Fibrilläre Glomerulopathie und immunotaktoide Glomerulopathie sind seltene Erkrankungen, die pathologisch durch organisierte Ablagerung von nichtamyloiden, mikrofibrillären oder mikrotubulären Strukturen im renalen Mesangium und der Basalmembran definiert sind.
Fibrilläre und immunotaktoide Glomerulopathien werden in etwa 0,6 % der Nierenbiopsieproben gefunden. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose liegt bei Mitte 50, mit einer leichten weiblichen Prädominanz bei der fibrillären Glomerulopathie, die die häufigere der beiden Formen ist. Die Beziehung zwischen den beiden Erkrankungen ist umstritten; einige Experten sind der Meinung, dass es sich trotz unterschiedlicher klinischer und pathologischer Merkmale um verwandte Erkrankungen handelt (1). Der Pathomechanismus ist unbekannt, wenngleich die Ablagerung von Immunglobulin, insbesondere IgG-Kappa- und -Lambda-Leichtketten und Komplementfaktoren (C3), eine Funktionsstörung des Immunsystems vermuten lässt. Bei den Patienten können begleitende Karzinome, Paraproteinämien, Kryoglobulinämien, Plasmazelldyskrasien, Hepatitis-C-Infektion oder systemischer Lupus erythematodes vorkommen, oder sie haben eine primäre Nierenkrankheit ohne Anhalt für eine systemische Krankheit. Insbesondere wird die Immunotaktoide Glomerulopathie häufig mit chronischer lymphatischer Leukämie und B-Zell-Lymphom assoziiert.
Alle Patienten haben eine Proteinurie, oft im nephrotischen Bereich (≥ 3 g/Tag). Mikroskopische Hämaturie, Hypertonie und chronische Nierenerkrankung können bei der Vorstellung festgestellt werden.
(Siehe auch Übersicht des Nephrotischen Syndroms.)
Allgemeiner Hinweis
1. Rosenstock JL, Markowitz GS, Valeri AM, Sacchi G, Appel GB, D'Agati VD. Fibrillary and immunotactoid glomerulonephritis: Distinct entities with different clinical and pathologic features. Kidney Int 2003;63(4):1450-1461. doi:10.1046/j.1523-1755.2003.00853.x
Diagnose von fibrillären und immunotaktoiden Glomerulopathien
Nierenbiopsie
Die Diagnose ergibt sich aus den Labordaten und wird durch die Nierenbiopsie bestätigt. Wenn ein nephrotisches Syndrom vorliegt, werden Untersuchungen wie bei anderen Fällen von nephrotischem Syndrom durchgeführt.
Der Urinbefund zeigt üblicherweise Kennzeichen des nephritischen Syndroms und des nephrotischen Syndroms.
Das Serumkomplement (C3 und C4) wird in der Regel gemessen und ist gelegentlich erniedrigt.
Die lichtmikroskopische Untersuchung einer Biopsieprobe zeigt eine mesangiale Ausdehnung durch amorphe eosinophile Ablagerungen und eine geringe mesangiale Zellanhäufung. Verschiedene andere Veränderungen können im Lichtmikroskop vorhanden sein (z. B. Halbmondbildung, membranoproliferative Muster). Die Kongorotfärbung auf Amyloid ist negativ. Die Immunfärbung zeigt IgG und C3 und manchmal Kappa- und Lambda- Lichtketten im Bereich der Ablagerungen.
Unter dem Elektronenmikroskop sind glomeruläre Ablagerungen aus extrazellulären, verlängerten, unverzweigten Mikrofibrillen oder Mikrotubuli erkennbar. Bei fibrillärer Glomerulopathie variiert der Durchmesser der Mikrofibrillen und Mikrotubuli von 20 bis 30 nm. Bei immunotaktoider Glomerulopathie variiert der Durchmesser der Mikrofibrillen und Mikrotubuli von 30 bis 50 nm. Im Gegensatz dazu sind bei Amyloidose die Fibrillen 8 bis 12 nm.
Image provided by Agnes Fogo, MD, and the American Journal of Kidney Diseases' Atlas of Renal Pathology (see www.ajkd.org).
Aufgrund des Vorhandenseins von mikrotubulären (im Gegensatz zu kleineren mikrofibrillären) Strukturen in den Ablagerungen unterscheiden einige Experten die immunotaktoide von der fibrillären Glomerulonephritis; andere unterscheiden die beiden Formen anhand einer entsprechenden systemischen Krankheit. Zum Beispiel kann eine lymphoproliferative Störung, monoklonale Gammopathie, Kryoglobulinämie oder systemischer Lupus erythematodes auf eine immunotaktoide Glomerulopathie hindeuten.
Die mesangiale Proliferation deutet auf eine fibrilläre Glomerulopathie hin; die Diagnose erfordert jedoch eine negative Kongorot-Färbung, eine IgG-Färbung durch Immunfluoreszenz und den Nachweis von Fibrillen in der Elektronenmikroskopie (Jones-Silberfärbung, ×400).
Die mesangiale Proliferation deutet auf eine fibrilläre Glomerulopathie hin; die Diagnose erfordert jedoch eine negativ
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Verschmierte IgG-Ablagerung in Mesangium und Kapillarschlingen (Immunfluoreszenzfärbung mit Anti-IgG, ×400).
Verschmierte IgG-Ablagerung in Mesangium und Kapillarschlingen (Immunfluoreszenzfärbung mit Anti-IgG, ×400).
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In der Transmissionselektronenmikroskopie sind zufällig angeordnete Fibrillen in Mesangial- und Kapillarschlingen zu sehen (links). Negative Kongorot-Färbungen sind erforderlich, um eine renale Amyloidose auszuschließen (×25.625). Das rechte Bild zeigt eine High-Power-Ansicht von Fibrillen, die einen gröberen Durchmesser haben als Amyloidablagerungen (×98.000).
In der Transmissionselektronenmikroskopie sind zufällig angeordnete Fibrillen in Mesangial- und Kapillarschlingen zu se
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Behandlung von fibrillären und immunotaktoiden Glomerulopathien
Manchmal Rituximab
Erwägen Sie Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer oder Angiotensin II-Rezeptorblocker (ARB), Kortikosteroide und/oder andere Immunsuppressiva
Die zugrunde liegende Erkrankung sollte, sofern sie identifiziert wird, behandelt werden.
Es gibt gewisse Evidenz für den Einsatz von Rituximab sowohl bei fibrillären als auch bei immunotaktoiden Glomerulopathien (1, 2). ACE-Hemmer und ARB können zur Reduktion der Proteinurie eingesetzt werden. Kortikosteroide wurden ebenfalls verwendet. Die Störung kann nach der Transplantation wieder auftreten.
Literatur zur Behandlung
1. Marinaki S, Tsiakas S, Liapis G, et al. Clinicopathologic features and treatment outcomes of patients with fibrillary glomerulonephritis: A case series. Medicine (Baltimore) 2021;100(20):e26022. doi:10.1097/MD.0000000000026022
2. Javaugue V, Dufour-Nourigat L, Desport E, et al. Results of a nation-wide cohort study suggest favorable long-term outcomes of clone-targeted chemotherapy in immunotactoid glomerulopathy. Kidney Int 2021;99(2):421-430. doi:10.1016/j.kint.2020.06.039
Prognose für fibrilläre und immunotaktoide Glomerulopathien
Die fibrilläre Glomerulopathie führt bei 50% der Patienten innerhalb von 4 Jahren zu einem Nierenversagen, wobei die Ergebnisse bei behandelter immunotaktoider Glomerulopathie wahrscheinlich günstiger sind (1, 2). Ein schnellerer Krankheitsverlauf kann durch das Vorliegen von Hypertonie, Proteinurie im nephrotischen Bereich und einer chronischen Nierenerkrankung bei Erstvorstellung prognostiziert werden.
Literatur zur Prognose
1. Javaugue V, Dufour-Nourigat L, Desport E, et al. Results of a nation-wide cohort study suggest favorable long-term outcomes of clone-targeted chemotherapy in immunotactoid glomerulopathy. Kidney Int 2021;99(2):421-430. doi:10.1016/j.kint.2020.06.039
2. Nasr SH, Valeri AM, Cornell LD, et al. Fibrillary glomerulonephritis: a report of 66 cases from a single institution. Clin J Am Soc Nephrol 2011;6(4):775-784. doi:10.2215/CJN.08300910
