Prävention der Tiefe Venenthrombose

VonJames D. Douketis, MD, McMaster University
Überprüft/überarbeitet Sep. 2022
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Es ist besser und sicherer, einer tiefen Venenthrombose vorzubeugen, als sie zu behandeln, insbesondere bei Hochrisikopatienten. Die TVT-Prophylaxe beginnt mit einer Risikobewertung. Anhand des Risikos und anderer Faktoren kann die richtige Präventionsmaßnahme ausgewählt werden. Präventive Maßnahmen sind

Filter der V. cava inferior verhindern keine tiefe Venenthrombose, werden aber gelegentlich eingesetz, um eine Lungenembolie zu verhindern. Ein IVC-Filter kann bei Patienten mit Thrombosen der unteren Extremitäten, bei denen eine gerinnungshemmende Therapie kontraindiziert ist, oder bei Patienten mit rezidivierenden Thrombosen (oder Embolien) trotz adäquater Antikoagulation zur Prävention einer PE beitragen. Trotz des weit verbreiteten Einsatzes von IVC-Filtern ist die Wirksamkeit bei der Vorbeugung einer Lungenembolie nicht untersucht und nicht bewiesen.

(Siehe auch Tiefe Venenthrombose.)

Risikoeinschätzung

Patienten mit einem niedrigen Risiko für eine TVT (z. B. diejenigen, die sich einem kleinen chirurgischen Eingriff unterziehen, aber keine klinischen Risikofaktoren für eine TVT haben, diejenigen die vorübergehend für eine längere Zeit inaktiv bleiben müssen wie z. B. bei einem längeren Flug) sollten aufgefordert werden zu gehen oder auf andere Weise ihre Beine regelmäßig zu bewegen; hier ist keine medikamentöse Therapie erforderlich. Eine Dorsalflexion 10-mal/h ist wahrscheinlich ausreichend.

Zu den Patienten mit höherem Risiko für eine TVT gehören diejenigen, die sich einem kleineren chirurgischen Eingriff unterziehen müssen und klinische Risikofaktoren für TVT haben; diejenigen, die sich einem größeren chirurgischen Eingriff unterziehen, v. a. orthopädischen Eingriffen, sogar ohne klinische Risikofaktoren; und bettlägerige Patienten mit schweren Krankheiten (z. B. die meisten Patienten in Intensivbehandlung, andere Patienten mit Herzinsuffizienz, chronischer obstruktiver Lungenerkrankung, chronischer Lebererkrankung, Schlaganfall). Diese Patienten benötigen eine zusätzliche präventive Behandlung (siehe Tabelle Risiko einer tiefen Venenthrombose und Lungenembolie). Die meisten dieser Patienten können identifiziert werden und sollten eine TVT-Prophylaxe erhalten. Thrombose bei hospitalisierten Patienten könnte in den USA jährlich für > 50.000 Todesfälle verantwortlich sein. Ein Krankenhausaufenthalt selbst wird nicht als Risikofaktor angesehen; hospitalisierte Patienten, die nicht zu einer dieser Kategorien gehören, benötigen keine routinemäßige TVT-Prophylaxe.

Tabelle

Behandlung in der TVT-Prävention

Eine VT-Prophylaxe kann eine oder mehrere der Folgenden beinhalten:

  • Mechanische Therapie (z. B. Kompressionsvorrichtungen oder Strümpfe, Venenfilter)

  • Medikamentöse Therapie (einschließlich einer niedrigen Dosis unfraktioniertem Heparin, niedermolekularen Heparinen, Warfarin, Fondaparinux, direkte orale Antikoagulantien)

Die Wahl hängt vom Risiko des Patienten, von der Art des chirurgischen Eingriffs (wenn anwendbar), von der angenommenen Dauer der präventiven Behandlung, von Kontraindikationen und Nebenwirkungen, von den relativen Kosten, der Einfachheit der Anwendung und der lokalen Vorgehensweise ab.

Mechanische Therapie für TVT-Prophylaxe

Nach dem chirurgischen Eingriff kann es helfen, die Beine hoch zu lagern und längere Immobilisierung, wobei der venöse Rückstrom durch das Hängen der Beine verhindert wird, zu vermeiden.

Der Nutzen abgestufter Kompressionstrümpfe ist fraglich, mit Ausnahme der Anwendung bei Niedrigrisikopatienten und ausgewählten hospitalisierten Patienten. Die Kombination von Kompressionstrümpfen mit anderen präventiven Maßnahmen kann stärker protektiv wirksam sein als eine einzelne Maßnahme.

Die vorübergehende pneumatische Kompression (IPC) benutzt eine Pumpe, um zyklisch aufblasbare Plastikhosen auf- und abzublasen und damit eine externe Kompression der Unterschenkel und manchmal auch der Oberschenkel zu bewirken. IPC kann anstelle von oder in Kombination mit Antikoagulanzien nach Operationen eingesetzt werden. IPC ist für solche Patienten empfohlen, die operiert werden, bei denen aber durch ein hohes Blutungsrisiko Antikoagulanzien kontraindiziert sein können. IPC ist wahrscheinlich wirksamer zur Verhinderung von TVT in den Unterschenkeln als zur Verhinderung von proximalen TVT. IPC ist bei einigen übergewichtigen Patienten, die nicht in der Lage sind, die Geräte ordnungsgemäß anzuwenden, kontraindiziert.

Für Patienten mit hohem Risiko für venöse Thromboembolien und Blutungen (z. B. nach einem schweren Trauma) wird IPC wird empfohlen, bis das Blutungsrisiko nachlässt und Antikoagulanzien gegeben werden können. Die Verwendung von Vena-cava-Filtern sollte vermieden wenn sich einen tiefen Venenthrombose bestätigt, außer bei hoch selektierten Patientengruppen.

Medikamentöse Therapie zur Prophylaxe der tiefen Venenthrombose

Die medikamentöse Prophylaxe beinhaltet den Einsatz von Antikoagulanzien.

Aspirin ist besser als Placebo, aber vermutlich schlechter als niedermolekulares Heparin (LMWH) und Warfarin zur Vorbeugung von tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien und wird für die meisten Patienten nicht als Erstlinienprävention empfohlen (siehe Tabelle Risiko einer tiefen Venenthrombose und Lungenembolie).

Niedrigdosiertes UFH 5000 I.E. subkutan wird 2 h vor dem chirurgischen Eingriff und alle 8–12 h danach für 7–10 Tage gegeben oder bis die Patienten vollständig mobilisiert sind. Bettlägerige Patienten, die sich keinem chirurgischen Eingriff unterziehen, erhalten 5000 I.E. subkutan alle 12 h bis sich die Risikofaktoren zurückgebildet haben.

LMWH sind wirksamer als niedrigdosiertes UFH in der Prävention der TVT und Lungenembolie, der weit verbreitete Einsatz wird jedoch durch die Kosten limitiert. Enoxaparin 30 mg subkutan alle 12 h, Dalteparin 5000 I.E. subkutan einmal täglich und Tinzaparin 4500 I.E. subkutan einmal täglich sind anscheinend gleich wirksam. Fondaparinux 2,5 mg subkutan einmal täglich ist mindestens so effektiv wie LMWH bei Patienten, die sich einer nichtorthopädische Operation unterziehen; es ist möglicherweise effektiver als LMWH nach orthopädischen Operationen.

Marcumar, mit einer Ziel-INR (International Normalized Ratiio) von 2,0 bis 3,0, ist erwiesenermaßen wirksam in der orthopädischen Chirurgie; es wird jedoch immer seltener benutzt, da alternative Antikoagulanzien so wie LMWH und neue orale Antikoagulantien leichter zu verabreichen sind.

Direkte orale Antikoagulanzien (z. B. Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban) sind mindestens ebenso wirksam und sicher wie LMWH bei der Verhinderung von TVT und Lungenembolien nach Hüft-oder Kniegelenkersatz-Operationen; sie sind aber teurer als Marcumar, und ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis erfordert weitere Studien.

Bei der TVT-Prophylaxe besteht immer ein Risiko von Blutungen während der Anwendung von Antikoagulanzien.

TVT-Prophylaxe bei ausgewählten Populationen

Für Hüftoperationen und orthopädische Eingriffe an den unteren Extremitäten werden LMWH, Fondaparinux oder Marcumar in angepasster Dosis empfohlen. Für Patienten, die sich einem Kniegelenkersatz unterziehen, und einige andere Hochrisikopatienten, bei denen Antikoagulantien wegen eines hohen Blutungsrisikos nicht verabreicht werden können, ist IPC ebenfalls von Vorteil. Für orthopädische Eingriffe kann die präventive Behandlung vor oder nach dem Eingriff begonnen und für mindestens 14 Tage weitergeführt werden. Fondaparinux 2,5 mg subkutan einmal täglich scheint bei orthopädischen Operationen wirksamer als LMWH zur Verhinderung von TVT zu sein, kann aber mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehen.

Bei elektiver Neurochirurgie, Rückenmarkverletzungen oder Polytrauma wird niedrig dosiertes UFH (z. B. 5000 I.E. subkutan alle 8 h), LMWH oder Marcumar in angepasster Dosis empfohlen.

Für neurochirurgische Patienten wurden physikalische Maßnahmen (IPC, elastische Strümpfe) eingesetzt, da eine intrakranielle Blutung befürchtet wird; LMWH scheinen jedoch eine akzeptable Alternative zu sein. Eine begrenzte Datenlage unterstützt die Kombination von IPC, elastischen Strümpfen und LMWH bei Patienten mit Rückenmarkverletzungen und Polytrauma.

Eine präventive Behandlung ist auch für schwer kranke, bettlägerige Patienten (z. B. Myokardinfarkt, ischämischer Schlaganfall, Herzinsuffizienz) indiziert. Niedrigdosiertes UFH oder LMWH ist bei Patienten wirksam, die nicht bereits intravenöses Heparin oder Thrombolytika erhalten; IPC, elastische Strümpfe oder beide können eingesetzt werden, wenn Antikoagulanzien kontraindiziert sind. Nach einem Schlaganfall können UFH oder LMWH eingesetzt werden; IPC, elastische Strümpfe oder beide können nützlich sein. Für ausgewählte Hochrisikopatienten mit Krebs (z. B. fortgeschrittener Bauchspeicheldrüsenkrebs), die eine Chemotherapie erhalten, kann eine Primärprophylaxe mit LMWH oder bestimmten direkten oralen Antikoagulanzien (Apixaban oder Rivaroxaban) in Betracht gezogen werden (1–4).

Prävention eines postthrombotischen Syndroms

Bei Patienten mit symptomatischer TVT, die Symptome des postthrombotischen Syndroms (z. B. Schwellung der Beine, Schmerzen) entwickeln, wird der Einsatz kniehoher Kompressionsstrümpfe mit 30–40 mmHg Druck empfohlen, obwohl Strümpfe mit niedrigerer Spannung (20–30 mmHg) auch in Betracht gezogen werden können, wenn Patienten die Strümpfe mit höherer Spannung nicht vertragen. Allerdings wurde die routinemäßige Anwendung von Strümpfen bei allen Patienten, die eine TVT haben, durch eine Studie in Frage gestellt, in der Patienten mit TVT randomisiert kniehohe Kompressionsstrümpfe oder Schein-Kompressionsstrümpfe erhielten. Diese Studie konnte keine Abnahme des postthrombotischen Syndroms bei Einsatz von Kompressionsstrümpfen zeigen.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Carrier M, Abou-Nassar K, Mallick R, et al: Apixaban to prevent venous thromboembolism in patients with cancer. N Engl J Med 380:711–719, 2019. doi: 10.1056/NEJMoa1814468

  2. 2. Farge D, Frere C, Connors JM, et al: 2019 international clinical practice guidelines for the treatment and prophylaxis of venous thromboembolism in patients with cancer. Lancet Oncol 20 (10): e566–e581, 2019. doi: 10.1016/S1470-2045(19)30336-5

  3. 3. Key NS, Khorana AA, Kuderer NM, et al: Venous thromboembolism prophylaxis and treatment in patients with cancer: ASCO Clinical Practice Guideline Update. J Clin Oncol 38:496–520, 2020. doi: 10.1200/JCO.19.01461

  4. 4. Khorana AA, Soff GA, Kakkar AK, et al: Rivaroxaban for thromboprophylaxis in high-risk ambulatory patients with cancer. N Engl J Med 380:720–728, 2019. doi: 10.1056/NEJMoa1814630

Wichtige Punkte

  • Eine präventive Behandlung ist bei schwer kranken, bettlägerigen Patienten und/oder bei Patienten, bei denen bestimmte chirurgische Eingriffe durchgeführt werden, erforderlich.

  • Frühe Mobilisation, Beinanhebung und ein Antikoagulans sind die empfohlenen präventiven Maßnahmen; Patienten, die keine Antikoagulantien erhalten sollten, können von IPC-Geräten, elastischen Strümpfen oder beidem profitieren.

Weitere Informationen

Im Folgenden finden Sie eine englischsprachige Quelle, die nützlich sein könnte. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. Farge D, Frere C, Connors JM, et al: 2019 international clinical practice guidelines for the treatment and prophylaxis of venous thromboembolism in patients with cancer. Lancet Oncol 20 (10): e566–e581, 2019. doi: 10.1016/S1470-2045(19)30336-5