Vaskuläre kognitive Beeinträchtigung und Demenz

VonJuebin Huang, MD, PhD, Department of Neurology, University of Mississippi Medical Center
Überprüft/überarbeitet Feb. 2023
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Bei vaskulären kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz handelt es sich um akute oder chronische kognitive Verschlechterungen infolge eines diffusen oder fokalen Hirninfarkts, der meist auf eine zerebrovaskuläre Erkrankung zurückzuführen ist.

(Siehe auch Übersicht über Delir und Demenz und Demenz.)

Demenz ist eine chronische, globale, meist irreversible Verschlechterung der Kognition.

Vaskuläre kognitive Störungen und Demenz sind die zweithäufigste Ursache für Demenz bei älteren Menschen. Sie ist bei männlichen Patienten häufiger und beginnt meist nach dem 70. Lebensjahr. Sie kommt häufiger bei Personen mit vaskulären Risikofaktoren vor (z. B. Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Rauchen) und bei Patienten mit mehreren Insulten in der Vorgeschichte. Viele Menschen haben sowohl eine vaskuläre Demenz als auch eine Alzheimer-Demenz.

Demenz sollte nicht verwechselt werden mit Delirium obwohl die Wahrnehmung bei beiden beeinträchtigt ist. Folgendes hilft, diese zu unterscheiden:

  • Eine Demenz betrifft hauptsächlich das Gedächtnis, wird in der Regel durch anatomische Veränderungen im Gehirn verursacht, zeigt einen langsamen Beginn und ist üblicherweise irreversibel.

  • Ein Dellir betrifft hauptsächlich die Aufmerksamkeit, wird in der Regel durch eine akute Erkrankung oder Drogen- bzw. Arzneimitteltoxizität (zuweilen lebensbedrohlich) verursacht und ist häufig reversibel.

Andere spezifische Merkmale tragen ebenfalls zur Unterscheidung der beiden Erkrankungen bei (siehe Tabelle Unterschiede zwischen Delirium und Demenz).

Ätiologie der vaskulären kognitiven Beeinträchtigung und Demenz

Vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz sind in der Regel die Folge multipler Zerebralinfarkte (oder manchmal auch Blutungen). Auch wenn jeder Infarkt für sich genommen nur geringe Symptome verursacht, kann die Kombination mehrerer Infarkte einen so starken neuronalen oder axonalen Verlust verursachen, dass die Hirnfunktion beeinträchtigt wird.

Es gibt vier Haupttypen von vaskulärer kognitiver Beeinträchtigung und Demenz (1):

  • Subkortikale ischämische vaskuläre kognitive Beeinträchtigung und Demenz

  • Multiinfarktdemenz

  • Demenz nach Schlaganfall

  • Gemischte Demenz

Subkortikale ischämische vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz werden hauptsächlich durch die Erkrankung kleiner Gefäße verursacht. Subkortikale lakunäre Läsionen können sich entwickeln, ebenso wie Läsionen der weißen Substanz, die hauptsächlich subkortikal sind. Subkortikale ischämische vaskuläre kognitive Beeinträchtigung und Demenz können umfassen:

  • Multipler lakunärer Infarkt: Mehrere lakunäre Infarkte treten tief in der weißen und grauen Substanz auf.

  • Binswanger-Demenz: Diese Variante ist mit schwerer, schlecht kontrollierter Hypertonie und systemischen Gefäßerkrankungen assoziiert. Verursacht werden diffuse und unregelmäßige Verluste von Axonen und Myelin mit ausgedehnter Gliose, der Untergang von Gewebe aufgrund einer Infarzierung oder der Ausfall der Blutversorgung der weißen Substanz des Gehirns.

Die Multi-Infarkt-Demenz betrifft mittelgroße Blutgefäße und führt zu großen kortikalen Infarkten.

Bei der Demenz nach Schlaganfall handelt es sich um einen sofortigen und/oder verzögerten irreversiblen kognitiven Abbau, der innerhalb von 6 Monaten nach dem Schlaganfall beginnt.

Eine gemischte Demenz ist sowohl durch vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen als auch durch Demenz und andere koexistierende Pathologien (z. B. Alzheimer-Krankheit, Demenz mit Lewy-Körperchen) gekennzeichnet.

Zu den seltenen Formen von kognitiver Beeinträchtigung und Demenz gehören:

  • Strategische Einzelinfarktdemenz: Ein einzelner Infarkt tritt in einem kritischen Areal des Gehirns auf (z. B. Gyrus angularis, Thalamus).

  • Zerebrale Amyloid-Angiopathie: Die klinische Anamnese umfasst einen langsam fortschreitenden kognitiven Verfall, episodisch auftretende fokale neurologische Episoden (so genannte Amyloidspells) und plötzlich auftretende fokale neurologische Defizite, die auf kortikale lobäre intrazerebrale Blutungen zurückzuführen sind.

  • Hereditäre vaskuläre Demenz: Die zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukoenzephalopathie (CADASIL) ist eine zerebrale Erkrankung der kleinen Gefäße, die durch Mutationen im NOTCH3-Gen (NOTCH-Rezeptor 3) verursacht wird, das für einen Transmembranrezeptor auf den glatten Gefäßmuskelzellen kodiert. Die zerebrale autosomal-rezessive Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukoenzephalopathie (CARASIL) ist ebenfalls eine Erkrankung der kleinen Gefäße; sie wird durch Mutationen im HTRA1-Gen verursacht.

Bei der zerebralen Amyloid-Angiopathie (CAA) handelt es sich um eine Anhäufung von Beta-Amyloid in den zerebralen Blutgefäßwänden, die zu einem hohen Risiko für intrazerebrale Blutungen führt. CAA kommt bei verschiedenen Arten von Erbkrankheiten vor, tritt aber in der Regel sporadisch auf. Die Kognition kann normal sein; allerdings ist die Prävalenz von CAA bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit viel höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Hinweis zur Ätiologie

  1. 1. Skrobot OA, O’Brien J, Black S, et al: The Vascular Impairment of Cognition Classification Consensus Study. Alzheimers Dement Jun;13 (6):624–633, 2017. doi: 10.1016/j.jalz.2016.10.007

Symptome und Beschwerden der vaskulären kognitiven Beeinträchtigung und Demenz

Die Symptome und Anzeichen einer vaskulären kognitiven Beeinträchtigung und Demenz ähneln denen anderer Demenzen (z. B. Gedächtnisverlust, Beeinträchtigung der Exekutivfunktion, Schwierigkeiten Maßnahmen oder Aufgaben zu beginnen, verlangsamtes Denken, Persönlichkeits- und Stimmungsschwankungen, Sprachdefizite). Im Vergleich zur Alzheimer-Krankheit führen vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz jedoch eher zu einem späteren Gedächtnisverlust und beeinträchtigen die exekutiven Funktionen früher. Auch können die Symptome variieren, je nachdem, wo der Infarkt auftritt.

Anders als bei anderen Demenzen schreitet die Multiinfarktdemenz eher in abgrenzbaren Schritten voran. Jede Episode ist von intellektuellem Abbau begleitet, manchmal gefolgt von mäßiger Erholung. Subkortikale vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz, die durch ischämische Schäden in kleinen Gefäßen verursacht werden (dazu gehören der multiple Lakunärinfarkt und die Binswanger-Demenz), führen in der Regel zu kleinen, inkrementellen Defiziten, so dass der Rückgang allmählich zu erfolgen scheint.

Mit dem Fortschreiten der Krankheit entwickeln sich häufig fokale neurologische Defizite:

  • Übersteigerte tiefe Sehnenreflexe

  • Plantarextensionsreaktion

  • Gangstörungen

  • Schwäche einer Extremität

  • Hemiplegien

  • Pseudobulbärparalyse mit pathologischem Lachen und Weinen

  • Andere Zeichen extrapyramidaler Dysfunktion

  • Aphasien

Ein kognitiver Funktionsausfall kann fokal sein. Das Kurzzeitgedächtnis kann z. B. weniger betroffen sein als bei anderen Demenzerkrankungen. Weil der Verlust fokal sein kann, können die Patienten mehr Aspekte der geistigen Funktion beibehalten. Daher müssen sie ihre Defizite bewusster wahrnehmen und Depression kann hier häufiger auftreten als bei anderen Demenzen.

Patienten mit CADASIL weisen häufig kognitive Beeinträchtigungen, Migräne und/oder Schlaganfälle auf. CARASIL kann Alopezie und Spondylose verursachen. Das Alter bei Beginn variiert.

Diagnose von vaskulären kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz

  • Generell ähnliche Diagnose wie bei anderen Demenzen

  • Neuroradiologische Bildgebung

Die Diagnose von vaskulärer kognitiver Beeinträchtigung und Demenz ähnelt der Diagnose anderer Demenzerkrankungen. Eine allgemeine Diagnose von Demenz erfordert jeden der folgenden Punkte:

  • Kognitive oder verhaltensbezogene (neuropsychiatrische) Symptome, die die Fähigkeit, bei der Arbeit zu funktionieren und die üblichen Alltagsaktivitäten auszuführen, beeinträchtigen.

  • Diese Symptome verkörpern einen Rückgang früherer Funktionsniveaus.

  • Diese Symptome sind nicht durch Delir oder eine größere psychische Störung erklärbar.

Zur Abklärungder kognitiven Funktion gehört die Aufnahme der Krankengeschichte des Patienten und von einer Person, die den Patienten kennt, plus einer Untersuchung des geistigen Zustandes am Krankenbett oder wenn die Untersuchung am Krankenbett ergebnislos bleibt, formale neuropsychologische Untersuchung.

Die Unterscheidung von vaskulärer kognitiver Beeinträchtigung und Demenz von anderen Demenzerkrankungen beruht auf der klinischen Beurteilung. Zu den Faktoren, die auf eine vaskuläre kognitive Beeinträchtigung und Demenz (oder Alzheimer-Krankheit mit zerebrovaskulärer Erkrankung) hindeuten, gehören die folgenden:

  • Bildgebende Befunde von Hirninfarkten und anderen vaskulären Hirnschäden

  • Klinische Merkmale, die für vaskuläre kognitive Beeinträchtigung und Demenz charakteristisch sind (z. B. ausgeprägte exekutive Dysfunktion, leichter oder fehlender Gedächtnisverlust)

  • Hoher modifizierter Hachinski-Ischämie-Score (wenn keine Bildgebung des Gehirns verfügbar ist)

Die Bestätigung einer vaskulären kognitiven Beeinträchtigung und Demenz erfordert einen Schlaganfall in der Anamnese oder den Nachweis einer vaskulären Ursache für die Demenz durch Neuroimaging. Wenn fokale neurologische Zeichen oder der Nachweis einer zerebrovaskulären Störung vorliegen, sollte eine gründliche Untersuchung bezüglich zerebraler Insulte durchgeführt werden.

CT und MRT können Folgendes zeigen

  • Bilaterale Mehrfachinfarkte in der dominanten Hemisphäre und den limbischen Strukturen

  • Mehrfache Lacunar-Infarkte

  • Periventrikuläre Läsionen der weißen Substanz, die sich in die tiefe weiße Substanz erstrecken

  • Bei Demenz bei M. Binswanger eine Leukoenzephalopathie des Gehirns, semioval anliegend zum Kortex, häufig mit multiplen lakunären Infarzierungen, die tiefliegende Strukturen der grauen Substanz betreffen (z. B. Basalganglien, Thalamuskerne).

  • Bei CADASIL und CARASIL diffuse Hyperintensitäten der weißen Substanz mit ischämischen Läsionen in subkortikalen Regionen, einschließlich einer charakteristischen Beteiligung des vorderen Temporallappens

  • Bei zerebraler Amyloidangiopathie, Lappenblutung, multipler kortikaler Mikroblutung oder oberflächlicher Siderose

Anhand wichtiger Merkmale lässt sich die Alzheimer-Krankheit von vaskulären kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz unterscheiden (siehe Tabelle Unterschiede zwischen vaskulärer kognitiver Beeinträchtigung und Demenz und Alzheimer-Krankheit). Der Hachinski-Ischämie-Score wird manchmal zur Unterscheidung zwischen vaskulärer kognitiver Beeinträchtigung und Demenz (hauptsächlich Multiinfarkt-Demenz) und Alzheimer-Krankheit verwendet, wenn keine Bildgebung des Gehirns zur Verfügung steht (1).

Tabelle

Die Diagnose von CADASIL und CARASIL kann durch Gentests bestätigt werden, bei denen charakteristische Mutationen des NOTCH3-Gens für CADASIL und des HTRA1-Gens für CARASIL festgestellt werden. Manchmal kann stattdessen eine Hautbiopsie durchgeführt werden, um die Diagnose von CADASIL zu bestätigen.

Diagnosehinweis

  1. 1. Hachinski VC, Iliff LD, Zilhka E, et al: Cerebral blood flow in dementia, Arch Neurol 32 (9):632–637, 1975. doi: 10.1001/archneur.1975.00490510088009

Behandlung der vaskulären kognitiven Beeinträchtigung und Demenz

  • Sicherheit und supportive Maßnahmen

  • Behandlung von vaskulären Risikofaktoren, einschließlich Raucherentwöhnung

Die Sicherheits- und unterstützenden Maßnahmen für vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz sind ähnlich wie bei anderen Demenzerkrankungen. Zum Beispiel sollte die Umgebung hell, freundlich und vertraut sein, und sie sollte so gestaltet werden, dass eine Orientierung verstärkt wird (z. B. Platzierung von großen Uhren und Kalendern im Raum). Maßnahmen, um die Sicherheit der Patienten (z. B. Signalüberwachungssysteme für Patienten, die umhergehen) sicherzustellen, sollten eingeleitet werden.

Störende Symptome können behandelt werden.

Die Behandlung von vaskulären Risikofaktoren (z. B. Bluthochdruck, Diabetes, Hyperlipidämie) kann das Fortschreiten von vaskulären kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz verlangsamen und dazu beitragen, künftige Schlaganfälle zu verhindern, die weitere kognitive Beeinträchtigungen verursachen könnten. Die Behandlung umfasst folgende Schritte:

  • Blutdruckkontrolle

  • Cholesterin-senkende Therapie

  • Regulation der Plasmaglukose (90 bis 150 mg/dl)

  • Nikotinkarenz

Medikamente wie Cholinesterasehemmer und Memantin, können hilfreich sein, wenn auch die Alzheimer-Krankheit vorhanden sein könnte. Cholinesterasehemmer können die kognitive Funktion verbessern. Memantin, ein NMDA (N-Methyl-d-Aspartat)-Antagonist, kann bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Demenz dazu beitragen, den Verlust der kognitiven Funktion zu verlangsamen und bei kombinierter Gabe mit einem Cholinesterasehemmer synergistisch wirken.

Die Wirksamkeit von Cholinesterasehemmern und Memantin bei vaskulären kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz ist jedoch ungewiss. Dennoch ist ein Versuch mit diesen Medikamenten sinnvoll, da ältere Patienten mit vaskulärer kognitiver Beeinträchtigung und Demenz auch an der Alzheimer-Krankheit leiden können.

Prognose für vaskuläre kognitive Beeinträchtigung und Demenz

Die 5-Jahres-Sterblichkeitsrate bei Patienten mit vaskulärer Demenz liegt bei etwa 60% und ist damit höher als bei den meisten anderen Demenzformen, was vermutlich auf das gleichzeitige Auftreten anderer atherosklerotischer Erkrankungen zurückzuführen ist.

Patientenverfügungen und Vollmachten

Da Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei Patienten mit Demenz immer weiter nachlassen, kann die Bestellung eines Familienangehörigen, Vormunds oder Rechtsanwalts zur Regelung der finanziellen Angelegenheiten notwendig sein. Bereits früh im Verlauf der Demenz, bevor der Patient rechtsunfähig wird, sollten die Wünsche des Patienten bezüglich der pflegerischen Betreuung geklärt werden. Finanzielle und rechtliche Regelungen (z. B. dauerhafter Rechtsbetreuer, permanente Betreuung in Gesundheitsangelegenheiten) sollten getroffen werden. Wenn diese Dokumente unterschrieben werden, ist die Testierfähigkeit des Patienten festzustellen, und die Untersuchungsergebnisse sollten dokumentiert und aufbewahrt werden. Entscheidungen über künstliche Ernährung und die Behandlung akuter Erkrankungen werden am besten getroffen, bevor sich die Notwendigkeit dazu ergibt.

Bei fortgeschrittener Demenz können palliative Maßnahmen angemessener sein als äußerst aggressive Interventionen oder Krankenhausbehandlungen.

Wichtige Punkte

  • Vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz können in einer Reihe von diskreten Episoden (die wie ein allmählicher Rückgang erscheinen können) oder in einer einzigen Episode auftreten.

  • Fokale neurologische Zeichen können helfen, vaskuläre kognitive Beeinträchtigungen und Demenz von anderen Demenzerkrankungen zu unterscheiden.

  • Stellen Sie, begründet durch eine Vorgeschichte mit Schlaganfall oder durch Befunde aufgrund neuroradiologischer Bildgebung, die eine vaskuläre Ursache nahelegen, sicher, dass die Demenz vaskulär bedingt ist.

  • Kontrollieren Sie die vaskulären Risikofaktoren, und wenn zusätzlich eine Alzheimer-Demenz vorliegen könnte, behandeln Sie mit Cholinesterasehemmern und Memantin.