Ventrikuläre Tachykardie

VonL. Brent Mitchell, MD, Libin Cardiovascular Institute of Alberta, University of Calgary
Überprüft/überarbeitet Jan. 2023
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Kurzinformationen

Bei der ventrikulären Tachykardie handelt es sich um einen Herzrhythmus durch die Ventrikel (die unteren Kammern des Herzens), bei der eine Herzfrequenz von mindestens 120 Schlägen pro Minute (ein normaler Herzrhythmus liegt in der Regel zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute) erreicht wird.

  • Die Betroffenen leiden fast immer an Palpitationen und anderen Symptomen einer Herzinsuffizienz (z. B. Kurzatmigkeit, Schmerzen in der Brust und/oder Ohnmacht).

  • Die Diagnose wird anhand einer Elektrokardiografie erstellt.

  • Die Behandlung kann mit Medikamenten und Verfahren zur Zerstörung abnormer Ventrikelbereiche erfolgen, jedoch ist gewöhnlich ein automatischer implantierbarer Defibrillator erforderlich.

(Siehe auch Übersicht über Herzrhythmusstörungen.)

Der elektrische Strom, der jeden Herzschlag auslöst, wird von dem Schrittmacher des Herzens (dem sogenannten Sinus- oder Sinuatrial-Knoten) abgegeben, der in der Spitze der oberen rechten Herzkammer (des rechten Vorhofs) sitzt. Manchmal wird ein Herzschlag jedoch von einer der unteren Herzkammern, den Ventrikeln, ausgelöst. Bei den Betroffenen werden womöglich nur ein paar Herzschläge durch die Herzkammern (Ventrikel) ausgelöst (ventrikuläre Einzelschläge), doch manchmal kommt es zu einer Reihe von aufeinanderfolgenden ventrikulären Einzelschlägen. Manchmal erfolgen nur wenige solcher Schläge hintereinander; dann kehrt das Herz zu einem normalen Rhythmus zurück. Eine ventrikuläre Tachykardie, die länger als 30 Sekunden dauert, wird anhaltende ventrikuläre Tachykardie genannt.

Eine anhaltende ventrikuläre Tachykardie tritt gewöhnlich bei Menschen mit einer strukturellen Herzkrankheit auf, wie Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Kardiomyopathie. Sie kommt bei älteren Menschen häufiger vor. In seltenen Fällen kann sich eine ventrikuläre Tachykardie jedoch auch bei jungen Menschen ohne strukturelle Herzkrankheit entwickeln. Bei den hiervon Betroffenen kann ein sogenanntes Long-QT-Syndrom vorliegen. Diese Herzkrankheit kann angeboren sein oder von bestimmten Medikamenten verursacht werden. Es kann auch aufgrund anderer seltener vererbter Erkrankungen wie dem Brugada-Syndrom (einer Ionenkanalstörung) auftreten.

Symptome einer ventrikulären Tachykardie

Patienten mit ventrikulärer Tachykardie sind sich fast immer Ihres Herzschlags bewusst (sie haben fast immer Palpitationen). Weitere Symptome sind Schwäche, Benommenheit und/oder Brustbeschwerden.

Die anhaltende ventrikuläre Tachykardie kann gefährlich sein, weil sich die Ventrikel nicht ausreichend mit Blut füllen und nicht normal pumpen können. Es kann zu niedrigem Blutdruck und anschließender Herzinsuffizienz kommen. Eine anhaltende ventrikuläre Tachykardie ist zudem bedrohlich, weil sie zum Kammerflimmern, einer Form von Herzstillstand, werden kann. Manchmal zeigt die ventrikuläre Tachykardie selbst dann nur wenig Symptome, wenn sie zu Herzfrequenzen von bis zu 200 Schlägen pro Minute führt; dennoch kann sie sehr gefährlich sein.

Diagnose einer ventrikulären Tachykardie

  • Elektrokardiografie

Mit der Elektrokardiografie (EKG) kann die ventrikuläre Tachykardie diagnostiziert, und es kann geprüft werden, ob eine Behandlung erforderlich ist.

Behandlung einer ventrikulären Tachykardie

  • Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus

  • Vorbeugung vor weiteren Anfällen

Sofortige Behandlung

Die ventrikuläre Tachykardie muss behandelt werden, wenn Symptome auftreten oder die Anfälle länger als 30 Sekunden dauern, auch wenn keine Symptome auftreten.

Bei Menschen mit Symptomen, insbesondere, mit einem zu niedrigen Blutdruck, ist eine sofortige Kardioversion erforderlich (ein elektrischer Impuls, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen).

Menschen ohne Symptome aber mit einem Anfall von mehr als 30 Sekunden Dauer sollten entweder mittels Kardioversion oder intravenös verabreichten Medikamenten behandelt werden.

Da die Kardioversion als schmerzhaft empfunden wird, müssen die Patienten betäubt werden. Dieses Verfahren ist jedoch fast immer wirksam und hat ansonsten nur wenige Nebenwirkungen.

Medikamente sind demgegenüber leichter anzuwenden, sind jedoch bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) nicht so wirksam wie die Kardioversion und verursachen häufiger Nebenwirkungen. Die am häufigsten eingesetzten Medikamente sind Amiodaron, Lidocain und Procainamid (siehe Tabelle Medikamente bei Herzrhythmusstörungen (Auswahl)).

Langzeitbehandlung

Das langfristige Ziel ist es eher, einem plötzlichen Tod entgegenzuwirken, als nur die Rhythmusstörung zu beenden. Bei Menschen mit ventrikulärer Tachykardie, der eine Herzkrankheit zugrunde liegt, wird oftmals ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD, ein kleines Gerät, das Herzrhythmusstörungen erkennt und mit elektrischen Impulsen korrigiert) verwendet, insbesondere wenn das Herz nicht richtig pumpt. Diese Maßnahme wirkt ähnlich wie die Implantation eines künstlichen Schrittmachers.

Mit bestimmten Verfahren kann der mittels EKG identifizierte, veränderte Bereich in den Ventrikeln, der die anhaltende ventrikuläre Tachykardie gewöhnlich auslöst, zerstört werden. Dazu gehören die Katheterablation (Abgabe von Energie mittels Radiowellen, Laserimpulsen, Hochfrequenzstrom oder Kälte über einen ins Herz eingeführten Katheter) und eine Operation am offenen Herzen.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. American Heart Association: Arrhythmie: Informationen, um Patienten dabei zu helfen, ihr Risiko für Herzrhythmusstörungen zu verstehen, sowie Informationen zur Diagnose und Behandlung