Übersicht Gallenfunktion

VonYedidya Saiman, MD, PhD, Lewis Katz School of Medicine, Temple University
Überprüft/überarbeitet Aug. 2023
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    Die Leber produziert jeden Tag 500 bis 600 ml Gallenflüssigkeit. Galle ist isosmotisch mit dem Plasma und besteht v. a. aus Wasser und Elektrolyten, aber auch aus organischen Verbindungen wie Gallensalzen, Phospholipiden (vorwiegend Lecithin), Cholesterin, Bilirubin und anderen endogen produzierten oder aufgenommenen Verbindungen, z. B. Proteinen, die die gastrointestinale Funktion regulieren, Medikamenten und deren Metaboliten. Bilirubin ist ein Abbauprodukt von Häm-Verbindungen aus abgebauten roten Blutkörperchen und ist das Pigment, das der Galle seine gelb-grüne Farbe gibt.

    Gallensalze (Gallensäuren) sind die wichtigsten organischen Komponenten in Galle. Die Leber transportiert die Gallensäuren aktiv in die kleinsten Gallengänge (Canaliculi), die von den apikalen Membransegmenten benachbarter Hepatozyten gebildet werden. Der canaliculäre Transport bestimmt die Geschwindigkeit der Gallebildung. Einmal abgesondert, ziehen die Gallensalze durch Osmose andere Galleverbindungen (insbesondere Natrium und Wasser) in die Canaliculi. Gallensalze sind auch biologische Detergentien, die es dem Körper ermöglichen Cholesterin und potentiell toxische Substanzen (z. B. Bilirubin, Medikamentenmetaboliten) auszuscheiden. Die Funktion der Gallensalze im Duodenum ist, die aufgenommenen Fette und fettlöslichen Vitamine löslich zu machen und so ihre Verdauung und Resorption zu erleichtern. Von der Leber fließt die gesammelte Galle in den rechten oder linken Hepaticus und dann in den Ductus hepaticus communis (DHC).

    Im Nüchternzustand geht etwa 75% der Galle aus dem DHC über den Ductus cysticus in die Gallenblase. Der Rest fließt direkt in den gemeinsamen Gallengang (Ductus choledochus, gebildet durch die Kreuzung des gemeinsamen Lebergangs und des Zysticus) in den Zwölffingerdarm. Im Nüchternzustand nimmt die Gallenblase bis zu 90% des Wassers aus der Galle auf. So wird die Galle konzentriert und speichert.

    Ansicht der Leber und Gallenblase

    Gallenflüssigkeit entleert sich aus der Gallenblase in den Choledochus, dieser mündet zusammen mit dem Pankreasgang in der Ampulla Vateri (Papille) und drainiert ins Duodenum. Bevor sich der Gallengang mit dem Pankreasgang verbindet, verjüngt er sich auf ca. 0,6 cm.

    Der M. sphincter Oddi, der sowohl den Pankreasgang und den gemeinsamen Gallengang umfasst, hat für jeden Kanal einen Schließmuskel. Normalerweise kann Galle nicht retrograd in den Pankreasgang fließen. Die Schließmuskel reagieren sehr empfindlich auf Cholezystokinin und andere Darmhormone (wie z. B. gastrin-releasing peptide) und auf Veränderungen des cholinergen Tonus (z. B. durch Anticholinergika)

    Beim Essen werden Darmhormone ausgeschüttet und cholinerge Nerven stimuliert, was die Gallenblase zur Kontraktion anregt und zur Relaxation des M. sphincter Oddi führt. Dadurch entleert die Gallenblase 50 bis 75% ihres Inhalts in den Zwölffingerdarm. Auf der anderen Seite bewirkt im Nüchternzustand eine Zunahme des Sphinktertonus die Füllung der Gallenblase.

    Gallensalze werden im proximalen Teil des Dünndarms durch passive Diffusion nur schlecht resorbiert, der wesentliche Teil der Gallensalze erreicht das terminale Ileum, wo ca. 90% von Gallensalzen aktiv in die portale Zirkulation resorbiert werden. In der Leber werden die Gallensalze sehr wirkungsvoll extrahiert, verstoffwechselt (z. B. konjugiert, wenn sie in freier Form ankommen) und zurück in die Galle sezerniert. Über diesen Weg, von der Leber zur Galle zur Leber, der sog. enterohepatischen Zirkulation, zirkulieren die Gallensalze ca. 10- bis 12-mal am Tag.

    Die meisten Erkrankungen der Gallenwege ergeben sich aus Gallensteinen, obwohl akalkuläre Gallenschmerzen ohne Gallensteine auftreten und das Postcholezystektomiesyndrom auftritt, nachdem die Gallenblase selbst entfernt wurde. Gallensteine in der Gallenblase (Cholelithiasis) sind in der Regel asymptomatisch. Der Gallenfluss kann durch Gallensteine in den Gallenwegen blockiert werden (Choledocholithiasis), was eine Gallenkolik auslöst oder eine Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis) verursacht. Die Cholecystitis kann akut auftreten, sich über Stunden entwickeln oder chronisch sein, die für eine lange Zeit besteht.

    Eine Verstopfung der Gallenwege kann auch zu einer Entzündung der Gallengänge (akute Cholangitis) führen, die in der Regel mit einer bakteriellen Infektion einhergeht. Der Gallenfluss kann blockiert oder verlangsamt (sog. Cholestase) sein durch Tumoren oder bei Patienten mit AIDS durch Strikturen aufgrund von opportunistischen Infektionen (AIDS-Cholangiopathie). Eine Cholestase kann auch zu einer Entzündung, Fibrose und Strikturen der Gallenwege (sog. sklerosierende Cholangitis) führen. In der Regel ist die Ursache der sklerosierenden Cholangitis unbekannt (sog. primäre sklerosierende Cholangitis).