Reisekrankheit

(Seekrankheit)

VonAdedamola A. Ogunniyi, MD, Harbor-UCLA Medical Center
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN
Kurzinformationen

Reisekrankheit (auch als Auto-, See-, Zug- oder Luftkrankheit bekannt) umfasst eine Gruppe von Symptomen, insbesondere Übelkeit, die von der Bewegung beim Reisen ausgelöst werden.

  • Auf Reisen fühlen die Menschen sich übel und benommen, kalter Schweiß kann ausbrechen und sie können hyperventilieren.

  • Ärzte stützen ihre Diagnose auf die Symptome und die Situationen, in denen sie eintreten.

  • Einer Reisekrankheit kann wie folgt vorgebeugt werden: den Blick und den Kopf so still wie möglich halten, etwas frische Luft schnappen, nicht lesen, vor dem Antritt der Reise nicht rauchen oder alkoholische Getränke konsumieren und manchmal die Einnahme eines Medikaments als Tablette oder Pflaster.

  • Salzkekse oder schluckweise Ginger Ale können gegen die Übelkeit helfen; wenn aber das Erbrechen einmal eingesetzt hat, wird wahrscheinlich ein Medikament wie Ondansetron oder Granisetron nötig.

Die Reisekrankheit tritt auf, wenn Teile des Innenohrs, die helfen, das Gleichgewicht zu kontrollieren (einschließlich der Bogengänge), überreizt werden, was bei einer zu schnellen Bewegung vorkommen kann. Dies kann auch passieren, wenn das Gehirn widersprüchliche Informationen von den Bewegungsmeldern erhält – den Augen, den Bogengängen und den Muskelsensoren (Nervenenden in den Muskeln und Gelenken, die Informationen zur Position des Körpers liefern). Zum Beispiel tritt eine Reisekrankheit gemeinhin bei Bootsfahrten auf, wenn das Boot hin- und herschlingert, während die Person auf etwas schaut, was sich nicht bewegt, wie etwa eine Wand. In diesem Fall stimmt das Hin- und Herschlingern nicht mit dem Fehlen einer Bewegung in der Wand überein.

Das Gehirn kann auch widersprüchliche Informationen erhalten, wenn eine Person etwas sieht, was sich, obwohl die Person still hält, zu stark bewegt. Diese Art widersprüchlicher Informationen können empfangen werden, wenn eine Person zum Beispiel einen Film anschaut, der mit einer Kamera aufgenommen wurden, die wackelt, oder ein Videospiel spielt. Die Reisekrankheit kann auch in einem fahrenden Auto oder einem anderen Fahrzeug oder bei Fahrten in Freizeitparks oder auf dem Spielplatz auftreten. Auch Raumfahrer können betroffen sein.

Risikofaktoren

Manche Menschen sind anfälliger für eine Reisekrankheit als andere. Die Reisekrankheit tritt häufiger bei Frauen und Kindern zwischen 2 und 12 Jahren auf, ebenso bei Menschen, die migräneanfällig sind, die an einer Labyrinthitis (eine Krankheit des Innenohrs) leiden oder schwanger sind oder hormonhaltige Verhütungsmittel nehmen. Furcht, Angst und schlechte Luft erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Reisekrankheit kommt. Genetische Faktoren können ebenfalls die Anfälligkeit für eine Reisekrankheit erhöhen.

Die Symptome der Reisekrankheit lassen manchmal mit dem Alter nach, und eine Reisekrankheit, die erst nach dem 50. Lebensjahr einsetzt, ist selten. Die Reisekrankheit kommt auch bei Säuglingen unter 2 Jahren selten vor.

Symptome einer Reisekrankheit

Symptome der Reisekrankheit können ganz plötzlich auftreten. Typische Symptome sind Übelkeit, Erbrechen und ein unbestimmtes Unwohlsein im Bauch. Außerdem kann das Gesicht erblassen und es kann zu kalten Schweißausbrüchen kommen. Schwindel, Kopfschmerzen und Ermüdung können sich einstellen und der Betroffene kann sich schläfrig oder nicht in der Lage fühlen, sich zu konzentrieren. Weitere mögliche Symptome (häufig ein Vorzeichen für Erbrechen) sind übermäßige Speichelproduktion, Luftschlucken (Aerophagie) und nicht normales rasches, tiefes Atmen (Hyperventilierung). Hyperventilierung kann zu Erschöpfung führen.

Übelkeit und Erbrechen führen dazu, dass die Person sich schwach fühlt. Andauerndes Erbrechen kann zu niedrigerem Blutdruck und Dehydrierung führen. Meist gehen die Symptome jedoch allmählich zurück, wenn die Bewegung aufhört oder der Betroffene das Fahrzeug verlässt. Zudem gewöhnen sich Menschen, die eine lange Reise, beispielsweise auf dem Schiff, machen, gewöhnlich an die Bewegung (dabei helfen ihnen die Stabilisatoren in modernen Schiffen, die die Bewegung möglichst gering halten) und erholen sich langsam.

Diagnose einer Reisekrankheit

  • Untersuchung durch den Arzt

Die Diagnose einer Reisekrankheit stützt sich auf die Beschreibung der Symptome und der Umstände, unter denen sie eintritt.

Vorbeugung gegen und Behandlung einer Reisekrankheit

  • Nichtmedikamentöse Vorbeugung und Behandlungsmaßnahmen

  • Vorbeugende Medikamente (z. B. Skopolamin und Antihistaminika)

  • Medikamente gegen Übelkeit und Brechreiz (wie Ondansetron oder Granisetron)

Folgende Maßnahmen zur Reduzierung der Wahrnehmung der Bewegung beim Betroffenen können ergriffen werden:

  • Augen fest auf ein Objekt in der Ferne gerichtet halten (z. B. den Horizont vom Schiff aus beobachten)

  • Einen Platz wählen, wo die Bewegung möglichst wenig zu spüren ist (wie den Vordersitz im Auto, einen Sitz über den Tragflächen im Flugzeug, die vordere bzw. mittlere Kabine oder das Oberdeck eines Schiffes)

  • Kopf und Körper so ruhig wie möglich halten

  • Mit dem Gesicht nach vorn in zurückgelehnter Haltung sitzen

  • Nicht lesen

  • Schlafen

Folgende Maßnahmen zur Reduzierung der Empfänglichkeit für eine Reisekrankheit beim Betroffenen können getroffen werden:

  • Viel an der frischen Luft sein (Fenster öffnen, auf dem Schiffsdeck spazieren gehen)

  • Keine alkoholischen Getränke zu sich nehmen (weil dies die Übelkeit verstärken kann)

  • Kleine fettarme, stärkereiche, ungewürzte Snacks anstelle von üppigen Mahlzeiten essen, keine stark riechenden oder schmeckenden Nahrungsmittel zu sich nehmen

  • Auf kurzen Flugreisen, besonders in kleinen Flugzeugen, möglichst weder Speisen noch Getränke zu sich nehmen

  • Nach Möglichkeit nicht rauchen

Vor Antritt der Reise können Menschen, die für die Reisekrankheit anfällig sind, ihren Arzt bitten, ihnen rezeptfreie Medikamente zu empfehlen oder ein Medikament zur Vorbeugung vor der Reisekrankheit zu verschreiben. Menschen sollten diese Medikamente einnehmen, bevor die Reisekrankheit einsetzt, weil sie tendenziell weniger wirksam sind, nachdem die Symptome bereits eingetreten sind. Zu den Medikamenten zählen Skopolamin (als Pflaster oder Tablette), Cyclizin, Dimenhydrinat, Diphenhydramin, Meclizin und Promethazin (manchmal in Kombination mit Koffein). All diese Medikamente können benommen machen. Weil sie Babys und Kleinkinder unruhig machen können, sollten ihnen diese Medikamente nicht verabreicht werden, außer unter Aufsicht eines Arztes. Menschen, die Tätigkeiten ausüben, bei denen sie hellwach und konzentriert sein müssen (einschließlich Autofahren), sollten diese Medikamente nicht einnehmen. Alkohol, Schlafmittel, Beruhigungsmittel und andere Substanzen, die ebenfalls Müdigkeit verursachen und die Aufmerksamkeit herabsetzen, sollten auch nicht mit diesen Medikamenten eingenommen werden.

Falls sich eine Reisekrankheit einstellt, kann man verhindern, dass die Symptome sich verschlimmern, indem man wenig isst und trinkt und sich auf leichte Lebensmittel (wie Salzgebäck) und stille Getränke (wie Ginger Ale) beschränkt. Bei Erbrechen kann ein Medikament gegen Übelkeit und Brechreiz (Antiemetikum), wie etwa Ondansetron oder Granisetron, gegeben werden, manchmal als Injektion oder als Hautpflaster.

Zur Behandlung der Reisekrankheit kann Gewöhnung eine besonders nützliche Strategie sein. Je öfter man dem Stimulus ausgesetzt ist, der die Reisekrankheit auslöst, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass sie eintritt. Die Reaktion ist aber spezifisch für den Stimulus, sodass jemand, der sich an die Bewegung eines großen Schiffes gewöhnt hat, trotzdem in einem kleinen Boot seekrank werden kann.

Manche Betroffenen probieren alternative Therapien aus, wie etwa Armbänder zu tragen, die eine Akupressur oder einen elektronischen Reiz abgeben, oder indem sie Ingwer (weniger als ein Gramm) essen, um die Reisekrankheit zu vermeiden oder zu behandeln. Die Wirksamkeit der meisten dieser Therapien ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen, aber einige Menschen finden sie hilfreich.