks.

Vorbeugung gegen Milzbrand

  • Impfungen

  • Präventiv Antibiotika und manchmal andere Medikamente

Ein Impfstoff gegen Milzbrand kann Personen mit hohem Infektionsrisiko verabreicht werden (z. B. Militärpersonal, Tierärzten, Labortechnikern und Mitarbeitern von Textilfabriken, die importierte Ziegenhaare verarbeiten). Da der Milzbranderreger als potenzielle biologische Waffe verwendet werden kann, werden die meisten Armeeangehörigen geimpft. Um seine Wirkung entfalten zu können, muss der Impfstoff in fünf Dosen verabreicht werden. Außerdem wird eine jährliche Auffrischungsimpfung empfohlen. Alle Impfungen werden in einen Muskel verabreicht. Tiere können ebenfalls geimpft werden.

Menschen, die Lungenmilzbrand ausgesetzt sind, wird ein Antibiotikum in Tablettenform verabreicht, normalerweise Ciprofloxacin, Levofloxacin, Doxycyclin, Moxifloxacin oder Clindamycin. Das Antibiotikum wird mindestens 60 Tage lang eingenommen, um einen Ausbruch der Infektion zu verhindern. Diesen Patienten werden auch nach 0, 2 und 4 Wochen drei Dosen des Impfstoffs verabreicht.

Wenn diese Behandlungen nicht verfügbar oder für Patienten nicht geeignet sind, können Injektionen mit Raxibacumab oder Obiltoxaximab (Antikörper, die an die Milzbrandtoxine im System der betroffenen Person binden) verabreicht werden.