Missbrauch von Angstlösern und Beruhigungsmitteln

VonGerald F. O’Malley, DO, Grand Strand Regional Medical Center;
Rika O’Malley, MD, Grand Strand Medical Center
Überprüft/überarbeitet Dez. 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Angstlöser (Anxiolytika) und Beruhigungsmittel (Sedativa) sind verschreibungspflichtige Medikamente, die zur Linderung von Angstzuständen und/oder zur Unterstützung des Schlafs verwendet werden. Ihr Gebrauch kann jedoch zu Abhängigkeit und einer Substanzgebrauchsstörung führen.

  • Die Verwendung verschreibungspflichtiger Medikamente zur Linderung von Angstzuständen oder als Einschlafhilfe kann in eine Abhängigkeit führen.

  • Bei Überdosierung können Benommenheit, Verwirrung und eine verlangsamte Atmung folgen.

  • Ein Abbruch der Einnahme von Angstlösern und Beruhigungsmitteln nach langem Gebrauch kann Angstzustände, Reizbarkeit und Schlafprobleme auslösen.

  • Wenn Menschen von einem angstlösenden oder beruhigenden Medikamenten abhängig geworden sind, werden sie nach und nach von dem Medikament entwöhnt, indem die Dosis gesenkt wird.

Verschreibungspflichtige Medikamente zur Behandlung von Angstzuständen (Anxiolytika) und zum besseren Einschlafen (Sedativa oder Schlafmittel) können zu einer Abhängigkeit führen. Zu diesen Medikamenten zählen Benzodiazepine (wie Diazepam und Lorazepam) sowie Barbiturate, Zolpidem, Eszopiclon und andere. Alle wirken unterschiedlich und weisen unterschiedliche Abhängigkeits- und Toleranzpotenziale auf. Wenn beim Absetzen einer Substanz Entzugssymptome auftreten, geht man von einer Abhängigkeit aus. Bei Personen, die eine Substanz weiterhin konsumieren, obwohl sie durch deren Gebrauch Probleme haben, wird eine Störung durch Substanzgebrauch diagnostiziert.

Fast alle Menschen, die von Angstlösern und Beruhigungsmitteln abhängig sind, haben aus medizinischen Gründen mit der Einnahme begonnen. Eine Abhängigkeit kann sich bereits nach zweiwöchiger Dauerbehandlung einstellen.

(Siehe auch Substanzmissbrauch und Abhängigkeit.)

Symptome und Anzeichen einer Beruhigungsmittelvergiftung

Angstlöser und Beruhigungsmittel verursachen sowohl unmittelbare als auch langfristige Symptome.

Unmittelbare Auswirkungen

Angstlöser und Beruhigungsmittel vermindern die Wachsamkeit. Die Folgen können sein:

  • Undeutliche Sprache

  • Schlechte Koordination

  • Verwirrtheit

Diese Wirkungen verstärken sich, wenn Personen Alkohol trinken.

Bei älteren Menschen kann es zu schwererer Ausprägung der Symptome kommen, darunter Schwindel, Desorientiertheit, Delirium und Gleichgewichtsstörungen. Die Betroffenen fallen leicht hin und ziehen sich Knochenbrüche, insbesondere der Hüfte, zu.

Überdosis

Höhere Dosen verursachen schwerere Symptome, darunter

  • Stupor (die Personen reagieren kaum auf Ansprache und wirken wie versteinert)

  • Sehr langsame und flache Atmung

  • Letztendlich Tod (hauptsächlich bei Barbituraten)

Langzeitauswirkungen

Bei manchen kommt es zu Gedächtnisstörungen, beeinträchtigtem Urteilsvermögen, Konzentrationsstörungen und beängstigenden Gefühlsschwankungen. Andere sprechen langsam und haben Schwierigkeiten, ihre Gedanken zu ordnen und Gesprächspartner zu verstehen. Unwillkürliche Augenbewegungen (Nystagmus) können auftreten.

Entzugssymptome

Das Ausmaß der Entzugssymptome ist unterschiedlich und hängt von dem Medikament und der Dosis ab. Die Symptome setzen innerhalb von zwölf bis 24 Stunden ein.

Menschen, die länger als ein paar Tage Beruhigungsmittel eingenommen haben, wie Benzodiazepine, meinen, sie könnten ohne das Mittel nicht mehr schlafen. Wenn sie aufhören, die Medikamente einzunehmen, kann es zu leichten Entzugssymptomen kommen, wie:

  • Angstzustände und Nervosität beim Einschlafen

  • Schlechter Schlaf

  • Beunruhigende Träume

  • Reizbarkeit nach dem Aufwachen

Schwerere Symptome eines Benzodiazepin-Entzugs sind unter anderem eine schnelle Herzfrequenz, eine schnelle Atmung, Verwirrtheit und bisweilen Krampfanfälle.

Unter Barbituraten treten schwere Entzugssymptome auf. Wenn hohe Dosen eingenommen wurden, kann ein plötzliches Absetzen der Substanzen eine schwere und potenziell lebensbedrohliche Reaktion auslösen, die dem Alkoholentzug sehr ähnlich ist. Unter Umständen treten Austrocknung, Delirium, Schlaflosigkeit, Verwirrung und Angst auslösende, optische und akustische Halluzinationen, also das Sehen und Hören von Dingen, die nicht vorhanden sind, auf. Um mögliche schwere Reaktionen auffangen zu können, erfolgt der Entzug gewöhnlich im Krankenhaus.

Diagnose einer Beruhigungsmittelvergiftung

  • Untersuchung durch den Arzt

Die Diagnose stützt sich in der Regel darauf, welche Medikamente laut Aussagen der Betroffenen oder ihrer Freunde eingenommen wurden. Falls nicht klar ist, weshalb eine Person schläfrig oder verwirrt ist, führen Ärzte eventuell Untersuchungen durch, um weitere mögliche Ursachen der Symptome auszuschließen, zum Beispiel niedrigen Blutzucker oder eine Kopfverletzung. Auch wenn sich Benzodiazepine und Barbiturate durch bestimmte Screening-Tests bestimmen lassen, bedeutet deren Vorhandensein nicht, dass sie die Ursache der Symptome sind. Die meisten Krankenhauslabore können den Blutspiegel der meisten Beruhigungsmittel nicht messen.

Behandlung einer Beruhigungsmittelvergiftung

  • Beobachtung und Überwachung, bis die Person nüchtern ist

  • Unterstützung der Atmung bei einer schweren Überdosis

  • Bisweilen ein Gegenmittel gegen Benzodiazepine

  • Entzug und Rehabilitation

Notfallbehandlung

Personen, die eine Überdosis von Barbituraten oder Benzodiazepinen eingenommen haben, müssen sofort medizinisch versorgt werden. Dabei ist eine Überdosis von Barbituraten genauso gefährlich wie überdosierte Benzodiazepine. Wenn nach einer gefährlich Überdosis von Angstlösern oder Beruhigungsmitteln schwerwiegende Atem-, Herz- oder Blutdruckanomalien auftreten, ist eine Einlieferung auf die Intensivstation oder eine andere Überwachungsstation erforderlich.

Unterstützend kommen gegebenenfalls intravenös verabreichte Flüssigkeiten, Medikamente zur Umkehr eines Blutdruckabfalls und bei schwacher Atmung eine künstliche Beatmung zum Einsatz.

Für Benzodiazepine gibt es ein Antidot, Flumazenil, das einer schweren Überdosierung entgegenwirken kann. Flumazenil kann jedoch Benzodiazepine-Entzugserscheinungen auslösen und bei Personen, die Benzodiazepine über einen längeren Zeitraum angewendet haben, zu Krampfanfällen führen. Daher wird Flumazenil bei einer Überdosis nicht routinemäßig verabreicht.

Werden Barbiturate überdosiert, kann Natriumbikarbonat intravenös verabreicht werden, damit die Barbiturate über den Urin ausgeschieden werden können.

Entzug und Rehabilitation

Leichte Entzugssymptome erfordern eine soziale und psychologische Unterstützung, um dem starken Drang der Abhängigen entgegenzuwirken, das Suchtmittel zur Bewältigung von Angstgefühlen wieder zu verwenden.

Patienten mit schweren Entzugssymptomen müssen im Krankenhaus, dort manchmal auf der Intensivstation, behandelt und engmaschig überwacht werden. Sie erhalten dann das Medikament intravenös und niedrig dosiert. Die Dosis wird dann über Tage oder Wochen schrittweise auf null reduziert (ausgeschlichen). Manchmal wird anstelle des ursprünglichen Medikaments ein ähnliches eingesetzt, das sich besser ausschleichen lässt. Selbst bei optimaler Behandlung kann es einen Monat dauern, bis sich die Betroffenen wieder normal fühlen.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist. 

  1. National Institute on Drug Abuse (NIDA): Informationen zu Sedativa von der Bundesbehörde, die wissenschaftliche Forschungsarbeiten über Drogenkonsum und dessen Folgen unterstützt und Informationen über häufig verwendete Substanzen, Forschungsprioritäten und Fortschritte, klinische Ressourcen sowie Zuschüsse und Finanzierungsmöglichkeiten bereitstellt.

  2. Substance Abuse and Mental Health Services Administration (SAMHSA): US-amerikanische Gesundheitsbehörde, die öffentliche Gesundheitsinitiativen zur Verbesserung des Gesundheitsverhaltens und Bereitstellung von Ressourcen leitet, einschließlich Suchportale für Behandlungszentren, gebührenfreie Hotlines, Schulungstools für Praktizierende, Statistiken und Publikationen über eine Vielzahl von substanzbezogenen Themen.