Erythrozytose

(sekundäre Polyzythämie)

VonJane Liesveld, MD, James P. Wilmot Cancer Institute, University of Rochester Medical Center
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Erythrozytose ist die erhöhte Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten).

(Siehe auch Überblick über myeloproliferative Neoplasien.)

Eine Erythrozytose kann in folgenden Formen auftreten:

  • Primär: Wird durch eine Erkrankung der blutbildenden Zellen verursacht.

  • Sekundär: Durch eine Erkrankung verursacht, die eine gesteigerte Bildung von normalen blutbildenden Zellen anregt.

Eine primäre Erythrozytose tritt infolge einer Polycythaemia vera auf. Dabei handelt es sich um eine myeloproliferatives Neoplasie, bei der die Anzahl der weißen Blutkörperchen und Blutplättchen übermäßig hoch ist und krankhafte Zellen im Knochenmark zudem zu viele rote Blutkörperchen bilden. Gelegentlich ist nur die Bildung der roten Blutkörperchen erhöht.

Eine sekundäre Erythrozytose tritt infolge einer Erkrankung auf, die die Ausscheidung von Erythropoetin erhöht. Erythropoetin ist ein Hormon, das in den Nieren produziert wird und das das Knochenmark zur Bildung roter Blutkörperchen anregt. Daher wird die sekundäre Erythrozytose nicht als myeloproliferative Neoplasie betrachtet. Es ist jedoch wichtig, dass Ärzte nach diesen Erkrankungen suchen, da sowohl eine primäre als auch eine sekundäre Erythrozytose zu einer übermäßigen Anzahl roter Blutkörperchen führt.

Eine sekundäre Erythrozytose hat viele Ursachen. Sie kann durch Sauerstoffmangel verursacht werden, der wiederum folgende Ursachen haben kann:

Sauerstoffmangel führt zu einer erhöhten Menge von Erythropoetin, was das Knochenmark anregt, mehr rote Blutkörperchen zu bilden, damit das Blut mehr Sauerstoff transportieren kann. Menschen, die lange Zeit in einer Umgebung oder in Situationen mit niedrigem Sauerstoffgehalt verbringen, z. B. Menschen, die in großen Höhenlagen leben, erleiden oft eine Erythrozytose, die so schwerwiegend ist, dass Symptome auftreten (siehe „Was ist eine chronische Höhenkrankheit?“). Bei einigen angeborenen Fehlbildungen des Herzens wird das Blut vom Herzen weggeleitet, sodass es keinen Sauerstoff aufnehmen kann, was bei der Geburt eine Hypoxie (einen Sauerstoffmangel im Gewebe infolge eines Sauerstoffmangels im Blut) verursacht und zu einer sekundären Erythrozytose führt.

Zu den anderen Ursachen einer sekundären Erythrozytose zählen:

  • Behandlung mit männlichen Hormonen wie Testosteron

  • Nierenprobleme, einschließlich Tumoren, Zysten sowie die Verengung der zu den Nieren führenden Arterien

  • Leber-, Gehirn- oder Nebennierentumoren

  • Genetische Störungen, die sich auf die Produktion von Erythropoetin auswirken (angeborene Erythrozytose)

Stimulation der Produktion von Erythropoetin durch männliche Hormone, wie z. B. Testosteron

Vermehrte Ausschüttung von Erythropoetin aufgrund von Problemen, durch die die Durchblutung der Nieren verringert wird, wie Tumoren, Zysten und eine Verengung der zu den Nieren führenden Arterien

Es kann zu einer tumorassoziierten Erythrozytose kommen, wenn bestimmte Tumoren oder Zysten (wie z. B. der Nieren, der Leber, des Gehirns oder der Gebärmutter) Erythropoetin ausscheiden.

Eine vererbte Erythrozytose ist bereits bei der Geburt vorhanden und wird in der Regel durch eine vererbte genetische Störung verursacht, die die Affinität von Hämoglobin zu Sauerstoff oder die Reaktion auf eine Hypoxie beeinflusst. (Hämoglobin ist das Molekül in den roten Blutkörperchen, das den Sauerstoff transportiert. Eine Hypoxie liegt dann vor, wenn der Sauerstoffgehalt im Blut niedrig ist.) Diese Erbkrankheiten sind selten, werden aber vermutet, wenn die Familienmitglieder eines Patienten mit Erythrozytose ebenfalls davon betroffen sind.

Bei einer relativen Erythrozytose gibt es zwar keine zusätzlichen roten Blutkörperchen, aber da weniger Flüssigkeit (Plasma) im Blutkreislauf ist, scheinen sie in hoher Konzentration vorhanden zu sein. Der niedrige Plasmaspiegel kann infolge von Verbrennungen, Erbrechen, Durchfall, zu geringer Flüssigkeitsaufnahme oder der Anwendung von Medikamenten, die die Ausscheidung von Salz und Wasser über die Nieren beschleunigen (Diuretika), auftreten.

Symptome der Erythrozytose

Patienten mit sekundärer Erythrozytose leiden ggf. an

  • Schwäche

  • Müdigkeit

  • Kopfschmerzen

  • Benommenheit

  • Kurzatmigkeit

Diagnose der Erythrozytose

  • Bluttests

  • Tests zur Feststellung der Ursache

Ärzte fragen nach sämtlichen Medikamenten, die eine Erythrozytose verursachen können. Sie messen den Sauerstoffgehalt und den Erythropoetinspiegel im Blut. Ein hoher Erythropoetinspiegel reicht oft für die Diagnose einer sekundären Erythrozytose aus. Bei einem niedrigen Spiegel werden andere Tests auf eine primäre Erythrozytose (Polycythaemia vera) durchgeführt.

Manchmal werden andere spezialisierte Tests durchgeführt, insbesondere dann, wenn eine seltene Ursache der Erythrozytose bestimmt werden muss. Dazu können Tests zählen, mit denen nach einer Hormonstörung oder einem versteckten Tumor gesucht wird, die bzw. der andere Symptome verursachen könnte.

In der Regel wird die Diagnose einer vererbten Erythrozytose gestellt, wenn der Patient im Frühstadium an Symptomen leidet oder Angehörige des Patienten auch an Erythrozytose leiden. Zusätzlich zu den Bluttests können Ärzte Gentests durchführen, um die genaue Ursache zu bestimmen.

Behandlung der Erythrozytose

  • Behandlung der Krankheitsursache

  • Phlebotomie

Eine sekundäre Erythrozytose, die durch einen Sauerstoffmangel verursacht wurde, kann mit Sauerstoff behandelt werden. Rauchern wird empfohlen, mit dem Rauchen aufzuhören, und ihnen wird eine Behandlung angeboten, um sie dabei zu unterstützen. Eine Grunderkrankung, die den Sauerstoffmangel und eine sekundäre Erythrozytose verursacht, wird so wirksam wie möglich behandelt. Bei manchen Patienten wird eine Phlebotomie (dabei wird ein Teil des Blutes des Betroffenen entfernt) durchgeführt, um die Anzahl der roten Blutkörperchen zu senken. Es ist selten, dass eine Phlebotomie zur Behandlung einer sekundären Erythrozytose notwendig ist.

Bei einer tumorassoziierten Erythrozytose kann die Entfernung des Tumors zur Heilung führen. Die Behandlung einer bestimmten Hormonstörung oder das Absetzen eines Medikaments, das die sekundäre Erythrozytose verursachen kann, kann ebenfalls zur Heilung führen.

Eine relative Erythrozytose wird durch die Gabe von Flüssigkeit behandelt, entweder als Getränk oder intravenös, sowie durch die Behandlung der Grunderkrankung, die zum niedrigen Plasmagehalt beigetragen hat.