Migräne ist eine chronische episodische primäre Kopfschmerzerkrankung. Die Symptome dauern typischerweise 4–72 h an und können heftig sein. Der Schmerz ist oft einseitig, pulsierend, verschlimmert sich bei Anstrengung und wird von Symptomen wie Übelkeit und Überempfindlichkeit auf Licht, Geräusche oder Gerüche begleitet. Eine Aura tritt bei etwa 25% der Patienten auf, in der Regel kurz vor, manchmal jedoch nach dem Kopfschmerz. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die Behandlung erfolgt mit Triptanen, Dihydroergotamin, Antiemetika und Analgetika. Prophylaktische Behandlungsansätze umfassen Veränderungen des Lebensstils (z. B. der Schlaf- oder Ernährungsgewohnheiten) und Medikamente (z. B. Betaezeptorenblocker, Amitriptylin, Topiramat, Divalproex, monoklonale Antikörpern).
(Siehe auch Untersuchung des Kopfschmerzpatienten.)
Epidemiologie der Migräne
Migräne ist die häufigste Ursache für immer wiederkehrende mittelschwere bis schwere Kopfschmerzen. Die Ein-Jahres-Prävalenz beträgt in den USA bei Frauen 18% und bei Männern 6%. Am häufigsten beginnt die Migräne während der Pubertät oder im jungen Erwachsenenalter und schwankt in Häufigkeit und Schwere während der darauffolgenden Jahre; sie lässt meist nach dem 50. Lebensjahr nach. Studien zeigen eine familiäre Häufung der Migräne.
Auf der Beurteilung von Veteranen des Irak- und Afghanistankonflikts beruhende Evidenz spricht dafür, dass Migräne sich häufig nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma entwickeln kann.
Pathophysiologie der Migräne
Migräne wird als neurovaskuläres Schmerzsyndrom mit veränderter zentraler neuronaler Verarbeitung (Aktivierung der Kerne im Hirnstamm, kortikale Hyperexzitabilität und sich ausbreitende kortikale Dämpfung) mit Beteiligung des trigeminovaskulären Systems (Triggern der Freisetzung von Neuropeptiden, die eine schmerzhafte Entzündung in den Gehirngefäßen und der Dura mater hervorrufen) verstanden.
Viele potenzielle Auslöser wurden für Migräne identifiziert; zu ihnen gehören die folgenden:
Genuss von Rotwein
Auslassen von Mahlzeiten
Übermäßige afferente Stimuli (z. B. Blitzlichter, starke Gerüche)
Wetterwechsel
Schlafmangel
Stress
Hormonelle Faktoren, besonders Menstruation
Bestimmte Lebensmittel
Lebensmittelauslöser variieren von Person zu Person.
Kopftrauma, Nackenschmerzen oder kraniomandibuläre Dysfunktion (Costen-Syndrom) triggern oder exazerbieren manchmal eine Migräne.
Wechselnde Spiegel von Östrogen sind ein starker Migräneauslöser. Bei vielen Frauen beginnt die Migräne mit der Menarche, während der Menstruation (menstruelle Migräne) treten schwere Schmerzattacken auf, und es kann eine Verschlechterung während der Menopause auftreten. Bei den meisten Frauen bildet sich die Migräne während der Schwangerschaft zurück (aber manchmal kommt es zu einer Verschlimmerung während des 1. oder 2. Trimesters), sie verschlechtert sich nach der Geburt, wenn die Östrogenspiegel schnell sinken.
Orale Kontrazeptiva und andere Hormonbehandlungen können mitunter eine Migräne auslösen oder verschlimmern; sie wurden mit Insulten bei Frauen, die Migräne mit einer Aura haben, in Verbindung gebracht.
Die familiäre hemiplegische Migräne, ein seltener Migräne-Subtyp ist mit genetischen Defekten auf den Chromosomen 1, 2 und 19 assoziiert. Die Rolle der Gene bei den häufigsten Migräneformen wird derzeit erforscht. In einigen Familien variiert der Migränephänotyp erheblich, wobei bei einigen Familienmitgliedern vor allem Kopfschmerzen, bei anderen Schwindel und bei wieder anderen eine Halbseitenlähmung oder eine Aura auftreten. Dieser Befund deutet darauf hin, dass es sich bei der Migräne um eine generalisierte Erkrankung und nicht nur um eine Kopfschmerzerkrankung handelt.
Symptome und Anzeichen von Migräne
Oft kündigt ein Prodrom (ein Gefühl von beginnender Migräne) die Attacken an. Das Prodromalstadium kann Stimmungsschwankungen, Nackenschmerzen, Essensgelüste, Appetitlosigkeit, Übelkeit oder eine Kombination davon umfassen.
Eine Aura geht den Schmerzattacken bei etwa 25% der Patienten voraus. Auren sind vorübergehende neurologische Störungen, die die Empfindung, das Gleichgewicht, die Koordination der Muskeln, die Sprache oder das Sehvermögen beeinträchtigen können; sie dauern minutenlang bis zu einer Stunde an. Die Aura kann nach dem Beginn der Kopfschmerzen bestehen bleiben. Am häufigsten gehören zu Auren visuelle Symptome (Fortifikationsspektren, z. B. Blitze im Gesichtsfeld, Bögen von flimmerndem Licht, leuchtende Zick-Zack-Muster und Skotome). Parästhesien und Taubheitsgefühle (die typischerweise in einer Hand beginnen und zum ipsilateralen Arm und Gesicht wandern), Sprechstörungen und vorübergehende Funktionsstörungen des Hirnstamms (die z. B. Ataxie, Verwirrtheit oder sogar Bewusstseinstrübung hervorrufen) sind seltener als visuelle Auren. Einige Patienten haben eine Aura bei leichtem oder ohne Kopfschmerz.
Der Kopfschmerz variiert von mäßig bis schwer, und die Attacken dauern von 4 h bis zu einigen Tagen. Typischerweise verschwinden sie im Schlaf. Der Schmerz ist oft einseitig, er kann aber auch beidseitig sein, am häufigsten in einer frontotemporalen Lokalisation, und wird typischerweise als pulsierend oder pochend beschrieben.
Migräne ist mehr als nur Kopfschmerz. Begleitsymptome wie Übelkeit (und gelegentlich Erbrechen), Lichtscheu, Geräusch- und Geruchsempfindlichkeit sind herausragend. Die Patienten berichten über Konzentrationsschwierigkeiten während der Schmerzattacken. Körperliche Routinetätigkeiten verstärken normalerweise die Migräne. Dieser Effekt bringt zusammen mit der Lichtscheu und der Geräuschempfindlichkeit, die meisten Patienten dazu, sich während der Kopfschmerzattacken in einem dunklen, ruhigen Raum hinzulegen. Schwere Schmerzattacken können die Patienten untauglich machen und stören damit das Familien- und das Arbeitsleben.
Die Schmerzattacken variieren erheblich in Frequenz und Schwere. Viele Patienten haben verschiedene Kopfschmerzarten, inkl. leichtere Schmerzattacken ohne Übelkeit und Photophobie; diese können an Spannungskopfschmerz erinnern, sind aber eine verwischte Form von Migräne.
Chronische Migräne
Patienten mit episodischer Migräne können eine chronische Migräne entwickeln. Diese Patienten haben an ≥ 15 Tagen im Monat Kopfschmerzen. Diese Kopfschmerzerkrankung wurde früher als Kombinations- oder gemischter Kopfschmerz bezeichnet, weil sie sowohl Merkmale der Migräne als auch des Spannungskopfschmerzes aufweist. Dieser Kopfschmerz entsteht häufig bei Patienten mit überstiegertem Gebrauch von Medikamenten zur akuten Kopfschmerzbehandlung.
Weitere Symptome
Weitere, seltene Formen von Migräne können andere Symptome hervorrufen:
Die Migräne mit Hirnstamm-Aura (früher Basilaris-Migräne genannt) verursacht Kombinationen aus Schwindel, Ataxie, Gesichtsfeldausfall, sensorische Störungen, fokaler Schwäche und Bewusstseinsveränderung.
Hemiplegische Migräne, die sporadisch oder familiär sein kann, verursacht einseitige Schwäche.
Diagnose der Migräne
Klinische Beurteilung
Die Diagnose von Migräne basiert auf den charakteristischen Symptomen und einem normalen Ergebnis der körperlichen Untersuchung, die eine gründliche neurologische Untersuchung beinhaltet.
Zu den Befunden mit Warnzeichen, die für eine alternative Diagnose sprechen (auch bei Patienten mit bekannter Migräne), gehören die folgenden:
Schmerzen, die ihre maximale Intensität innerhalb von wenigen Sekunden oder schneller erreichen ("Donnerschlagkopfschmerz").
Beginn nach dem 50. Lebensjahr
Kopfschmerzen, die über Wochen oder länger bzgl. Intensität oder Frequenz zunehmen
Anamnese mit Krebserkrankung (Gehirnmetastasen) oder immunsuppressiver Störung (z. B. HIV-Infektion, AIDS)
Fieber, Meningismus, Bewusstseinsveränderungen oder eine Kombination davon
Persistierende fokale neurologische Defizite
Deutliche Veränderung in einem etablierten Kopfschmerzmuster
Patienten mit charakteristischen Symptomen und ohne Warnzeichen brauchen keine Tests. Bei Patienten mit besonders auffälligen Befunden sind häufig Untersuchungen erforderlich, einschließlich MRT und manchmal Lumbalpunktion.
Häufige Fehldiagnosen sind die folgenden:
Es wird nicht bedacht, dass Migräne oft beidseitige Schmerzen verursacht und nicht immer als pochend beschrieben wird
Fehldiagnose von Migräne als Sinuskopfschmerz oder Augenbelastung, da autonome und visuelle Symptome der Migräne fehlen.
Es wird angenommen, alle Kopfschmerzen bei Patienten mit bekannter Migräne seien eine weitere Migräneattacke (ein "Donnerschlagkopfschmerz" oder eine Änderung im bisherigen Kopfschmerzmuster kann eine neue, potenziell ernsthafte Erkrankung anzeigen)
Eine Migräne mit Aura wird bei älteren Patienten irrtümlich für eine transiente ischämische Attacke gehalten, v. a. wenn die Aura ohne Kopfschmerzen auftritt
Es wird ein "Donnerschlagkopfschmerz" als Migräne diagnostiziert, weil ein Triptan entlastend wirkt (ein Triptan kann auch Kopfschmerzen aufgrund einer Subarachnoidalblutung lindern)
Mehrere ungewöhnliche Störungen können Migräne mit Aura imitieren:
Dissektion der A. carotis oder vertebralis
Zerebrale Vaskulitis
Moyamoya-Krankheit
CADASIL (zerebrale autosomal dominant eArteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukoenzephalopathie)
MELAS (mitochondriale Enzephalomyopathie, Laktatazidose und schlaganfallähnliche Episoden) -Syndrom
Behandlung der Migräne
Beseitigung offensichtlicher Auslöser
Entspannungstechniken, Yoga oder Verhaltensinterventionen
Bei leichten Kopfschmerzen: Paracetamol oder nichtsteroidale Antiphlogistika
Bei akuten Anfällen: Triptane, Lasmiditan, Gepants oder Dihydroergotamin plus einen Dopamin-Antagonisten als Antiemetikum
Neuromodulatorische Geräte zur Akutbehandlung und Prävention
Eine gründliche Erklärung des Störungsbilds hilft den Patienten, zu verstehen, dass, obwohl es für die Migräne keine Heilung gibt, sie doch kontrolliert werden kann. Dies befähigt sie, bei der Behandlung besser mitzuarbeiten.
Die Patienten sollten unbedingt ein Kopfschmerztagebuch führen, um die Zahl und das zeitliche Auftreten der Schmerzattacken, mögliche Auslöser und das Ansprechen auf die Behandlung zu dokumentieren. Identifizierte Trigger werden nach Möglichkeit beseitigt. Allerdings kann die Beseitigung der Auslöser auch übertrieben werden.
Die Wahl der Arzneimittel zur Behandlung von akutem Migränekopfschmerz richtet sich nach Häufigkeit, Dauer und Schwere der Anfälle. Analgetika, Antiemetika, Triptane, Plasmidtitan, Gepants (niedermolekulare Calcitonin-Gen-verwandte Peptid [CGRP] Rezeptor-Antagonisten) oder Dihydroergotamin können verwendet werden (1). Wenn Patienten keine Arzneimittel einnehmen möchten oder diese unwirksam waren, können, neuromodulatorische Behandlungen manchmal zur Behandlung akuter Anfälle und/oder zur Prävention eingesetzt werden.
Patienten, die häufig (z. B. > 2 Tage/Woche) Medikamente zur Behandlung ihrer akuten Migräneanfälle einnehmen (insbesondere Analgetika, die Butalbital, Triptane, Ergotamin oder Opioide enthalten), sollten mit präventiven Migränemedikamenten behandelt werden, die mit einem Programm zum Absetzen der übermäßig verwendeten Analgetika kombiniert werden.
Ärzte empfehlen manchmal Verhaltensinterventionen (Biofeedback, Stressmanagement, Psychotherapie), um Migräne zu bewältigen, insbesondere wenn Stress ein wichtiger Auslöser ist oder wenn Analgetika übermäßig eingesetzt werden.
Yoga kann die Häufigkeit und Intensität von Kopfschmerzen reduzieren. Es verbessert den vagalen Tonus und verringert den sympathischen Antrieb, wodurch das kardiale autonome Gleichgewicht verbessert wird. Entspannungstechniken können die Aktivität des sympathischen Nervensystems verringern, Muskelverspannungen lösen und die Gehirnwellenaktivität verändern.
Akute Anfälle
Zur Behandlung von leichten bis mittelschweren Migräneanfällen werden NSAR oder Paracetamol eingesetzt.
Wenn diese Medikamente unwirksam sind, sollte der Arzt den Einsatz von Triptanen oder Dihydroergotamin in Erwägung ziehen. Ein gutes Ansprechen auf Dihydroergotamin oder ein Triptan sollte nicht als diagnostischer Hinweis auf eine Migräne verstanden werden, weil diese Medikamente auch Kopfschmerzen bessern können, die durch eine Subarachnoidalblutung oder andere strukturelle Anomalien bedingt sind.
Wenn sich die leichten Anfälle verschlimmern oder wenn die Anfälle von Beginn an schwerwiegend sind, können Triptane oder Dihydroergotamin verwendet werden. Bei bedeutender Übelkeit ist die Kombination eines Triptans mit einem Antiemetikum zu Beginn der Schmerzattacken wirksam.
Triptane sind selektive Serotonin-1B,1D-Rezeptoragonisten. Sie wirken nicht analgetisch per se, sondern blockieren spezifisch die Freisetzung Neuropeptide, die den Migräneschmerz triggern. Triptane sind am wirksamsten, wenn sie zu Beginn einer Schmerzattacke eingenommen werden. Es gibt sie in oraler, intranasaler und subkutaner Form; die subkutane Form ist wirksamer, hat aber mehr unerwünschte Wirkungen. Der übermäßige Einsatz von Triptanen kann auch zu medikamenteninduziertem Kopfschmerz führen. Triptane und Dihydroergotamin können eine Konstriktion der Koronararterien verursachen und sind daher bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder nicht eingestellter Hypertonie kontraindiziert. Bei älteren Patienten und bei Vorliegen vaskulärer Risikofaktoren müssen diese Arzneimittel vorsichtig eingesetzt werden. Ubrogepant und Rimegepant, die Gepants sind, sind Alternativen.
Lasmiditan (ein neuer selektiver Serotonin [5-HT] 1F-Rezeptor-Agonist) oder ein Gepant wie Ubrogepant oder Rimegepant können verwendet werden, wenn Triptane oder Dihydroergotamin aufgrund von Herz-Kreislauf-Störungen kontraindiziert sind. Lasmiditan, das eine viel größere Affinität für Serotonin-1F-Rezeptoren als für 1B-Rezeptoren hat, hat keine kardiovaskulären Kontraindikationen. (Triptane bewirken eine Vasokonstriktion durch die Aktivierung von 5-HT1B-Rezeptoren.) Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es für Gepants keine kardiovaskulären Vorsichtsmaßnahmen oder Gegenanzeigen und es sind keine schwerwiegenden kardiovaskulären oder gastrointestinalen Auswirkungen bekannt.
Ein Antiemetikum (z. B. Metoclopramid, Prochlorperazin) kann allein eingesetzt werden, um leichte oder mäßig schwere Migräneanfälle zu lindern. Prochlorperazin Zäpfchen (25 mg) oder Tabletten (10 mg) sind eine Option für Patienten, die Triptane und andere Vasokonstriktoren nicht vertragen.
Beweise unterstützen die Verwendung von neuromodulatorischen Geräten für akute Anfälle und die Prävention von Migräne.
Intractable Anfälle
I.v. Flüssigkeiten (beispielsweise 1 bis 2 l einer 0,9%igen physiologischen Kochsalzlösung) können helfen, Kopfschmerzen zu lindern und erhöhen das Gefühl von Wohlbefinden, v. a. bei Patienten, die von Erbrechen dehydriert sind.
Die IV-Gabe von Dihydroergotamin mit einem antiemetischen Dopaminantagonisten (z. B. Metoclopramid 10 mg IV, Prochlorperazin 5–10 mg IV) trägt zur Beendigung sehr schwerer, persistierender Schmerzattacken bei. Dihydroergotamin ist auch in einer subkutanen Formulierung und als Nasenspray erhältlich.
Opioide sollten als Ultima Ratio (Rettungsmedikament) bei schweren Kopfschmerzen eingesetzt werden, wenn andere Maßnahmen wirkungslos waren.
Chronische Migräne
Die gleichen Medikamente, die zur Vorbeugung der episodischen Migräne eingesetzt werden, einschließlich monoklonaler Antikörper, die CGRP blockieren, werden auch zur Behandlung der chronischen Migräne eingesetzt. Auch gibt es starke Belege für OnabotulinumtoxinA und Topiramat.
Es gibt Evidenz für den Einsatz der Neurostimulation zur Akutbehandlung und Prävention von chronischen Migränekopfschmerzen. Zu den nichtinvasiven Optionen gehören die supraorbitale Stimulation, die Stimulation des Vagusnervs, die transkranielle Einzelimpuls-Magnetstimulation und die elektrische Fernstimulation.
Neuromodulatorische Behandlungen
Neuromodulatorische Behandlungen, die die Hirnaktivität durch elektrische Ströme oder Magnetfelder beeinflussen, können mit handelsüblichen Geräten nichtinvasiv durchgeführt werden. Sie können auch zur Behandlung und Vorbeugung von Anfällen eingesetzt werden.
Die nichtinvasive transkranielle Magnetstimulation, bei der ein tragbares Gerät am Hinterkopf angebracht wird, kann akute Migräne lindern (3). Ein Gerät, das mithilfe eines Armbands einen nicht schmerzhaften elektrischen Hautreiz abgibt (die sogenannte elektrische Fern-Neuromodulation), kann akute Migräneschmerzen lindern. Ein tragbares Gerät, das eine nichtinvasive Vagusnervstimulation ermöglicht, ist ebenfalls wirksam.
Die Stimulation des Trigeminusnervs mit einem Gerät, das an der Stirn angebracht wird, kann bei Patienten im Alter von ≥ 18 Jahren zur Behandlung akuter Migräneanfälle (mit oder ohne Aura) oder zur Verringerung der Häufigkeit der Anfälle eingesetzt werden.
Nichtinvasive neuromodulatorische Geräte haben keine signifikanten Nebenwirkungen. Invasive Behandlungen werden in der Regel nur in spezialisierten Zentren angeboten und sind mit größeren Risiken verbunden als nichtinvasive Behandlungen.
Literatur zur Behandlung
1. Marmura MJ, Silberstein SD, Schwedt TJ: The acute treatment of migraine in adults: The American Headache Society evidence assessment of migraine pharmacotherapies. Headache 55 (1):3–20, 2015.
2. Miller S, Sinclair AJ, Davies B, Matharu M: Neurostimulation in the treatment of primary headaches. Pract Neurol 16 (5):362–375, 2016. doi: 10.1136/practneurol-2015-001298
3. Lipton RB, Dodick DW, Silberstein SD, et al: Single-pulse transcranial magnetic stimulation for acute treatment of migraine with aura: A randomised, double-blind, parallel-group, sham-controlled trial. Lancet Neurol 9:373–380, 2010. doi: 10.1016/S1474-4422(10)70054-5
Prognose bei Migräne
Für einige Patienten bedeutet Migräne eine seltene, erträgliche Unannehmlichkeit. Für andere ist sie eine quälende Krankheit, die häufige Zeiten von Arbeitsunfähigkeit, Produktivitätsverlust und eine stark eingeschränkte Lebensqualität nach sich zieht.
Prävention von Migräne
Eine tägliche prophylaktische Therapie ist gerechtfertigt, wenn trotz Akuttherapie häufige Migräneanfälle die Aktivitäten des Patienten stören. Einige Experten halten OnabotulinumtoxinA für das Mittel der Wahl.
Bei Patienten, die häufig Analgetika einnehmen (z. B. > 2 Tage/Woche), insbesondere Patienten mit medikamenteninduzierten Kopfschmerzen, sollten präventive Medikamente mit einem Programm zum Absetzen der übermäßig verwendeten Analgetika kombiniert werden. Die Arzneimittelauswahl kann durch komorbide Störungen geleitet werden:
Eine Amitriptylin-Dosis vor dem Schlafengehen für Patienten mit Insomnie
Ein Betaezeptorenblocker bei Patienten mit Angst oder koronarer Herzkrankheit
Topiramat, das eine Gewichtsabnahme induzieren kann, für adipöse Patienten oder für Patienten, die eine Gewichtszunahme vermeiden wollen
Ein monoklonaler Antikörper (z. B. Erenumab, fremanezumab, Galcanezumab), wenn andere Medikamente unwirksam sind
Gepants können bei akuten Anfälle (Ubrogepant, Rimegepant) und zur Prävention (Atogepant, Rimegepant) von Migräne eingesetzt werden
Monoklonale Antikörper und Gepants, die zur Vorbeugung von Migräne eingesetzt werden, blockieren die Aktivierung des Calcitonin-Gen-bezogenen Peptids (CGRP), das Migräne auslösen kann (1).
Auch neuromodulatorische Behandlungen können helfen. Die transkutane Stimulation des supraorbitalen Nervs, bei der ein Gerät an der Stirn angebracht wird, kann die Häufigkeit von Migräne verringern (2). Die transkranielle Magnetstimulation mittels eines Geräts, das am Hinterkopf angebracht wird, ist für die akute und prophylaktische Behandlung von Migränekopfschmerzen bei Jugendlichen (≥ 12 Jahre) und Erwachsenen angezeigt.
Literatur zur Prävention
1. Jain S, Silberstein SD: Invited commentary on preventive anti-migraine therapy (PAMT). Curr Treat Options Neurol 21 (4):14, 2019. doi:10.1007/s11940-019-0555-4.
2. Schoenen J, Vandersmissen B, Jeangette S, et al: Migraine prevention with a supraorbital transcutaneous stimulator: A randomized controlled trial. Neurol 80 (8):697–704, 2013. doi: https://doi.org/10.1212/WNL.0b013e3182825055
Wichtige Punkte
Die Migräne ist eine häufige primäre Kopfschmerzerkrankung.
Symptome können sein: pochende ein- oder beidseitige Schmerzen, Übelkeit, Empfindlichkeit auf sensorische Stimuli (z. B. Licht, Geräusche, Gerüche), unspezifische Prodromalsymptome und vorübergehende neurologische Symptome, die dem Kopfschmerz vorausgehen (Auren).
Die Diagnose Migräne basiert auf klinischen Befunden; sollten die Patienten Befunde mit Warnzeichen haben, werden bildgebende und andere Untersuchungen oft benötigt.
Beziehen Sie die Patienten in ihre Behandlung mit ein durch Vermeidung von Triggern und mittels Biofeedback, Stressmanagement und Psychotherapie.
Behandeln Sie die meisten Kopfschmerzen mit Analgetika, Dihydroergotamin IV oder Triptanen.
Wenn die Anfälle häufig auftreten und die Aktivitäten beeinträchtigen, sollten Sie eine präventive Therapie (z. B. monoklonale Antikörper, die das Calcitonin-Gen-verwandte Peptid [CGRP] blockieren, ein gepant, Amitriptylin, einen Betablocker, Topiramat, Divalproex), OnabotulinumtoxinA oder manchmal neuromodulatorische Behandlungen anwenden.