Medikamentöse Behandlung von Diabetes mellitus

VonErika F. Brutsaert, MD, New York Medical College
Überprüft/überarbeitet Sep. 2022
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Die allgemeine Diabetesbehandlung für alle Patienten umfasst Änderungen des Lebensstils, einschließlich Diät und Bewegung. Eine angemessene Überwachung des Blutzuckerspiegels ist unerlässlich, um Komplikationen von Diabetes zu verhindern. (Siehe auch Diabetes Mellitus.)

Patienten mit Typ-1-Diabetes mellitus werden mit Insulin behandelt und profitieren auch von einer Diät und körperlichen Betätigung. Analoga von Amylin, einem weiteren Hormon, das von den Betazellen des Pankreas produziert wird, können als Zusatzbehandlung zu Insulin verwendet werden. Der monoklonale Anti-CD3-Antikörper Teplizumab kann das Fortschreiten eines symptomatischen Typ-1-Diabetes bei Patienten verzögern, die präsymptomatisch sind und leichte Glukoseerhöhungen und Autoantikörper haben.

Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus werden häufig zunächst nur mit einer Diät und körperlichen Betätigung behandelt. Wenn diese Maßnahmen zur glykämischen Kontrolle nicht ausreichen, können den Patienten nicht-Insulin-Antihyperglykämika, (z. B. injizierbare Glukagon-ähnliche Peptid-1 [GLP-1] -Rezeptor-Agonisten), Insulin oder eine Kombination dieser Medikamente verschrieben werden.

Einige Medikamente helfen bei der Vorbeugung von Diabetes-Komplikationen, darunter Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Blocker (Angiotensin-Converting-Enzym- [ACE] -Inhibitoren oder Angiotensin II Rezeptorblocker [ARBs]), Statine und Aspirin.

Insulin

Insulin ist für alle Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus erforderlich, da sie kein Insulin produzieren (aufgrund der Zerstörung der pankreatischen Beta-Zellen) und und ohne Insulin eine Ketoazidose entwickeln. Insulin wird auch bei der Behandlung vieler Patienten mit Typ-2-Diabetes eingesetzt.

Die Insulin-Substitution bei Typ 1 Diabetes sollte idealerweise die Betazellfunktion nachahmen, um den basalen und prandialen Bedarf zu decken (physiologischer Ersatz oder Basal-Bolus-Dosierung). Um dies zu erreichen, können verschiedene Zubereitungen von Insulin und Verabreichungsmethoden verwendet werden.

Abgesehen von der IV regelmäßigen Verwendung von Insulin bei hospitalisierten Patienten, wird insulin fast immer subkutan verabreicht. Für Patienten, die sich nicht selbst spritzen wollen, gibt es auch ein inhalatives Insulin-Präparat. Es hat einen etwas schnelleren Wirkungseintritt als subkutan injiziertes schnell wirkendes Insulin.

Insulin wird in der Regel verabreicht als:

  • Mehrere tägliche subkutane Injektionen, die vom Patienten selbst verabreicht werden, wobei je nach dem voraussichtlichen Bedarf an Blutzuckerkontrolle zwei Insulin-Präparate verwendet werden

  • An Insulin Pumpe, die eine schnell- oder kurz wirkende Pumpe fördert Insulin und verabreicht eine Basalrate von Insulin und zusätzliche Boli zu den Mahlzeiten oder zur Korrektur eines hohen Blutzuckerspiegels

Bei beiden Strategien müssen Ernährung und Bewegung sowie Zeitpunkt und Dosis von Insulin genau beachtet werden.

Wann Insulin für Patienten mit Typ-2-Diabetes benötigt wird, kann eine glykämische Kontrolle oft mit basalem Insulin in Kombination mit nicht-Insulin-Antihyperglykämika erreicht werden, obwohl einige Patienten möglicherweise prandiales Insulin erfordern.

Insulinpräparate

Die meisten Insulinpräparate sind rekombinante Humanpräparate, wodurch die früher üblichen allergischen Reaktionen auf das Medikament, das aus tierischen Quellen gewonnen wurde, weitgehend vermieden werden. Es sind auch einige Analoga erhältlich. Diese Analoga wurden durch Modifikation des menschlichen Moleküls Insulin erzeugt, das die Absorptionsraten, die Dauer und die Zeit bis zur Wirkung verändert.

Die unterschiedlichen Insuline werden durch ihre Anschlagzeit und ihre Wirkdauer charakterisiert (siehe Tabelle Wirkungseintritt, Maximalwert und Wirkdauer von Humaninsulinpräparaten). Diese Parameter variieren bei jedem Einzelnen und zwischen den Patienten und sind von einer ganzen Reihe Faktoren (z. B. Ort und Technik der Injektion, Menge des subkutanen Fettgewebes, Durchblutung an der Injektionsstelle) abhängig.

Tabelle

Schnell wirkende Insuline wie Lispro und Aspart werden schnell absorbiert, da der Austausch eines Aminosäurenpaars das Insulinmolekül an der Bildung von Dimeren und Polymeren hindert. Sie senken bereits innerhalb von 15 Minuten den Glukosespiegel und haben eine kurze Wirkdauer (< 4 h). Diese Insuline werden am besten zu den Mahlzeiten gegeben, um die postprandialen Spitzen abzufangen. Inhaliertes normales Insulin ist eine schnell wirkendes Insulin, das mit den Mahlzeiten eingenommen wird. Es hat einen etwas schnelleren Wirkungseintritt als subkutan injiziertes schnell wirkendes Insulin, ist aber weniger flexibel in der Dosierung und erfordert regelmäßige Lungenuntersuchungen.

Normalinsulin ist, was den Wirkeintritt angeht, etwas langsamer (30–60 Minuten) als Lispro und Aspart, aber wirkt länger (6–8 h). Es ist die einzige Form von Insulin, die man auch IV geben kann.

Zu den mittelstark wirksamen Insulinen gehören das Insulin Isophan (Neutralprotamin Hagedorn oder NPH) und U-500 regular. Die Wirkung des Insulins Isophan setzt etwa 2 Stunden nach der Injektion ein; die maximale Wirkung tritt 4–12 Stunden nach der Injektion ein, und die Wirkungsdauer beträgt 18–26 Stunden. Konzentriertes reguläres Insulin U-500 hat eine ähnliche Spitze und Wirkungsdauer (Spitze 4 bis 8 h; Dauer 13 bis 24 h) und kann 2 bis 3 mal pro Tag dosiert werden.

Langwirkende Insuline,, wie Insulin glargin, Insulin detemir und U-300 Insulin glargin haben im Gegensatz zum Insulin-Isophan keinen erkennbaren Wirkungsgipfel und bieten eine gleichmäßige Basalwirkung über 24 Stunden. Insulin Degludec (ein weitereres lang wirkendes Insulin) hat eine noch längere Wirkungsdauer von über 40 h. Es wird täglich dosiert, und obwohl es 3 Tage dauert, um einen stabilen Zustand zu erreichen, ist der Zeitpunkt der Dosierung weniger starr.

Kombinationen von Insulin-Isophan und normalem Insulin sowie von Insulin lispro und lispro protamin (eine Form von lispro, die so modifiziert wurde, dass sie wie Insulin-Isophan wirkt) sind als Fertigpräparate im Handel erhältlich (siehe Tabelle Wirkungsbeginn, Wirkungsgipfel und Wirkungsdauer von Humaninsulinpräparaten). Andere vorgemischte Formulierungen umfassen Aspart Protamin (eine Form von Aspart, die so modifiziert ist, dass sie wie Insulin-Isophan wirkt) mit Insulin-Aspart und einer Formulierung aus vorgemischtem Degludec und Aspart.

Verschiedene Insuline können für eine Injektion in derselben Spritze aufgezogen werden, aber sollten außer durch einen professionellen Hersteller nicht in den Flaschen gemixt und gelagert werden. Gelegentlich kann eine Mischung von Insulinen die Insulin absorption beeinflussen und so die Effektivität verändern, was die Blutzuckerkontrolle nur schwer vorhersehbar macht. Dies tritt besonders dann auf, wenn die Insuline> 1 Stunde vor der Verwendung vermischt werden. Insulin glargin sollte niemals mit einem anderen Insulin vermischt werden.

Als Alternative zu der konventionellen Methode mit Spritze und Ampullen gibt es eine ganze Reihe vorgefüllter Insulinpens. Insulin pens können komfortabler in der aushäusigen Anwendung sein und sind bei Patienten mit Sehstörungen und eingeschränkter manueller Geschicklichkeit von Vorteil. Selbstinjektionssysteme mit Federzug (für den Gebrauch mit einer Spritze) können bei Patienten mit Spritzenangst hilfreich sein. Für Patienten mit schlechtem Visus gibt es Vergrößerungsgläser für Spritzen. "Smarte" oder "vernetzte"Insulin-Pens und Pen Kappen kommunizieren mit einer Smartphone-Anwendung, um verabreichtes Insulin zu verfolgen und Dosierungsempfehlungen zu geben.

Insulinpumpen

Lispro oder Aspart kann auch über eine Insulin-Pumpe kontinuierlich verabreich werden (1). Bei Menschen mit Insulin-Resistenz wird manchmal eine höhere Konzentration von U500 verwendet. Eine Insulinpumpe, über die kontinuierlich subkutan Insulin abgegeben wird, kann die vielen Injektionen im Lauf des Tages unnötig machen, eine hohe Flexibilität bezüglich der Zeit der Nahrungsaufnahme gewährleisten und die Schwankungen des Blutglukosespiegels deutlich reduzieren. Nachteile sind die Kosten, technische Fehler, die zur Unterbrechung der Insulinzufuhr führen, und die Unannehmlichkeit, ein externes Gerät mit sich zu führen. Häufige und peinlich genaue Selbstkontrollen und hohe Aufmerksamkeit bezüglich der Pumpenfunktion sind für eine sichere und effektive Anwendung einer solchen Insulinpumpe notwendig.

Sensor-verstärkte Pumpentherapie ist die Verwendung von kontinuierliche Glukoseüberwachung (CGM) in Verbindung mit einem Insulin Pumpe. Es gibt mehrere Systeme, bei denen die Daten des Glukosesensors an eine Insulin-Pumpe übermittelt werden und ein Algorithmus die Insulin-Zufuhr über die Pumpe anpasst. Systeme mit Algorithmen zur Unterbrechung der Glukosezufuhr können die Abgabe von Insulin unterbrechen, wenn der Sensor feststellt, dass der Blutzuckerspiegel niedrig ist oder ein niedriger Wert vorhergesagt wird.

Hybride Insulin-Verabreichungssysteme mit geschlossenem Regelkreis oder automatisierte Insulin-Verabreichungssysteme (AID) sind komplexere Systeme, bei denen ein Algorithmus die Basaldosis von Insulin auf der Grundlage von CGM-Sensoreingaben berechnet und anpasst, die dann von der angeschlossenen Insulin-Pumpe abgegeben wird (2).

Die verfügbaren Systeme erfordern nach wie vor Benutzereingaben für die Verabreichung von Bolusdosen zu den Mahlzeiten. Es werden mehrere "vollständig geschlossene" Systeme untersucht, bei denen die Pumpe automatisch sowohl die Basal- als auch die Bolusdosis Insulin berechnet, ohne dass der Anwender etwas dazu beitragen muss. Kürzlich wurde ein neues geschlossenes System entwickelt, das auf der Ankündigung von Mahlzeiten und nicht auf dem Zählen von Kohlenhydraten beruht.

Komplikationen der Insulinbehandlung

Die häufigste Komplikation ist

Zu den ungebräuchlichen Komplikationen gehören

  • Hypokaliämie

  • Lokale allergische Reaktionen

  • Generalisierte allergische Reaktionen

  • Lokale Fettatrophie oder Hypertrophie

  • Zirkulierende Anti-Insulin-Antikörper

Hypoglykämie ist die häufigste Komplikation einer Insulintherapie und tritt häufiger auf, wenn die Patienten versuchen, eine strenge Blutzuckerkontrolle zu erreichen und sich einer annähernden Normoglykämie nähern oder wenn der Blutzucker nicht angemessen überwacht wird. Die Symptome einer geringen bis moderaten Hypoglykämie sind Kopfschmerzen, Schwitzen, Palpitationen, Schwindel, verschwommenes Sehen, Agitation und Verwirrung. Symptome einer schwereren Hypoglykämie sind Krampfanfälle und Bewusstseinsverlust. Bei älteren Patienten kann eine Hypoglykämie schlaganfallähnliche Symptome wie Aphasie oder eine Hemiparese auslösen. Außerdem erhöht eine Hypoglykämie das Risiko für das Auftreten eines Schlaganfalls, eines Myokardinfarkts oder eines plötzlichen Herztods.

Die Patienten sollten lernen, die Symptome einer Hypoglykämie zu erkennen. Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus, deren Krankheit schon sehr lange besteht, können unter Umständen die Symptome einer Hypoglykämie gar nicht mehr wahrnehmen, da sie keine vegetativen Symptome mehr bemerken.

Bei Patienten, die mit Insulin oder glukosesenkenden Medikamenten (z. B. Sulfonylharnstoffe) behandelt werden, gilt ein Blutzuckerspiegel < 70 mg/dl (< 3,9 mmol/l) als Hypoglykämie und sollte behandelt werden, um eine weitere Abnahme des Glukosespiegels und die Folgen einer Hypoglykämie zu vermeiden. Die Symptome einer Hypoglykämie reagieren in der Regel rasch auf die Einnahme von Zucker.

Eine Hypoglykämie wird mit der Verabreichung einer Zuckerform (orale Glukose oder Saccharose oder intravenöser Traubenzucker) und/oder Glukagon oder Dasiglukagon behandelt. Patienten, bei denen das Risiko einer Hypoglykämie besteht, sollten zu Hause und an anderen Orten Glucagon oder Dasiglucagon vorrätig haben, und Haushaltsmitglieder und Vertrauenspersonen sollten über das Management von hypoglykämischen Notfällen unterrichtet werden.

Eine Hyperglykämie kann durch eine zu hohe Insulin Dosis vor dem Schlafengehen verursacht werden, die den Glukosespiegel nach unten treibt und eine Gegenreaktion auslöst, die zu einer morgendlichen Hyperglykämie führt (Somogyi-Phänomen). Ein häufigerer Grund morgendlicher Hyperglykämien ist der nächtliche Anstieg der Wachstumshormonkonzentration. In diesem Fall sollte die Abenddosis des verabreichten Insulins erhöht, auf eine länger wirksame Präparation umgestellt oder später gegeben werden.

Eine Hypokalämie kann durch intrazelluläre Verschiebung von Kalium (aufgrund einer insulininduzierten Stimulation der Natrium-Kalium-Pumpe) auftreten, ist aber eher ungewöhnlich. Eine Hypokalämie tritt häufiger in der Akutversorgung auf, wenn die körpereigenen Kaliumvorräte erschöpft sein können und Insulin intravenös verabreicht wird.

Lokale allergische Reaktionen an der Stelle der Insulininjektion sind selten, besonders seit der überwiegenden Verwendung von Humaninsulin. Dennoch treten sie gelegentlich bei Patienten mit einer Latexallergie auf, da die Gummiverschlusspfropfen der Ampullen oft Latex enthalten. Typisch sind sofort einsetzender Schmerz oder Brennen, gefolgt von einem Erythem, Pruritus und einer Induration, wobei die letzteren Symptome über Tage hinweg anhalten können. Die meisten Reaktionen verschwinden nach Wochen der fortgesetzten Injektionen und benötigen keine spezielle Therapie. Die Gabe von Antihistaminika kann die Symptome lindern.

Eine generalisierte allergische Reaktion ist bei Verwendung von HumanInsulin äußerst selten, kann aber auftreten, wenn die Insulintherapie nach einer Unterbrechung wieder begonnen wird. Die Symptome entwickeln sich 30 min bis 2 h nach der Injektion und bestehen aus einer Urtikaria, einem Angioödem, Pruritus, Bronchospasmus und einer Anaphylaxie. Eine Behandlung mit Antihistaminika ist meistens ausreichend, aber es gibt auch Fälle, in denen Adrenalin und Glukokortikoide IV verabreicht werden müssen. Wenn nach einer generalisierten allergischen Reaktion eine Insulintherapie fortgesetzt werden muss, sollte eine Hauttestung mit einer Reihe gereinigter Insulinpräparationen durchgeführt werden. Auch eine Desensibilisierung kann erwogen werden.

Die lokale Fetthypertrophie oder Lipohypertrophie ist eine häufige Reaktion, die durch die lipogene Wirkung des Insulins verursacht wird. Lipohypertrophie kann zu Schwankungen bei der Absorption von Insulin führen und kann durch Rotation der Injektionsstellen vermieden werden.

Man nimmt an, dass die Lipoatrophie, ein Verlust von subkutanem Fettgewebe, auf eine Immunreaktion auf einen Bestandteil des Insulin-Präparats zurückzuführen ist. Sie ist durch die Verwendung von humanen Insulinen sehr selten geworden und kann mit Kortikosteroiden behandelt werden.

Zirkulierende Anti-Insulin-Antikörper sind eine sehr seltene Ursache für eine Insulinresistenz bei Patienten, die tierisches Insulin einnehmen, und manchmal auch bei Patienten, die Human- und Analoginsuline erhalten. Eine Insulin-Resistenz, die auf zirkulierende Anti-Insulin-Antikörper zurückzuführen ist, kann manchmal durch den Wechsel von Insulin-Präparaten (z. B. von tierischem zu menschlichem Insulin) und durch die Verabreichung von Kortikosteroiden oder Immunsuppressiva sowie gegebenenfalls Plasmapherese behandelt werden.

Insulintherapiepläne bei Diabetes-Typ-1

Die Therapiepläne bei Diabetes-Typ-1 variieren von einer 2-mal täglich applizierten konventionellen Insulintherapie (z. B. getrennte Gabe von kurz- und schnellwirkenden und Intermediär-/Langzeit-Insulinen) bis zum physiologischeren Basis-Bolus-Prinzip. Dieses sind Behandlungspläne, bei denen z. B. eine einzelne, feste (basale) Dosis eines langwirksamen Insulins und variable Bolusgaben eines schnell wirkenden Insulins zu den Mahlzeiten injiziert werden oder eine Insulinpumpe verwendet wird.

Eine intensive Behandlung, definiert als Glukoseüberwachung 4 Mal pro Tag und 3 Injektionen pro Tag oder kontinuierliche Insulin-Infusion, ist wirksamer als eine herkömmliche Behandlung (1 bis 2 Insulin-Injektionen pro Tag mit oder ohne Überwachung) zur Verhinderung vondiabetischer Retinopathie, Nephropathie und Neuropathie. Eine intensive Therapie kann jedoch zu häufigeren Episoden von Hypoglykämie und Gewichtszunahme führen und ist effektiver bei Patienten, die in der Lage und bereit sind, eine aktive Rolle in ihrer Selbstversorgung zu übernehmen.

Im Allgemeinen können die meisten Typ-1-Diabetes mellitus mit einer Gesamtdosis von 0,2–0,8 Einheiten Insulin/kg/Tag starten. Übergewichtige Patienten können höhere Dosen benötigen. Eine physiologische Substitution bedeutet, dass 40–60% der täglichen Insulindosis als intermediäres oder langwirkendes Insulin zur Deckung des basalen Bedarfs verabreicht werden. Der Rest wird in Form von schnell- oder kurzwirkenden Präparationen gegeben, um postprandial ansteigende Blutzuckerwerte abzufangen. Dieser Ansatz ist am effektivsten, wenn die Dosis von schnell oder kurzwirksamen Insulin auf den präprandialen Blutzuckerspiegel und den zu erwartenden Mahlzeitengehalt eingestellt wird.

Ein Korrekturfaktor, auch bekannt als der Insulin-Empfindlichkeitsfaktor, ist die Menge, die mit 1 Einheit von Insulin den Blutzuckerspiegel eines Patienten über 2 bis 4 Stunden senkt. Dieser Faktor wird häufig unter Verwendung der "1800-Regel" berechnet, wenn schnell wirkendes Insulin zur Korrektur verwendet wird (1800/Gesamttagesdosis von Insulin). Für reguläres Insulin kann eine "1500 Regel" verwendet werden. Eine Korrekturdosis (aktueller Glukosespiegel - Zielglukosespiegel/Korrekturfaktor) ist die Dosis von Insulin die den Blutzuckerspiegel in den Zielbereich senkt. Diese Korrekturdosis kann zu der prandialen Insulin-Dosis hinzugefügt werde, die für die Anzahl der Kohlenhydrate in einer Mahlzeit berechnet wird, unter Verwendung des Kohlenhydrate-zu-Insulin-Verhältnisses (CIR). Die CIR wird oft anhand der "500-Regel" (500/Tagesgesamtdosis) berechnet.

Nehmen Sie Folgendes an, um die Berechnung einer Mittagsdosis zu veranschaulichen:

  • Präprandiale Fingerkuppen-Glukose: 240 mg/dl (13,3 mmol/l)

  • Gesamttagesdosis Insulin: 30 Einheiten Basalinsulin + 10 Einheiten Bolusinsulin pro Mahlzeit = 60 Einheiten insgesamt, täglich

  • Korrekturfaktor (Insulin Empfindlichkeitsfaktor): 1800/60 = 30 mg/dl/Einheit (1,7 mEq/l/Einheit, oder 1,7 mmol/l)

  • Geschätzter Kohlenhydratgehalt der nächsten Mahlzeit: 50 g

  • Kohlenhydrat:Insulin Verhältnis (CIR): 500/60 = 8:1

  • Zielglukose: 120 mg/dl (6,7 mmol/l)

Prandiale Insulin-Dosis = 50 g Kohlenhydrate dividiert durch 8 g/Einheit Insulin = 6 Einheiten

Korrekturdosis = (240 mg/dl - 120 mg/dl)/30 Korrekturfaktor = 4 Einheiten ([13,3 mmol/l - 6,7 mmol/l]/1,7 = 4)

Gesamtdosis vor dieser Mahlzeit = Prandialdosis + Korrekturdosis = 6 + 4 = 10 Einheiten schnell wirkendes Insulin

Ein solches physiologisches Behandlungsschema erlaubt eine größere Freiheit hinsichtlich des Lebensstils, da es den Patienten das Verschieben oder Überspringen einer Mahlzeit bei erhaltener Normoglykämie ermöglicht. Diese Empfehlungen sind für die Einleitung der Therapie; danach hängt die Wahl der Therapien in der Regel von der physiologischen Reaktion und den Präferenzen des Patienten und des Arztes ab. Das Kohlenhydrat-zu-Insulin-Verhältnis (KIV) und Sensitivitätsfaktoren müssen abgestimmt und entsprechend der Reaktion des Patienten auf die Insulin-Dosen verändert werden. Diese Anpassung erfordert eine enge Zusammenarbeit mit einem Diabetesspezialisten.

Insulintherapiepläne bei Diabetes-Typ-2

Auch für den Diabetes-mellitus-Typ-2 gibt es verschiedene Behandlungspläne. Bei vielen Patienten lässt sich der Blutzuckerspiegel mit einer Änderung der Lebensweise und nicht-Insulin-haltigen Antihyperglykämika ausreichend kontrollieren. Insulin sollte jedoch zugesetzt werden, wenn der Blutzucker durch 3 Medikamente nicht ausreichend kontrolliert werden kann, wenn der Verdacht auf Insulinmangel besteht oder wenn der Blutzuckerspiegel sehr hoch ist. Altersdiabetes Typ-1, obwohl selten, kann die Ursache sein. In den meisten Fällen sollten bei Frauen, die schwanger werden, nicht-Insulin-haltige Antihyperglykämie-Medikamente anstelle von Insulin verwendet werden.

Die Belege für den Nutzen einer Kombinationstherapie sind am überzeugendsten für die Verwendung von Insulin in Kombination mit oralen Biguaniden und Insulinsensitizern. Die Therapiepläne reichen von der täglichen Einmalinjektion eines lang- oder intermediär wirkenden Insulins (normalerweise zur Nacht) bis zum Konzept der multiplen Injektionen, wie es auch bei Typ-1-Diabetikern angewendet wird. Es gilt, das einfachste und zugleich effektivste Schema zu finden. Aufgrund einer Insulinresistenz brauchen einige Typ-2-Diabetiker sehr hohe Insulindosen (> 2 Einheiten/kg am Tag). Eine sehr häufige Komplikation ist die Gewichtszunahme.

Literatur zu Insulin

  1. 1. Kravarusic J, Aleppo G: Diabetes Technology Use in Adults with Type 1 and Type 2 Diabetes. Endocrinol Metab Clin North Am 49(1):37–55, 2020. doi: 10.1016/j.ecl.2019.10.006

  2. 2. Renard E. Automated insulin delivery systems: from early research to routine care of type 1 diabetes. Acta Diabetol 2023;60(2):151-161. doi:10.1007/s00592-022-01929-5

  3. 3. Grunberger G, Sherr J, Allende M, et al. American Association of Clinical Endocrinology Clinical Practice Guideline: The Use of Advanced Technology in the Management of Persons With Diabetes Mellitus. Endocr Pract 2021;27(6):505-537. doi:10.1016/j.eprac.2021.04.008

Orale Antihyperglykämika

Orale Antihyperglykämika (siehe Tabelle Charakteristika oraler Antihyperglykämika) sind neben injizierbaren Glukagon-ähnlichen Peptid-1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten eine Hauptstütze der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2. Orale antihyperglykämische Medikamente können

  • die pankreatische Insulinsekretion verbessern (sekretionsanregende Wirkung)

  • Sensibilisierung von peripheren Geweben an insulin (Sensibilisatoren)

  • die gastrointestinale Absorption von Glukose hemmen

  • erhöhte Glykosurie

Medikamente mit verschiedenen Wirkmechanismen können synergetisch wirken.

Tabelle

(Siehe unten für Informationen über Glukagon-ähnliche Peptid-1 [GLP-1]-Rezeptor-Agonisten.)

Sulfonylharnstoffe

Sulfonylharnstoffe (z. B. Glyburid, Glipizid, Glimeprid) sind Insulin-Sekretagoga. Sie senken die Blutzuckerwerte durch eine glukoseabhängige Stimulierung der Insulin sekretion der pankreatischen Beta-Zellen und können in einem zweiten Schritt durch eine verminderte Glukosetoxizität die periphere und hepatische Insulinsensitivität verbessern. Die Sulfonylharnstoffe der ersten Generation (Acetohexamid, Chlorpropamid, Tolazamid, Tolbutamid) haben ein höheres Risiko für unerwünschte Wirkungen und werden nur selten eingesetzt. Alle Sulfonylharnstoffe fördern eine Hyperinsulinämie und führen zu einer Gewichtszunahme von 2 bis 5 kg, was im Lauf der Zeit eine Insulinresistenz fördert und den Nutzen der Therapie einschränkt. Alle können zu einer Hypoglykämie führen. Die Risikofaktoren hierfür sind ein Alter > 65 Jahre, Verwendung langwirkender Medikamente (besonders Chlorpropamid, Glyburid, Glipizide), unregelmäßige Nahrungsaufnahme und körperliche Anstrengung sowie Nieren- und Leberinsuffizienz.

Eine Hypoglykämie, verursacht durch langwirksame Medikamente, kann nach Absetzen der Medikation über Tage anhalten, in Einzelfällen bleibende neurologische Schäden hervorrufen oder auch tödlich enden. Deshalb veranlassen manche Ärzte bei hypoglykämischen Patienten, insbesondere bei älteren Menschen, eine stationäre Aufnahme. Chlorpropamid kann auch das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion hervorrufen. Die meisten Patienten, die nur Sulfonylharnstoffe einnehmen, benötigen im Lauf der Zeit zusätzliche Medikamente, um eine Normoglykämie zu erreichen, vermutlich weil Sulfonylharnstoffe zur Erschöpfung der Beta-Zell-Funktion führen. Die Verschlechterung der Sekretion von Insulin und der Resistenz von Insulin ist wahrscheinlich eher ein Merkmal von Diabetes mellitus selbst als von Medikamenten, die zu seiner Behandlung eingesetzt werden.

Kurz wirkende Insulin-Sekretagoga

Kurz wirkende Insulinsekretagoga (Repaglinid, Nateglinid) stimulieren die Insulinsekretion ähnlich wie Sulfonylharnstoffe. Ihr Wirkeintritt ist schneller und sie stimulieren die Insulinsekretion mehr während der Mahlzeiten als in der übrigen Zeit. Scheinbar sind sie dadurch effektiver in der Reduktion der postprandialen Blutzuckerspitzen. Eine Hypoglykämie tritt seltener auf. Es kann zu einer gewissen Gewichtszunahme kommen, wenn auch anscheinend weniger als bei Sulfonylharnstoffen. Es ist unwahrscheinlich, dass Patienten, die auf andere orale Medikamente (z. B. Sulfonylharnstoffe, Metformin) nicht ansprechen, erfolgreich mit Repaglinid oder Nateglinid behandelt werden können.

Biguanide

Biguanide (Metformin) senken die Blutzuckerwerte durch eine Verminderung der hepatischen Glukoseproduktion (Glukoneogenese und Glykogenolyse). Sie gehören zur Gruppe der peripheren Insulinsensitizer, aber die Stimulation der peripheren Glukoseaufnahme kann auch einfach nur das Ergebnis der Glukosereduktion aufgrund der hepatischen Effekte sein. Biguanide senken auch die Lipidwerte und können auch die gastrointestinale Nährstoffaufnahme verringern und die Sensitivität der Betazellen für zirkulierende Glukose erhöhen. Metformin ist das einzige Biguanid, das in den USA im Handel erhältlich ist. Es ist bezüglich der Senkung der Blutzuckerwerte mindestens so effektiv wie Sulfonylharnstoffe, verursacht keine Hypoglykämien bei Monotherapie und ist relativ sicher in der Kombination mit anderen Medikamenten und mit Insulin. Außerdem verursacht Metformin keine Gewichtszunahme, sondern unterstützt durch seine appetitzügelnde Wirkung eher einen Gewichtsverlust. Allerdings treten häufig Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt auf (z. B. Dyspepsie, Diarrhö), die bei den meisten Patienten im Lauf der Zeit aber wieder verschwinden. Weitaus seltener verursacht Metformin eine Vitamin-B12-Malabsorption, wobei eine klinisch bedeutsame Anämie eine Rarität ist. Das Auftreten lebensbedrohlicher Laktazidosen unter Metformintherapie wird kontrovers diskutiert.

Der Beitrag von Metformin zur lebensbedrohlichen Laktatazidose ist sehr selten, aber das Medikament ist kontraindiziert bei Patienten mit einem Risiko für Azidämie (einschließlich Patienten mit signifikanter Niereninsuffizienz, Hypoxie oder schwerer Atemwegserkrankung, Alkoholkonsumstörung, anderen Formen der metabolischen Azidose oder Dehydratation). Metformin sollte 2 Tage vor chirurgischen Eingriffen, der IV Gabe von Kontrastmittel oder bei schweren Erkrankungen abgesetzt werden. Viele Patienten, die eine Metforminmonotherapie erhalten, brauchen im Lauf der Zeit ein zusätzliches Medikament.

Thiazolidindione

Thiazolidinedione (TZD-ioglitazon, Rosiglitazon) wirken der peripheren Insulinresistenz (Insulinsensitizer) entgegen. Die Medikamente binden an einen Rezeptor, der vor allem in den Zellkernen von Fettzellen vorkommt (peroxisome-proliferator-activated receptor-gamma [PPAR-γ]) und bei der Transkription von Genen, die den Glukose- und Lipidstoffwechsel regulieren, eine Rolle spielt. TZD erhöhen die High-Density-Lipoprotein-Spiegel, senken die Triglyzeride und haben möglicherweise antiinflammatorische und antiarteriosklerotische Effekte. TZD sind genauso effektiv wie Sulfonylharnstoff und Metformin bei der Reduzierung der HbA1C-Werte. TZD können bei der Behandlung von hilfreich sein metabolische assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD; früher nichtalkoholische Fettlebererkrankung [NAFLD]).

Obwohl ein TZD (Troglitazon) zu akutem Leberversagen geführt hat, haben die derzeit verfügbaren Medikamente keine hepatotoxische Wirkung nachgewiesen. Dennoch wird eine regelmäßige Überwachung der Leberfunktion empfohlen. TZD können periphere Ödeme verursachen, insbesondere bei Patienten, die Insulin spritzen. Ebenso verschlechtern sie bei prädisponierten Patienten eine Herzinsuffizienz. Eine Gewichtszunahme durch Flüssigkeitsverhalt und eine Zunahme des Fettgewebes ist häufig und kann bei manchen Patienten beträchtlich (> 10 kg) sein. Rosiglitazon erhöhen Risiko von Herzinsuffizienz, Angina, Myokardinfarkt, Schlaganfall und Fraktur. Pioglitazon kann das Risiko von Blasenkrebs (obwohl die Daten widersprüchlich sind), Herzinsuffizienz und Frakturen.

Alpha-Glucosidase-Inhibitoren

Alpha-Glukosidaseinhibitoren (Acarbose, Miglitol) hemmen kompetitiv intestinale Enzyme, die mit der Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate hydrolysieren; Kohlenhydrate werden langsamer verdaut und absorbiert, was die postprandialen Blutzuckerwerte absenkt. Alpha-Glucosidase-Inhibitoren sind hinsichtlich einer Reduzierung der Blutglukosespiegel weniger wirksam als andere orale Medikamente, und Patienten beenden die Therapie häufig wegen des Auftretens von Dyspepsie, Flatulenz und Diarrhö. Aber die Medikamente sind ansonsten sicher und können in Kombination mit allen anderen oralen Antihyperglykämika und mit Insulin verwendet werden.

Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren

Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren (z. B. Algoliptin, Saxagliptin, Sitagliptin) verlängern die Wirkung von endogenem Glukagon-ähnlichem Peptid-1 (GLP-1) durch die Hemmung des Enzyms Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4), die die Entschlüsselung von GLP-1 umfasst. GLP-1 ist ein im Dünndarm gebildetes Peptid, das die Insulinsekretion stimuliert und die Glucagon-Sekretion hemmt; eine Verlängerung seiner Wirkung senkt dadurch den Plasmaglukosegehalt. Das Risiko für eine Pankreatitis mit DPP-4-Inhibitoren steigt leicht an, ansonsten gelten sie als sicher und gut verträglich. Die Hämoglobin A1C-Abnahme ist mit DPP-4-Inhibitoren mäßig.

Natrium-Glukose-Co-Transporter 2-Hemmer

Natrium-Glukose-Co-Transporter 2 (SGLT2)-Inhibitoren (Bexagliflozin, Canagliflozin, Dapagliflozin, Empagliflozin, Ertugiflozin) hemmen SGLT2 im proximalen Tubulus der Niere, wodurch die Glukoserückresorption blockiert wird, was zu Glykosurie führt und den Plasmaglukosespiegel senkt. SGLT2-Hemmer können auch zu einer leichten Gewichtsabnahme und Blutdrucksenkung führen. SGLT-2-Inhibitoren senken die Sterblichkeitsrate, schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse und Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Darüber hinaus verhindern SGLT-2-Inhibitoren das Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung bei Patienten mit Diabetes und verminderter glomerulärer Filtrationsrate oder Albuminurie.

Die häufigsten schädlichen Wirkungen sind Urogenitalinfektionen, insbesondere mykotische Infektionen. Auch orthostatische Symptome können auftreten. SGLT-2-Hemmer können bei Patienten sowohl mit Typ-1- als auch mit Typ-2-Diabetes eine diabetische Ketoazidose (DKA) auslösen, und die Ketoazidose kann bereits bei niedrigeren Blutzuckerwerten als bei anderen Ursachen der DKA auftreten. Die Diagnose einer durch SGLT-2-Inhibitoren verursachten euglykämischen DKA wird aufgrund der niedrigen Blutzuckerwerte oft erst spät gestellt. Eine große Studie zeigte eine Zunahme von Amputationen der unteren Gliedmaßen unter Canagliflozin (1).

Dopamin-Agonisten

Bromocriptin ist ein Dopaminagonist, der Hämoglobin A1C über einen unbekannten Mechanismus um etwa 0,5% absenkt. Obwohl es für Typ-2-Diabetes zugelassen ist, wird es in der Regel wegen seiner möglichen adversen Wirkungen nicht eingesetzt.

Orale antihyperglykämische Medikamente Referenz

  1. 1. Neal B, Perkovic V, Mahaffey KW, et al. Canagliflozin and Cardiovascular and Renal Events in Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2017;377(7):644-657. doi:10.1056/NEJMoa1611925

Injizierbare antihyperglykämische Medikamente

Andere injizierbare antihyperglykämische Medikamente als Insulin sind die Glukagon-ähnlichen Peptid-1 (GLP-1)-Rezeptor-Agonisten, duales Glukose-abhängiges insulinotropes Polypeptid (GIP) und Glucagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1) -Rezeptoragonist (duale Inkretinagonisten), und das Amylin-Analogon Pramlintid (siehe Tabelle Eigenschaften injizierbarer noninsulärer antihyperglykämischer Substanzen). Diese Medikamente werden allein oder in Kombination mit anderen Antihyperglykämika eingesetzt.

Glukagon-ähnliche Peptid-1 (GLP-1) Rezeptor-Agonisten

LP-1-Rezeptor-Agonisten ahmen die Wirkung von GLP-1 nach, einem Peptid, das im Dünndarm gebildet wird und die glukoseabhängige Insulin-Sekretion steigert und die Magenentleerung verlangsamt. GLP-1-Agonisten kann auch den Appetit verringern und so eine Gewichtsabnahme fördern und die Beta-Zell-Verbreitung unterstützen. Beispiele sind Exenatid (ein Inkretinhormon), Lixisenatid, Liraglutid, Dulaglutid, Albiglutid und Semaglutid. Formulierungen sind für die Dosierung zweimal/Tag, einmal/Tag und wöchentlich verfügbar. Alle GLP-1-Agonisten werden als subkutane Injektionen verabreicht, Semaglutid ist auch in oraler Form erhältlich.

Die häufigsten Nebenwirkungen von GLP-1-Agonisten sind Magen-Darm-Beschwerden, insbesondere Übelkeit und Erbrechen. GLP-1-Agonisten verursachen auch eine leichte Erhöhung des Risikos von Pankreatitis. Sie sind bei Patienten mit einer persönlichen oder familiären Vorgeschichte von medullärerm Schilddrüsenkrebs kontraindiziert, weil ein erhöhtes Risiko für diesen Krebs bei getesteten Nagetieren aufgetreten ist.

Duale Inkretin-Agonisten (glukoseabhängiges insulinotropes Polypeptid (GIP)/Glucagon-ähnliche Peptid-1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten)

Tirzepatid, ein GIP/GLP1-Rezeptor-Agonist, ist für die Behandlung von Typ-2-Diabetes erhältlich. Es ist ein Peptid, das als Rezeptoragonist für die GIP- und GLP1-Rezeptoren wirkt. GIP und GLP-1 sind Inkretine, die im Dünndarm produziert werden. Tirzepatid erhöht die glukoseabhängige Insulinsekretion, verringert die Glukagonsekretion und verlangsamt die Magenentleerung. Es verringert auch den Appetit und induziert Gewichtsverlust.

Tabelle

Amylinanalogon

Das Amylin-Analogen Pramlintide ahmt Amylin nach, ein pankreatisches Beta-Zell-Hormon, das bei der Regelung des postprandialen Blutzuckerspiegels hilft. Pramlintide unterdrückt die postprandiale Sekretion von Glukagon, verlangsamt die Magenentleerung und fördert das Sättigungsgefühl. Es wird injiziert und wird in Kombination mit Insulin zu den Mahlzeiten gegeben. Typ-1-Diabetes erhalten 30–60 mcg subkutan vor einer Mahlzeit, und Typ-2-Diabetes 120 mcg.

Disease-Modifying Medications for Diabetes

Teplizumab, ein anti-CD3 monoklonaler Antikörper, ist ein krankheitsmodifizierendes Medikament für Typ-1-Diabetes. Es verzögert den klinischen Typ-1-Diabetes bei gefährdeten Personen. Es wird nur bei Patienten mit bestätigtem Typ-1-Diabetes im Stadium 2 (Dysglykämie ohne offensichtliche Symptome einer Hyperglykämie und mindestens zwei positive Autoantikörper für Typ-1-Diabetes) eingesetzt. Es wird 14 Tage lang täglich als intravenöse Infusion verabreicht und verzögert nachweislich das Auftreten von symptomatischem Typ-1-Diabetes um durchschnittlich 2 Jahre (1, 2). Zu den unerwünschten Wirkungen gehört das Zytokinfreisetzungssyndrom, das sich durch Fieber, Übelkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Myalgie, Arthralgie und erhöhte Leberenzyme äußert. Andere schwere Nebenwirkungen sind Lymphopenie und Überempfindlichkeit.

Hinweise auf krankheitsmodifizierende Medikamente

  1. 1. Herold KC, Bundy BN, Long SA, et al. An Anti-CD3 Antibody, Teplizumab, in Relatives at Risk for Type 1 Diabetes [published correction appears in N Engl J Med 2020 Feb 6;382(6):586]. N Engl J Med 2019;381(7):603-613. doi:10.1056/NEJMoa1902226

  2. 2. Sims EK, Bundy BN, Stier K, et al. Teplizumab improves and stabilizes beta cell function in antibody-positive high-risk individuals. Sci Transl Med 2021;13(583):eabc8980. doi:10.1126/scitranslmed.abc8980

Begleitmedikamente für Diabetes

Pharmakologische Maßnahmen zur Vorbeugung oder Behandlung von Diabetes mellitus (1, 2, 3) sind kritisch.

  • Angiotensin-konvertierendes Enzym-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker

  • Aspirin

  • Statine

ACE-Hemmer oder ARBs sind indiziert für Patienten mit frühen Anzeichen von diabetischer Nephropathie (Albuminurie), auch ohne Bluthochdruck, und sind eine gute Wahl zur Behandlung von Bluthochdruck bei Patienten mit Diabetes mellitus, die noch keine Niereninsuffizienz gezeigt haben.

ACE-Hemmer verhindern kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit Diabetes mellitus. Die Behandlung mit einem ACE-Hemmer oder ARB wird bei Patienten mit bekannter atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung (ASCVD) zur Sekundärprävention empfohlen.

Acetylsalicylsäure in einer Dosierung von 81 bis zu 325 mg einmal täglich wirkt kardiovaskulär protektiv. Aspirin wird zur Sekundärprävention bei Patienten mit einer atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankung (ASCVD) in der Vorgeschichte empfohlen. Der Nutzen von Aspirin bei Patienten ohne etablierte kardiovaskuläre Erkrankung (d.h. zur Primärprävention) ist weniger eindeutig. Aspirin könnte zur Primärprävention bei Patienten mit Diabetes in Betracht gezogen werden, die ≥ 50 Jahre alt sind und mindestens einen zusätzlichen Risikofaktor für ASCVD aufweisen und kein erhöhtes Blutungsrisiko haben. Bei Patienten > 70 Jahre kann das Blutungsrisiko den Nutzen der Primärprävention überwiegen.

Statine werden für alle Patienten mit Diabetes im Alter von 40 bis 75 Jahren empfohlen (3). Die Behandlung erfolgt mit mäßiger bis hoher Intensität, und für Patienten mit einem höheren ASCVD-Risiko wird ein hochdosiertes Statin (Atorvastatin, Rosuvastatin) empfohlen. Bei allen Patienten mit Diabetes und etablierter ASCVD oder sehr hohem ASCVD-Risiko ist es außerdem sinnvoll, einen Low-Density-Lipoprotein (LDL)-Cholesterinspiegel < 70 mg/dL (1,81 mol/L) mit einem maximal verträglichen Statin anzustreben und gegebenenfalls Ezetimib oder einen Proprotein-Convertase-Subtilisin/Kexin-Typ-9 (PCSK-9)-Inhibitor hinzuzufügen. Darüber hinaus sollten Ezetimib oder PCSK-9-Inhibitoren bei Patienten eingesetzt werden, die eine Statintherapie nicht vertragen. (Siehe Tabelle Statine zur ASCVD-Prävention). Für Patienten unter 40 Jahren oder über 75 Jahren werden Statine basierend auf einer individuellen Bewertung des Risiko:Nutzen-Verhältnisses und der Patientenpräferenz verabreicht. Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus haben in der Regel hohe Triglyceridwerte und kleine, dichte LDL-Cholesterinwerte und niedrige HDL-Cholesterinwerte; sie sollten eine aggressive Behandlung erhalten. Die jüngste Empfehlung der American Diabetes Association schlägt einen LDL-Zielwert < 55 mg/dl (1,42 mmol/l) vor (4 ).

Literatur zu Begleitmedikamenten

  1. 1. Fox CS, Golden SH, Anderson C, et al: AHA/ ADA Scientific Statement: Update on prevention of cardiovascular disease in adults with type 2 diabetes mellitus in light of recent evidence. Circulation 132: 691–718, 2015.

  2. 2. Garber AJ, Handelsman Y, Grunberger G, et al: Consensus statement by the American Association of Clinical Endocrinologists and American College of Endocrinology on the comprehensive type 2 diabetes management algorithm--2020 executive summary. Endocrine Practice 26:107–139, 2020.

  3. 3. Grundy SM, Stone NJ, Bailey AL, et al: 2018 AHA/ACC/AACVPR/AAPA/ABC/ACPM/ADA/AGS/APhA/ASPC/NLA/PCNA Guideline on the Management of Blood Cholesterol: Executive Summary: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol 73(24):3168–3209, 2019. doi: 10.1016/j.jacc.2018.11.002

  4. 4. American Diabetes Association: Standards of Medical Care in DiabetesDiabetes Care 46 (Supplement 1): 1-291, 2023.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American Diabetes Association: Standards of Medical Care in Diabetes.Diabetes Care 46 (Supplement 1): 1-291, 2023.

  2. Davies MJ, Aroda VR, Collins BS, et al. Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes, 2022. A Consensus Report by the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetes Care 2022;45(11):2753-2786. doi:10.2337/dci22-0034

  3. Endocrine Society: Clinical Practice Guidelines: provides guidelines on evaluation and management of patients with diabetes as well as links to other information for clinicians

  4. Powers MA, Bardsley JK, Cypress M, et al. Diabetes Self-management Education and Support in Adults With Type 2 Diabetes: A Consensus Report of the American Diabetes Association, the Association of Diabetes Care & Education Specialists, the Academy of Nutrition and Dietetics, the American Academy of Family Physicians, the American Academy of PAs, the American Association of Nurse Practitioners, and the American Pharmacists Association. Diabetes Care 2020;43(7):1636-1649. doi:10.2337/dci20-0023

  5. US Preventive Services Task Force, Mangione CM, Barry MJ, et al: Statin Use for the Primary Prevention of Cardiovascular Disease in Adults: US Preventive Services Task Force Recommendation Statement. JAMA 328(8):746–753, 2022. doi:10.1001/jama.2022.13044