Mamillensekretion kommt häufig bei Frauen vor, die nicht schwanger sind oder stillen, vor allem im fortpflanzungsfähigen Alter. Auch bei postmenopausalen Frauen ist Mamillensekretion nicht notwendigerweise anomal; allerdings ist sie bei Männern immer pathologisch. Spontaner einseitiger Brustwarzenausfluss, unabhängig von der Farbe, gilt als abnormal.
Mamillensekretion kann serös (gelb), muzinös (klar und wässrig), milchig, blutig, eitrig, vielfarbig und klebrig oder blutig-serös (rosafarben) sein. Es kann spontan oder treten nur als Antwort auf Brust Manipulation.
Pathophysiologie
Mamillensekretion kann Muttermilch oder ein Exsudat sein, das aufgrund verschiedener Ursachen produziert werden kann.
Die Produktion von Muttermilch bei schwangeren und nichtstillenden Frauen (Galaktorrhö) ist meist auf einen erhöhten Prolaktinspiegel zurückzuführen, der das Drüsengewebe der Brust stimuliert. Allerdings entwickeln nur einige Patientinnen mit erhöhtem Prolaktinspiegel eine Galaktorrhö.
Ätiologie
Meist ist die Ursache einer Mamillensekretion gutartig (siehe Tabelle: Ursachen der Mamillensekretion). In nur < 10% der Fälle ist ein Malignom (meist ein intraduktales oder invasiv-duktales Karzinom) die Ursache. Der Rest resultiert aus gutartigen Duktusstörungen (z.B. intraduktales Papillom, Ektasie der Milchdrüse, fibrozystische Veränderungen)endokrinen Störungen (z. B. Hypophysentumor, Hypothyreose), Lebererkrankungen, Brustabszessen oder Infektionen oder der Einnahme bestimmter Medikamente. Von diesen Störungen ist das intraduktale Papillom vermutlich die häufigste Ursache; es stellt aber auch die häufigste Ursache einer blutigen Sekretion ohne Raumforderung in der Mamma dar.
Endokrine Ursachen bedingen meist erhöhte Prolaktinspiegel, das zahlreiche Ursachen haben.
Ursachen der Mamillensekretion
Ursache |
Verdächtige Befunde |
Diagnostische Herangehensweise |
Gutartige Erkrankungen der Brust |
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Intraduktales Papillom (häufigste Ursache) |
Einseitige blutige (oder Hämokkult-positive) oder blutig-seröse Sekretion |
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Duktale Ektasie der Brust |
Einseitige oder häufig beidseitige blutige (oder Hämokkult-positive), blutig-seröse oder mehrfarbige (eitrige, graue oder milchige) Sekretion |
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Fibrozystische Veränderungen |
Eine Raumforderung, häufig gummiartig und schmerzempfindlich, in der Regel bei prämenopausalen Frauen Möglicherweise eine seröse, grüne oder weiße Entladung Ggf. andere Raumforderungen in der Anamnese |
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Abszess oder Infektion |
Akuter Beginn mit Schmerzen, Empfindlichkeit oder Rötung Bei Abszess schmerzhafte Raumforderung und möglicherweise eitrige Sekretion |
Klinische Untersuchung Bessert sich die Sekretion nicht mit der Behandlung, Untersuchung wie bei Raumforderung der Brust |
Mammakarzinom |
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Meistens intraduktales Karzinom oder invasives duktales Karzinom |
Ggf. tastbare Raumforderungen, Hautveränderungen oder Lymphadenopathie Gelegentlich blutige oder Hämokkult-positive Sekretion |
Wenn Verdacht Untersuchung wie bei Raumforderung der Brust |
Hyperprolaktinämie |
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Viele Ursachen (z. B. Hypophysentumor, Hypothyreose, bestimmte Medikamentesiehe Tabelle: Ursachen einer Hyperprolaktinämie) |
Häufig beidseitige, milchige nichtblutige Sekretion von multiplen Milchgängen und ohne Raumforderungen Möglicherweise Menstruationsstörungen oder Amenorrhö Bei hypophysärer Läsion möglicherweise Zeichen einer ZNS-Raumforderung (Gesichtsfeldveränderungen, Kopfschmerzen) oder anderer Endokrinopathie |
Prolaktinspiegel, TSH, Überprüfung der Medikation MRT des Kopfes bei erhöhtem Prolaktin oder TSH |
TSH = Thyreoidea-stimulierendes Hormon |
Abklärung
Anamnese
Die Anamnese der aktuellen Erkrankung sollte folgendes umfassen:
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Ob die Stromentladung unilateral oder bilateral ist
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Was seine Farbe ist
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Wie lange es gedauert hat
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Ob es spontan ist oder nur bei Stimulation der Brustwarzen auftritt
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Ob eine Raumforderung oder Brustschmerzen vorhanden sind.
Bei der Überprüfung der Organsysteme sollte nach Symptomen gesucht werden, die auf mögliche Ursachen hinweisen, einschließlich der Folgenden:
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Fieber Mastitis oder Brustabszess
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Kalte Intoleranz, Verstopfung oder Gewichtszunahme: Hypothyreose
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Amenorrhoe, Unfruchtbarkeit, Kopfschmerzen oder Sehstörungen: Hypophysentumor
Die Anamnese sollte mögliche Ursachen für Hyperprolaktinämie beinhalten, einschließlich chronische Niereninsuffizienz, Schwangerschaft, Lebererkrankungen und Erkrankungen der Schilddrüse; auch werden vorangegangene Infertilität, Bluthochdruck, Depression, Stillphasen und maligne Tumoren sowie die Menstruationsmuster abgefragt. Ärzte sollten gezielt nach Arzneimittel fragen, die Prolaktin freisetzen können, wie orale Kontrazeptiva, Antihypertensiva (z. B. Methyldopa, Reserpin, Verapamil), H2-Antagonisten (z. B. Cimetidin, Ranitidin), Opioide und Dopamin-D2-Antagonisten (z. B. zahlreiche Psychopharmaka, einschließlich Phenothiazine und trizyklische Antidepressiva).
Körperliche Untersuchung
Bei den klinischen Untersuchungen stehen die Brüste im Mittelpunkt. Bei der Untersuchung der Brüste wird auf Symmetrie, Eindellungen der Haut, Rötungen, Schwellungen, Farbänderungen der Mamillen und der Haut sowie auf Verkrustung, Ulzeration oder Retraktion der Brustwarze geachtet. Die Brüste werden auf Raumforderungen und der Achselbereich oder die Supraklavikulargegend auf Lymphadenopathie abgetastet. Wenn es keine spontane Sekretion gibt, wird durch systematisches Abtasten des Bereichs um die Mamillen versucht, eine Sekretion zu stimulieren und jede spezielle Stelle, die im Zusammenhang mit der Sekretion steht, zu indentifizieren.
Unter hellem Licht und mittels Lupe kann beurteilt werden, ob die Sekretion aus einem oder aus mehreren Milchgängen austritt.
Warnzeichen
Interpretation der Befunde
Wichtige Unterscheidungsmerkmale sind
Ist eine Raumforderung vorhanden, muss eine maligne Tumorerkrankung in Betracht gezogen werden. Da anfangs bei einer malignen Tumorerkrankung selten beide Brüste oder mehrere Milchgänge betroffen sind, besteht bei beidseitiger Hämokkult-negativer Sekretion Verdacht auf eine endokrine Störung. Wenn allerdings die Sekretion Hämokkult-positiv ist, auch wenn sie beidseitig ist, muss eine maligne Tumorerkrankung in Betracht gezogen werden.
Vorhandensein von einem der folgenden erfordert Follow-up mit einem Chirurgen, der Erfahrung mit Brust-Erkrankungen hat:
Weitere verdächtige Befunde siehe Tabelle: Ursachen der Mamillensekretion.
Untersuchungen
Bei Verdacht auf eine endokrine Ursache werden folgende Parameter bestimmt:
Bei Hämokkult-positiver Sekretion wird folgender Test durchgeführt:
Bei tastbarer Raumforderung erfolgt die Abklärung wie bei einer Raumforderung der Brust, die meist beginnt mit
Manchmal werden zystisch erscheinende Läsionen aspiriert und solide Raumforderungen oder alle nach Aspiration verbleibende Reste mittels Mammographie und radiologisch gesteuerter Biopsie abgeklärt.
Wenn keine Raumforderung vorhanden ist, aber eine maligne Tumorerkrankung aus anderen Gründen vermutet wird oder andere Tests unklarer Ergebnisse ergeben haben, wird folgendes durchgeführt:
Pathologische Befunde werden mittels radiologisch gesteuerter Biopsie abgeklärt. Wenn Mammographie und Sonographie nicht die Quelle identifizieren und die Sekretion spontan ist und aus einem einzelnen Milchkanal oder einer Brust kommt, kann eine Duktographie (kontrastmittelinduzierte Bildgebung des Milchgangs) durchgeführt werden.
Behandlung
Wichtige Punkte
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Sekretion aus der Mamille ist meist gutartig.
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Beidseitige, Hämokkult-negative Sekretion aus mehreren Milchgängen ist meist gutartig und hat eine endokrine Ursache.
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Spontane, einseitige Sekretion erfordert diagnostische Tests; diese Art der Sekretion kann Krebs sein, besonders wenn diese blutig (oder Guajak-positiv) ist.
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Bei Raumforderung in der Brust, einer blutigen (oder Hämokkult-positiven) Sekretion oder bei Anomalie in vorangegangenem Mammogramm oder Ultraschall ist eine Folgeuntersuchung durch einen in Brusterkrankungen erfahrenen Chirurgen erforderlich.