Bauchverletzungen im Überblick

VonPhilbert Yuan Van, MD, US Army Reserve
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Der Bauch kann durch vielerlei Arten von Traumata verletzt werden. Eine Verletzung kann auf den Bauch beschränkt sein oder mit einem schweren Trauma, das mehrere Organsysteme betrifft, einhergehen. Art und Schwere der Bauchverletzungen sind je nach dem Verletzungsmechanismus und den beteiligten Kräften sehr unterschiedlich. Somit können Verallgemeinerungen über Mortalität und Notwendigkeit eines operativen Eingriffes irreführend sein.

Verletzungen werden oft nach der beschädigten Struktur kategorisiert:

  • Bauchdecke

  • Solide Organe (Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse, Niere)

  • Hohlorgan (Bauch, Dünndarm, Dickdarm, Harnleiter, Blase)

  • Gefäßsystem

Einige spezifische Verletzungen durch Bauchtraumata werden an anderer Stelle besprochen, wie z. B. Verletzungen der Leber, der Milz und des Urogenitaltrakts.

(Siehe auch Vorgehen beim Traumapatienten.)

Ätiologie des abdominellen Traumas

Ein Bauchtrauma wird in der Regel auch durch den Mechanismus der Verletzung kategorisiert:

  • Stumpf

  • Penetrierend

Ein stumpfesTrauma kann ein direkter Schlag sein (z. B. ein Tritt), eine Kollision mit einem Gegenstand (z. B. Sturz auf den Fahrradlenker) oder eine plötzliche Verlangsamung (z. B. Sturz aus großer Höhe, Kraftfahrzeugaufprall) sein. Die Milz ist das am häufigsten beschädigte Organ, gefolgt von der Leber und einem Hohlorgan (typischerweise der Dünndarm).

Penetrierende Verletzungen können, müssen aber nicht das Peritoneum durchdringen, und selbst wenn sie es tun, muss das nicht unbedingt eine Organverletzung zur Folge haben. Stichwunden beschädigen seltener als Schusswunden die intra-abdominalen Strukturen. Bei beiden Verletzungen können jedoch jede der Strukturen betroffen sein. Penetrierende Verletzungen des Brustkorbs unterhalb des vierten Interkostalraums (oder der Brustwarzenlinie) sollten aufgrund der Lage der Bauchorgane im Brustkorb während des Atmungszyklus ebenfalls als potenzielle abdominale Wunde bewertet werden.

Klassifikation

Verletzungsskalen wurden entwickelt, um Organverletzungen nach ihrem Schweregrad zu klassifizieren: von Grad 1 (minimal) zu den Klassen 5 oder 6 (massiv); Mortalität und Notwendigkeit für die operative Reparatur steigt mit dem Verletzungsgrad. Skalen existieren für die Leber (siehe Tabelle Grade von Leberschäden), Milz (siehe Tabelle Grade von Milzverletzungen) und Nieren (siehe Klassifikation von Nierenverletzungen).

Assoziierte Verletzungen

Eine stumpfe oder penetrierende Verletzung, die die intra-abdominalen Strukturen betrifft, kann auch Schäden an der Wirbelsäule, den Rippen und/oder am Becken verursachen. Patienten, die eine erhebliche Dezeleration erlebt haben, haben oft Verletzungen an anderen Teilen des Körpers, einschließlich der Aorta descendens.

Pathophysiologie des abdominellen Traumas

Stumpfe oder penetrierende Traumata können die intra-abdominalen Strukturen verletzen oder zerreißen. Stumpfe Verletzungen können aber auch nur ein Hämatom an einem soliden Organ oder in der Wand eines Hohlorgans verursachen.

Verletzungen fangen sofort an zu bluten. Eine Blutung aus einer niedriggradigen Verletzung eines soliden Organs, einer leichten Gefäßverletzung oder eines Hohlorgans ist oft von geringer Menge, mit minimalen physiologischen Folgen. Schwerere Verletzungen verursachen eine massive Blutung mit Schock, Azidose und Koagulopathie; hier ist eine Intervention erforderlich. Eine Blutung ist hier intern (außer bei relativ kleinen Mengen externer Blutung aufgrund von Lazerationen der Körperwand, die durch durchdringendes Trauma verursacht wurden). Eine interne Blutung kann intraperitoneal oder retroperitoneal sein.

Eine Verletzung oder Ruptur eines Hohlorgans führt dazu, dass der Magen, der Darm oder die Blase ihren Inhalt in die Bauchhöhle abgeben, was zu einer Bauchfellentzündung führt.

Komplikationen

Zu Spätfolgen von abdominalen Verletzungen gehören

  • Hämatomruptur

  • Intra-abdominaler Abszess

  • Darmverschluss oder Ileus

  • Auslaufen der Galle und/oder eine gekapselte Sammlung von Galle in der Bauchhöhle

  • Abdominales Kompartmentsyndrom

Abszess, Darmverschluss, abdominales Kompartmentsyndrom, verzögerte Narbenhernie und können auch Komplikationen der Behandlung sein.

Hämatome resorbieren typischerweise spontan über mehrere Tage bis Monate, abhängig von der Größe und der Lage. Hämatome der Milz und, seltener, Hämatome der Leber können rupturieren, oft in den ersten Tagen nach der Verletzung (obwohl manchmal auch Monate später), und sie können eine erhebliche verzögerte Blutung hervorrufen. Darmwandhämatome können manchmal perforieren, typischerweise innerhalb von 48–72 h nach der Verletzung, unter Ergiessung des Darminhalts und daraus folgender Peritonitis, aber ohne größere Blutungen. Darmwandhämatome können in seltenen Fällen eine Darmstenose, in der Regel Monate bis Jahre später, verursachen. Allerdings gibt es auch Fallberichte von Darmverschlüssen, die schon zwei Wochen nach einem stumpfen Trauma vorkommen.

Intra-abdominale Abszesse sind in der Regel das Ergebnis einer unerkannten Hohlorganperforation, kann aber auch eine Komplikation der Laparotomie sein. Die Inzidenz einer Entwicklung von Abszessen liegt im Bereich von 0% nach nicht therapeutischen Laparotomien bis zu etwa 10% nach therapeutischen Laparotomien, obwohl die Inzidenz so hoch wie 50% nach einer Operation zur Reparatur eines schweren Leberrisses sein kann.

Ein Darmverschluss entwickelt sich selten Wochen oder Jahre nach der Verletzung durch ein Darmwandhämatom oder durch Verwachsungen nach intestinalen serösen oder mesenterialen Rissen. Häufiger ist der Darmverschluss eine Komplikation der explorativen Laparotomie. Auch nicht therapeutische Laparotomien führen gelegentlich zu Verwachsungen, die sich in 0–2% dieser Fälle entwickeln können.

Ein Auslaufen der Galle und/oder der Biloma ist eine seltene Komplikation der Leberschädigung und noch seltener als Gallengangverletzungen. Galle kann aus der rohen Oberfläche einer geschädigten Leber oder von einem verletzten Gallengang ausgeschieden werden. Sie kann sich in der gesamten Bauchhöhle verbreiten oder in einer deutlichen Flüssigkeitsansammlung eingekapselt werden, einem sogenannten Biloma. Ein Gallenleck kann zu Schmerzen, einer systemischen Entzündungsreaktion und/oder Hyperbilirubinämie führen.

Abdominales Kompartmentsyndrom

Ein abdominales Kompartmentsyndrom ähnelt dem Kompartmentsyndrom in den Extremitäten nach orthopädischen Verletzungen. Ein abdominales Kompartmentsyndrom, mesenteriale und intestinale kapillare undichte Stellen (z. B. durch einen Schlag, eine verlängerte Bauchoperationen, eine systemische ischämische Reperfusionsverletzung und durch das systemische inflammatorische Response-Syndrom [SIRS]), bewirkt Gewebsödeme innerhalb der Bauchhöhle. Obwohl es mehr Raum zur Expansion in der Bauchhöhle gibt als in einer Extremität, kann ein unkontrolliertes Ödem oder (gelegentlich) ein Aszites, schließlich den intral-abdominalen Druck auf mehr als 20 mmHG erhöhen, was Schmerzen, Organischämie und Organdysfunktion zur Folge hat. Eine intestinale Ischämie verschlimmert die vaskuläre Leckage noch weiter und verursacht einen Teufelskreis. Andere betroffene Organe sind

  • Nieren (Niereninsuffizienz verursachend)

  • Lunge (ein erhöhter Druck im Bauchraum kann die Atmung beeinträchtigen, was zu Hypoxämie und Hyperkapnie führen kann)

  • Herz-Kreislauf-System (ein erhöhter Druck im Bauchraum verringert den venösen Rückfluss aus den unteren Extremitäten, was zu Hypotonie führt)

  • Zentrales Nervensystem (Anstieg des Hirndrucks, möglicherweise aufgrund eines Anstiegs des zentralvenösen Drucks, der einen angemessenen venösen Abfluss aus dem Gehirn verhindert, wodurch die zerebrale Durchblutung verringert wird, was intrakranielle Verletzungen verschlimmern kann)

Das abdominale Kompartmentsyndrom tritt in der Regel auf, wenn sowohl ein Gefäßleck als auch ein hochvolumiger Volumenersatz (in der Regel > 10 l) vorliegt. So entwickelt es sich oft nach einer Laparotomie wegen einer schweren Bauchverletzung, begleitet von einem Schock. Es kann aber auch dann auftreten, wenn nicht direkt das Abdomen betroffen ist, wie z. B. bei schweren Verbrennungen, Sepsis und Pankreatitis. Sobald sich ein Multiorganversagen entwickelt hat, ist der einzige Weg, um das Leben des Patienten zu retten, die abdominalen Inhalte zu dekomprimieren, in der Regel durch eine Laparotomie. Eine großvolumige Parazentese kann wirksam sein, wenn ein schwerer Aszites vorliegt.

Symptome und Anzeichen des abdominellen Traumas

Bauchschmerzen sind in der Regel vorhanden, jedoch ist der Schmerz oft geringfügig und daher leicht durch andere, schmerzhafte Verletzungen (z. B. Frakturen) oder durch eine veränderte Empfindung (z. B. aufgrund von Kopfverletzung, Intoxikation oder Schock) überdeckt. Schmerzen aufgrund einer Verletzung der Milz strahlen manchmal bis zur linken Schulter hinauf. Schmerzen augrund einer kleinen Darmperforation sind typischerweise zunächst minimal, verschlimmern sich aber in den ersten Stunden stetig. Patienten mit einer Nierenschädigung können eine Hämaturie feststellen.

Bei der Untersuchung der Vitalzeichen kann es einen Hinweis auf eine Hypovolämie (z. B. Tachykardie, niedriger Pulsdruck) oder einen Schock geben (z. B. dunkle Farbe, vermehrtes Schwitzen, verändertes Sensorium, Oligurie, Hypotonie) zeigen.

Inspektion

Durchdringende Verletzungen verursachen per definitionem Risse in der Haut, aber Ärzte müssen auch unbedingt den Rücken, das Gesäß, das Perineum, die Flanken und die untere Brust zusätzlich zum Bauchraum untersuchen, besonders wenn Schusswaffen oder Sprengsätze bei der Verletzung beteiligt waren. Hautverletzungen sind oft klein und bluten nur minimal, obwohl manchmal die Wunden auch groß sind, eventuell mit einem Heraustreten der Eingeweide.

Tipps und Risiken

  • Nicht alle durchdringenden abdominalen Verletzungen stammen von Wunden an der Bauchdecke. Ärzte sollten aufmerksam den Rücken, das Gesäß, die Flanken, den Damm und die untere Brust untersuchen.

Stumpfe Traumata verursachen Ekchymosen (z. B. quer verlaufende, lineare Hautblutungen, was von einem Sitzgurt stammen kann), aber dieser Befund ist nicht sehr aussagekräftig für eine Diagnose. Eine Bauchauftreibung nach einemTrauma deutet in der Regel auf schwere Blutungen (2–3 l) hin, aber die Bauchauftreibung kann selbst bei Patienten, die viel Blut verloren haben, nicht auffallen.

Palpation

Abdominale Druckschmerzempfindlichkeit liegt oft vor. Dieses Zeichen ist jedoch sehr unzuverlässig, da auch Prellungen der Bauchdecke zu Druckschmerzempfindlichkeit führt und viele Patienten mit intra-abdominalen Verletzungen haben irreführende Ergebnisse bei Untersuchungen, wenn sie durch andere Verletzungen abgelenkt sind oder ein verändertes Sensorium haben oder wenn ihre Verletzungen vor allem retroperitoneal sind. Obwohl sie nicht sehr genau sind, wenn sie erkannt werden, weisen peritoneale Zeichen (z. B. Abwehrspannung, Bewachung, Klopfschmerz) auf das Vorhandensein von intraperitonealem Blut und/oder Darminhalt hin.

Die rektale Untersuchung kann einen ausgeprägten Blutabgang aufdecken, der von einer penetrierenden Kolonläsion herrühren kann. Außerdem kann auch Blut an der Urethraöffnung vorhanden sein oder auch ein perineales Hämatom aufgrund einer Verletzung des Urogenitaltrakts. Obwohl diese Befunde recht spezifisch sind, sind sie nicht sehr sensitiv.

Diagnose des abdominellen Traumas

  • Klinische Abklärung

  • Die Diagnose wird oft durch CT oder Sonographie gestellt.

Wie bei allen Patienten mit einem schweren Trauma führen Ärzte eine sorgfältige und vollständige Abklärung durch, bei gleichzeitiger Reanimation (siehe Vorgehen beim Traumapatienten). Obwohl viele intra-abdominale Verletzungen ohne eine besondere Behandlung ausheilen, ist das primäre Ziel des Arztes, die Verletzungen zu erkennen, die der Behandlung bedürfen.

Tipps und Risiken

  • Da viele intra-abdominale Verletzungen ohne eine besondere Behandlung ausheilen, ist das primäre Ziel des Arztes, die Verletzungen zu identifizieren, die der Behandlung bedürfen.

Nach der klinischen Abklärung benötigen einige wenige Patienten dringend eine untersuchende Laparotomie anstatt von weiteren Tests. Dazu gehören Patienten mit:

  • Peritonitis

  • Hämodynamischer Instabilität aufgrund eines eindringenden Bauchtraumas

  • Schussverletzungen (am häufigsten)

  • Austreten der Eingeweide

Umgekehrt haben einige wenige Patienten ein sehr niedriges Risiko und können entlassen werden oder sie werden für kurze Zeit beobachtet, wobei ihr Urin auf große Mengen von Blut überprüft wird. Diese Patienten haben in der Regel ein isoliertes stumpfes Bauchtrauma und einen weniger heftigen Unfallhergang, ein normales Sensorium und keine Druckschmerzhaftigkeit oder Zeichen einer Peritonealdialyse. Sie sollten jedoch darauf hingewiesen werden, sofort zurückzukommen, wenn sich die Schmerzen verschlimmern. Patienten mit isolierten vorderen Bauchstichwunden, die nicht in die Faszien eingedrungen sind, können auch kurz beobachtet und entlassen werden (1).

Doch die meisten Patienten haben keine solchen klaren positiven oder negativen Befunde und brauchen daher eine Untersuchung auf intra-abdominale Verletzungen. Zu den Testmöglichkeiten gehören

  • Bildgebende Verfahren (Sonographie, CT)

  • Untersuchungsmaßnahmen wie z. B. eine Erforschung der Wunde oder eine diagnostische Peritoneallavage

Darüber hinaus sollte bei Patienten in der Regel auch ein Röntgenthorax gemacht werden, um freie Luft unter dem Zwerchfell zu überprüfen (was auf eine Perforation eines Hohlorgans hindeutet), sowie ein erhöhtes Zwerchfell (was auf eine Zwerchfellruptur hinweist). Röntgenaufnahmen des Beckens werden bei Patienten vorgenommen, die am Becken empfindlich auf Druck reagieren und deren Ergebnis bei der klinischen Untersuchung unklar war. In Frage kommt eine Röntgenaufnahme des Beckens auch, wenn der Patient einen Unfall mit einer starken Dezeleration erlebt hat.

Labortests sind zweitrangig. Eine Urinanalyse, um Hämaturie auszuschließen, sowohl eine starke als auch eine mikroskopische, ist hilfreich. Ein Blutbild mit einer Bestimmung des Hämatokritspiegels ist ebenfalls sinnvoll bei Patienten mit offensichtlich schwerwiegenden Verletzungen. Tests zur Überprüfung der Pankreas- und Leberenzyme sind nicht empfindlich oder genau genug, um wichtige Hinweise für Patienten mit Organverletzungen zu offenbaren. Das Labor sollte eine "Type and Screen"-Bestimmung vornehmen, falls eine Bluttransfusion notwendig wird; die Kreuzprobe und Blutgruppenbestimmung wird durchgeführt, wenn eine Transfusion sehr wahrscheinlich ist. Serumlaktat oder eine Bestimmung des Basendefizits (aus der arteriellen Blutgasanalyse) kann dazu beitragen, einen okkulten Schock zu entdecken.

Die gewählte Methode, um intra-abdominale Verletzungen zu erkennen, hängt von dem Verletzungsmechanismus und der klinischen Untersuchung ab.

Penetrierendes abdominales Trauma

Blindes Herumstochern in der Wunde mit einem stumpfen Instrument (z. B. Wattestäbchen, Fingerspitze) sollte unterlassen werden. Wenn das Bauchfell verletzt worden ist, kann diese Art von Untersuchung zu Infektionen führen oder weiteren Schaden verursachen.

Stichwunden (einschließlich Pfählungen) am vorderen Abdomen (zwischen den zwei vorderen Axillarlinien) bei hämodynamisch stabilen Patienten ohne Anzeichen einer Peritonealdialyse können lokal untersucht werden. Dazu wird in der Regel Lokalanästhesie eingesetzt und die Wunde ausreichend geöffnet, um eine vollständige Sicht auf den betroffenen Bereich zu ermöglichen. Wenn die vordere Faszie durchdrungen wurde, werden Patienten für serielle klinische Untersuchungen zugelassen; eine explorative Laparotomie wird durchgeführt, wenn sich peritoneale Zeichen zeigen oder sich eine hämodynamische Instabilität entwickelt. Wenn die Faszie nicht verletzt ist, kann der Patient entlassen werden, nachdem die Wunde gereinigt und repariert wurde. Alternativ veranlassen manche Zentren eine CT oder, seltener, eine diagnostische Peritoneallavage (DPL), um Patienten mit durchtrennten Faszien zu beurteilen. Eine CT wird bei Stichwunden in der Flanke (zwischen den vorderen und hinteren Axillarlinien) oder dahinter (zwischen den 2 hinteren Axillarlinien) empfohlen, da Verletzungen der retroperitonealen Strukturen, die unterhalb dieser Bereiche liegen, oft bei der seriellen abdominalen Untersuchung und/oder DPL übersehen werden.

Bei Schussverletzungen führen die meisten Ärzte eine explorative Laparotomie durch, es sei denn, die Wunde ist eindeutig eine Schürfwunde oder ein Streifschuss und es liegt weder eine Peritonitis noch eine Hypotonie vor. Allerdings priorisieren einige Zentren einen nichtoperativen Umgang bei Patienten mit einer einzigen Verletzung eines soliden Organs (meist die Leber) und untersuchen deshalb stabile Patienten mit Schussverletzungen lieber mittels CT. Eine lokale Exploration der Wunde findet in der Regel bei Schussverletzungen nicht statt.

Stumpfes Bauchtrauma

Bei den meisten Patienten mit mehrfachen Traumata und anderen schmerzhaften Verletzungen und/oder einem verändertem Sensorium sollte der Bauch untersucht werden, wie auch bei Patienten mit entsprechden Befunden in der Untersuchung. Normalerweise untersuchen Kliniker mit Sonographie oder CT, manchmal auch mit beidem.

Eine Sonographie, manchmal auch als FAST-Test bezeichnet (für "focused assessment with sonography in trauma"), kann während der ersten Untersuchung angewendet werden, ohne dass der Patient in die Radiologie transportiert werden muss. Mit FAST erfolgt Bildgebung des Perikards, rechten und linken oberen Quadranten sowie des Beckens; primäres Ziel ist es, abnorme Perikardflüssigkeit oder intraperitoneale freie Flüssigkeit zu finden. Eine erweiterte FAST (E-FAST) fügt Bilder der Brust hinzu, um einen Pneumothorax zu erkennen. Die Sonographie verursacht keine Strahlenbelastung und ist empfindlich genug für das Erfassen größerer Mengen an Flüssigkeit im Bauchraum, kann aber bestimmte Verletzungen an soliden Organen nicht sehr genau identifizieren, und ist bei der Erkennung einer viszeralen Perforation ebenfalls keine Hilfe. Außerdem kann die Sonographie bei stark übergewichtigen Patienten und bei solchen mit viel Luft im Bauch (z. B. durch einen Pneumothorax) nicht angewendet werden.

Eine CT erfolgt normalerweise mit einem IV verabreichten Kontrastmittel, wobei dieser Test sehr empfindlich für freie Flüssigkeit und solide Organverletzungen ist, aber weniger genau bei kleinen viszeralen Perforationen (aber immer noch genauer als bei der Sonographie), aber eine CT kann nebenbei auch Verletzungen an der Wirbelsäule oder am Becken erkennen. Allerdings setzt die CT Patienten der Strahlung aus, was besonders bei Kindern und bei Patienten zu bedenken ist, die wiederholte Untersuchungen haben müssen (z. B. stabile Patienten mit geringen Mengen an freier Flüssigkeit). Ein weiterer Nachteil ist, dass die Patienten für die Untersuchung aus der Intensivstation in die Radiologie transportiert werden müssen.

Die Entscheidung für eine Sonographie oder eine CT erfolgt in Abhängigkeit vom Patienten und seinem Zustand. Wenn der Patient ohnehin eine CT braucht, um eine andere Region des Körpers zu untersuchen (z. B. Halswirbelsäule, Becken), ist die CT wahrscheinlich die vernünftigste Wahl, um den Bauch zu bewerten. Einige Ärzte nehmen auch einen FAST-Test während der Wiederbelebungsphase vor und gehen dann zu einer Laparotomie über, wenn (bei Patienten mit Blutdruckabfall) große Mengen an Flüssigkeit zu erkennen sind. Wenn die FAST-Ergebnisse negativ oder schwach positiv sind, können Ärzte immer noch eine CT veranlassen, wenn Bedenken wegen des Bauches bestehen, nachdem der Patient stabilisiert ist. Gründe für diese Bedenken können zunehmende Bauchschmerzen sein, oder die Unmöglichkeit, den Patienten klinisch zu überwachen (z. B. wenn Patienten eine starke Sedierung erfordern oder langwierigen chirurgischen Eingriffe unterzogen werden).

Bei der diagnostischen Peritoneallavage wird ein Peritonealdialyse-Katheter durch die Bauchdecke in der Nähe des Nabels in den Beckenbereich bzw. die Peritonealhöhle platziert. Eine Aspiration von sichtbarem Blut wird als positiver Hinweis für eine Bauchverletzung gewertet. Wenn kein Blut aspiriert wird, wird 1 l kristalloide Lösung eingeführt und wieder herausgespült. Ein Befund von > 100.000 Erythrozyten/ml (100 x 109/l) in der Spülflüssigkeit ist sehr sensitiv für eine Abdominalverletzung. Allerdings wurde die DPL weitgehend durch die FAST-Test und die CT ersetzt. Die DPL hat eine niedrige Spezifität, da sie viele Läsionen identifiziert, die keine operative Reparatur benötigen und somit zu einer hohen negativen Inzidenz bei der Laparotomie führt. Eine DPL übersieht auch retroperitoneale Verletzungen. DPL kann jedoch in bestimmten klinischen Situationen nützlich sein, z. B. wenn es freie Flüssigkeit im Becken gibt und keine Verletzung eines soliden Organs vorliegt oder bei einem Patienten mit Blutdruckabfall und einem unklaren Ergebnis nach einem FAST-Test.

Erkennen der Komplikationen eines Bauchtraumas

Bei einem Patienten mit einer plötzlichen Verschlimmerung von Bauchschmerzen in den Tagen nach der Verletzung sollte an ein geplatztes solides Organhämatom gedacht werden oder an eine viszerale Perforation eines Hohlorgans, insbesondere wenn bei dem Patienten Tachykardie und/oder Hypotonie festgestellt wird. Eine stetige Verschlimmerung von Schmerzen innerhalb des ersten Tages lässt eine Hohlorganperforation vermuten. Eine Verschlimmerung nach mehreren Tagen sollte den Verdacht auf einen Abszess lenken, besonders wenn die Schmerzen von Fieber und Leukozytose begleitet werden. In beiden Fällen wird eine Bildgebung mittels Sonograhie oder CT bei stabilen Patienten veranlasst, gefolgt von einer operativen Reparatur.

Nach einem schweren Bauchtrauma sollte ein abdominales Kompartmentsyndrom bei Patienten mit verminderter Harnausscheidung, ventilatorischer Insuffizienz und/oder Hypotonie erwogen werden, insbesondere dann, wenn der Bauch angespannt oder aufgetrieben ist (wobei diese körperlichen Befunde jedoch nicht beweisend sind). Da solche Erscheinungen aber auch Zeichen einer Dekompensation aufgrund der zugrunde liegenden Verletzungen sein kann, ist bei Hochrisikopatienten ein hohes Maß an Misstrauen erforderlich. Die Diagnose erfordert die Messung des intra-abdominalen Drucks, in der Regel mit einem Druckwandler, der mit dem Blasenkatheter verbunden wird. Werte > 20 mmHg sind diagnostisch für intra-abdominalen Bluthochdruck und sind als besorgniserregend zu betrachten. Wenn Patienten mit solchen Anzeichen auch Anzeichen von Organversagen (z. B. Hypotonie, Hypoxie/Hyperkapnie, verringerte Urinausscheidung, erhöhter Hirndruck) haben, wird eine chirurgische Dekompression durchgeführt. Normalerweise wird der Bauch offen gelassen. Die Wunde wird vorübergehend mit einem Vakuum-Pack-Verband oder einem anderen Verband abgedeckt.

Diagnosehinweis

  1. Como JJ, Bokhari F, Chiu WC, et al: Practice management guidelines for selective nonoperative management of penetrating abdominal trauma. J Trauma 68(3):721-733, 2010. doi: 10.1097/TA.0b013e3181cf7d07

Behandlung des abdominellen Traumas

  • Manchmal Laparotomie für Blutstillung, Organreparatur, oder beides

  • Selten arterielle Embolisation

Patienten, bei denen ein hämorrhagischer Schock zu bestehen scheint, sollten eine Schadensbegrenzungswiederbelebung erhalten, bis die Blutung kontrolliert werden kann. Die Schadenskontrolle verwendet Reanimationsblutprodukte in einem etwaigen Verhältnis von 1: 1: 1 von Plasma zu Plättchen zu Erythrozytenkonzentraten, um die Verwendung von kristalloiden Lösungen zu minimieren (1). Ein systolischer Blutdruck von > 100 mmHg während der Wiederbelebung bis zur endgültigen Behandlung der Blutung ist ideal. Wenn keine Blutprodukte zur Verfügung stehen, kann als letzter Ausweg kristalloide intravenöse Flüssigkeit verabreicht werden. Aufgrund des Mangels an Gerinnungsfaktoren, der Unfähigkeit, Sauerstoff zu transportieren, und des niedrigen pH-Werts tragen kristalloide intravenöse Flüssigkeiten zu Azidose und Koagulopathie bei Patienten mit hämorrhagischem Schock bei.

Einige hämodynamisch instabile Patienten werden für eine sofortige explorative Laparotomie vorbereitet wie oben beschrieben. Bei der Mehrheit der Patienten, die keine eine sofortige Operation erfordern, aber intra-abdominale Verletzungen haben, die durch Bildgebung identifiziert wurden, kommen Beobachtung, angiographische Embolisation und, weniger häufig, ein operativer Eingriff in Frage. Eine Prophylaxe mit Antibiotika ist nicht notwendig, wenn die Patienten ohne Operation behandelt werden können. Vor der chirurgischen Exploration werden jedoch häufig Antibiotika verabreicht.

Beobachtung

Beobachtung (mit Beginn in der Intensivstation) ist oft bei hämodynamisch stabilen Patienten mit solider Organverletzung angezeigt. Viele von ihnen werden von selber wieder gesund. Patienten, bei denen in der CT Mengen an freier Flüssigkeit gesehen werden kann, aber keine spezifische Organverletzung identifiziert werden konnte, werden ebenfalls beobachtet, vorausgesetzt, sie haben keine Anzeichen einer Peritonealdialyse. Allerdings ist freie Flüssigkeit ohne Nachweis einer festen Organverletzung auch der häufigste radiologische Befund bei Hohlorganverletzungen, obwohl dieser Befund eine niedrige Spezifität hat. Weil Beobachtung bei Hohlorganperforationen nicht geeignet ist, da viele Patienten aufgrund der Bauchfellentzündung eine Sepsis entwickeln, sollte der Arzt eine niedrigere Schwelle für die operative Exploration bei Patienten mit isolierter freier Flüssigkeit und verschlechtertem Zustand nach einer gewissen Zeit der Beobachtung ansetzen.

Während der Beobachtung werden die Patienten mehrmals am Tag untersucht (vorzugsweise durch den gleichen Prüfer). Dazu wird ein Blutbild veranlasst, in der Regel alle 4–6 h. Es wird weiterhin regelmäßig auf Anzeichen für Blutungen und Peritonitis kontrolliert.

Eine laufende Blutung wird nahegelgt durch

  • Eine Verschlechterung des hämodynamischen Status

  • Eine kontinuierliche Notwendigkeit zur Transfusion (z. B. mehr als 2–4 Einheiten über eine Zeit von 12 h)

  • Eine signifikante Abnahme des Hämatokrits (Hct; z. B. um > 10–12 Prozentpunkte)

Die beigemessene Bedeutung der Transfusionsnotwendigkeit und der Änderung des Hämatokritwertes hängt von dem verletzten Organ ab, sowie von anderen assoziierten Verletzungen (z. B. Verletzungen, die ebenfalls für Blutverlust sorgen), aber auch von der physischen Zustand des Patienten. Bei Patienten mit Verdacht auf erhebliche Blutungen sollte eine Angiographie mit Embolisation oder eine sofortige Laparotomie in Erwägung gezogen werden.

Eine Peritonitis erfordert weitere Untersuchungen mittels diagnostischer Peritoneallavage (DPL), CT oder in einigen Fällen eine explorative Laparotomie.

Patienten, die stabil bleiben, werden normalerweise nach 12–48 h auf eine reguläre Station verlegt, je nach der Schwere der abdominalen und anderen Verletzungen. Aktivierung und Ernährung werden so durchgeführt, wie der Patient es verträgt. Normalerweise können Patienten nach 2–3 Tagen nach Hause entlassen werden. Sie werden jedoch angehalten, ihre Aktivität für die Dauer von 6–8 Wochen auf ein Minimum zu beschränken.

Es ist nicht klar, welche asymptomatischen Patienten eine bildgebende Untersuchung vor der Wiederaufnahme des normalen Alltagslebens erfordern, vor allem, wenn schweres Heben, Kontaktsportarten oder ein erneutes abdominales Trauma wahrscheinlich sind. Patienten mit Verletzungen hohen Grades haben das höchste Risiko, Folgekomplikationen zu entwickeln und sollten deshalb am ehesten eine Bildgebung erhalten.

Laparotomie

Eine Laparotomie wird entweder wegen der Verletzungsart oder wegen des klinischen Status durchgeführt (z. B. hämodynamische Instabilität), oder wegen einer folgenden klinischen Dekompensation. Bei den meisten Patienten ist ein einmaliger Eingriff ausreichend, bei dem die Blutung gestoppt und Verletzungen repariert werden.

Allerdings sind Patienten mit ausgedehnten intra-abdominalen Verletzungen, die sich einem längeren initialen chirurgischen Eingriff unterziehen, oft schlechter dran, besonders wenn sie auch noch andere ernste Verletzungen haben oder unter einem länger andauernden Schock gelitten haben. Je umfangreicher und langwieriger die erste Operation ist, umso eher entwickeln Patienten die sehr tödliche Kombination von Azidose, Gerinnungsstörungen und Hypothermie mit anschließendem Multiorganversagen. In solchen Fällen kann die Mortalität dadurch verringert werden, dass der Chirurg zunächst einen kürzeren Eingriff vornimmt (eine sogenannte schadensbegrenzende Operation), bei der Blutung und enterische Spillage kontrolliert werden (z. B. durch Verpacken, Ligatur, Setzen von Shunts, genähten oder geheftetem Darm) und der Bauch vorübergehend geschlossen wird.

Ein provisorischer Verschluss kann mithilfe eines geschlossenen Saug-Vakuumsystems aus Handtüchern, Drainage und großen luftdurchlässigen Verbänden oder durch die Verwendung eines im Handel erhältlichen Unterdruckverbandes für den Bauch hergestellt werden. Die Patienten werden dann in der Intensivstation stabilisiert und für die Verbandentfernung und eine endgültige Reparatur in den OP gebracht, sobald sich ihr Zustand normalisiert hat (besonders der pH-Wert und die Temperatur): Dies ist normalerweise innerhalb von 24 Stunden der Fall —oder früher, wenn sich ihr Zustand trotz Wiederbelebung klinisch verschlechtert. Da Patienten, die einem schadensbegrenzenden Eingriff unterzogen werden, schwerstverletzt sind, ist die Mortalität immer noch hoch und nachfolgende intra-abdominale Komplikationen sind häufig.

Angiographische Embolisation

Laufende Blutungen können manchmal ohne Operation durch Embolisation des blutendenden Gefäßes mit einem perkutanen angiographischen Verfahren (angiographische Embolisation) gestoppt werden. Eine Hämostase wird durch Injizieren einer thrombogenen Substanz (z. B. pulverförmige Gelatine) oder durch metallische Spulen in das blutende Gefäß erreicht. Obwohl es darüber keinen Konsens gibt, gehören zu den allgemein akzeptierten Indikationen für eine angiographische Embolisation die Folgenden:

  • Pseudoaneurysma

  • Arteriovenöse Fisteln

  • Verletzung eines soliden Organs (insbesondere der Leber) oder eine Beckenfraktur mit Blutungen, die stark genug sind, um eine Reanimation oder Transfusion zu erfordern

Die angiographische Embolisation wird nicht für instabile Patienten empfohlen, weil die Radiologieabteilung keine optimale Umgebung für die Bereitstellung von Intensivpflege ist. Zusätzlich sollten verlängerte Versuche einer Embolisation bei Patienten, deren Blutungen kontinuierliche Transfusion erfordert, fallengelassen werden. Ein operativer Eingriff ist hier eher am Platz. Doch mit zunehmender Verfügbarkeit von Hybrid-OPs (OP mit angiographischen Interventionsfähigkeiten), können einige instabile Patienten in der Lage sein sich - wenn nötig - einer Angiographie sowie chirurgischer Behandlung in schneller Folge zu unterziehen.

Literatur zur Therapie

  1. Holcomb JB, Tilley BC, Baraniuk S, et al: Transfusion of plasma, platelets, and red blood cells in a 1:1:1 vs a 1:1:2 ratio and mortality in patients with severe trauma. JAMA 313(5):471-482, 2015. doi: 10.1001/jama.2015.12

Wichtige Punkte

  • Komplikationen bei Bauchverletzungen können akut (z. B. Blutungen) oder verzögert (z. B. Abszess, Verstopfung oder Darmverschluss, verzögerter Hämatomruptur).

  • Die abdominale Untersuchung lässt nicht zuverlässig den Schweregrad einer Bauchverletzung erkennen.

  • Wenn bei Patienten Austreten der Eingeweide, Schock durch penetrierendes Bauchtrauma oder Peritonitis vorliegen, führen Sie unverzüglich eine Probelaparotomie für diagnostische Tests durch.

  • Bildgebung (typischerweise Ultraschall oder CT) ist in der Regel nach stumpfen oder penetrierenden Verletzungen erforderlich, es sei denn, es gibt klare Beweise, dass eine Laparotomie vorliegt, oder der Verletzungsprozess gering ist,

  • Sollten die Schmerzen allmählich zunehmen oder klinischen Anzeichen auf eine Verschlechterung hindeuten, ziehen Sie eine verzögerte Komplikation in Betracht.