Herzkatheterisierung und Koronarangiographie

VonThomas Cascino, MD, MSc, Michigan Medicine, University of Michigan;
Michael J. Shea, MD, Michigan Medicine at the University of Michigan
Überprüft/überarbeitet Dez. 2023
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Kurzinformationen

Die Herzkatheterisierung ist ein Verfahren, mit dem die Herzfunktion über einen Katheter gemessen wird, der über eine Vene oder Arterie eingeführt und ins Herz geschoben wird. Die Koronarangiographie kann während einer Herzkatheterisierung durchgeführt werden und ist eine Art der medizinischen Bildgebungsverfahren, bei der Röntgenstrahlen und ein Kontrastmittel zum Einsatz kommen, um Bilder der Blutgefäße zu machen, die das Herz versorgen (Herzkranz- oder Koronararterien).

Eine Herzkatheterisierung und eine koronare Angiographie sind minimalinvasive Methoden zur Untersuchung des Herzens und der Blutgefäße, die das Herz versorgen (Koronararterien), ohne operieren zu müssen. Diese Tests werden in der Regel durchgeführt, wenn nicht-invasive Tests nicht genügend Informationen liefern, wenn nicht-invasive Tests dafür sprechen, dass ein Problem mit dem Herzen oder Blutgefäß vorliegt, oder wenn eine Person Symptome zeigt, die sehr stark für ein Herz- oder Koronararterienproblem sprechen. Ein Vorteil dieser Tests ist, dass während der Untersuchung der Arzt gleich bestimmte Krankheiten behandeln kann, unter anderem auch eine koronare Herzkrankheit.

Jährlich werden mehr als eine Million Herzkatheterisierungen und Angiographien in den USA durchgeführt. Sie sind relativ sicher und führen selten zu Komplikationen. Die Wahrscheinlichkeit einer schwerwiegenden Komplikation, wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Tod, beträgt dabei 1:1.000. Weniger als einer von 10.000 der diesen Verfahren unterzogenen Patienten stirbt, wobei die meisten schon vorher eine schwerwiegende Herzkrankheit oder eine andere Erkrankung haben. Das Risiko von Komplikationen und Tod ist bei älteren Erwachsenen erhöht.

Herzkatheterisierung

Herzkatheterisierungen werden sehr häufig zur Diagnose und Behandlung verschiedener Herzkrankheiten eingesetzt. Bei der Herzkatheterisierung können das Blutvolumen, das ein Herz pro Minute auspumpt (Herzzeitvolumen), gemessen und angeborene Fehlbildungen des Herzens sowie Tumoren, die das Herz betreffen (z. B. Myxome), entdeckt und Gewebeproben (Biopsie) entnommen werden.

Dieses Verfahren ist der einzige Weg, um den Blutdruck in jeder Herzkammer und in den großen Blutgefäßen, die vom Herzen zur Lunge führen, direkt zu messen.

Bei der Herzkatheterisierung wird ein dünner Katheter (ein kleiner beweglicher, hohler Kunststoffschlauch) in eine Arterie oder Vene am Hals, Arm oder in der Leiste/Oberschenkel durch ein Loch, das mit der Nadel gestochen wurde, eingeführt. Die Einstichstelle wird mit einem Lokalanästhetikum örtlich betäubt. Danach wird der Katheter durch die großen Blutgefäße in die Herzkammern und/oder die Koronararterien vorgeschoben. Das Verfahren wird im Krankenhaus durchgeführt und dauert 40 bis 60 Minuten.

Durch den Schlauch können verschiedene kleine Instrumente bis zur Katheterspitze vorgeschoben werden. Dazu gehören Geräte, um den Blutdruck in jeder Herzkammer und in den an das Herz anschließenden Blutgefäßen zu messen, um das Innere der Blutgefäße anzusehen oder Ultraschallbilder davon anzufertigen und um Blutproben aus verschiedenen Teilen des Herzens zu entnehmen oder um eine Gewebeprobe aus dem Herzinneren zur mikroskopischen Untersuchung (Biopsie) zu entnehmen. Häufige Verfahren, die mithilfe eines Katheters durchgeführt werden, sind unter anderem Folgende:

  • Koronarangiographie: Ein Katheter wird zum Einspritzen eines strahlenundurchlässigen Kontrastmittels in die Blutgefäße, die das Herz versorgen (Koronararterien), verwendet, damit diese auf den Röntgenaufnahmen sichtbar werden.

  • Ventrikulographie: Die Ventrikulographie ist eine Form der Angiographie, bei der zum Zweck von Röntgenaufnahmen ein strahlenundurchlässiges Kontrastmittel durch einen Katheter in die linke oder rechte Herzkammer gespritzt wird. Dabei kann der Arzt die Bewegung des linken und des rechten Ventrikels beobachten und Aufschluss über die Pumpleistung des Herzens erhalten. Auf Grundlage der Pumpleistung kann die Herzzeitvolumen (die Blutmenge, die bei jedem Herzschlag aus dem linken Ventrikel gepumpt wird), berechnet werden. Die Bewertung der Pumpleistung hilft dabei, die Schädigung des Herzens zu bestimmen.

  • Perkutane Koronarintervention (PCI): Über den Führungsdraht wird ein Ballonkatheter in eine verengte Koronararterie transportiert und der Ballon an der Spitze des Katheters wird aufgeblasen, um den verengten Bereich zu öffnen. Der Katheter wird in der Regel verwendet, um eine Drahtgitterröhre (einen sog. Stent) in die Arterie einzuführen, damit diese offen bleibt.

  • Valvuloplastie: Ein Katheter wird verwendet, um ein verengtes Herzventil zu öffnen.

  • Klappenersatz: Ein Katheter wird verwendet, um eine Herzklappe zu ersetzen, ohne dabei die alte Klappe zu entfernen oder eine Operation durchzuführen.

Wenn eine Arterie für das Einführen eines Katheters geöffnet wurde, muss die Einstichstelle nach der Entfernung aller Instrumente 10 bis 20 Minuten lang fest zusammengedrückt (komprimiert) werden. Die Kompression verhindert eine Nachblutung und einen Bluterguss. Gelegentlich blutet die Schnittstelle allerdings doch und hinterlässt einen großen Bluterguss, der über mehrere Wochen bestehen bleiben kann, aber fast immer von selbst wieder verschwindet. Alternativ können auch Nahtverschlusssysteme verwendet werden, um das durch den Katheter verursachte Loch in der Arterie zu schließen.

Das Einführen eines Katheters ins Herz kann Herzrhythmusstörungen verursachen, weshalb das Herz mittels Elektrokardiographie (EKG) überwacht wird. Gewöhnlich kann der Arzt den Herzrhythmus normalisieren, indem er die Lage des Katheters verändert. Bringt diese Maßnahme keine Besserung, wird der Katheter entfernt. Sehr selten kann bei Einführen eines Katheters eine Herzwand verletzt oder durchstochen werden; dann ist eine sofortige Operation notwendig, um die Wunde zu verschließen.

Die Herzkatheterisierung kann auf der rechten oder linken Seite des Herzens erfolgen.

Katheterisierung der rechten Seite des Herzens

Die Katheterisierung der rechten Seite liefert Informationen über die rechten Herzkammern (rechten Vorhof und rechten Ventrikel) und die Trikuspidalklappe, die sich zwischen diesen beiden Kammern befindet. Außerdem kann damit die Menge an Blut beurteilt werden, die das Herz pumpt. Der rechte Vorhof erhält sauerstoffarmes Blut aus dem Körper von den Venen und die rechte Herzkammer pumpt dieses Blut in die Lunge, wo das Blut Sauerstoff aufnimmt und Kohlendioxid abgibt. Für diese Untersuchung wird der Katheter durch eine Vene eingeführt, gewöhnlich am Hals, im Arm oder in der Leistenbeuge.

Die Rechtsherzkatheterisierung wird verwendet, um die Herzfunktion sowie anormale Verbindungen zwischen der linken und rechten Seite des Herzens zu erfassen und zu messen. Ärzte verwenden die Rechtsherzkatheterisierung zur Beurteilung von Patienten für eine Herztransplantation, für das Einsetzen eines Geräts, das die Blutpumpfunktion unterstützt, oder zur Diagnose und Behandlung von pulmonaler Hypertonie (Lungenhochdruck) oder Herzinsuffizienz.

Eine Katheterisierung der Lungenarterie, bei der ein Ballon an der Katheterspitze durch den rechten Vorhof und die rechte Herzkammer in die Lungenarterie (die die rechte Herzkammer mit den Lungen verbindet) eingeführt wird, wird manchmal während der sogenannten Rechtsherzkatheterisierung (Katheterisierung der rechten Herzseite) bei bestimmten großen operativen Eingriffen und auf Intensivstationen durchgeführt.

Katheterisierung der linken Seite des Herzens

Ein Linksherzkatheter wird gelegt, um Informationen über die Herzkammern der linken Herzseite (linker Vorhof und linke Herzkammer), die Mitralklappe (zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer) sowie über die Aortenklappe (zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta) zu erhalten. Der linke Vorhof erhält sauerstoffreiches Blut aus der Lunge, das der linke Ventrikel in den Körper pumpt. Die Untersuchung wird meist in Verbindung mit einer Koronarangiographie durchgeführt, um Informationen über die Koronararterien zu erhalten.

Für die Linksherzkatheterisierung wird der Katheter in eine Arterie, in der Regel im Arm (in der Nähe des Ellenbogens oder Handgelenks), im Hals oder in der Leiste, eingeführt und von dieser Arterie in die Aorta, die Hauptschlagader, die Blut vom Herzen weg transportiert, geschoben.

Koronarangiographie

Bei einer Angiographie wird ein strahlenundurchlässiges Kontrastmittel (Flüssigkeit, die auf Röntgenbildern sichtbar ist) in die Blutgefäße gespritzt und Röntgenbilder werden erstellt, um so genaue Aufnahmen der Blutgefäße zu erhalten. Die Koronarangiographie liefert Informationen über die Koronararterien, die das Herz mit sauerstoffreichem Blut versorgen. Eine Koronarangiographie wird während einer Linksherzkatheterisierung durchgeführt, weil sich die Koronararterien direkt, nachdem die Aorta aus der linken Seite des Herzens hinausführt, verzweigen (siehe Blutversorgung des Herzens). Die zwei Verfahren werden beinahe immer gleichzeitig durchgeführt.

Nach örtlicher Betäubung führt der Arzt durch einen Schnitt einen dünnen Katheter in eine Arterie im Arm (in der Nähe des Ellenbogens oder Handgelenks), im Hals oder in der Leiste ein. Der Katheter wird von da aus zum Herzen und weiter in die Koronararterien geschoben. Den Vorgang kann der Arzt mittels Fluoroskopie (einem kontinuierlichen Röntgenverfahren) am Bildschirm kontrollieren, damit der Katheter an die richtige Stelle gelangt.

Wenn die Katheterspitze ihr Ziel erreicht hat, wird ein strahlenundurchlässiges Kontrastmittel durch den Katheter in die Koronararterien gespritzt, um die Umrisse der Arterien auf einem Bildschirm sichtbar werden zu lassen und sie aufzuzeichnen.

Ärzte nutzen diese Bilder, um Verschlüsse (koronare Herzkrankheit) oder Spasmen der Koronararterien zu entdecken. Die Bilder können dabei helfen, festzustellen, ob eine Angioplastie (Öffnung des Verschlusses mit einem kleinen Ballon, der durch den Katheter eingeführt wird) und ein Stent-Implantat (kleine, dehnbare hohle Metallgitterröhrchen, um die Koronararterien offenzuhalten) benötigt werden oder ob eine Bypassoperation der Koronararterien durchgeführt werden muss, um das Blut an der Verschlussstelle vorbei zu schleusen.

Miniatur-Ultraschallköpfe am Ende der Koronararterien-Katheter können Aufnahmen von den Herzgefäßwänden machen und den Blutdurchfluss darstellen. Diese Technik (intravaskulärer Ultraschall oder IVUS) wird zunehmend gleichzeitig mit der Koronarangiographie eingesetzt. Mit den Miniatur-Drucksensoren an der Katheterspitze kann die Druckveränderung vor und nach einer Verengung der Koronararterie bestimmt werden. Diese Technik (die sogenannte fraktionelle Flussreserve oder FFR) wird zur Bestimmung des Schweregrads der Blutgefäßverengung verwendet.

Die Koronarangiographie dauert für gewöhnlich 30 bis 50 Minuten und verursacht kaum Beschwerden. Außer wenn der Patient sehr krank ist, kann er kurze Zeit nach der Untersuchung nach Hause gehen.

Wenn das Röntgenkontrastmittel in die Aorta oder die Herzkammern gespritzt wird, breitet sich vorübergehend ein Wärmegefühl im Körper aus, während sich das Kontrastmittel im Blut verteilt. Die Herzfrequenz kann sich erhöhen und der Blutdruck leicht sinken. Selten verlangsamt sich durch das Kontrastmittel für kurze Zeit der Herzschlag oder setzt ganz aus. Der Patient kann deshalb gebeten werden, während des gesamten Verfahrens kräftig zu husten, um solche kaum jemals schwerwiegenden Probleme weitgehend zu vermeiden. In Einzelfällen kann es bei der Untersuchung zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Husten kommen.

Schwere Komplikationen wie Kreislaufschock, Krampfanfälle, Nierenprobleme und plötzlicher Herzstillstand (Asystolie treten sehr selten auf. Zu den Nebenwirkungen von strahlenundurchlässigen Kontrastmitteln zählen allergische Reaktionen und Nierenschäden. Allergische Reaktionen auf das Kontrastmittel können von Hautausschlägen bis zu einer selten auftretenden lebensbedrohlichen Reaktion, dem anaphylaktischen Schock, reichen. Das medizinische Team, das die Koronarangiographie durchführt, ist darauf vorbereitet, eventuell auftretende Komplikationen sofort zu behandeln. Nierenschäden klingen fast immer von selbst ab. Ärzte lassen jedoch Vorsicht dabei walten, bei Patienten eine Angiographie durchzuführen, bei denen die Nierenfunktion bereits beeinträchtigt ist.

Bei älteren Erwachsenen ist das Risiko für Komplikationen höher, wenn auch immer noch gering. Eine Koronarangiographie wird grundsätzlich durchgeführt, wenn eine Angioplastie oder eine Koronararterien-Bypassoperation erwogen wird.