Einige Arzneimittelkategorien (z. B. Analgetika, Antikoagulanzien, Antihypertensiva, Antiparkinson-Medikamente, Diuretika, blutzuckersnekende Arzneimittel, Psychopharmaka) bergen besondere Risiken für ältere Patienten. Obwohl einige Medikamente für die Anwendung bei jüngeren Erwachsenen sinnvoll sind, sind sie so riskant, dass sie für die meisten älteren Erwachsenen als ungeeignet angesehen werden sollten. Die Beers-Kriterien® der American Geriatric Society werden am häufigsten verwendet, um solche potenziell ungeeignete Medikamente zu identifizieren (1). Die Kriterien sind für Erwachsene ≥ 65 Jahre vorgesehen, mit Ausnahme derjenigen, die sich in einem Hospiz oder in der Sterbebegleitung befinden. Die Kriterien kategorisieren potenziell ungeeignete Medikamente in 5 Gruppen:
Medikamente, die bei älteren Erwachsenen vermieden werden sollten
Medikamente, die die Krankheit oder das Syndrom einer Person aufgrund von Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Krankheit oder zwischen Medikamenten und Syndrom verschlimmern können
Medikamente, die aufgrund möglicher unerwünschter Wirkungen mit Vorsicht zu verwenden sind
Medikamente mit potenziell bedeutenden Arzneimittelwechselwirkungen, die vermieden werden sollten
Medikamente, die vermieden werden sollten oder deren Dosis je nach Nierenfunktion reduziert werden sollte
Einige häufig verschriebene Medikamentengruppen, die besonders problematisch sind, sind
Analgetika
Antikoagulanzien
Antidepressiva
Blutzuckersenkende Arzneimittel
Antihypertensiva
Antiparkinson-Arzneimittel
Antipsychotika
Anxiolytika und Hypnotika
Digoxin
Diuretika
Analgetika
Orale nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden häufig von älteren Erwachsenen verwendet und sind mit und ohne Rezept erhältlich.
Ältere Menschen können anfälliger gegenüber unerwünschten Wirkungen dieser Medikamente sein, und diese Wirkungen können aus folgenden Gründen schwerer ausfallen:
NSAR sind in hohem Maße fettlöslich, und da das Fettgewebe in der Regel mit dem Alter zunimmt, ist die Verteilung der Medikamente ausgedehnter.
Das Plasmaprotein ist häufig verringert, was zu höheren Konzentrationen ungebundener (freier und daher aktiver) Medikamente und übersteigerten pharmakologischen Wirkungen bei Medikamenten mit hoher Proteinbindung führt.
Die Nierenfunktion ist bei vielen älteren Menschen reduziert, was zu einer verminderten renalen Clearance und zu höheren Wirkstoffspiegeln führt.
Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen umfassen peptische Ulzera und Blutungen im oberen Gastrointestinaltrakt. Wenn die Dosis eines bereits angesetzten nichtsteroidalen Antiphlogistika erhöht wird, ist dieses Risiko noch höher. Das Risiko von Blutungen im oberen Gastrointestinaltrakt steigt, wenn NSAR zusammen mit Kortikosteroiden, Warfarin, direkten oralen Antikoagulanzien, Aspirin oder anderen Thrombozytenaggregationshemmern (z. B. Clopidogrel) gegeben werden. NSAR können auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöhen, eine Flüssigkeitsretention und, manchmal, eine Nephropathie verursachen.
Die chronische Anwendung von NSAR kann auch den Blutdruck erhöhen; dieser Effekt kann möglicherweise nicht erkannt werden und zu einer Intensivierung der antihypertensiven Behandlung führen (eine Verordnungskaskade) (2). Daher sollten die Ärzte diesen Effekt im Auge behalten, wenn der Blutdruck bei älteren Patienten steigt und sie nach der Einnahme insbesondere von freiverkäuflichen nichtsteroidalen Antiphlogistika fragen.
Selektive COX-2(Cylooxygenase-2)-Hemmer (Coxibe) verursachen weniger gastrointestinale Reizungen und eine geringere Thrombozytenaggreagtionshemmung als andere nichtsteroidale Antiphlogistika. Dennoch besteht bei Coxibs immer noch das Risiko gastrointestinaler Blutungen, insbesondere bei Patienten, die Warfarin, neuere orale Antikoagulanzien, Clopidogrel oder Aspirin einnehmen (selbst in niedriger Dosis) und bei Patienten, bei denen bereits gastrointestinale Ereignisse aufgetreten sind. Coxibe als Klasse scheinen das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu erhöhen, aber das Risiko kann je nach Medikamentendosis, Dauer und vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung variieren; sie sollten mit Vorsicht angewendet werden. Coxibe haben renale Wirkungen, die vergleichbar mit denen andere nichtsteroidale Antiphlogistika sind.
Wenn möglich, sollten risikoärmere Alternativen (z. B. Paracetamol, topisches Diclofenac-Gel) verwendet werden. Wenn nichtsteroidale Antirheumatika bei älteren Patienten eingesetzt werden, sollte die niedrigste wirksame Dosis verwendet und der fortgesetzte Bedarf und die Wirksamkeit häufig überprüft werden. Bei Langzeitgebrauch von nichtsteroidalen Antiphlogistika sollten Serum-Kreatinin und Blutdruck engmaschig überwacht werden, insbesondere bei Patienten mit anderen Risikofaktoren (z. B. Herzinsuffizienz, Nierenschädigung, Zirrhose mit Aszites, Flüssigkeitsentzug, Verwendung von Diuretika) und ein gastroprotektives Medikament (z. B. Protonenpumpenhemmer oder Misoprostol) sollte für die gleichzeitige Anwendung in Betracht gezogen werden.
Antikoagulanzien
Mit dem Alter kann sich die Sensitivität gegenüber der gerinnungshemmenden Wirkung von Warfarin erhöhen. Vorsichtige Dosierung und Routineüberwachung können das erhöhte Blutungsrisiko bei älteren Patienten, die Warfarin einnehmen, weitgehend einschränken. Da Arzneimittelwechselwirkungen mit Warfarin häufig vorkommen, ist außerdem eine genauere Überwachung erforderlich, wenn neue Medikamente hinzugefügt oder alte abgesetzt oder die Dosis geändert wird; computergestützte Programme zu Arzneimittelwechselwirkungen sollten hinzugezogen werden, wenn Patienten mehrere Medikamente einnehmen. Die Patienten sollten auch auf Warfarinwechselwirkungen mit Nahrungsbestandteilen, Alkohol und rezeptfreien Medikamenten sowie Nahrungsergänzungsmitteln überwacht werden. Die neueren oralen Antikoagulanzien (Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban) sind möglicherweise leichter zu dosieren und haben weniger Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Medikamenten sowie zwischen Medikamenten und Nahrungsmitteln als Warfarin. Im Vergleich zu Warfarin sind die neueren oralen Antikoagulanzien bei der Verringerung des Schlaganfallrisikos genauso wirksam oder wirksamer und haben bei Patienten mit Vorhofflimmern ein geringeres Risiko für intrakranielle Blutungen (3); Allerdings erhöhen diese Wirkstoffe immer noch das Blutungsrisiko bei älteren Erwachsenen, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion.
Antidepressiva
Trizyklische Antidepressiva sind wirksam, sollten aber bei Älteren nur selten eingesetzt werden. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und kombinierte Wiederaufnahmehemmer, wie Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), sind ebenso wirksam wie TCA und verursachen weniger Toxizität; jedoch gibt es hinsichtlich einiger dieser Medikamente Bedenken (siehe unten): Darüber hinaus können alle SSRI, SNRI und TCA das Risiko von Stürzen und Hyponatriämie bei älteren Erwachsenen erhöhen.
Paroxetin: Stärker sedierend als andere SSRI, hat anticholinerge Wirkungen und kann, wie einige andere SSRI, die hepatische Cytochrom-P-450-2D6-Enzymaktivität hemmen, wodurch möglicherweise der Metabolismus mehrerer Medikamente beeinträchtigt wird, darunter Tamoxifen, einige Antipsychotika, Opioide, Antiarrhythmika und TCA
Citalopram und Escitalopram: Begrenzen Sie die Dosen bei älteren Erwachsenen auf maximal 20 mg/Tag bzw. 10 mg/Tag, da eine QT-Verlängerung ein Problem darstellt
Venlafaxin und Duloxetin: Können den Blutdruck erhöhen
Mirtazapin: Kann sedierend wirken und den Appetit/die Gewichtszunahme anregen
Sertralin: Geht mit dem höchsten Risiko für Diarrhö einher
Bupropion: Senkt die Anfallsschwelle und ist ein starker Hemmer der hepatischen Cytochrom P-450 2D6-Enzymaktivität, der möglicherweise den Metabolismus mehrerer Medikamente ähnlich wie Paroxetin und Fluoxetin beeinträchtigt
Antidiabetika
Bei Patienten mit Diabetes mellitus sollten die Antidiabetikadosen vorsichtig titriert werden. Das Risiko einer Hypoglykämie durch Sulfonylharnstoff kann mit dem Alter ansteigen. Chlorpropamid wird bei älteren Erwachsenen nicht empfohlen, da aufgrund des Syndroms der inadäquaten Sekretion des antidiuretischen Hormons (SIADH) ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämie und Hyponatriämie besteht. Das Risiko einer Hypoglykämie ist bei Glyburid und Glimepirid ebenfalls größer als bei anderen oralen Antihyperglykämika, da die renale Clearance bei älteren Erwachsenen verringert ist.
Metformin, ein Biguanid, das über die Nieren ausgeschieden wird, erhöht die Sensitivität peripherer Gewebe gegenüber Insulin und kann allein oder zusammen mit Sulfonylharnstoff wirksam sein. Das Risiko einer Laktatazidose, einer seltenen, aber schwerwiegenden Komplikation, steigt mit dem Ausmaß einer Nierenschädigung und mit dem Patientenalter. Symptomatische Herzinsuffizienz ist eine Kontraindikation.
Natrium-Glukose-Cotransporter-2 (SGLT2)-Inhibitoren (z. B. Canagliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin) können das Risiko von Harnwegsinfektionen, Pilzinfektionen und Hypovolämie mit orthostatischer Hypotonie erhöhen; sie sollten bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion vermieden werden.
Glucagon-like Peptide 1 (GLP1)-Rezeptor-Agonisten können bei älteren Erwachsenen eingesetzt werden, erfordern jedoch eine sorgfältige Prüfung der gastrointestinalen Verträglichkeit (Obstipation und Diarrhö), des Appetits und des Gewichtsverlusts sowie des Verlusts an Muskelmasse.
Antihypertensiva
Bei vielen älteren Patienten können geringere Initialdosen der Antihypertensiva notwendig sein, um das Risiko unerwünschter Wirkungen zu reduzieren; allerdings sind bei den meisten älteren Patienten mit Hypertonie zum Erreichen des Zielblutdrucks Standarddosen und eine Multi-Pharmakotherapie notwendig. Die Erstbehandlung der Hypertonie bei älteren Erwachsenen umfasst in der Regel ein Diuretikum vom Thiazid-Typ, einen Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer, einen Angiotensin-II-Rezeptorblocker oder einen Dihydropyridin-Kalziumkanalblocker, je nach Begleiterkrankungen. Betablocker sollten Menschen mit Herzerkrankungen oder zur Kontrolle der Herzfrequenz bei Vorhofflimmern vorbehalten sein. Kurz wirksames Nifedipin kann das Sterberisiko erhöhen und sollte nicht verwendet werden.
Der Blutdruck im Sitzen und im Stehen kann, v. a. beim EInsatz von mehreren Antihypertensiva, zur Überpüfung einer orthostatischen Hypotonie, die das Risiko für Stürze und Knochenbrüche erhöhen kann, überwacht werden. Die ambulante oder häusliche Blutdrucküberwachung kann bei älteren Erwachsenen auch genauer sein als die Blutdruckmessung in der Klinik, da viele ältere Erwachsene unter dem Weißkittel-Syndrom (Anstieg des Blutdrucks in der Arztpraxis) oder der maskierten Hypertonie (Abfall des Blutdrucks in der Arztpraxis) leiden. Ärzte müssen die Zielwerte für den Blutdruck und das Risiko unerwünschter Wirkungen bei älteren Erwachsenen (wie das Auslösen einer orthostatischen Hypotonie oder die Erhöhung des Sturzrisikos) gegeneinander abwägen.
Antiparkinson-Medikamente
Die Levodopa-Clearance ist bei älteren Patienten vermindert, die außerdem anfälliger für die unerwünschten Arzneimittelwirkungen, insbesondere orthostatische Hypotonie und Verwirrtheit, sind. Daher sollten ältere Patienten eine geringere Initialdosis von Levodopa erhalten und sorgfältig hinsichtlich unerwünschter Wirkungen überwacht werden. Patienten, die unter der Einnahme von Levodopa verwirrt werden, können möglicherweise Dopaminagonisten (z. B. Pramipexol, Ropinirol) ebenfalls nicht vertragen. Da ältere Erwachsene mit Parkinsonismus auch gleichzeitig kognitive Symptome haben können, sollten Medikamente mit anticholinergen Wirkungen (z. B. Diphenydramin, Benztropin, Trihexyphenidyl) vermieden werden.
Antipsychotika
Antipsychotika sollten nur bei Psychosen oder als Zusatztherapie bei ausgewählten Patienten mit schwer behandelbaren schweren depressiven Störungen eingesetzt werden. Bei nichtpsychotischen, agitierten Patienten kontrollieren Antipsychotika die Symptome nur marginal besser als Plazebo, und sie können schwere unerwünschte Wirkungen entfalten. Studien haben gezeigt, dass bei Personen mit Demenz Antipsychotika die Mortalität und das Schlaganfallrisiko erhöhten, was die U.S. Food and Drug Administration veranlasste, eine Black-Box-Warnung auf die Verwendung bei solchen Patienten abzugeben. Antipsychotika wirken im Allgemeinen nicht bei Demenz-assoziierten Verhaltensauffälligkeiten (z. B. Umherwandern, Schreien, unkooperatives Verhalten). Antipsychotika sollten nicht nur deshalb eingesetzt werden, weil ein Verhaltensproblem (z. B. Schreien, Wiederholen von Phrasen) für Betreuer oder andere Personen als den Patienten lästig ist. Brexpiprazol ist ein Antipsychotikum der zweiten Generation, das zur Behandlung von Unruhezuständen im Zusammenhang mit Demenz aufgrund der Alzheimer-Krankheit eingesetzt wird, aber in randomisierten Studien im Vergleich zu Placebo nur bescheidene Vorteile bei Unruhezuständen gezeigt hat (4, 5). Brexpiprazol trägt denselben Warnhinweis wie andere Antipsychotika in Bezug auf ein erhöhtes Mortalitätsrisiko bei Demenzpatienten. Es ist auch mit Kopfschmerzen, extrapyramidalen Symptomen, Sedierung und Stürzen assoziiert.
Wenn ein Antipsychotikum verwendet wird, sollte die Initialdosis ungefähr ein Viertel der üblichen Initialdosis für Erwachsene betragen und schrittweise erhöht werden mit regelmäßiger Überwachung der Therapieantwort und unerwünschter Wirkungen. Sobald der Patient reagiert, sollte die Dosis nach unten verringert werden, wenn möglich auf die niedrigste noch wirksame Dosis. Das Arzneimittel muss abgesetzt werden, wenn es unwirksam ist. Die Daten aus klinischen Studien, die sich auf Dosierung, Wirksamkeit und Sicherheit dieser Arzneimittel bei Älteren beziehen, sind begrenzt.
Antipsychotika können eine paranoide Störung reduzieren, eine Verwirrtheit dagegen verschlimmern (siehe auch Antipsychotika: Konventionelle Antipsychotika). Ältere Patienten, insbesondere Frauen, haben ein erhöhtes Risiko für Spätdyskinesien, die häufig irreversibel sind. Bei bis zu 20% der älteren Patienten, die ein Antipsychotikum einnehmen, können Sedierung, orthostatische Hypotonie, anticholinerge Wirkung und Akathisie (subjektive motorische Ruhelosigkeit) auftreten, und ein arzneimittelinduzierter Parkinsoismus kann über 6–9 Monate nach Absetzen des Arzneimittels fortbestehen.
Bei Verwendung von Antipsychotika der 2. Generation (z. B. Olanzapin, Quetiapin, Risperidon) kann es sogar, insbesondere in höheren Dosen, zu extrapyramidalen Störungen kommen. Risiken und Vorteile der Verwendung eines Antipsychotikums sollten mit dem Patienten oder der für die Patientenversorgung verantwortlichen Person diskutiert werden. Antipsychotika sollten bei Verhaltensauffälligkeiten nur dann in Betracht gezogen werden, wenn nichtpharmakologische Optionen unwirksam sind und das Verhalten des Patienten eine Bedrohung für sich selbst oder andere darstellt.
Anxiolytika und Hypnotika
Vor der Anwendung von Hypnotika sollten behandelbare Ursachen von Schlaflosigkeit eruiert und entsprechend behandelt werden. Nichtpharmaologische Maßnahmen, wie kognitive Verhaltenstherapie, und Schlafhygiene (z. B. Vermeidung von koffeinhaltigen Getränken, Einschränkung von Nickerchen am Tage, Modifikation der Schlafenszeit) sollten zunächst versucht werden. Die kurzfristige Einnahme einiger Medikamente zur Behandlung von Schlaflosigkeit ist möglicherweise sicherer als andere und hat sich bei älteren Erwachsenen als wirksam erwiesen. Zu diesen Medikamenten gehören niedrig dosiertes Doxepin (bis zu 6 mg), Daridorexant, Lemborexant, Suvorexant und Ramelteon. Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika (z. B. Zolpidem, Eszopiclon, Zaleplon) sowie kurz-, mittel- und langwirksame Benzodiazepine sind mit einem erhöhten Risiko für kognitive Beeinträchtigungen, Delir, Stürze, Knochenbrüche und Verkehrsunfälle bei älteren Erwachsenen verbunden und sollten bei der Behandlung von Schlaflosigkeit vermieden werden. Benzodiazepine können für die Behandlung von Angstzuständen oder Panikattacken bei älteren Menschen geeignet sein.
Wenn möglich, sollte die Dauer einer anxiolytischen oder hypnotischen Therapie begrenzt sein, da es zu Toleranz und Abhängigkeit kommen kann; Absetzen kann zu erneuter Angst oder Schlaflosigkeit führen.
Antihistaminika (z. B. Diphenhydramin, Hydroxyzin) sind als Anxiolytika und Hypnotika nicht zu empfehlen, da sie anticholinerge Wirkungen haben und sich eine Toleranz gegenüber den sedativen Wirkungen schnell entwickelt.
Buspiron, ein partieller Serotoninagonist, kann bei generalisierter Angststörung wirksam sein, ältere Patienten tolerieren Dosen von bis zu 30 mg/Tag gut. Das langsame Einsetzen der anxiolytischen Wirkung (bis zu 2–3 Wochen) kann in dringenden Fällen von Nachteil sein.
Digoxin
Digoxin, ein Herzglykosid, wird verwendet, um die Kontraktionnskraft des Myokards zu erhöhen und supraventrikuläre Arrhythmien zu behandeln. Es muss bei älteren Patienten allerdings mit Vorsicht eingesetzt werden. Bei Männern mit Herzinsuffizienz und einer Linksherzejektionsfraktion ≤ 45% sind Serumdigoxinspiegel > 0,8 ng/ml (1,0 nmol/l) mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden. Unerwünschte Wirkungen stehen in der Regel im Zusammenhang mit der engen therapeutischen Breite. Eine Studie hat ergeben, dass Digoxin bei Frauen vorteilhaft ist bei Serumspiegeln zwischen 0,5 und 0,9 ng/ml (0,6-1,2 nmol/l), aber möglicherweise schädlich bei Werten ≥ 1,2 ng/ml (1,5 nmol/l) (6).
Eine Reihe von Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Digoxintoxizität bei älteren Patienten. Nierenfunktionsstörungen, vorübergehende Dehydrierung und die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), die bei älteren Erwachsenen häufig vorkommen, können die renale Clearance von Digoxin verringern. Ferner nimmt die Digoxin-Clearance bei älteren Patienten mit normalen Serum-Kreatininspiegeln durchschnittlich um 50% ab. Auch wenn der Anteil der fettfreien Körpermasse beim Altern reduziert ist, wird das Verteilungsvolumen für Digoxin reduziert. Daher sollten die Initialdosen niedrig sein (0,125 mg/Tag) und gemäß Wirkung und Serumdigoxinspiegel (normaler Bereich zwischen 0,8 und 2,0 ng/ml [1,0-2,6 nmol/l]) angepasst werden. Allerdings korreliert der Digoxin-Serumspiegel nicht immer mit der Wahrscheinlichkeit der Toxizität. Darüber hinaus die Beers-Kriterien® der American Geriatric Society schlagen vor, Dosen > 0,125 mg/Tag zu vermeiden (1) und die Vermeidung von Digoxin zur First-Line-Behandlung von Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern. Das Absetzen von Digoxin bei klinisch stabilen Patienten mit Herzinsuffizienz kann angemessen sein, wenn der Patient eine andere geeignete Behandlung für seine Herzinsuffizienz erhält (7).
Diuretika
Geringere Dosen von Thiazid-Diuretika (z. B. Hydrochlorothiazid oder Chlortalidon) können bei älteren Patienten den Blutdruck wirkungsvoll kontrollieren und haben ein geringeres Hypokalämie- und Hyperglykämierisiko als andere Diuretika. Daher ist eine Kaliumsupplementierung seltener erforderlich.
Kaliumsparende Diuretika sollten bei älteren Erwachsenen mit Vorsicht eingesetzt werden; der Kaliumspiegel muss sorgfältig überwacht werden, insbesondere wenn diese Diuretika zusammen mit Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmern (ACE-Hemmern) oder Angiotensin-II-Rezeptorblockern verabreicht werden oder wenn der Patient eine eingeschränkte Nierenfunktion hat.
Literatur
1. The 2023 American Geriatrics Society Beers Criteria® Update Expert Panel. American Geriatrics Society 2023 updated AGS Beers Criteria® for potentially inappropriate medication use in older adults. J Am Geriatr Soc. 2023;71(7):2052-2081. doi:10.1111/jgs.18372
2. Ruschitzka F, Borer JS, Krum H, et al. Differential blood pressure effects of ibuprofen, naproxen, and celecoxib in patients with arthritis: the PRECISION-ABPM (Prospective Randomized Evaluation of Celecoxib Integrated Safety Versus Ibuprofen or Naproxen Ambulatory Blood Pressure Measurement) Trial. Eur Heart J. 2017;38(44):3282-3292. doi:10.1093/eurheartj/ehx508
3. Writing Committee Members, Joglar JA, Chung MK, et al. 2023 ACC/AHA/ACCP/HRS Guideline for the Diagnosis and Management of Atrial Fibrillation: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines [published correction appears in J Am Coll Cardiol. 2024 Mar 5;83(9):959. doi: 10.1016/j.jacc.2024.01.020.] [published correction appears in J Am Coll Cardiol. 2024 Jun 25;83(25):2714. doi: 10.1016/j.jacc.2024.05.033.]. J Am Coll Cardiol. 2024;83(1):109-279. doi:10.1016/j.jacc.2023.08.017
4. Grossberg GT, Kohegyi E, Mergel V, et al. Efficacy and Safety of Brexpiprazole for the Treatment of Agitation in Alzheimer's Dementia: Two 12-Week, Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Trials. Am J Geriatr Psychiatry. 2020;28(4):383-400. doi:10.1016/j.jagp.2019.09.009
5. Lee D, Slomkowski M, Hefting N, et al. Brexpiprazole for the Treatment of Agitation in Alzheimer Dementia: A Randomized Clinical Trial. JAMA Neurol. 2023;80(12):1307-1316. doi:10.1001/jamaneurol.2023.3810
6. Adams KF Jr, Patterson JH, Gattis WA, et al. Relationship of serum digoxin concentration to mortality and morbidity in women in the digitalis investigation group trial: a retrospective analysis. J Am Coll Cardiol. 2005;46(3):497-504. doi:10.1016/j.jacc.2005.02.091
7. Lam PH, Liu K, Ahmed AA, et al. Digoxin Discontinuation in Patients With HFrEF on Beta-Blockers: Implication for Future 'Knock-Out Trials' in Heart Failure. Am J Med. 2025;138(3):495-503.e1. doi:10.1016/j.amjmed.2024.10.015
