Dystonien

VonHector A. Gonzalez-Usigli, MD, HE UMAE Centro Médico Nacional de Occidente
Überprüft/überarbeitet Feb. 2022
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Dystonien sind anhaltende unwillkürliche Muskelkontraktionen antagonistischer Muskelgruppen im selben Körperteil, die zu anhaltenden abnormen Körperhaltungen oder ruckartigen, verdrehten, intermittierenden Spasmen führen, die Ähnlichkeit mit Tremores, Athetose oder Choreoathetose haben können. Dystonien können primär oder sekundär, generalisiert, fokal oder segmental sein. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Botulinumtoxin-Injektionen werden zur Behandlung von fokalen oder segmentalen Dystonien verwendet. Die Behandlung einer schweren generalisierten Dystonie kann eine Kombination von oralen Anticholinergika, Muskelrelaxanzien und Benzodiazepinen erfordern. Ist eine schwere segmentale oder generalisierte Dystonie therapierefraktär, kann eine Operation notwendig werden.

(Siehe auch Übersicht über Störungen der Motorik und des Kleinhirns.)

Dystonie kann sein,

  • Primär (idiopathisch)

  • Als Folge von Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS) oder von Drogen

Zu den ZNS-Störungen, die zu Dystonien führen können, gehören

Zu den Medikamenten, die am häufigsten Dystonien auslösen, gehören

  • Antipsychotika (z. B. Phenothiazine, Thioxanthene, Butyrophenone)

  • Antiemetika (z. B. Metoclopramid, Prochlorperazin)

Dystonien können der Athetose und der Choreoathetose ähneln und sollten von ihnen unterschieden werden, da Ätiologie und Management unterschiedlich sein können.

Klassifikation der Dystonien

Dystonien werden klassifiziert basierend auf

  • Ätiologie

  • Klinische Symptomatik

Die Ätiologie ist kategorisiert als

  • Vererbt: Hat eine nachgewiesene genetische Herkunft (früher als primär bekannt) und schließt Störungen mit autosomaler dominanter, autosomal-rezessiver, mitochondrialer oder X-chromosomaler Vererbung ein.

  • Idiopathisch: Kann familiär oder sporadisch sein

  • Erworben: In Verbindung mit neuroanatomischen Anomalien aufgrund anderer Erkrankungen oder Medikamenten

Klinische Kriterien sind:

  • Ausbruch: Kann in jedem Alter auftreten, von der Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter

  • Körperverteilung: Kann fokal sein (begrenzt auf einen Körperteil), segmental (unter Einbeziehung ≥ 2 mehr zusammenhängender Körperteile, wie beispielsweise das obere und das untere Gesicht oder Gesicht und Hals), multifokal (unter Einbeziehung ≥ 2 nicht benachbarter Körperteile wie Hals und Bein), generalisiert (Rumpf plus 2 verschiedene Körperteile) oder hemikorporal (eine Hälfte des Körpers, auch Hemidystonie genannt)

  • Zeitliches Muster: Kann statisch, progressiv, paroxysmal oder persistent sein und tageszeitliche Variationen aufweisen oder durch bestimmte Aufgaben (aufgabenspezifische Dystonie) ausgelöst werden

  • Isoliert (Kein Hinweis auf eine andere Bewegungsstörung) oder kombiniert (Ddrch andere unwillkürliche Bewegungen [andere als Tremor] begleitet, aber überwiegend Dystonie)

Die zervikale Dystonie (Torticollis spasmodicus) – unwillkürliche Kontraktionen der Nackenmuskeln – ist die häufigste Dystonie.

Generalisierte Dystonien können vererbt sein oder Folge einer anderen Erkrankung oder eines anderen Arzneimittels sein.

Tipps und Risiken

  • Ziehen Sie Antipsychotika und Antiemetika als Ursachen von plötzlicher, unerklärter Dystonie in Betracht.

Primäre generalisierte Dystonie (-Dystonie)

Diese seltene Dystonie ist progressiv und charakterisiert durch anhaltende, oft bizarre Körperhaltungen. Sie wird häufig als autosomal-dominante Störung mit partieller Penetranz aufgrund von Mutationen im DYT1-Gen (pathogene Variante TOR1A) vererbt; bei einigen Familienmitgliedern ist das Gen nur minimal exprimiert. Einige Träger haben beispielsweise keine Symptome (eine Form der Erkrankung) oder nur einen dystonen Tremor.

Die Symptome einer primär generalisierten Dystonie beginnen meist in der Kindheit mit Inversion und Plantarflexion des Fußes beim Gehen. Zuerst kann die Dystonie nur den Rumpf oder ein Bein betreffen, sie schreitet aber oft fort und erfasst den ganzen Körper, wobei sie sich in der Regel kranialwärts bewegt. Patienten mit der schwersten Form können in grotesken, nahezu fixierten Körperhaltungen verkrümmt und schließlich an den Rollstuhl gefesselt sein. Symptome, die im Erwachsenenalter beginnen, wirken sich in der Regel nur auf das Gesicht oder die Arme aus.

Die mentale Funktion ist meist erhalten.

Dopa-responsive Dystonie

Diese seltene Dystonie (auch Segawa-Krankheit genannt) wird autosomal-dominant (DYT5a, GTP-Cyclohydrolase 1-Gen [GTPCH1]) oder eine autosomal-rezessiv (DYT5b) vererbt (Tyrosin-Hydroxylase-Mangel).

Die Symptome einer Dopa-ansprechenden Dystonie beginnen üblicherweise in der Kindheit. Typischerweise ist zuerst ein Bein betroffen. Als Folge dessen tendieren die Kinder dazu, auf Zehenspitzen zu gehen. Symptome verschlechtern sich in der Nacht. Gehen wird zunehmend schwieriger, und Arme und Beine sind betroffen. Allerdings haben einige Kinder nur leichte Symptome wie Muskelkrämpfe nach sportlicher Betätigung. Manchmal erscheinen die Symptome später im Leben und ähneln denen von M. Parkinson. Die Bewegungen können langsam sein, es kann schwierig sein, das Gleichgewicht zu halten, und ein Tremor in den Händen kann in Ruhe auftreten.

Die Symptome verringern sich drastisch, wenn niedrige Dosen von Levodopa eingesetzt werden. Wenn Levodopa die Symptome lindert, bestätigt dies die Diagnose.

Fokale Dystonien

Fokale Dystonien betreffen einen einzelnen Teil des Körpers. Sie beginnen in der Regel bei Erwachsenen nach einem Alter von 20–30 Jahren.

Anfangs können die Posituren intermittierend vorkommen oder tätigkeitsbezogen sein (und werden somit wird manchmal als Krämpfe beschrieben). Die Bewegungen sind eher prominent bei Aktivität und geringer in Ruhe; diese Unterschiede nehmen mit der Zeit jedoch ab, was häufig zu einer Verkrümmung des betroffenen Körperteils und zu schwerer Behinderung führt. Schmerz ist allerdings ungewöhnlich, außer bei fokaler primärer Dystonie des Halses (zervikale Dystonie) und bei den Dystonien, die bei M. Parkinson auftreten, wenn das Ansprechen auf Levodopa nachzulassen beginnt (am häufigsten sind Auswirkungen auf die untere Extremität, die z. B. eine Inversion des Fußes verursachen).

Bewegungsinduzierte Dystonien bestehen aus tätigkeitsbezogenen fokalen dystonen Spasmen, die durch Ausführen erlernter Bewegungen ausgelöst werden (z. B. Schreibkrampf, Musiker-Dystonie, Yip der Golfspieler).

Die spasmodische Dysphonie besteht aus einer angestrengten, heiseren oder krächzenden Sprache, die durch eine fokale Dystonie der Larynxmuskeln bedingt ist.

Die zervikale Dystonie manifestiert sich in unwillkürlichen tonischen Kontraktionen oder intermittierenden Spasmen der Halsmuskulatur Es gibt zwei Formen:

  • Caput: Wenn die proximalsten Halswirbel (C1 oder C2) beteiligt sind

  • Collis: Wenn einer der unteren Halswirbel (C3 bis C7) beteiligt ist

Die Caput-Form (Torticaput) betrifft Muskeln, die den Schädel oder die Kopfgelenke bewegen; sie wird auch als Anterocaput, Laterocaput oder Retrocaput bezeichnet. Die Collis-Form betrifft Muskeln, die die unteren Halswirbel kontrollieren, und wird näher als Anterocollis, Laterocollis, Retrocollis oder Torticollis beschrieben.

Segmentale Dystonien

Diese Dystonien betreffen 2 benachbarte Körperteile.

Das Meige-Syndrom (Blepharospasmus plus oromandibuläre Dystonie) besteht aus unwillkürlichem Blinzeln, Zähneknirschen und Grimassieren und beginnt meist im späten Erwachsenenalter. Es ist von der bukkal-lingual-fazialen Chorea bei Spätdyskinesie und der tardiven Dystonie (eine Variante der Spätdyskinesien) zu unterscheiden.

Diagnose von Dystonien

  • Klinische Untersuchung

Die Diagnose der Dystonie ist klinisch.

Behandlung von Dystonien

  • Bei generalisierter Dystonie: Anticholinergika und/oder Muskelrelaxanzien

  • Bei fokaler oder segmentaler Dystonie: Botulinumtoxin-Injektionen zur Paralyse der Muskeln (Chemodenervation)

  • Teilweise neurooperativer Eingriff

Bei generalisierter Dystonie wird am häufigsten ein Anticholinergikum (z. B. Trihexyphenidyl 2–10 mg p.o. 3-mal/Tag, Benztropin 3–15 mg p.o. einmal täglich) eingesetzt. Es wird langsam bis zur Zieldosis auftitriert. Ein Muskelrelaxans (meist Baclofen), ein Benzodiazepin (z. B. Clonazepam) oder beides kann von zusätzlichem Nutzen sein.

Eine generalisierte Dystonie, die schwer ist oder nicht auf Arzneimittel anspricht, kann mit Tiefenhirnstimulation des Globus pallidus interna (GPI), einem stereotaktischen neurochirurgischen Verfahren, behandelt werden. In einigen Fällen ist die stereotaktische unilaterale ablative Chirurgie des GPi angezeigt.

Bei fokalen oder segmentalen Dystonien oder bei generalisierter Dystonie, die hauptsächlich einen Teil des Körpers betrifft, ist die Behandlung der Wahl

  • Gereinigtes Botulinumtoxin Typ A oder B in die betroffenen Muskeln injiziert, mit oder ohne elektromyographische Anleitung und von einem erfahrenen Arzt.

Botulinumtoxin verringert übermäßige Muskelkontraktionen durch Chemodenervation, es ändert aber nichts an der abnormen Verschaltung im Gehirn, die die Dystonie verursacht. Die Injektion des Toxins ist am effektivsten bei Blepharospasmus und Tortikollis, sie kann aber auch bei den meisten anderen Formen fokaler Dystonie sehr effektiv sein. Die Dosierung variiert sehr stark. Die Behandlungen müssen alle 3–4 Monate wiederholt werden, da die Wirkungsdauer des Toxins begrenzt ist. Eine Wiederholung der Injektionen vor Ablauf der 3 Monate kann dazu führen, dass sich Antikörper gegen das Botulinumtoxin bilden und somit die Wirkung des Toxins abnimmt. Bei einigen Patienten führen wiederholte Injektionen, auch bei Dosierungsintervallen von mehr als 3 Monaten, zur Bildung von Antikörpern gegen das Toxin. Allerdings neutralisieren nicht alle diese Antikörper das Botulinumtoxin.

Wichtige Punkte

  • Dystonien verursachen abnorme Körperhaltungen und/oder verkrümmte, ruckartige Bewegungen.

  • Fokale Dystonien sind häufig und beginnen in der Regel im Erwachsenenalter.

  • Generalisierte Dystonien können vererbt sein oder Folge einer anderen Erkrankung oder eines anderen Arzneimittels sein.

  • Die Diagnose wird klinisch gestellt.

  • Behandeln Sie generalisierte Dystonien mit Anticholinergika und/oder Muskelrelaxanzien; behandeln Sie fokale oder segmentale Dystonien und generalisierte Dystonien, die v. a. einen Körperteil beeinflussen, mit Botulinumtoxin-Injektionen.